Table Of ContentSusanne Muth
Gewalt im Bild
Image & Context
Edited by
François Lissarrague,
Rolf Michael Schneider & R.R.R. Smith
Editorial Board:
Bettina Bergmann, Jane Fejfer,
Luca Giuliani, Chris Hallett, Susanne Muth,
Alain Schnapp & Salvatore Settis
Volume 1
Susanne Muth
Gewalt im Bild
Das Phänomen
der medialen Gewalt
im Athen des
6. und 5. Jahrhunderts v. Chr.
Gedruckt mit Unterstützung der Gleichstellungs-Prämie
der Ludwig-Maximilians-Universität München und der
Geschwister Boehringer Ingelheim Stiftung für Geisteswissenschaften.
(cid:2)(cid:2)Gedruckt aufsäurefreiem Papier,
das die US-ANSI-Norm über Haltbarkeit erfüllt.
ISBN 978-3-11-018420-4
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
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(cid:2)Copyright 2008 by Walter de Gruyter GmbH & Co.KG,10785 Berlin.
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Printed in Germany
Einbandentwurf:Martin Zech,Bremen
Satzherstellung:Fotosatz-Service Köhler GmbH,Würzburg
Druck:Mercedes-Druck GmbH,Berlin
Buchbinderische Verarbeitung:Stein + Lehmann GmbH,Berlin
Meinem Vater
Heinz-Martin Muth
in liebevoller und dankbarer Erinnerung
Vorwort
Als ich vor ein paar Jahren begann, mich mit den Gewaltbildern des
archaischen und klassischen Athen zu beschäftigen, glaubte ich noch,
präzise zu wissen, was für ein Buch ich schreiben wollte. Eine kultur-
und mentalitätsgeschichtliche Studie zur athenischen Gesellschaft sollte
es werden,bei der ich die Bilder der Gewalt als historische Zeugnisse für
die Einstellungen der Athener zur Gewalt sowie für ihre Verarbeitung
von realen Kriegserfahrungen entschlüsseln wollte. Vielversprechend
erschien mir dabei vor allem,daß sich scheinbar engere Bezüge zwischen
dem Diskurs in den Bildern und der Ereignisgeschichte abzeichneten:
Blutdurchtränkte Darstellungen drastischer Gewalttätigkeit schienen
gerade in Zeiten extremer Kriegserfahrungen wie etwa der Perserkriege
greifbar und ließen spannende Einblicke in bislang unbekannte Tiefen
des mentalen und psychischen Haushaltes der Athener erwarten.
Doch meine Zuversicht wich bald großer Ernüchterung. Und so
kommt es, daß das Buch, zu dem ich nun dieses Vorwort schreibe, nur
noch wenig mit meinen anfänglichen Plänen gemein hat. Schuld daran
haben die Bilder.Sie widersetzten sich meinen Fragestellungen und mei-
nen historischen Erwartungen – und forderten mich heraus, mich in
einer nochmals neuen Weise aufsie einzulassen.Vor allem zwei Beobach-
tungen wurden mir dabei zur Schlüsselerfahrung:Zum einen zeigte sich,
daß die offensichtlichen Schwankungen in der Gewalt-Ikonographie mit
ihren Ausschlägen hin zu emphatischen Darstellungen brutaler Gewalt-
tätigkeit nicht unmittelbar mit den Schwankungen und Zäsuren in der
Ereignisgeschichte korrelieren. Aber damit nicht genug: Es zeigte sich
auch,daß die Gewaltbilder in ihrer ikonographischen Ausprägung einer
periodischen Wellenbewegung unterworfen sind, die kaum anders er-
klärt werden kann, als daß hier eine Eigendynamik innerhalb der iko-
nographischen Ebene am Werk ist. Diese Eigendynamik galt es erst zu
erklären,bevor ich erneut hoffen konnte,die Bilder in ihrem historischen
Kontext zu verstehen und in ihrer historischen Aussagekraft zu er-
schließen.
