Table Of ContentKlaus Antons . Andreas Amann . Gisela Clausen
Oliver Konig· Karl Schattenhofer
Gruppenprozesse verstehen
Klaus Antons . Andreas Amann· Gisela Clausen
Oliver Konig· Karl Schattenhofer
Gruppen
prozesse
verstehen
Gruppendynamische Forschung und Praxis
2., durchgesehene Auflage
VS VERLAG FOR SOZIALWISSENSCHAFTEN
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VS VERLAG FOR SOZIAlWISSENSCHAFTEN
VS verlag fOr Sozialwissenschaften
Entstanden mit Beginn des Jahres 2004 aus den beiden Hausern
Leske+Budrich und Westdeutscher verlag.
Die breite Basis fOr sozialwissenschaftliches Publizieren
Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek
Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie;
detaillierte bibliografische Daten sind im Internet Ober <http://dnb.ddb.de> abrufbar.
1. Auflage Januar 2001 (Erschienen im Verlag Leske+Budrich)
2., durchgesehene Auflage Juni 2004
Aile Rechte vorbehalten
© VS verlag fUr Sozialwissenschaften/GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden 2004
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waren und daher von jedermann benutzt werden dOrften.
Umschlaggestaltung: KOnkelLopka Medienentwicklung, Heidelberg
Satz: Beate Glaubitz, Satz und Redaktion, Leverkusen
Gedruckt auf saurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier
ISBN-13: 978-3-8100-3980-4 e-ISBN-13: 978-3-322-85158-1
001: 10.1007/978-3-322-85158-1
Danksagung
Die Texte des vorliegenden Buches sind zwar von uns einzeln gezeichnet,
dennoch sind sie alle Ergebnis von Gruppenarbeit: von den Einzelnen ver
fasst, wurden alle Entwiirfe, zum Teil mehrfach, von allen anderen Autoren
gelesen und korrigiert. Die Textanalysen der Zentralkapitel wurden in einer
Art Supervision gemeinsam durchgearbeitet, so daB in allen Texten die Anre
gungen und Gedanken der anderen enthalten sind. Dennoch bleiben fiinf un
terschiedliche Schreibstile, deren Eigenheiten nicht verwischt werden sollten.
Wie das Thema "Gruppe" bereits nahelegt, haben am Zustandekommen
dieses Buches weitaus mehr Personen mitgewirkt als die Gruppe der fiinf
AutorInnen - und das in ganz unterschiedlichen Funktionen und mit ganz
unterschiedlichen Auswirkungen. Deshalb sei der Dank an alle Mitwirkenden
dem Text vorangestellt.
Ein allererster Dank geht an die Teilnehmerinnen und Teilnebmer der
fiinf untersuchten Kurse, die sich unseren Forschungsfragen gestellt haben.
Von ihnen haben wir am meisten gelemt.
Ein Dankeschon geht an aile Trainerkolleginnen und -kollegen, mit denen
zusammen wir die untersuchten Trainings durchgefiihrt haben. Es war eine oft
konfliktreiche Arbeit. Auch den mitwirkenden CotrainerInnen und TrainerIn
nen unter Supervision sei fiir ihre neugierigen, manchmal unbequemen Fragen
gedankt. Wie im weiteren Veri auf angedeutet, war es nicht immer leicht, die
Interessen einer moglichst guten Trainingsarbeit mit unseren Forschungsinter
essen zu koppeln. Die oft hitzigen Auseinandersetzungen mit unseren KollegIn
nen haben uns zunehmend auf die Komplexitiit des Untersuchungsgegenstan
des und auf die Schwierigkeit hingewiesen, sich gleichzeitig auf so vielen
Ebenen zu bewegen. Der Dank gilt insbesondere: Hansueli Berger, Margot
Eidtmann, Hella Gephart, Vreni Hunziker, Marie-Louise Mitterer-Gehrke,
Peter Ryser, Andreas Schneider, Gerd Schiining, Rene Ullmann, Irene Unland
Schlebes-Brunow, Marlies Vierrnetz, Peter Waschke, Lore Zablonier.
