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GESCHICHTSBLÄTTER
H E R A U S G E G E B E N
VOM
H A N S I S C H E N G E S C H I C H T S V E R E I N
86. JA H R G A N G
1968
B Ö H L A U V E R L A G K Ö L N G R A Z
HANSISCHE
GESCHICHTSBLÄTTER
H E R A U S G E G E B E N
V O M
H A N S I S C H E N G E S C H IC H T S VE R E I N
86. J A H R G A N G
1 968
B Ö H L A U V E R L A G K Ö L N G R A Z
S C H R I F T L E I T U N G
Aufsatzteil: Dr. Hugo Weczerka, Cappel/Kr. Marburg
Umschau: Dr. Hans Pohl, Köln.
Zuschriften, die den Aufsatzteil betreffen, sind zu richten an Herrn Dr. Hugo
Weczerka, 3554 Cappel/Kr. Marburg, Im Lichtenholz 54; Besprechungsexemplare
und sonstige Zuschriften wegen der Hansischen Umschau zukünftig an Herrn
Prof. Dr. Hermann Kellenbenz, Seminar für Wirtschafts- und Sozialgeschichte
der Universität, 5 Köln-Lindenthal, Albertus-Magnus-Platz.
Manuskripte werden in Maschinenschrift erbeten. Korrekturänderungen, die
einen Neusatz von mehr als einem Zehntel des Beitragsumfangs verursachen,
werden dem Verfasser berechnet. Die Verfasser erhalten von Aufsätzen und
Miszellen 20, von Beiträgen zur Hansischen Umschau 5 Sonderdrucke unentgelt
lich, weitere gegen Erstattung der Unkosten.
Die Lieferung der Hansischen Geschichtsblätter erfolgt auf Gefahr der Emp
fänger. Kostenlose Nachlieferung in Verlust geratener Sendungen erfolgt nicht.
Bezugsnachweis für die vom Hansischen Geschichtsverein früher heraus
gegebenen Veröffentlichungen in diesem Bande, S. 209 ff.
Die Veröffentlichung dieses Bandes im vorliegenden Umfang wurde durch eine
dankenswerte größere Beihilfe der Possehl-Stiftung zu Lübeck ermöglicht.
Druck <ier Aschcndorffschen Buchdruckerei, Münster (Wesri.)
I N H A L T
Hubertus Schwärtz t .................................................................................................... 1
Luise von Winterfeld f ............................................................................................ 8
Johan Schreiner + .............................................................................................................11
Aufsätze
Hansische Kunstströmungen nach Skandinavien. Von Volker Plagemann
(A achen).............................................................................................................................13
Die Handwerker in den nordwestdeutschen Städten des Spätmittel
alters. Von Rolf Sprandel (Hamburg).......................................................................37
Hafenzollregister des Ostseebereiches als Quellen zur hansischen
Geschichte. Von Johannes Schildhauer (Greifswald)...........................................63
Miszellen
Zu den Anfängen der hansischen Islandfahrt. Ein Nachtrag. Von Kurt
Forstreuter (G öttingen)..............................................................................................77
Johann Bugenhagen und die Treptower Vitte in Dragor. Ein un
gedruckter Brief Bugenhagens. Von Martin Schwarz Lausten (Hers-
holm /Dänem ark).............................................................................................................SO
Hansische Umschau
In Verbindung mit Norbert Angermann, Ahasver v. Brandt, Elisabeth
Harder-Gersdorff, Paul Heinsius, Ernst Pitz, Friedrich Prüser, Herbert
Schwarzwälder, Hugo Weczerka und vielen anderen bearbeitet von
Hans Pohl
Allgemeines und Hansische Gesamtgeschichte........................................................85
Rechts-, Verfassungs- und Sozialgeschichte.......................................................96
Wirtschaftsgeschichte............................................................................................103
Schiffbau und Schiffahrt....................................................................................112
Historische G e o g ra p h ie ....................................................................................119
K unstgeschichte....................................................................................................122
Sprache, Literatur, Schule....................................................................................126
Vorhansische Z e it...........................................................................................................129
IV Inhalt
Zur Geschichte der einzelnen Hansestädte und der niederdeutschen
Landschaften...................................................................................................................133
W esteu ro p a...................................................................................................................162
Skandinavien...................................................................................................................177
Osteuropa..........................................................................................................................183
Hanseatische Wirtschafts- und Überseegeschichte..............................................194
Autorenregister für die Umschau............................................................................199
M itarbeiterverzeichnis............................................................................................200
Für die Hanseforschung wichtige Zeitschriften( Abkürzungsverzeichnis) 201
Nachrichten vom Hansischen Geschichtsverein.............................................206
Gesamtverzeichnis der Veröffentlichungen des Hansischen Ge
schichtsvereins ..........................................................................................................210
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H U B E R T U S S C H W A R T Z
5. Juli 1883 — 7. November 1966
Ein Nachruf *
von
F R I E D R I C H PRÜSER
Man mag fragen — und ich selber habe mir die Frage vorgelegt —,
wieso ich dazu komme, für Hubertus Schwartz auf dieser Soester Tagung
einen Nachruf zu sprechen. Wäre nicht einer der Soester Herren, die ihn
in seinen Lebensumständen naturgemäß besser kennen müßten als ich,
berufener dazu gewesen?
