Table Of ContentH. Helfft
Handbuch der
Balneotherapie
Praktischer Leitfaden
Second Edition
HANDBUCH
DER
BALNEOTHERAPIE.
PRAKTISCHER LEITFADEN
BEI VERORDNUNG
DER MINERAI.-BRUNNEN UND -EÄDER,
SOWIE DES SEEBADES
Dr. H. HELFFT,
pra.kti~chcm Arzte ctc. in ßerlin.
Zweite umgearbeitete und vermehrte Au1lage.
llllit rinn ~dlqndlru -lturtr.
1855
Springer-Verlag Berlin Heidelberg GmbH
ISBN 978-3-662-23561-4 ISBN 978-3-662-25638-1 (eBook)
DOI 10.1007/978-3-662-25638-1
Softcoverreprint of the hardcover 2rd edition 1855
VOR~VORT
ZUR ERSTEN AUFLAGE.
Als die Aufforderung an mich ergmg, em Handbuch der
Balneotherapie zu schreiben, war ich mir wohl der Schwie
rigkeiten bewusst, mit denen ein solches Unternehmen
verknüpft sei; dennoch setzte ich mich über dieselben hin
weg, weil es sich darum handelte, einem Bedürfnisse ab
zuhelfen, welches ich nicht allein seit meiner Studienzeit,
sondern viele andere Collegen mit mir fiihlten.
Alle bisher veröffentlichten Werke über die Mineral
quellen liefern nur in lexicographischer Form ein vollstän
diges Ve rzeichniss des grossen Heilschatzes, mit Beifügung
der physiologischen und therapeutischen Wirkung der ver
schiedenartigen Mineralwasser, heben aber bei den ein
zelnen Quellen diejenigen Leiden nicht scharf hervor, in
welchen jene sich, der Erfahrung gernäss, als besonders
wirksam bmvährt und dadurch einen Ruf in gewissen
Krankheitszuständen erworben haben. Leider vermissen
wir eine derartige genaue Umgränzung der therapeuti
schen Wirkungen und eine strenge Critik von Seiten der
Badeärzte in fast allen baineologischen Monographieen. -
Durch den, seit einer langen Reihe von Jahren fortgesetz-
*
IV Vorwort.
ten, Besuch der verschiedensten Heilquellen und genaue
Beobachtungen hin ich 1111 der Ueberzeugung gelangt, dass
der praetische Arzt, besonders an \ler Schwelle seiner
Laufhalm, um dann \'Or lrrthiimcrn bei Verordnung von
MineralbrunnenkurPIJ bewahrt werden kanu, wenn die
Grenzen, innerhalb tlerer eine Heilquelle oder eine Gruppe
Yon Quellell ihre Wirkungen zu cntfahen vermag, so eng
als möglich gezogen und specielle Indicaiionen, die sie zu
erfüllen im Sta11dt< isl, auigt~stellt wercl.eu. L>ies ist der
hauptsäch\ichstt- Zweck der yodiege11den Schrift.
vVenn ich aber nicht allen Ani<xdemngen genügt
haben sollte, die der Practiker an eine solche Arbeit zu
machen berechtigt ist, und nicht überall meinen Plan
durchführen konnte, eines Theils die Krankheiten, dem
physiologischen Principe gemäss, systematisch abzuhandeln,
andererseits bei der Empfehlung der Heilquellen nur die
klinischen Untt~rsucl1Llllgsmethoden und anatomisch-patholo
gischen Veränderungen als maassgebend gelten zu lassen,
so werde ich wohl dadurch entschuldigt werden, dass der
von mir hier eingeschlagene Weg, die Heilquellen in die
practische Medicin ein11ufilhren,. ein noch ganz ungebahn
ter ist.
Fortgesetzte Studien von meiner Seite an den Quel
len selbst, so wie die gründlichen Beobachtungen und
Forschungen der Badeärzte, deren jüngere Generation
ebenfalls an dem wissenschaftlichen Streben der Neuzeit
Theil zu nehmen beginnt und das unfi·uchtbare Feld vager
Hypothesen verlässt, werden mich in den Stand setzen,
in späteren Auflagen, das Fehlerhafte zu berichtigen und
vorhandene Lücken auszuflillen. - Da ich mich rein auf
Vorwort. V
den practischen Standpunkt gestellt, so habe ich nur die
jenigen Quellen Deutschlands, Frankreichs und der Schweiz
aufgenommen, die sich durch langjährige Erfahrung einen
Ruf erworben haben und sich eines zahlreichen Besuchs
zu erfreuen pflegen.
