Table Of ContentHINDU-FRAUEN ZWISCHEN TRADITION UND MODERNE
Ergebnisse der Frauenforschung
Band 57
Begründet und im Auftrag des Präsidenten der Freien Universität
Berlin herausgegeben von
Prof. Anke Bennholdt-Thomsen, Germanistik
Dr. Ulla Bock, Soziologie
Prof. Marlis Dürkop, Sozialpädagogik
Prof. Ingeborg Falck, Medizin
Prof. Dr. Ingrid Kasten, Mediävistik
Prof. Marion Klewitz, Geschichtsdidaktik
Prof. Juna Limbach, Jura
Prof. Hans Oswald, Pädagogik
Prof. Renate Ron, Soziologie
Dr. Hanna Beate Schöpp-Schilling,
Amerikanistik! Anglistik, Germanistik
Prof. Dr. Irmingard Staeuble, Psychologie
Prof. Margarete Zimmermann, Romanistik
Koordination: Dr. Anita Runge
Katharina Poggen dorf-Kakar
HINDU-FRAUEN ZWISCHEN
TRADITION UND MODERNE
Religiöse Veränderungen
der indischen Mittelschicht im städtischen Umfeld
J.
Verlag B. Metzler
Stuttgart . Weimar
Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme
Poggendorf-Kakar, Katharina;
Hindu-Frauen zwischen Tradition und Moderne/Katharina Poggendorf-Kakar
- Stutrgart ; Weimar; Metzler, 2002
(Ergebnisse der Frauenforschung ; Bd. 57)
(M-&-P-Schriftenreihe für Wissenschaft und Forschung)
ISBN 978-3-476-45283-2
ISBN 978-3-476-02916-4 (eBook)
DOI 10.1007/978-3-476-02916-4
Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechdich geschützt.
Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes
ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt
insbesondere für VervieiCaitigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen
und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.
M & P Schriftenreihe für Wissenschaft und Forschung
© 2002 Springer-Verlag GmbH Deutschland
Ursprünglich erschienen bei J. B. Metzlersche Verlagsbuchhandlung
und earl Ernst Paeschel Verlag GmbH in Stuttgart 2002
INHALT
VORWORT .. 7
EINLEITUNG . 9
ERSTER TEIL: HINDUISTISCHE WEIBLiCHKEITSVORSTELLUNGEN IM
KULTURELLEN KONTEXT
1. Die sich wandelnde Frau: Das soziale Umfeld pan-indischer
Mittelklassefrauen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21
2. Das Auslaufmodell Sitä: Gesellschaftliche Transformationsprozesse
und Veränderungen religiöser Leitbilder. . . . . . . . . . . . . .. 40
3. Gattin, Göttin, Mutter: Religiöse Konzepte und soziale
Auswirkungen ..................... 54
ZWEITER TEIL: DIE ENTSTEHUNG RELiGIÖSER IDENTITÄT IM
LEBENSUMFELD STÄDTISCHER FRAUEN
4. Häusliche Transformationsprozesse: die Fastenpraxis Karvä Chauth . 95
5. Außerhäusliche Transformationsprozesse: Die Pilgerstätte
VainlO Devis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 11 0
6. Die Entstehung neuer Kultformen: Der Kinofilm 'lai Santo!i Mä< 127
7. Die Entstehung neuer Kultformen: Die ,New Age<-Bewegung 151
DRITTER TEIL: ANTWORTEN 'RELIGIÖSER FEMINISTINNEN< IM
HINDUFUNDAMENTALISTISCHEN SPEKTRUM
8. Facetten indischer Feminismen . . . . . . . . . . . . . . . . 175
9. Die Hinwendung von Frauen zu hindufundamentalistischen
Bewegungen der Gegenwart ............... 187
10. Asketinnen und mätäjis als Träger ,religiöser Feminismen<? 213
11. Ideale ,weiblicher Macht< und die Kontrolle von Frauen 219
ZUSAMMENFASSUNG. 245
ANMERKUNGEN . • . • 248
LITERATURVERZEICHNIS 271
GLOSSAR ••••... 292
Für Imme
VORWORT
»Es gibt eine indische Geschichte [ ... ] über einen Engländer, dem man
erklärt hatte, die Welt stehe auf einem Podest, das auf dem Rücken eines
Elefanten stehe, der selbst wiederum auf dem Rücken einer Schildkröte ste
he; und dieser Engländer fragte daraufhin [ ... ], worauf denn die Schild
kröte stehe? Auf einer anderen Schildkröte. Und diese andere Schildkröte?
,Oh Sahib, dann kommen nur noch Schildkröten, immer weiter hinun
ten.« (Geertz, 1997: 41)
Auch die Welt der Frauen, die den Mittelpunkt der vorliegenden Studie bildet,
steht auf einem Podest unzählbar vieler Schildkröten. Es werden im folgenden
jedoch keine Schildkröten gezählt, sondern Lebensgeschichten, Erfahrungen
und Vorstellungen in einen Kontext gestellt, um den Lesern und Leserinnen
einen Zugang zu der Welt und dem Denken städtischer Mittelklassefrauen zu
ermöglichen. Dabei stütze ich mich auf umfangreiches Interviewmaterial zur
sozio-religiösen Situation städtischer Frauen der indischen Mittelklasse, einer
in der Südasienforschung weitgehend vernachlässigten Schicht.
