Table Of ContentMichael Hantel
Leopold Haimberger
Grundkurs
Klima
Grundkurs Klima
Michael Hantel · Leopold Haimberger
Grundkurs Klima
Michael Hantel Leopold Haimberger
Wien, Österreich Wien, Österreich
ISBN 978-3-662-48192-9 ISBN 978-3-662-48193-6 (eBook)
DOI 10.1007/978-3-662-48193-6
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FÜR BARBARA UND ROMANA
Vorwort
DasvorliegendeBuchGrundkursKlimahateinZiel,dasbescheidenklingtunddoch
anspruchsvollist. Bescheidendeshalb,weilSie vomTitelherwahrscheinlicheine
EinführungindieKlimatologieerwarten.DiebekommenSieauch,undsogesehen
scheintunserVorhabenzunächstnureinweitererBeitragunterHundertenanderer
zumaktuellenKlimaproblemzusein.InfrüherenZeitenwusstemanimmerschon
umdiepraktischeBedeutungdesKlimas;dieWissenschaftbrachteunseremThema
ein freundliches Interesse entgegen, aber kaum mehr. Das hat sich in den letzten
Jahrzehntendramatischverändert.DieGründedafürsindvielfältig;einerderwich-
tigstenistdieTatsache,dasssichdasKlimaselbstverändert,unddasswirdieUr-
sachedafürsind.DieAuswirkungenreichenweitindieBereichegesellschaftlicher
Gestaltunghinein.
DasistabernichtunserThema.DerGrund,weshalbwirdasZielunseresBuches,
trotz der harmlos klingenden Ankündigung eines Grundkurses, als anspruchsvoll
bezeichnen, ist ein anderer. Wenn man die klassischen Ansätze der Klimatologie
durchgehtundaufihreAussagekraftabklopft,merktman,welcheGesetzmäßigkeit
dahintersteckt:esistdasHaushaltsprinzip.UnserAnliegenistes,Ihnendaszude-
monstrieren.DasHaushaltsprinzipmitseinemZusammenwirkenvonSpeicherung
S, Abfluss A und Umwandlung U der jeweiligen Zustandsgröße ist es, das hinter
denvielenneuerenStudienbeschreibenderundmodellierenderArterkennbarher-
vortritt;esbestehtinderForderung,dassdiedreiGrößenS,A,undUsichzunull
addieren müssen. Diese unspektakuläreBedingungin ihren Konsequenzenund in
ihrer Tiefe zu erläutern, ist das, nun leider wohl anspruchsvolle, Vorhaben dieses
Buches.
Das Haushaltsprinzip ist eine fundamentale konzeptionelle Vereinfachung;wir
betrachten es als die begriffliche Grundlage für das quantitative Verständnis des
Klimas.Darüberhinausistesnotwendig,umdasOrdnungsproblemderKlimadaten
zulösen.
Da werden Sie fragen, was anschließend an theoretischer Durchdringungnoch
kommenkann.IstdasHaushaltsprinzipvielleichtauchhinreichendfürdiePrognose
derzukünftigenEntwicklungdesKlimas?DieseFragewerdenwiramEndestellen,
vii
viii Vorwort
aber sie führt über das Anliegen dieses Buches hinaus. Wir begnügen uns damit,
exemplarischStärkenund Erfolgeebensowie die Grenzender Haushaltsaussagen
zustudieren,beschränktaufihrediagnostischeAnwendung.
DasBuchistinzweiTeilegegliedert(dieimInhaltsverzeichnisnichtabgebildet
sind):TeilIumfasstdieMethoden(KapitelEinsbisDrei),TeilIIdieAnwendungen
(KapitelVierbisZehn).DazugibtesKapitel11mitformalenAnhängen.
•
KapitelEins beschreibtdas Klimasystem unddas Ordnungsproblemder Kli-
matologie.DabeigehenwirdieklassischenLösungsansätzedurch.Alseigent-
licheLösungführenwirdasHaushaltsprinzipein,daswirmitelementarenBei-
spielenerläuternundbegründen.