Damit verbindet sich der Dank an KoliegInnen, die in der Sektion Grup
pendynamik eine spezielle Institution gebildet haben (und noch bilden): die
Teilnehmenden der sogenannten Gruppenleiter-Workshops. Dieses, seit 1982
6 Andreas Amann, Klaus Antons, Gisela Clausen, Oliver Kllnig, Karl Schattenhofer
etwa jahrlich tagende Gremium entwickelte bis 1994 eine Reihe von Frage
stellungen, "die einmal untersucht werden mOssten". Es bildete somit eine Art
Vorlaufer unserer Forschungsgruppe, die sich aus dieser Arbeit im Juni 1994
konstituierte. Den bei dieser Sitzung anwesenden Kolleglnnen Franz Eber
hardinger, Paul Fortmeier, Vreni Hunziker, Sabine Reese, Ursula Schuler,
Carl-Otto Velmerig und Ute Volmerg sei fUr ihre Ermutigung zum Start ein
herzlicher Dank ausgesprochen. Weitere Personen und Gruppen haben auf
andere Art und Weise Starthilfe geleistet: der OAGG mit der DurchfUhrung
eines Forschungsworkshops, auf dem Rudi Wimmer in seinem Vortrag die
freche Behauptung aufstellte, daB die Arbeitsfahigkeit von Gruppen ein selte
nes und kaum zu erwartendes Ereignis sei; Werner Langthaler und Giinther
Schiepek mit der Organisation einer wissenschaftlichen Tagung zum Thema
"Selbstorganisation und Gruppendynamik" im November 1993 in MOnster.
Jeder, der schon einmal Gruppen in ihrem laufenden ProzeB interviewt
hat, weiB, wie schwierig dies ist. Drei von uns, Gisela Clausen, Oliver Konig
und Karl Schattenhofer haben sich als Interviewer betatigt. Unser ganz be
sonderer Dank gilt Theo Gehm. Er hat die Gruppe Alf zweimal interviewt
und einen Text aus der Interviewerperspektive beigesteuert; seine bildhaften
Metaphern haben uns inspiriert. Brigitte Dorst hat die Gruppe Winnie inter
viewt, aus dem Hintergrund immer wieder ziindende Ideen beigesteuert und
nach einem heftigen Konflikt die Freundschaft nicht aufgekiindigt. Von Her
zen Dank.
Einige Kolleglnnen haben zeitweise in unserer Forschungsgruppe mitge
wirkt und durch ihr Engagement die Arbeit befordert: Rita RiedmOller,
Andreas Schneider und Monika Thiesmeier. Thomas Giernalczyk, Hans Jel-
10uschek und Manfred Sader haben eine Vorform dieses Manuskriptes kri
tisch gelesen und mit ihren ROckmeldungen uns dazu bewogen, das ganze
Buchkonzept noch einmal neu zu Oberdenken und so urnzustellen, daB es le
serfreundlicher wurde. Tomke Bonisch hat zu dieser Umorganisation und zu
einigen Kapiteln gute Aoregungen gegeben. Karina Antons hat die Grafiken
erstellt. SchlieBlich sei Martina Barner herzlich gedankt fUr ihre unermOdli
che Schreib-und Redaktionstatigkeit.