Möge die Arbeit mithin, als ein Erstlingswerk auf
einem noch brach liegenden Felde mit Nachsicht beur
theilt werden, deneu aber, die sich ihrer in der Praxis
bedienen, als ein nützlicher Leitfaden gute Dienste leisten.
Berlin, im April 1854.
DER VERFASSER.
VOR,VORT
ZUR ZWEITEN AUFLAGE.
Die überaus gilnstige Aufnahme des Handbuchs, w1e sie
meine Erwartungen weit ilbertroffen hat, erfordert schon
nach .Jahresfrist eine neue Auflage desselben. Dieser Er
folg, smvie die gleichlauten(1en Ortheile fast alle1· periodi
schen Blätter diirften wohl de11 augenscheinlichsten Beweis
liefern, wie sehe das Bediirfniss nach einem practischen
und dem neuesten Standpunkte der Wissenschaft ent
sprechenden baineologischen Werke gefühlt worden.
vV
Auf solche eise von allen Seiten ermuthigt, werde
ich auch ferner auf dem eingeschlagenen Wege fortschrei·
ten und durch Beseitigung gerügter Mängel und Lücken
VI Vorwort.
em immer mehr abgerundetes und vollständiges Ganze zu
liefern, mich bestreben. Bei genauer Durchsichtung einer
systematisch geordneten Arbeit ist es aber erst möglich,
Einheit in die einzelnen Capitel zu bringen und Wieder
holungen und Ungehöriges zu beseitigen.
Auf den Wunsch vieler Collegen habe ich auch die
berühmtesten Mineralquellen des Königreichs Ungarn, Ga
liziens, SiebenbUrgens und Croatiens aufgenommen, ferner
den Abschnitt über die climatischen Kurorte bei Betrach
tung der Lungentuberculose erweitert und die bewährtesten
Kaltwasserheilansl alten zusammengestellt.
Da der practische Arzt auch gleichzeitig iiber die Cli
matologie, geographische Lage und localen Verhältnisse
eines jeden Kurortes da~jenige angefiihrt findet, was bei
der Wahl einer Heilquelle zu berücksichtigen ist, so dUrfte
durch dieses Werk jede andere baineologische Schrift ent
behrlich sein. Die beigegebene Karte soll, wo möglich,
zur Orientirung beitragen und den Arzt in den Stand
setzen, seinem Patienten auch über die geeigneste und
niichste Reiseroute Rath 11U ertheilen.
Somit übergebe ich von neuem das Buch der Oef
f€mtlichkeit, in der Hoffnung, dass es nicht allein dem
Practiker wesentliche Dienste bei Verordnung von Mineral
brunnenkuren leisten, sondern auch dem Studirenden die
Möglichkeit verschaffen werde, schon während seiner aca
demischen Laufbahn sich eine gründliche Kenntniss der
Wirkung der Heilquellen zu erwerben.
Berlin, im Juni 1855.
DER VERFASSER.
INHALT.
Seite.
Ueber Brunnenkuren im Allgemeinen 1
I. Krankheiten der Respirationsorgaue 17
A. Krankheiten des Kehlkopfs und der Luftröhre
1. Folliculöse Erkrankung der Pharyngeal- und Laryngeal-
schleimhaut • . . . . . • . • • . . . .
2. Chronischer Catarrh der Kehlkopfsschleimhaut (Laryngi-
tis chronica) . 24
3. Heiserkeit und Aphonie . . . . 4 7
B. Krankheiten der Lungen . . . . 50
1. Chronischer Catarrh der Bronchialschleimhaut
2. Tuberenlose der Lungen 96
3. Haemoptysis . 145
4. Emphysem der Lungen . 147
5. Asthma bronchiale . . 148
II. Krankheiten des Digestionsapparats . 150
1. Cltronischcr Catarrh der l\fagen- u. Duodenalschleimhaut -
2. Hyperaemie der Unterleibsorgane (Plethora abdominalis) 187
3. Verdickung der :Magenschleimhaut . . . . . 211
4. Anschwellung, Hypertrophie und chronische Entzlindung
der Leber . . . . . . . 212
5. Chronische Diarrhoe . . . . . . 230
6. Gallensteine (Cholelithiasis) . . . . 231
7. Gastrodynie (Neuralgie des l\fagengeflechts) . 235
8. Anschwellung und Hypcraemic der :Milz . 237
9. Haemorrhoidcn . . . . . . 240
10. Gicht (Arthritis) . . . . . . 268
III. Krankheiten der weiblichen Geschlechtsorgane . 311
1. Anschwellung u. V crhiirtung des Scheidcutheils des Uterus -
2. Hypertrophie der weibliehen Brüste . 336
8. IJeucorrhoe . . .. ~ , . ,. . 337
4. :Menstruations-Anomaliecn . . . . . 344
IV. Krankheiten der männlichen Geschlechtsorgane . 353
1. Impotcntia virilis und Spermatorrhoc .
2. Anschwellung und Verhärtung der Hoden und Prostata 357
V. Krankheiten der Harnwerkzeuge . 359
1. ~icrcn- und Blasensteine . .
