Table Of ContentKurt Seikowski
Haut und Psyche
Psychosoziale Medizin und Gesundheitswissenschaften
Band 3
Herausgegeben von
Elmar Brähler, Jochen Eckert, Jürgen Freiherr van Troschke,
Bernhard Straufl
Die klassische kurative Denkweise in der Medizin, die sich auf ein rein
bio-medizinisches Krankheitsmodell stützt, ist trotz beachtlicher Teiler
folge in vielen Bereichen an ihre Grenzen ges toB en. Die Ergänzung der
bio-medizinischen Perspektive durch psychosoziale Betrachtungsweisen
ist unerläBlich, urn den Veränderungen des Krankheitsspektrums Rech
nung zu tra gen, aber auch den Folgen der medizinischen Entwicklung
(z. B. Reproduktionsmedizin, Humangenetik, Transplantationsmedizin)
gerecht zu werden. Dazu spielen vor dem Hintergrund der groBen Be
deutung von Gesundheitsfürsorge und Prävention die Gesundheitswis
senschaften eine immer gröBere Rolle.
Die Reihe will ein Forum schaffen für die Erträge der Forschung in den
vielen Fachdisziplinen, die den Gesundheitswissenschaften zuzuordnen
sind. Die Buchreihe ist offen für Publikationen aus den Bereichen Medi
zinische Psychologie, Klinische Psychologie, Psychosomatik, Psycho
therapie, Psychosoziale Medizin, Gesundheitspsychologie, Medizini
sche Soziologie, Verhaltensmedizin bis hin zu dem Bereich der Gesund
heitsförderung und Public Health. Ziel dieser Reihe ist es, die zu engen
Fächergrenzen zu überwinden und den Austausch zwischen den Fach
disziplinien zu fördern, indem sie deren Erkenntnisse allgemein zugäng
lich macht.
Kurt Seikowski
Haut und Psyche
M edizinisch-psychologische
Problemfelder in der Dermatologie
Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH
Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme
Seikowski, Kurt:
Haut und Psyche : medizinisch-psychologische Problemfelder in der
Dermatologie / Kurt Seikowski. - Opladen : Westdt. Ver!., 1999
(Psychosoziale Medizin und Gesundheitswissenschaften; Bd. 3)
ISBN 978-3-531-13375-1 ISBN 978-3-663-07687-2 (eBook)
DOI 10.1007/978-3-663-07687-2
Alle Rechte vorbehalten
© Springer Fachmedien Wiesbaden 1999
UrsprUnglich erschienen bei Westdeutscher Verlag 1999
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Umschlaggestaltung: Christine Huth, Wiesbaden
ISBN 978-3-531-13375-1
Danksagung
Der Verfa sser ruhlt sich allen zu Dank verpflichtet, die dazu beigetragen haben,
daB die Untersuchungen, die dieser Arbeit zugrunde liegen, durchgefiihrt wer
den konnten. Mein Dank gilt in erster Linie allen Hautpatienten, die durch ihre
Teilnahrne die einzelnen Studien erst errnöglichten. Ich bedanke rnich aber auch
bei allen Diplomanden und Promovenden, die an der Zusammentragung und
Auswertung der Daten beteiligt waren.
Mein besonderer Dank gilt Herrn Prof. Dr. med. habil. Uwe-Frithjof Haustein
fiir die konstruktive Unterstützung, den fachlichen Rat und die vielen kritischen
Reflexionen aus der Sicht des Dermatologen.
Ich bedanke rnich auch bei Schwester Heidrun Janus ftir die aufopferungsvolle
organisatorische Betreuung der Hautpatienten sowie der Diplornanden und Pro
movenden.
SchlieBlich wäre die Arbeit ohne die vielfàltige Unterstützung und Motivierung
durch meine Frau kaum möglich gewesen.