1m Juli 2001 Andreas Amann
Klaus Antons
Gisela Clausen
Oliver Konig
Karl Schattenhofer
Inhalt
Oanksagung .................................................................................. 5
1. Einleitung (Oliver Konig) ........................................................ 11
1.1 Gruppenprozesse verstehen: Qualitativer Ansatz und
Mikroanalyse .................. .... ...................... ............ .... ....... ............ ... 11
1.2 Das Verstehen verstehen: Wie kann man Gruppendynamik
beforschen? . .... .................. ... .... ...... .......... ... ....... .... .... ....... ............... 15
1.3 Die Themen der untersuchten Gruppen ........................................... 18
1.4 Der fachliche Rahmen: Die Sektion Gruppendynamik .................... 21
1.5 Die untersuchten Gruppen und der Aufbau des Buches................... 23
2. Oas gruppendynamische Arbeitsmodell .................................... 27
2.1 Gruppendynamik als reflexive Vergemeinschaftung
(Andreas Amann)............................................................................. 28
2.2 Gruppendynamik als Ausdruck manifester und latenter
Prozesse (Karl Schattenhofer) ........... ... ...... ... ......................... ... ...... 39
2.3 Gruppendynamik als Steuerung und Gegensteuerung
(Karl Schattenhofer) .............. ... ................. ... .... .............. ... .............. 45
3. "Ja, es ist Trainingsgruppe" - Sequenzanalyse des
Beginns einer Trainingsgruppe der Gruppe "AIr
(Andreas Amann)............................................................................. 51
3.1 Zusammenfassung und methodische Einfilhrung............................. 51
3.2 Die erste Sitzung - Eroffnung.......................................................... 56
Exkurs 1: Der Stuhlkreis ..... ......... ................. .... .......... ............ 61
Exkurs 2: Lachen und Schweigen in Gruppen ........................ 74
3.3 Die zweite Sitzung - Sitzchoreographien ........................................ 95
Exkurs 3: Sitzordnungen......................................................... 98
8 Inhalt
4. Anspruchliche Autonomie - die Gruppe "Air
(Klaus Antons) ................................................................................ 113
4.1 Zusammenfassung und methodische Einfiihrung .................... ......... 113
4.2 Der ganz normale Kontextschlamassel .................. ........ ...... ............ 117
Exkurs 4: Das Spiegelungsphiinomen..................................... 118
4.3 Der allzu flexible Start..................................................................... 120
4.4 Elegante Vermeidungsmanover ....................................................... 131
Exkurs 5: Modelle der Kursbegleitung ................................... 132
Exkurs 6: Bildung von Untergruppen ..................................... 134
Exkurs 7: Uber die Paradoxien gruppendynamischen
Arbeitens................................................................................. 157
4.5 Die Katastrophe ............................................................................... 162
4.6 Gegensteuerung ............................................................................... 166
Exkurs 8: Geheimnisse............................................................ 167
4.7 Konstanz und Variabilitiit ............................ .................... ................ 170
4.8 Splite Differenzierung: Frauengruppe - Mannergruppe................... 191
Exkurs 9: Geschlechtshomogene Gruppen.............................. 194
4.9 Ein Resiimee .................................................................................... 198
5. Individualitat und ZugehOrigkeit - die Gruppe "Kurt"
(Oliver Konig)....... ...... ........ ... ................ .................. ......... ............... 203
5.1 Zusammenfassung und methodische Einfiihrung ............................. 203
5.2 leh, wir und die anderen: Das erste Interview.................................. 207
Exkurs 10: Gruppenmodus ..................................................... 218
Exkurs 11: Determination und Zufall...................................... 221
Exkurs 12: Figuration und Gruppe.......................................... 227
Exkurs 13: Gruppendynamischer Raum.................................. 234
Exkurs 14: Marchen und die Zahl Sieben............................... 245
5.3 Intermezzo ...................................................................................... 247
Exkurs 15: Gruppendynamik und (Gruppen)Psychotherapie.. 249
5.4 Die Gruppe der Individuen: Das zweite Interview........................... 251