VIII Vorwort
Damit war die Konzeption meiner Untersuchung neu bestimmt:Vor-
rangiges Anliegen mußte es nun also sein, zunächst die Strukturen zu
entschlüsseln,nach denen die Gewalt-Ikonographie der attischen Bilder
grundsätzlich funktionierte – und nach denen sich auch die diachronen
Wellenbewegungen formierten; ohne diese Grundlage war ein histori-
sches Verständnis der Bilder nicht zu erreichen.Entsprechend wird sich
auch das Buch in den meisten seiner Kapitel gerade um die Frage nach
diesen Strukturen drehen: da diese schlechterdings nur unter Berück-
sichtigung des gesamten Repertoires an Gewaltbildern zu entwickeln und
Thesen zu ihrem Funktionieren nur im Vergleich verschiedener Themen
und Ikonographien zu überprüfen sind. Die stärker historisch ausge-
richteten Fragen nach den Einstellungen der Athener zu Gewalt und
Krieg, von denen ich anfangs ausgegangen war, bleiben freilich weiter-
hin Ziel der Untersuchung:Sie werden vor allem im abschließenden Ka-
pitel IV in den Blick genommen und führen dort zum Teil zu überra-
schenden Antworten (verglichen mit meinen anfänglichen historischen
Erwartungen, sowie auch mit unseren heutigen Konventionen im me-
dialen Umgang mit der Gewalt).Doch konnten diese Fragen nicht mehr
im Zentrum meiner Beschäftigung mit den Bildern stehen.An ihre Stel-
le ist vielmehr jetzt die Frage nach der medialen Eigengesetzlichkeit der
Gewaltbilder getreten. Und damit verbunden, die exemplarische Dis-
kussion um unsere methodischen Möglichkeiten, wie wir den eigen-
wertigen historischen Aussagegehalt dieser Zeugnisse einer ‚Gewalt im
Bild‘ erforschen können. Hätte man mich am Anfang meiner Unter-
suchung gefragt, ob ich das Buch so schreiben möchte, wie es nun
entstanden ist, so hätte ich dies damals vehement verneint. Inzwischen
aber bin ich davon überzeugt, daß ich es kaum hätte anders schreiben
können.
Ein Buch, das die mediale Eigengesetzlichkeit von Bildern vermitteln
will,muß den Bildern zwangsläufig viel Platz einberaumen.Auch das hat
das Buch anders werden lassen,als es anfangs geplant war.Entsprechend
ausführlich ist nun die Bebilderung – und ebenso ausführlich und nah-
sichtig auch die Besprechung der Bilder. Beide, Bebilderung und Be-
sprechung, sollen dem Leser erlauben, sich selbst einen Überblick über
Vielfalt und Strukturen der attischen Gewaltdarstellungen anzueignen –
und die Entwicklung meiner Argumentationsführung an jeder ihrer zent-
ralen Schnittstellen zu verfolgen und überprüfen. Diese Ausführlichkeit
ist freilich nur Angebot an den Leser.Zwangsläufig notwendig ist die aus-
führliche Lektüre aller Kapitel nicht, um sich die Grundthesen der Ar-
beit zu erschließen. Je nach Interesse bieten sich hierfür verschiedene
Kapitel an.Im Kapitel IV werden die Beobachtungen zu den Strukturen
der attischen Gewalt-Ikonographie zusammenfassend diskutiert und
Konsequenzen für die Frage nach der historischen Interpretation der
Vorwort IX
Bilder gezogen. Die vorausgehenden Kapitel II und III gelten hingegen
den Einzelanalysen der verschiedenen Bildthemen, in denen Gewalttä-
tigkeit und Aggression verhandelt werden; hier erfolgt die schrittweise
Entschlüsselung der eigengesetzlichen Strukturen, nach denen die atti-
schen Gewaltbilder funktionieren: Die Lektüre kann sich hier frei nach
dem jeweiligen thematischen Interesse richten.Wer jedoch die zentralen
Schritte in der Argumentationsführung nahsichtig verfolgen möchte,dem
seien besonders zwei Abschnitte empfohlen: zum einen die drei Fallbei-
spiele im Kapitel II,in denen der methodische Ansatz der Bildinterpre-
tation entwickelt und erprobt wird, sowie zum anderen die Bilder der
sog.anonymen Hoplitenkämpfe im Kapitel III,wo aus inhaltlich-histo-
rischer Perspektive das Funktionieren der Gewalt-Ikonographie beleuchtet
wird.
Nicht nur die Eigendynamik der Bilder hat das Buch geprägt. Ohne
die anregenden Gespräche, kritische Lektüre und mannigfache Unter-
stützung von Freunden und Kollegen hätte ich diese Untersuchung kaum
zu einem Ende bringen können.Es ist mir eine Freude,ihnen hier dafür
zu danken.