•
Kapitel Zwei behandelt das Identitätsproblem der Fluidpartikel anhand der
Kontinuitätsgleichung;insbesonderediskutierenwirdenSchrittvonderdiskre-
tenzurkontinuierlichenDarstellungeinerZustandsgröße.AufdieserGrundlage
stellenwirdenPrototypderKlimahaushaltsgleichungauf.Diesistdermetho-
discheKernunsererDarstellung,ersteHälfte.
•
Kapitel Drei behandeltdie Methoden der Datenaufbereitunganhandder drei
MechanismendesHaushaltsgesetzes:dieZeitreihenanalyse,dieräumlicheAna-
lyseunddiestofflicheAnalyse.DerZeitreihenanalysekommtdabeidasHaupt-
gewichtzu.Manbrauchtsiezunächst,umausdenvorhandenenMessungenzu
einemwohldefiniertenKlimazustandzukommen.DazuführenwirindasVer-
fahren der dynamischen Datenassimilation ein, mit dem wir die Daten in die
Haushalte hineinbringen. Ihre raumzeitliche Variabilität wird nun erneut mit
MethodenderZeitreihenanalyseuntersucht.DiesistdermethodischeKernun-
sererDarstellung,zweiteHälfte.
•
Kapitel Vier bis Zehn In diesem zweiten Teil des Buches behandelnwir die
wichtigstenHaushalteim Klimasystem.Diese betreffenzunächstdieMassen-
bilanzvonAtmosphäreundOzean(Kapitel4).EsfolgtderBewegungszustand
derKlimafluide(Kapitel5);dasistderImpulshaushalt,derdenWindunddie
allgemeineZirkulationderAtmosphäresowiedasStrömungssystemimOzean
kontrolliert.DerEnergiezyklusderGeofluidewirdinKapitel6besprochen,der
hydrologischeKreislaufinKapitel7.InKapitel8kommtderKohlenstoffhaus-
haltandieReihe.InKapitel9beleuchtenwirkurzdiePartikelhaushalte(Wol-
kenundAerosole)undinKapitel10ansatzweisedieHaushaltelebenderSyste-
me.
Der methodische Teil I des Buches besteht darin, das handwerkliche Rüstzeug
dermodernenanalysierendenKlimatologiebereitzustellen;hierwerdendiebegriff-
lichenGrundlagengelegtundbreitbesprochen.
DerangewandteTeilIIdesBuchesistdieZusammenschaudersoentwickelten
globalen Haushaltsklimatologie, abgeleitet vornehmlich aus den Re-Analysen des
EuropäischenZentrumsfürMittelfristwettervorhersage(EZMW).Wirpräsentieren
siehierinFormvonKartenundHorizontalprofilendesKlimasystems(Atmosphäre,
OzeanundEisschilde).
Bei den Einzelhaushalten ist Gelegenheit, wichtige Klimaphänomene in ihrer
Erscheinungsformebensowie in ihrer haushaltsmäßigenBedingtheitzu erläutern.
Vorwort ix
SokommenwirzueinerzusammenhängendenglobalenKlimatologie,derenStärke
einefrühernichtmöglicheVollständigkeitundinnereKonsistenzallerbetrachteten
Felderist(endgültigerreichtmandiesenIdealzustandnie).
Dies ist übrigens auch der Fortschritt der hier präsentierten Klimatologie ge-
genüberherkömmlichenklimatologischenDatensammlungen.Einederneuerenist
das Werk Observed Global Climate, das 2005 in der Reihe Landolt-Börnsteiner-
schienenist[1].DiedamalsbearbeitetenDatenwarenzentriertumdasZeitintervall
1991–1995.SiewurdenjedochfürdieKlimasubsystemeinunterschiedlicherWei-
se ausgewertetundsindinderRegelnichtgegeneinanderabgeglichen.Aufdieses
Werkbeziehenwirunsmehrfach,insbesondereaufdieglobalenKartenimdortigen
Kapitel17(vgl.[2]).
UnserBuchunterscheidetsichnochineinemgrundsätzlicherenSinnevomTyp
derherkömmlichenSammelwerke.BeidiesenstandderGedankeimVordergrund,
denFachleuteneinegeprüfteSammlungzuverlässigerDatenderklimatologischen
Messwerte zu bieten. Dieses Ziel wird heute nicht mehr durch gedruckte Bücher
erreicht;vielmehrwerdendieDatenausdemInternetheruntergeladen.DieAufga-
be, außer dem theoretischen Hintergrund auch ausgewertete Felddarstellungen zu
bieten,diealsStandardderKlimatologieanzusehenwaren,erfülltegeradenochdas
klassischeWerkvonPeixotoundOort[3]fürdieKlimaforschungdesausgehenden
zwanzigstenJahrhunderts.