Exkurs 16: Dynamik und methodische Problematik der
Forschungssituation ................................................................ 252
Exkurs 17: Uberkomplexitiit und Rollenkonfusion................. 255
Exkurs 18: Reflexion und Handeln ......................................... 272
Inhalt 9
6. Grunddilemmata der Gruppendynamik am Beispiel
der Forschungsgruppe und ihrer
Untersuchungsmethoden (Karl Schattenhofer) .......................... 279
6.1 Das Dilemma Handeln oder Reflektieren .. .... ...... ......... ... ... ....... ...... 280
6.2 Das Dilemma Forseher oder Beforsehter zu sein............................. 282
6.3 Das Dilemma mehrfaehe ZugehOrigkeit oder
einfaehe Zugehorigkeit ........ ....... .... ... .... ....... ...... .... ..... ....... ... ... .... ... 283
6.4 Das Dilemma wenn Gruppen Gruppen untersuehen .. .......... .... ........ 286
6.5 Das Dilemma Interpretation des Inhaltes oder der Szene ..... ...... ..... 289
6.6 Das Dilemma offene oder strukturierte Gespraehssituation............. 290
7. Ergebnisse und Perspektiven ..................................................... 293
7.1 Die iiberdauernde Geste (Klaus Antons).......................................... 293
7.2 Der gruppendynamisehe Raum (Klaus Antons) ............................... 307
7.3 Arbeitsfahigkeit von Gruppen - Ein Begriffmit unseharfen
Randbereiehen (Gisela Clausen) ..................................................... 312
7.4 Lose Enden oder ein gutes Ende? (Klaus Antons, Oliver Konig) .... 339
7.5 Lernergebnisse aus der Sieht der TeilnehmerInnen
(Karl Schattenhofer) ........................................................................ 347
7.6 Individualisierung und Vergemeinsehaftung (Oliver Konig) ........... 356
8. Anhang ........................................................................................... 365
8.1 Kontextbedingungen der Gruppe ,,AIr' .... ..... .... ..... ...... .... ... ............ 365
8.2 Kontextbedingungen der Gruppe ,,Kurt" ......................................... 369
8.3 Statistisehe Angaben zur Gruppenleiterfortbildung......................... 372
8.4 Glossar ............................................................................................. 374
Literaturverzeichnis ............................................................................... 377
Die Autorlnnen ....................................................................................... 387
1. Einleitung
Oliver Konig
1.1 Gruppenprozesse verstehen: Qualitativer Ansatz und
Mikroanalyse
Was machen eigentlich Gruppendynamiker und Gruppendynamikerinnen,
wenn sie das machen, was sie machen? Und wie verstehen sie das, was sie
machen? Was sehen GruppendynamikerInnen1, wenn sie sich mit einer Grup
pe beschiiftigen? Auf was achten sie besonders und von welchen Hinter
grundannahmen lassen sie sich dabei leiten? Was meinen sie eigentlich damit,
wenn sie von Gruppenprozess reden? Wie versuchen sie das, was sie sehen,
sich und anderen verstiindlich zu machen?
Es mag verwundern, daB sich GruppendynamikerInnen solche Fragen
stellen, denn miiBten sie dies nicht alles schon wissen, urn das zu machen, was
sie machen? Und wenn sie dies alles schon wissen, warum dies dann auch
noch aufwendig beforschen? War es unsere Neugierde, war es unsere Unzu
friedenheit mit dem vorliegenden Wissen fiber Gruppen, Gruppenprozesse
und Gruppendynamik, inklusive unseres eigenen? War es unser Wunsch, unser
Verstehen besser zu verstehen, urn es dann auch anderen besser verstiindlich
machen zu konnen?
All dies spielte eine Rolle, als sich 1993 das Forschungsprojekt zu kontu
rieren begann, dessen Ergebnisse nun hier vorliegen. Wenn wir allerdings ge
ahnt hatten, auf was wir uns einlieBen, wer weiB, ob es dann zu diesem Pro
jekt gekommen ware, das sich tatsachlich als eine Entdeckungsreise heraus
stellen sollte. Zu dieser Entdeckungsreise mochte wir nun auch die LeserIn
nen einladen, mit der beruhigenden Versicherung allerdings, daB wir ihnen
nicht jeden Umweg und jede Sackgasse zumuten werden, die wir gegangen
sind, und auch nicht jede Fallgrube besichtigen werden, in der wir uns zeit
weise aufgehalten haben. Wissenschaft funktioniert hier iihnlich, wie es uns
Bei der Entscheidung liber den geschlechtsspezifischen Sprachgebrauch gilt es drei
Probleme zu berUcksichtigen: die Vermeidung eines einseitigen Sprachduktus, die
Lesbarkeit der Texte und die Differenziertheit des sprachlichen Ausdrucks. Wir haben
uns weitgehend, wenn auch nicht in allen Kapiteln, fur diese Losung entschieden,
auch wenn sie sprachlich und !isthetisch nicht befriedigt.
