Table Of ContentWolfgang Künzel (Hrsg.)
Gesunde Lebensweise
während der
Schwangerschaft
Ratgeber für Ärzte
Mit 30 Abbildungen
Springer-Verlag
Berlin Heidelberg NewYork London Paris Tokyo
Prof. Dr; Wolfgang Künzel
Universitäts-Frauenklinik
Klinikstr. 28, D-6300 Gießen
Zuvor veröffentlicht in
Der Gynäkologe Bd.20, Heft 2+3,1987
CIP-Titelaufnahme der Deutschen Bibliothek
Gesunde Lebensweise während der Schwangerschaft: Ratgeber rur Ärzte / Wolfgang Künzel (Hrsg.). -
Berlin; Heidelberg; New York; London; Paris; Tokyo: S!,rin~er, 1988
ISBN-\3: 978-3-540-19257-2 e-ISBN-13: 978-3-642-73682-7
DOI: 10.1007/978-3-642-73682-7
NE: Künzel, Wolfgang [Hrsg.]
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© Springer-Verlag Berlin Heidelberg 1988
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2121/3140-543210
Vorwort
Mit dem Eintritt einer Schwangerschaft erhält die Betreuung einer gynä
kologischen Patientin eine neue Dimension, da der heranwachsende
Fötus vielfaltigen Störungen ausgesetzt sein kann, die nicht ihre Ursache
in der Schwangerschaft selbst finden. So werden plötzlich Fragen nach
einer besonderen Lebensführung laut und häufig tritt die Frage auf, was
in der Schwangerschaft zu meiden ist, was erlaubt ist oder was sogar zu
empfehlen ist. Es werden vielfach an den betreuenden Arzt Fragen her
angetragen, die zu beantworten er überfordert ist, da ihm das spezielle
Sachwissen aus diesem Gebiet fehlt. So war es einmal wichtig, zu ver
schiedenen Gebieten Fachkollegen zu hören, die sich mit den Randpro
blemen einer Schwangerschaft wissenschaftlich auseinandergesetzt
haben. Die einzelnen Beiträge wurden im GYNÄKOLOGEN 1987
publiziert. Die Publikation erfolgte unter 4 Leitthemen: 1. "Normale
Lebensweise während der Schwangerschaft" 2. "Allgemeine Beschäfti
gungen und Tätigkeiten während der Schwangerschaft" 3. "Bedeutung
von Genußmitteln und Medikamenten", und 4. "Störungen des körperli
chen Befindens und deren Behandlung". Bei der Zusammenstellung der
einzelnen Beiträge war deutlich geworden, daß verschiedene Fragen
nicht erschöpfend beantwortet werden konnten, über andere nur Vermu
tungen geäußert und spekuliert werden konnte. Das große Echo, das die
Beiträge in den beiden Tnemenheften des GYNÄKOLOGEN hatten, hat
die Herausgeber dazu ermuntert, die vorliegenden Themen in Buchform
herauszugeben. Dem Springer-Verlag sei für die Initiative gedankt.
w.
Künzel
~utorenverzeichßds
Priv.-Doz. Dr. C.Buddeberg Dr. G.Hinz
Abteilung für Psychosoziale Medizin Institut für Strahlenhygiene des Bundes
Psychiatrische Poliklinik, Universitätsspital gesundheitsamtes
Culmannstraße 8 D-8042 Neuherberg bei München
CH-8091 Zürich
Prof. Dr. A. Huch
J.F.Clapp Klinik und Poliklinik für Geburtshilfe
Department of Obstetrics and Gynecology Department für Frauenheilkunde
University of Vermont Universität Zürich
College of Medicine Frauenklinikstraße 10
Burlington, Vermont 05405 CH-8044 Zürich
USA
Prof. Dr. R. Huch
Prof. Dr. G. Enders
Klinik und Poliklinik für Geburtshilfe
Institut für medizinische Virologie
Department für Frauenheilkunde
und Infektionsepidemiologie e. V.