2. Catarrh der Blasenschleimhaut • :167
3. Btascnhacmorrhoidcn • 370
VIII Inhalt.
Seite.
VI. Krankheiten des Nervensystems . 374
A. Spasmi, Convulsionen (Krämpfe)
1. Hysterische Krämpfe
2. Epilepsie . . 384
B. Hyperaesthesieen . 386
1. Hyperaesthesia cutam~a
2. Neuralgia N. Quinti (Prosopalgie) 387
3. Neuralgia N. ischiadici (Ischias) . 389
4. Hemicranic • . 391
5. Hypochondrie 393
C. Paralysen (Lähmungen) 398
a. Rheumatische Para.lysen
b. Arthritische Paralysen 403
c. 'roxische Paralysen • 404
d. Paralysen in E'olge von Erscllöpfung . 405
e. Hysterische Lähmungen . . . . 406
f. Lähmungen nach Entbindungen . 410
g. Cerehrale Lähmungen .411
h. Spinallähmungen . . . . . . 412
Vll. Krankheiten des Herzens und der grossen Gefässe . 416
VIII. Störungen der Blutmischung . 418
1. Anaemie und Chlorose .
2. Rheumatismus . . 426
3. Weichselzopf (Trichoma) . 450
4. Diabetes mellitus • 452
5. Morbus Brightii (Albuminurie) . 454
•j. Serophulosifl . 454
7. Hhachitis . . 506
1:'. SyplliliR . 507
!.l. Toxicosen . 510
a. Bleiintoxk>ifltion .
b. .Mercurial~nyfle.rasie . 511
IX. Krankheiten der iiusscrcn Haut • 511)
1. Erysipelas
2. Urtiearia . . 517
:3. Eczema chronicum . 518
4. Impetigo . 520
5. Psoriasis . . 521
6. Prurigo . 522
X. Augenkrankheiten . 52J
XI. Krankheiten de.K Gehörorgans • 52B
Nachtrag . • · · · •• 532
Ueber Brunnneukuren im Allgemeinen.
Neque Yero satis est, ad ca, quac facto opus sunt, praesto
esse, scd et acgrum, ct eos, qui pracseutc.s sunt ct rcs externas
ad. id probe comprobatos esse oportct,
Hippocratis: :\pl1orismus I.
Wenn es überhaupt zu den Eigenschaften eines guten prakti
schen Arztes gehört, nicht nur die ihm vorliegende Krankheit
richtig zu diagnosticiren und das zur Beseitigung des Uebels
geeignetste Mittel auszuwählen, sondern auch ausserdem mit dem
eigcnthümlichen Scharfsinn begabt zu sein, jenes Mittel in der
Dosis, Form und unter den Cantelen zu reichen, wie es den
individuellen Umständen am entsprecheneisten ist, so scheint dies
noch um so mehr nöthig bei der Verorclnung eines Mineralwas
sers, eines so tief in den Organismus eingreifenden Heilagens.
Brunnenkuren werden daher unter der Leitung eines gediegenen
und umsichtigen Praktikers den unschätzbaren W erth erlangen,
der sie berechtigt, die erste Stelle unter allen Mitteln der ge
sammten Materia medica einzunehmen.
Leider sind aber die wenigsten Aerzte mit den therapeu
tischen Wirkungen der Mineralwässer so vertraut, dass sie die
für jede Krankheit und jede Constitntion ~;~0ignete Quelle aus
findig zu machen im Stande wären, und uie meisten begehen
den Fehler, die Erfolge von der jedem einzelnen Bestandtheile
eigenthümlichen Wirkungsweise herzuleiten. Doch ist bei kei
nem anderen Arzneimittel eine reine und von allen Speculationen
über die Art der Wirkung fl·eie Beobachtung so nothwenclig, als
bei den Mineralbrunnen. Hier vermag nur die Erfahrung allein
über die Art und Weise der Wirkung Aufschluss zu gehen und
Quellen, deren Wirkung durch llie Erfahrung nicht näher gepritft
und festgestellt ist, sollten gar nicht empfohlen werden.
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