Unsere Felder sind daher eher als Illustrationen anzusehen und dürften sich in
manchen Details wieder ändern. Von mehr bleibendemWert sind die inneren Zu-
sammenhänge,diewirherauszuarbeitenversuchen.UnsereDarstellungistaufJah-
resmittel der Periode2001-2012undräumlichauf das vertikaleMittel von Atmo-
sphäreundWeltmeerkonzentriert.InEinzelfällenzeigenwirauchdenJahresgang
unddenLangzeittrend.ImMittelpunktstehenjeweilsdievertikalenStrömeunddie
horizontalen Transporte. Diese sind bei einem stationären Klima im Fließgleich-
gewicht;wenndasKlimainstationärwird(Klimaschwankungen,Klimawandel),ist
dasGleichgewichtgestörtunddieZustandsgrößen(z.B.Temperatur,Eisbedeckung,
Meeresspiegelhöhe)wanderninRichtungaufandere(möglicherweiseunerwünsch-
te)Arbeitspunkteab.
Die letztgenannten Implikationen des Klimawandels behandeln wir in diesem
Buch jedochnichtund verweisen dazu stellvertretendauf den Bericht IPCC-2013
desWeltklimaratesundweitereeinschlägigePublikationen[4,5,6].DasneuePhä-
nomendesKlimawandelshatzweiDimensionen:eineSachverhaltsdimension;die-
se ist von der Wissenschaft theoretisch zu analysieren, das sehen wir als unsere
Aufgabe an. Und eine gesellschaftliche Dimension; diese ist von der Gesellschaft
praktischzugestalten–dasistdieAufgabederPolitik.
Diese Trennungder Aufgabenwird übrigensauch vom Weltklimarat [4] ange-
strebt, obwohl man nicht übersehen kann, dass gerade dessen Berichte bis hin zu
IPCC-2013mitseinerAnalysedergesellschaftlichenAuswirkungenunddermög-
lichenVermeidungsmaßnahmentiefindiepolitischenEntscheidungsprozessehin-
einreicht.DieseletzterePerspektivestehtbeiunsnichtimVordergrund.
WasdieSachverhaltsdimensionderBerichtedesWeltklimaratesangeht,sozeigt
essich,dassderenSchlussfolgerungeninzunehmendemMaßeaufHaushaltsargu-
x Vorwort
menten aufsetzen.Mit unseremBuch wollen wir nun ein Instrumentbereitstellen,
um fundiertargumentierenzu können.Die hier präsentiertenMethodenkannman
lernen(deshalbgibtesimBuchÜbungsaufgabenmitLösungen),siesinddieGrund-
lagefürdieErarbeitungbelastbarerAussagen.WirbetrachtenindiesemGrundkurs
denscheinbarwenigaufregenden,abergrundlegendenAspekt:dasallerKlimaana-
lysezugrundeliegendeHaushaltsgesetzinseinenvielfältigenErscheinungsformen.
Dabei hoffenwir, dass Sie Gefallen an diesem Vorgehen finden und nebenbeiein
vertieftesVerständnisfürdieaktuelleKlimadiskussiongewinnenwerden.
Einige Aufgabenlösungen sind in der Programmiersprache Python formuliert
undauchdieCodesfürmancheBildersindinPythongeschrieben.Siekönnenals
IPythonNotebooksheruntergeladenwerdenvon:
• http://homepage.univie.ac.at/leopold.haimberger/GrundkursKlima_Beispiele.ipynbbzw.
• http://homepage.univie.ac.at/leopold.haimberger/GrundkursKlima_Loesungen.ipynb
Zusätzlich verweisen wir auf einige instruktive Animationen zu den behandelten
ThemenimInternet:
1. ModellversuchzumTreibhauseffekt:
http://www.chf.de/eduthek/Treibhauseffekt/Treibhauseffekt.swf
HierwirddieTemperaturerhöhungdurchCO ineinemGlashausdemonstriert.