Mein erster Dank gilt Luca Giuliani: Er hat mich in ähnlich konse-
quenter Weise wie die Bilder immer wieder herausgefordert,meine Fra-
gen und Antworten zu überdenken;die Diskussionen mit ihm über das
Funktionieren von Bildern waren mir Genuß und Gewinn.Ebenso danke
ich Rolf Schneider für vieles, auch und vor allem für die bestärkenden
Gespräche,was die drängenden Fragen nach einer neu auszurichtenden
historischen Bildwissenschaft anbelangt. Meinen besonderen Dank für
vielfältige Anregungen,Kritik und Ermutigungen sage ich außerdem Karl-
Joachim Hölkeskamp, Oliver Primavesi und Paul Zanker (welche sich
dankenswerterweise für die Begutachtung der Habilitationsschrift be-
reiterklärten), sowie Francesco de Angelis, Franz Alto Bauer, Andrea
Ercolani,Egon Flaig,Friederike Fless,Ulrich Gotter,Tonio und Fernande
Hölscher,Hanna Koenigs-Philipp,Katharina Lorenz,Thomas Mannack,
Fritz-Heiner Mutschler, Árpád Nagy, Felix Pirson, Stefan Ritter, Bernd
Seidensticker,Alexandra Verbovsek,Sabine Vogt,Martin Vöhler,Ralfvon
den Hoff, Detlev Wannagat, Lorenz Winkler-Horacˇek, Eva Winter und
Martin Zimmermann.Die Studierenden des Archäologischen Institut in
München fanden sich immer wieder bereit, in Seminaren und Vorle-
sungen mit mir meine Interpretationen zu diskutieren: dafür danke ich
ihnen sehr. Die Fakultät für Kulturwissenschaften der Ludwig-Maxi-
milians-Universität München schließlich hat das Manuskript im Som-
mer 2004 als Habilitationsschrift angenommen.
Für vielfältige Unterstützung bei der Bilderrecherche sowie der Fertig-
stellung der Druckfassung danke ich vor allem Dorothée Grieb, Domi-
X Vorwort
nique Schaub, Nele Schröder und Manuela Wangert – sowie für kriti-
sche Lektüre der Druckfassung Florian Leitmeir und Anja Ludwig.Ganz
besonders schulde ich Bettina Jaeger aufrichtigen Dank, die mit be-
wunderswerter Sorgfalt das Manuskript mehrmals auf seine inhaltlichen
Widersprüche und sprachlichen Unschärfen hin Korrektur gelesen hat:
Hiervon hat das Manuskript erheblich profitiert.Ebenso herzlich danke
ich meiner Mutter,Margit Muth,für ihre engagierte und kritische Lek-
türe – und auch dafür, daß sie mich immer wieder daran erinnert hat,
die Darstellungen von Gewalt nicht nur als ein rein wissenschaftliches
Phänomen anzusehen und zu behandeln.
Weiterhin gilt mein Dank den Herausgebern der Reihe ICON, na-
mentlich vor allem Rolf Schneider,nicht nur für die Aufnahme des Bu-
ches,sondern auch für die Unterstützung bei der Drucklegung.Für die
Realisierung des Drucks gewährten die Gleichstellungs-Prämie der Lud-
wig-Maximilians-Universität München und die Geschwister Boehringer
Ingelheim Stiftung für Geisteswissenschaften großzügige Zuschüsse:Auch
ihnen sei dafür herzlich gedankt. Für kollegiale Hilfe bei der Beschaf-
fung von Bildern bin ich neben den im Bildnachweis genannten Insti-
tutionen und Museen vor allem Fede Berti (Ferrara),Lucilla Burns (Cam-
bridge), Martine Denoyelle (Paris), Winfried Held (Würzburg), Tonio
Hölscher (Heidelberg), Wilhelm Hornbostel (Hamburg), Bert Kaeser
(München), Florian Knauss (München), Susanne Lorenz (München),
Elena Mango (Zürich), Joan R. Mertens (New York), Christiana Morigi
Govi (Bologna), Árpád Nagy (Budapest), Herman Pflug (Heidelberg),
Gertrud Platz (Berlin),Vera Slehofer (Basel),Michael Vickers (Oxford),
Alfred Bernhard Walcher (Wien), Dyfri Williams (London) und Rai-
mund Wünsche (München) dankbar.Inge Kader danke ich für die Mög-
lichkeit der freizügigen Nutzung der reichen Photobestände des Museums
für Abgüsse Klassischer Bildwerke München. Der photographischen
Kunst von Kai-Uwe Nielsen und der freundlichen Kooperation der Anti-
kensammlungen München verdanke ich das Coverbild.Mitch Cohen hat
dankenswerter Weise die englische Übersetzung der Zusammenfassung
angefertigt.Claudia Herkommer danke ich für ihre unermüdliche Unter-
stützung, das organisatorische Chaos rund um die Entstehung dieses
Buches zu bezwingen,Christa Kickbusch für ihre vielfältige Hilfe bei der
Erfüllung aller Buchwünsche.
Ein ganz besonderer und aufrichtiger Dank geht last but not least
an Sabine Vogt sowie die Mitarbeiter im Lektorat der Altertums-
wissenschaften des De Gruyter Verlags: Ohne ihre stets begeisterte und
gleichzeitig professionelle Begleitung – wie man sie sich an sorgfälti-
ger lektorieller Betreuung nur erträumen kann – hätte das Manus-
kript sicherlich nie seinen Weg zwischen die beiden Buchdeckel ge-
funden.
Description:Few images occupy and polarise public discussion today as much as depictions of violence. Most scholars assume that depictions of violence mirror actual experience and social perceptions of violence, and that they contribute to stimulating aggression. Focussing on the countless depictions of violenc