Leipzig im November 1998 Kurt Seikowski
Inhalt
Einleitung .......................................................................................................... 11
1 Im Mittelpunkt - der Hautpatient ............................................................ 13
1.1 Funktionen der Haut und ihre Störbarkeit ...................................... 13
1.2 Die akut hautkranke Person ............................................................ 14
1.3 Die vorübergehend hautkranke Person ........................................... 15
1.4 Die chronisch hautkranke Person ................................................... 16
1.4.1 Psychosoziale Spezifik chronischer Erkrankungen der Haut ......... 16
1.4.2 Personelle Voraussetzungen der Krankheitsverarbeitung .............. 18
1.4.3 Soziale Wertigkeit der Hauterkrankung ......................................... 18
1.5 Klassifikation von Hauterkrankungen rnit psychosozialen
Anteilen .......................................................................................... 19
2 Medizinisch-psychologische Aspekte der Krankheitsdetermination ..... 26
2.1 Krankheit als Regulationsphänomen zwischen Person und
Umwelt ........................................................................................... 26
2.1.1 Personelle Voraussetzungen der Krankheitsentstehung ................. 26
2.1.2 Psychosoziale Belastungen und Risikofaktoren bei der
Entstehung von Krankheiten .......................................................... 28
2.2 Krankheit als individuelies Gewordensein ..................................... 30
2.3 Menschenbild und Krankheit in der Medizin ................................. 32
2.3.1 Naturwissenschaftliches vs. Anthropologisches
Krankheitskonzept in der Medizin ................................................. 32
2.3.2 Subjektorientiertheit in der Medizin ............................................... 34
2.4 Psychopathogenetische Aspekte in Beziehung zu
Hauterkrankungen .......................................................................... 35
2.4.1 Psychosoziale Risikofaktoren und chronisch rezidivierende
Ur tikaria ......................................................................................... 35
2.4.2 Psychosoziale Risikofaktoren und Haarausfall .............................. 43
2.4.2.1 Studie I - Konzeptorientiertes Rating ............................................ 46
2.4.2.2 Studie 11 - LEBI ............................................................................. 69
2.4.3 Psychosoziale Risikofaktoren und Psoriasis vulgaris ..................... 80
8 lnhalt
2.4.4 Psychosoziale Risikofaktoren und Neuroderrnitis .......................... 91
2.4.4.1 Studie I - LEBI .............................................................................. 92
2.4.4.2 Studie 11 - Prospektive Untersuchung zum Juckreiz im
Kindesalter ..................................................................................... 98
2.4.4.3 Studie III - 1-Jahres-Verlaufsanalyse zum Zusammenhang
von psychischen Belastungen und Hautbeschwerden .................. 105
3 Medizinisch-psychologische Aspekte der Verarbeitung und
Bewältigung chronischer Erkrankungen der Haut ............................... 111
3.1 Chronisches Kranksein als veränderte individuelle Situation ...... 111
3.2 Das Krankheitsmodell des Patienten als Bezugssystem zum
Verständnis von Krankheitsverarbeitung und Bewältigung ......... 111
3.2.1 Kognitive Ebene ........................................................................... 112
3.2.2 Sinnesebene .................................................................................. 112
3.2.3 Motivationale Ebene .................................................................... 112
3.2.4 Emotionale Ebene ........................................................................ 113
3.3 Das Krankheitsmodell bei Psoriasispatienten. .............................. 113
3.4 Das Krankheitsmodell bei Neuroderrnitispatienten ...................... 124
4 Konsequenzen für die medizinisch-psychologische Diagnostik
in der Dermatologie .................................................................................. 131
4.1 Anamneseaspekte ......................................................................... 131
4.2 Methodeninventar ......................................................................... 133
5 Psychologische Interventionen in der Dermatologie ............................. 135
5.1 Dermatologe-Patienten-Verhältnis ............................................... 136
5.2 Verhältnis medizinisches Personal-Patient... ................................ 137
5.3 Psychologisch orientierte Therapieformen in Abhängigkeit
von den Arten psychischer Belastungen und dem
Menschenbild des Therapeuten .................................................... 137
5.3.1 Psychotherapie bei chronisch krankheitsunspezifischen
psychischen Belastungen .............................................................. 138
5.3.2 Psychologische Beratung zum Zusammenhang akuter
psychischer Belastungen und nachfolgender hautspezifischer
Symptomverstärkung ................................................................... 138
5.3.3 Entspannungsverfahren bei Alltagsbelastungen ........................... 139
5.3.3.1 Hypnose und Autogenes Training bei Patienten mit
progressiver Skleroderrnie (PS) .................................................... 140
lnhalt 9
5.3.4 Gruppentherapie bei chronischen krankheitsspezifischen
psychischen Belastungen .............................................................. 153
5.3.4.1 Gruppentherapie bei chronischen Erkrankungen der Haut.. ......... 154
5.3.4.2 Thematische Gruppentherapie (TGT) .......................................... 155
5.3.4.3 Andere Psychotherapieformen ..................................................... 164
6 Schlu6bemerkungen und Vorschläge für eine Zusammenarbeit
zwischen Dermatologen und Psychologen .............................................. 166
7 Literaturverzeichnis ................................................................................. 170
,,Alles gesellschaftliche Leben ist wesentlich praktisch.