Was Soest und die Soester bei seinem Hinscheiden zu sagen hatten,
das ist in wahrhaft ergreifender Weise geschehen, als man das, was
sterblich an ihm war, zu Grabe trug. Heute handelt es sich hingegen um
sein Verhältnis zum Hansischen Geschichtsverein, überhaupt zu han
sischer Forschung, um sein Auftreten, seine Bekanntschaften und Freund
schaften auf den hansisch-niederdeutschen Tagen. Da kann ich dem nicht
widersprechen, daß ich unter den Mitgliedern des Vorstandes des Han
sischen Geschichtsvereins derjenige bin, der ihn am längsten gekannt
hatte, vielleicht auch derjenige, der ihm unter den heutigen Mitgliedern
des Vorstandes am nächsten stand. So kam es wie eine Pflicht auf mich
zu, auf dieser Tagung für ihn das Wort zu nehmen. Es ist für mich eine
gern erfüllte Pflicht, eine Pflicht auch aus Liebe. Denn er war mein
Freund, und ich könnte ein Wort auf ihn umdeuten, das Theodor Heuss
einmal im Rathaussaal zu Bremen über Rudolf Alexander Schröder, den
Dichter, sprach: „Ich muß hier sprechen, weil ich ihn liebe.“
Es war 1924, in Danzig, bei der zweiten Hansetagung nach dem Ersten
Weltkriege — der ersten, die ich überhaupt mitgemacht habe —, da sah
ich ihn zum ersten Male. Er war damals Senator der guten Stadt, von
ihrem alten Wesen durchdrungen und von den besten Absichten beseelt,
ihr mit den großen Kräften seiner Seele, seinem scharfen, in bester deut
scher Juristenschule in Heidelberg, in Tübingen und in Münster geform
ten Denken und mit der ganzen Tatkraft seiner starken Persönlichkeit
zu dienen. Eines freilich war bei ihm noch stärker als dieses: die Liebe
zum Dinge, zur Sache, und die Liebe zum Menschen. Er, der ein halbes
* Gesprochen auf der gemeinsamen Jahrestagung des Hansischen Geschichts
vereins und des Vereins für niederdeutsche Sprachforschung zu Soest am
16. Mai 1967.
1 HGbll. 86
2 Friedrich Prüser
Jahrzehnt Kämmerer in der pommerschen Stadt Stargard gewesen war
— eine Tätigkeit, an der ihn im Ersten Weltkrieg der Dienst mit der
Walle allerdings zeitweise gehindert hatte —, wurde 1917 im jungen
Alter von vierunddreißig Jahren Stadtrat in Danzig, hernach, als Danzig
unter den Nachwirkungen des Ersten Weltkrieges zu einer Freien Stadt
gemacht wurde, deren Senator. Diesen Titel hat er durch sein Leben hin
behalten, mochte er nach dem Zweiten Weltkriege seiner westfälischen
Heimat auch als Landrat des Kreises Soest und dann seiner Vaterstadt
Soest als Bürgermeister gedient haben: er blieb, auch im Bewußtsein der
Soester, der Senator — „unser Senator“. Das läßt deutlich werden, wie
sehr jene Stadt am Baltischen Meer die Persönlichkeit, den Menschen
Schwartz mit geformt hat.
Als hansisch bestimmt konnte er gewiß schon von seiner Vaterstadt
her gelten. Jetzt war, schon in Stargard und erst recht in Danzig, etwas
Neues dazugekommen: die Nähe der See und die Weite des Ostens,
aber nicht nur als Ergänzung dessen, was er zu Hause kennengelernt
hatte und von dorther wußte und mit Liebe schon damals zu pflegen
trachtete — es war mehr: es war in seiner rückschauenden Betrachtung
Entfaltung des Hansischen, in der großen Einzelpersönlichkeit wie in der
Gesamtheit, in den Zusammenschlüssen, in der ganzen Stadt. Diesem
hansischen Geiste hat er sich damals verschrieben, von ihm aus dann
auch die Entwicklung in der Heimat, im besonderen in ihrem geschicht
lichen Werden, betrachtet. Zu forschendem Studieren, dem er von jeher
verhaftet und zeit seines Lebens ergeben war, blieb zunächst freilich
kaum Zeit, galt es doch, ein Staatswesen besonderer Eigenart begründen
und gestalten zu helfen. Es galt, der deutschen Herkunft der überwiegen
den Mehrheit seiner Bevölkerung in den Staatseinrichtungen zu entspre
chen, aber auch der polnischen Minderheit Rechnung zu tragen. Es galt
schließlich, bei der Schutzmacht, welche die Vertretung der auswärtigen
Belange der Stadt hatte — bei Polen —, Verständnis für die besondere
Lage der Stadt zu erwirken, nicht zuletzt in weiterer Entwicklung der
aufgestellten Staatsgrundsätze. Wer hier die Knoten schürzen half, mußte
schon ein Mann von mehr als gewöhnlichen Fähigkeiten sein. Hubertus
Schwartz war es. Drängend hat er sich diesen Aufgaben gestellt, und
wenn hier schließlich ein neues staatliches Gebilde besonderer Eigenart
entstand, so war es auch seinem klugen Mitraten und seinen Mittaten
zu verdanken.
Es war für Hubertus Schwartz eine Zeit der europäischen, der poli
tischen Begegnungen, in Ansätzen auch wohl des europäischen Denkens.
Da war nicht nur die starke Persönlichkeit des ersten Präsidenten des
Danziger Senates, des Bürgermeisters Sahm, da können auch Stresemann,
Briand, Benesch, Nansen und noch so manche andere genannt werden.
Muster für die neue Ordnung lagen in den deutschen Hansestädten vor,