Table Of ContentGRUNDGESETZE
DER ARITHMETIK:
BEGRIFFSSCHRIF
TLICH
ABGELEITET
Gottlob Frege
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Grundgesetze der Arithmetik.
Von
Dr. ö. Frege.
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GRUNDGESETZE
DER ARITHMETIK.
BegriAbschriftlich abgeleitet
von
Dr. G. FREGE
A. O. PROFESSORAN DER UNIVERSITÄTJENA.
I. Band.
JENA
Verlag von Hermann Pohle'
1893.
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176606
JÜL 2S 1313
•Y-So
Vorwort.
M
an find«-t in diesem Buche Lehrsätze, auf denen die Arithmetik
lieruht, mit Zeichen bewiesen, deren Ganzes ich Begriffsschrift nenne.
Die wichtigsten dieser Sätze sind am Ende zum Theil mit angefügter
Uebersetzung zusammengestellt. Wie man sieht, sind die negativen-
gebrochenen, irrationalen und complexen Zahlen hier noch von der Be-
trachtung ausgeschlossen, ebenso auch Addition, Multiplication u. s. w.
Auch dieSätze von denAnzahlen sind noch nicht in der zuerst geplanten
Vollständigkeit vorhanden. Insbesondere fehlt noch der Satz, dass die
Anzahl der unter einen Begriff fallenden Gegenständ«- endlich ist, wenn
die Anzahl der Gegenstände endlich ist, die unter einen übergeordneten
Begriff fallen. Aeussere Gründe haben mich bestimmt, dies, sowie die
Behandlung der andern Zahlen und der Rechnungsarten einerFortsetzung
vorzubehalten, deren Erscheinen von der Aufnahme abhängig sein wird,
die dieser ersteBand findet. Was ich hier geboten habe, mag hinreichen,
von meiner Weise eine Vorstellung zu geben. Man könnte meinen, dass
die Sätze über die Anzahl Endlos*) hätten fehlen können. Zur Begrün-
dung der Arithmetik im hergebrachten Umfange sind sie allerdings nicht
nöthig: aber ihreAbleitung ist meist einfacher als dieder entsprechenden
Sätze für endliche Anzahlen und kann als Vorbereitung für sie dienen.
Noch kommenSätze vor, die nicht vonAnzahlen handeln, die aber zuden
Beweisen gebraucht werden. Siehandeln z.B. vom Folgen in einer Reihe,
von der Eindeutigkeit von Beziehungen, von zusammengesetzten und ge-
koppelten Beziehungen, von der Abbildung durch Beziehungen u. dergl.
Diese Sätze könnte man vielleicht einer erweiterten Combinationslehre
zuweisen.
Die Beweise sind allein in den mit „Aufbau" überschriebcnen Para-
graphen enthalten, während die mit „Zerlegung1* überschriebeneu das
Verständniss erleichtern sollen, indem sie vorläufig denGangdes Beweises
in groben Umrissen vorzeichnen. Die Beweise selbst enthalten keine
Worte, sondern siud allein mit meinen Zeichen geführt. Sie stellen sich
dem Auge dar als eine Reihe von Formeln, «He durch ausgezogene oder
1) Anzahleiner abzahlbarunendlichenMenge.
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VI
unterbrochene Striche oder andere Zeichen getrennt sind. Jede dieser
Formeln ist ein vollständiger Satz mit allen Bedingungen, die zu seiner
Gültigkeit nothwendig sind. DieseVollständigkeit, welche stillschweigend
hinzuzudenkendeVoraussetzungen nichtduldet, scheint mir für dieStreng«;
der Beweisführung unentbehrlich zu sein.
Der Fortschritt von einemSatze zum nächsten geht nach den Regeln
vorsich, die im§48zusammengestellt sind, undkeinUeberganggeschieht,
der nicht diesen Regeln gemäss wäre. Wie und nach welcher Regel die
Folgerunggemachtwird, deutetdaszwischendenFormelnstehendeZeichen
an, während • eine Schlusskette abschliesst. Es muss hierbei
Sätze geben, die nicht aus andern abgeleitet werden. Solcho sind theils
die Grundgesetze, die ich im § 47 zusammengestellt habe, theils die
Definitionen, die man amEnde in einerTafel vereinigt findet mit Hinweis
aufdie Stellen, wo sie zuerst vorkommen. Bei einer Fortsetzung dieses
Unternehmens wird immer wieder das Bedürfnis vonDefinitionen hervor-
treten. Die Grundsätze, die dabei maassgebend sein müssen, sind im§33
aufgeführt. DieDefinitionen sind nicht eigentlich schöpferisch und dürfen
es, wie ich glaube, nicht sein; sie führen nur abkürzende Bezeichnungen
(Namen) ein, die entbehrt werden könnten, wenn nicht soust die Weit-
läufigkeit unüberwindliche äussere Schwierigkeiten machte.
Das Ideal einer streng wissenschaftlichen Methode der Mathematik,
das ich hier zu verwirklichen gestrebt habe, und das wohl nach Euklid
benannt werden könnte, mochte ich so schildern. Dass Alles bewiesen
werde, kann zwar nicht verlangtwerden, weil es unmöglich ist; aber man
kannfordern, dass alleSätze, die man braucht, ohne sie zu beweisen, aus-
drücklich als solche ausgesprochen worden, damit mau deutlich erkenne,
worauf der ganze Bau beruhe. Es muss danach gestrebt werden, Hie
AnzahldieserUrgesetze möglichst zu verringern, indem manAllesbeweist,
was beweisbar ist. Ferner, und darin gehe ich über Euklid hinaus, ver-
lange ich, dass alle Sehluss- und Folgerungsweisen, die zur Anwendung
kommen, vorher aufgeführt werden. Sonst ist die Erfüllung jener ersten
Forderung nicht sicher zu stellen. DiesesIdealglaubeichnunim Wesent-
lichen erreicht zuhaben. NurinwenigPunktenkönntemannochstrengere
Anforderungen stellen. Um mir mehrBeweglichkeit zu sichern und nicht
in übermässige Breite zu verfallen, habe ich mir erlaubt, von der Ver-
tauschbarkeit der Unterglieder (Bedingungen; und von der Verschmelzbar-
keit gleicher Unterglieder stillschweigend Gebrauch zu machen, und habe
die Schlus8- und Folgerungsweisen nicht auf die geringste Zahl zurück-
geführt. Wer mein Büchlein Begriffsschriftkennt, wird daraus entnehmen
können, wie manauchhierindenstrengstenAnforderungengenügenkönnte,
zugleich aber auch, dass dies eine beträchtliche Zunahme des Umfanges
nach sich zöge.
ImUebrigen, glaubeich, werdendieAusstellungen, dieman mit Recht
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