12 Oliver KOnig
der Zauberer Merlin an Konig Arthurs Tafelrunde vorrnacht. Er lebt rtick
warts in der Zeit und so erzahlen wir unsere Geschichte vom Ende her, denn
hinterher ist man immer kliiger. Auch so wird dem Leser noch geniigend
Merkwiirdigkeiten und Unvorhergesehenes, geniigend Paradoxes und Kon
tingentes begegnen. Denn soviel ist am Anfang schon klar: Wenn man sich
einmal, sowohl im praktischen Handeln wie in der Forschung, von einer Welt
verabschiedet hat, die sich in Variablen aufteilen und in Wenn-Dann
Aussagen verkniipfen laBt, dann wird das Verstandnis dieser Welt keineswegs
einfacher, sondem komplexer.
Der iiberwiegende Teil dessen, was wir iiber Prozesse in Kleingruppen
wissen, entstammt aus einer solchen Variablenwelt der experimentellen so
zialpsychologischen Forschung. Dies betont auch der Sozialpsychologe
Manfred Sader (1991 a, auch 1991 b und 1996a), der sich durchaus seIber zu
dieser Welt zahlt. Er skizziert mit leicht ironischem Unterton die Rahmen
bedingungen, unter denen solches "Wissen" entsteht, wie folgt: Fiir eine
Fragestellung werden drei bis acht Studentlnnen der Psychologie zusam
mengeholt, erhalten eine so oder so geartete Aufgabenstellung lind diirfen
sich iiber Zeitraurne zwischen einer halben und drei Stunden dabei beobachten
lassen, wie sie die Aufgabe angehen und losen. Aus dieser Art experimen
teller Untersuchungen wissen wir einiges dariiber, wie sich in Gruppen
Phiinomene von Macht und Autoritat manifestieren und wie mit Rollen,
Norrnen und Entscheidungen umgegangen wird. Manches wissen wir auch
iiber komplexer und langerfristig angelegte Verlaufe aus der frtiheren Akti
onsforschung in der Tradition von Kurt Lewin, in denen gruppendynami
sche Veranstaltungen iiber eine oder mehrere W ochen beforscht wurden
(Lewin 1948 und 1951, Rechtien 1992). Wir wissen jedoch nur wenig iiber
die Prozesse von Gruppen, die in der "Wirklichkeit" drauBen die Majoritat
"natiirlicher" Gruppen darsteIlen: solche namlich, die iiber Monate und Jah
re zusammen sind und daher einem Forschungsdesign der geschilderten Art
unzuganglich sind.
Bei den hier untersuchten Gruppen handelt es sich urn einen speziellen
Fall, namlich urn Fortbildungsgruppen, in denen die Teilnehmerlnnen iiber
einen Zeitraum von anderthalb Jahren nach einem erfahrungsorientierten
gruppendynamischen Konzept etwas iiber das Leiten von Gruppen lemen
wollen. Gegenstand der Forschung ist der Idealtypus einer selbstreflexiven
Gruppe. Wir haben Teilnehmerlnnen eines Gruppengeschehens dabei beob
achtet, wie sie sich selbst beobachten, wie sie diese Beobachtungen und
Wahmehmungen austauschen, und danach befragt, was sie dabei entdecken.
Die Besonderheiten der dabei auftretenden Prozesse sind daher von generel
ler Aussagekraft flir aIle solche Gruppen, die sich nach dem Prinzip der
Selbstreflexivitat zu organisieren versuchen. Die vorliegenden Fallanalysen
lassen die Voraussetzungen und paradoxen Begleiterscheinungen, die Mog
lichkeiten und die Grenzen solcher Gruppen sichtbar werden.