Alle Mysterien, welche die Theorie zum Mystizism[us]
veranlassen, finden ihre rationelle Lösung in der mensch
lichen Praxis und in dem Begreifen dieser Praxis"
Kar! Marx (1845)
Einleitung
Die vorliegende Arbeit wendet sich einem Thema zu, welches allgemeinhin als
"Psychodermatologie" bzw. "Haut und Psyche" bekannt ist und in den letzten
Jahren in Deutschland einen enormen Aufschwung erfahren hat (Gieler, Stan
gier & Bräuer 1993). Dies ist um so erfreulicher, da der in der Dermatologie
tätige Hautarzt bzw. Psychologe das Bedürfnis des Patienten nach ganzheitli
cher Sichtweise seiner Erkrankung täglich spürt. Die naturwissenschaftlich
orientierte Medizin steht diesem Patientenbedürfnis jedoch nach wie vor relativ
hilflos gegenüber. Psychische Phänomene sind subjektiver Art und bedürfen
einer subjektwissenschaftlichen Methodik, die vom naturwissenschaftlichen Me
diziner nicht immer nachvollziehbar ist. Doch die an einer ganzheitlichen Sicht
weise des Patienten orientierten Wissenschaftler schaffen in vermehrtem MaBe
eine Kombination natur- und subjektwissenschaftlicher Methodik, was auch
dem "Naturwissenschaftler" den Zugang zum Patienten erleichtern dürfte. Das
Aufeinanderzugehen der Natur- und Subjektwissenschaftler wird notwendig
sein, will man den Hauptgegenstand der Medizin - den gesunden Menschen -
nicht aus den Augen verlieren. Der heutige - besonders der chronisch kranke -
Patient versteht den Arzt nicht mehr nur als "Heiler". Er bringt sich vielmehr
se1bst in Diagnostik und Therapie mit ein, indem er als Subjekt - also als aktiv
hande1nde Person - wirkt, sich die medizinischen MaBnahmen erklären läBt, um
dann selbst mit zu entscheiden, ob seine Vorstellungen mit denen der Ärzte und
Psychologen kompatibel sind. Auch wird er abwägen, ob ihm möglicherweise
an anderer Stelle besser geholfen werden könnte.
Aus dieser Sicht beginnt die vorzustellende Arbeit zunächst auch 1. mit der
Darstellung von psychosozialen Problemen aus der Sicht des Hautpatienten.
Daran anschlieBend werden im 2. Kapitel einige grundlegende medizinisch-
12 Einleitung
psychologische Probleme der Krankheitsdetermination dargestellt. Dabei ver
steht sich "Medizinische Psychologie" als Teilgebiet der Psychologie (Platonow
1977), deren Gegenstand "in den individuellen psychischen Widerspiegelungs
und Regu1ationsvorgängen eines jeweils gesellschaftlichen Subjekts" besteht,
"wobei. .. die Anforderungsseite des Mensch-Umwelt-Bezuges unter dem Aspekt
gesundheitlicher Beeinträchtigung und der medizinischen Institution charakteri
siert ist und die Spezifik des Gegenstandes begründet" (Schröder 1986, S. 118).
In diesem Abschnitt der Arbeit kommt es dann zur Darstellung eigener empiri
scher Arbeiten zu psychopathogenetischen Zusammenhängen beim Haarausfall,
der chronisch-rezidivierenden Urtikaria, der Psoriasis und der Neurodermitis.
Der Schwerpunkt des 3. Abschnitts liegt auf der Verarbeitung und Bewälti
gung chronischer Erkrankungen der Haut. Dabei wird zunächst das Konzept des
Krankheitsmodells eines Patienten vorgestellt, um dann deren Inhalt bei Psoria
sis- und Neurodermitispatienten darzustellen. Im nächsten Abschnitt wird ver
sucht, aus den bisher dargestellten Untersuchungen psychodiagnostische Kon
sequenzen fiir die Arbeit mit dem Hautpatienten abzuleiten.
Das 5. Kapitel beschäftigt sich schlieI31ich schwerpunktrnäBig mit psycho
therapeutischen Möglichkeiten bei hautkranken Personen, die in zweierlei Hin
sicht ausgerichtet sind: zum einen auf eine "Heilung" und zum anderen auf
Hilfen zum Umgang mit einer chronischen Erkrankung, deren Ziele auf eine
Erhöhung der Lebensqualität ausgerichtet sind.
Im SchluBteil werden Möglichkeiten der Zusammenarbeit von Dermatolo
gen und Psychologen erläutert. Dabei wird die These vertreten, daB eine ganz
heitliche Patientenbetreuung nicht alle in in der Hand einer einzelnen Pers on
liegen kann, sondem daB dies nur durch die Zusammenarbeit von Vertretem
unterschiedlicher Fachdisziplinen möglich ist.
Auf einen AbriB der Geschichte der Psychodermatologie wird in der vorliegen
den Arbeit verzichtet. Diese ist ausftihrlich dargestellt bei Borelli (1967) sowie
Gieler, Stangier und Bräuer (1993). Ebenso wurde auf eine Darstellung "gängi
ger" psychoanalytischer und psychosomatischer sowie verhaltensmedizinischer
und behavioraler Konzepte der Medizin weitestgehend verzichtet (dazu vgl.
ausftihrlichst Adler, Herrmann, Köhle, Schonecke, Uexküll & Wesiack 1996).
Die vorliegende Arbeit versteht sich nicht als ein integrativer Ansatz zur Be
handlung dermatologischer Patienten. Vielmehr wird die Sicht der Medizini
schen Psychologie dargestellt, die unseres Erachtens bedeutsame Aspekte in ein
integratives Betreuungskonzept einbringen kann.
Das Hauptziel der Arbeit liegt in der Erkundung und Reflexion von Poten
zen der Medizinischen Psychologie für hautkranke Personen.