2
2. CO -Anstieg:
2
https://www.youtube.com/watch?v=t0dXjmoA0dw
HierwirddiezeitlicheVeränderungdesCO -GehaltsderAtmosphäreanwelt-
2
weitverteiltenMess-Stationen(MaunaLoa,Südpoletc.)demonstriert.
3. KöppenscheKlimaklassifikation.:
http://koeppen-geiger.vu-wien.ac.at/
DiesewebsitebietetAnimationenfürdiePerioden1900–2000und2000–2100.
Dieses Lehrbuch richtet sich an Studierende mittlerer Semester im Bachelor-Stu-
diumderUmweltwissenschaften,jedochauchandasallgemeininteressiertePubli-
kum. Die Kapitel 1 und 10 sind allgemein und ohne Mathematik verständlich. In
denKapiteln2bis9sowieimAnhangwirdMathematikgebraucht.
Im Kapitel 2 behandeln wir die Kontinuitätsgleichung der Fluide – da geht es
ohne elementare Differenzial- und Integralrechnungnicht ab. Im Kapitel 3 erläu-
ternwirdenstochastischenCharaktervonMessdaten–dagehtesohnestatistische
Grundgesetzenichtab. In den Kapiteln 4 bis 9 werden mathematischeHilfsmittel
benutzt,aberdieanschaulicheInterpretationderErgebnissestehtimVordergrund.
UnserZielistes,dieansicheinfachen,indenDetailsabervertrackten(undmit
Mathematikdurchsetzten)BegriffsbildungeninihrerNotwendigkeitverständlichzu
begründen.DabeischreckenwirvorhistorischenbishinzuphilosophischenKurz-
betrachtungenebensowenigzurückwievordidaktischerklärenderKleinarbeitoder
auch mathematischen Zumutungen. Es hilft nichts: Fließgleichgewicht im Klima
kann man nicht ohne den Begriff der Flussdivergenz und Datengenauigkeit kann
mannichtohnedenBegriffderWahrscheinlichkeitsdichtefunktionverständlichma-
chen.WennSieGeschmackandieserMethodefinden,dannistdashierIhrKlima-
buch.
Vorwort xi
Danksagung
Beider VorbereitungdiesesBucheshabenwir vielfacheBeratung,Datenhilfeund
sachlicheUnterstützungbishinzukritischerDurchsichtdesManuskriptsvonKol-
legInnenerfahren.Ihnenallendankenwirhiermit,insbesondere:
BodoAhrens,Frankfurt/Main
IngeAuer,Wien
RainerBleck,Boulder(CO)
GünterBlöschl,Wien
NicolausBuhlmanncan.reg.,Klosterneuburg
DonChambers,Austin(TX)
HildegardundEgbertDierker,Wien
AndreasHense,Bonn
ReginaHitzenberger,Wien
DorianHolzer,Wien
HelmuthHorvath,Wien
BernhardHynek,Wien
RuprechtJaenicke,Mainz
MarkusKottek,Klagenfurt
ChristophKottmeier,Karlsruhe
LukasKugler,Wien
KonradMauersberger,Minneapolis(MN)
MichaelMayer,Wien
HannsMooshammer,Wien
PeterNevir,Berlin
AtsumuOhmura,Zürich
MariannePopp,Wien
HansPuxbaum,Wien
JörgRapp,Frankfurt/Main
FranzRubel,Wien
RobertSausen,Oberpfaffenhofen
HaukeSchmidt,Hamburg
MarionSchroedter-Homscheidt,Oberpfaffenhofen
SusanneSchuck-Zöller,Hamburg
GeorgAntonSeyerl,Wien
ReinholdSteinacker,Innsbruck
MartinSteinheimer,Wien
BjornStevens,Hamburg
RainerStowasser,Wien
SimonTschannett,Wien
WilfriedWiniwarter,Wien
Description:Wenn Sie wissen wollen, wie Klima funktioniert, müssen Sie fragen: Was ist der Klimazustand? Wie beobachtet man ihn? Wie macht man Haushalte daraus? Das Buch zeigt, warum Sie diese drei Aspekte als Grundlage für ein Klimaverständnis brauchen. Die Autoren stellen dazu das bewährte Haushaltsgesetz