Die auf einer zweijährigen Feldforschung basierende Studie wurde mit
einem Stipendium der Berliner Senatsverwaltung für Arbeit, Berufliche Bil
dung und Frauen, Förderprogramm Frauenforschung ermöglicht. Für die
großzügige Unterstützung möchte ich meinen Dank aussprechen. Die Ergeb
nisse der Arbeit wurden im Juni 2001 in etwas veränderter Fassung als Disser
tation an der Freien Universität Berlin eingereicht. Herrn Professor Hartrnut
Zinser vom Institut für Religionswissenschaft der Freien Universität Berlin
und Herrn Professor Axel Michaels vom Südasien-Institut der Universität
Heidelberg danke ich, mich im Verlauf der Promotion begleitet und stets hilf
reich in meinen Ideen unterstützt zu haben. Auch der Edition ,Ergebnisse der
Frauenforschung and der FreienUniversität Berlin<, Zentraleinrichtung zur
Förderung von Frauen-und Geschlechterforschung, die die vorliegende Publi
kation ermöglicht hat, möchte ich herzlich danken.
Shalu Bhardwaj, Vaishali Tayagi und Shruti Sharma danke ich, mir
während der Feldforschung zu unterschiedlichen Zeitpunkten sowohl bei der
Gesprächsführung als auch bei der Übersetzung und Transkription von Inter
views kompetent und hilfreich zur Seite gestanden zu haben. Allen Inter
viewpartnerinnen, die mich mit großer Offenheit und Selbstverständlichkeit
an ihrer Lebenswelt teilnehmen ließen, sei an dieser Stelle ebenso herzlichst
gedankt. Die vielseitige Unterstützung von meiner Familie, Freundinnen,
Freunden, Kolleginnen und Kollegen in Berlin und Delhi hat den Verlauf der
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Arbeit zu einer erlebnis reichen Reise werden lassen. Insbesondere meinem
Mann Sudhir Kakar möchte ich herzlich danken für die vielen Stunden, in
denen er mich bekochte und umsorgte, mir zuhörte und in Gesprächen
weiterhalf.
Die Arbeit ist meiner Freundin Imme Waßmund gewidmet, die im Zeit
raum der Fertigstellung des Manuskripts tödlich verunglückte.
Übersetzungen von Hindi-und Sanskritausdrücken im Text sind mit den übli
chen diakritischen Zeichen versehen, mit Ausnahme von Orts- und Personen
namen. Für die diakritische Zeichenserzungwurde sich an McGregors Oxford
Hindi-Englisch Dictionary orientiert. Begriffe in Zitaten wurden so zitiert,
wie in der Textquelle vorgegeben, so dass es zu Abweichungen von der im Text
verwendeten Sprachform kommt. Die im Text vorkommenden Hindi- und
Sanskritbegriffe sind im Anhang im Glossar aufgelistet und definiert.
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EINLEITUNG
GENDER UND RELIGION IN DER SÜDASIENFORSCHUNG
Hinduistische Ikonographie, rituelle Praktiken, religiöse Wertvorstellungen
und mythologische Geschichten spiegeln auf eindrucksvolle Weise implizite
und explizite Geschlechterkonstruktionen wieder, die bis heute auch das
Alltagsleben der urbanen Mittelklasse in Indien prägen. Während sich die wis
senschaftliche Beschäftigung mit weiblicher Religiosität im Hinduismus bis
her häufig darin erschöpfte, Frauen keine religiösen Interessen außerhalb ihres
familiären Rahmens als Gattin, Mutter und Schwiegertochter zuzugestehen,
hat sich innerhalb der letzten fünfzehn Jahre ein neuer Forschungsansatz kon
stituiert, der die männlich dominierte Geschichtsschreibung von Religionen
in Frage zu stellen beginnt. In Studien unterschiedlichster Disziplinen, die
sich mit religiösen Praktiken von Frauen befassen, werden Kategorien der
Geschlechterkonstruktion aus neuen Perspektiven beleuchtet. Wissenschaft
lerinnen in und außerhalb Indiens setzen sich dabei zunehmend mit dem Zu
sammenspiel von Religion, Politik und Gender in Geschichte und Gegenwart
auseinander, wobei verschiedenste Methodologien und Schwerpunkte zum
Tragen kommen. Während herausragende Beiträge indischer Wissenschaft
lerinnen Gender-Fragen in sozio-historischen und sozio-politischen Bereichen
beleuchten, wird das Thema Gender im Kontext der Religionswissenschaft
und Religionsanthropologie überwiegend von Wissenschaftlern und Wissen
schaftlerinnen in den USA und zunehmend auch in Europa aufgegriffen. Mit
einer thematischen Breite, die von Textanalysen, spezifischen religiösen Prak
tiken und Askeseformen bis hin zu Milieustudien in unterschiedlichsten Loka
litäten reichen, haben insbesondere Frauen mit anthropologischen, religions
wissenschaftlichen und indologischen Arbeiten eine Vielfalt wichtiger Beiträge
zum Thema Hinduismus und Gender in Südasien geleistet.
I
Das vorliegende Buch versteht sich als ein Beitrag, weibliche Religiosität in
ihren verschiedenen Ausdrucksformen sichtbar zu machen und die im andro
zentrischen Diskurs zum Verschwinden gebrachte Seite weiblicher Religiosität
neu zu beleben. Als Modelle für etwas und Modelle von etwas (Geern, 1997:
54), wird in meiner Untersuchung der dynamische Aspekt religiöser Vor
stellungen, Leitbilder und Praktiken im Leben hinduistischer Frauen der Mit
telklasse hervorgehoben. Auswirkungen der Moderne und des kulturellen
Wandels werden auf die Situationen der Frauen bezogen, wobei nicht nur von
Bedeutung ist, ihre individuelle Lebenswelt so weit wie möglich zu erfassen,
sondern auch, einen Einblick in komplexere soziale Zusammenhänge zu be-
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