Universität Zürich
Hölderlinplatz 10
Frauenklinikstraße 10
D-7000 Stuttgart
CH-8091 Zürich
Prof. Dr. B. Gay
Prof. Dr. A. Kaul
Chirurgische Universitäts-Klinik
Institut für Strahlenhygiene des Bundes
Würzburg
gesundheitsamtes
Abteilung für Unfallchirurgie
D-8042 Neuherberg bei München
Juliuspromenade 19
D-8700 Würzburg
Prof. Dr. H. Kirschner
Prof. Dr. W. Hach Medizinisches Zentrum für ZMK
William Harvey Klinik der Justus-Liebig-Universität
Am Kaiserberg 6 Schlangenzahl 14
D-6530 Bad Nauheim D-6300 Gießen
Prof. Dr. H. Heckers Prof. Dr. W. Kübler
Zentrum für Innere Medizin Institut für Ernährungswissenschaft
Justus Liebig-Universität Justus-Liebig-Universität
Klinikstraße 36 Goethestraße 55
D-6300 Gießen D-6300 Gießen
VIII AutorenveIZeichnis
Prof. Dr. W. Künzel Prof. Dr. Dr. W. Schumacher
Universitäts-Frauenklinik Psychiatrische Universitätsklinik
Klinikstraße 32 Am Steg 22
D-6300 Gießen D-6300 Gießen
Prof. Dr. F. Majewski Prof. Dr. K. W. Tietze
Institut für Humangenetik Institut für Sozialmedizin
Universität Düsseldorf u. Epidemiologie
Universitätsstraße 1 des Bundesgesundheitsamtes
D-4000 Düsseldorf 1 General-Pape-Straße 62-66
D-1000 Berlin 42
Prof. Dr. D. Neubert
Institut für Toxikologie Prof. Dr. H. Weitzel
und Embryopharmakologie Frauenklinik und Poliklinik
Universitätsklinikum Charlottenburg Universitätsklinikum Steglitz
Freie Universität Berlin Freie Universität
Garystraße 5 Hindenburgdamm 30
D-1000 Berlin 33 D-1000 Berlin 45
Prof. Dr. E. Paul Prof. Dr. W. E. Wetzel
Zentrum für Dermatologie Medizinisches Zentrum für ZMK
und Andrologie der Justus-Liebig-Universität
Hautklinik Schlangenzahl 14
Klinikum der Justus-Liebig-Universität D-6300 Gießen
Gaffkystraße 14
D-6300 Gießen
Dr. P. Zimmermann
Zentrum für Dermatologie
Dr. K. T. M. Schneider und Andrologie
Frauenklinik rechts der Isar Hautklinik
der Technischen Universität Klinikum der Justus-Liebig-Universität
Ismaningerstraße 22 Gaffkystraße 14
D-8000 München 80 D-6300 Gießen
Inhaltsverzeichnis
Ernährung während der Schwangerschaft 1
WKübler
Erwerbstätigkeit und Schwangerschaft . . 10
K. W Tietze, R. Menzel, H. Busse
Partnerbeziehung während der Gravidität .............. . .. 22
C. Buddeberg
Tierhaltung - wie gefährlich? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 29
G. Enders, M. Biber, L. Lindemann
Alkohol - wieviel ist schädlich? . . ............... 42
FMajewski
Der Einfluß des Rauchens auf die Gravidität 55
A. Huch, R. Huch
Coffein und Schwangerschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 71
K. T. M. Schneider
Welche Medikamente sind erlaubt, welche sollte man meiden, welche
sind kontraindiziert? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 82
R. Stahlmann, D. Neubert
Strahlenbelastung und Schwangerschaft ...... 97
G. Hinz, A. Kaul
Körperliche Arbeit und Sport während der Schwangerschaft ....... 109
J.F.Clapp
Reisen und Schwangerschaft. " . " . . . . . " " " . . . . . . " " " " " . . 120
M. Kirschbaum, W Künzel
Autofahren - Probleme und Gefahren . . . . " . . . . . " . . " " " " . . 137
B.Gay
Fliegen in der Schwangerschaft ...... " " ..... " " " ....... 146
R.Huch
Obstipation in der Schwangerschaft - welche Therapie? 157
H.Heckers
Schlafstörungen in der Schwangerschaft 166
W Schumacher
x
Inhaltsverzeichnis
Krampfadern - welche Therapie? . . ...... 175
W.Hach
Kann die Bildung von Striae vermieden werden? ............. 180
P Zimmermann, E. Paul
Zahnbehandlung und Gravidität ...................... 186
H. Kirschner, W. E. Wetzel
Saunabesuch und Schwangerschaft ..................... 195
H. Weitzel
Ernährung während der Schwangerschaft
Werner Kübler
Institut für Ernährungswissenschaft der Justus-Liebig-Universität Gießen
Zusammenfassung. Eine ausgewogene Ernährung während der Schwangerschaft
hat auch die Ausgangssituation der Schwangeren zu berücksichtigen. Übergewich
tige Frauen sollten möglichst schon vor der Gravidität ihr Gewicht vermindern.
Drastische Gewichtsreduktionen während der Schwangerschaft sind nicht zuläs
sig. Bei Untergewichtigen - die zunehmend häufig unter jungen Frauen beobach
tet werden - sind Gewichtszunahmen bis 16 kg erwünscht. Die Bedarfsdeckung
mit Mineralstoffen - vor allem Eisen, Calcium und Jod - und Vitaminen - beson
ders Folsäure, Vitamin B6, Thiamin, bei jungen Frauen auch Riboflavin - ist vor
allem für die Gesunderhaltung der Mütter wichtig, da die Plazenta die Nährstoffe
aktiv auf die Feten überträgt. Durch eine abwechslungsreiche gemischte Kost -
besonders wichtig sind Milch, Grüngemüse, mageres Fleisch und Vollkornproduk
te, ergänzt durch Leber von Jungtieren und Seefisch - kann der Mineralstoff- und
Vitaminbedarf auch in der Schwangerschaft voll gedeckt werden.
Eine erwünschte Schwangerschaft ist für die werdende Mutter fast immer ein An
laß, sich Gedanken über Lebensgewohnheiten - und nicht zuletzt über ihre Er
nährung - zu machen. Dabei werden sie drei Gesichtspunkte besonders beschäfti
gen:
1. Wieviel soll ich essen?
2. Was soll ich essen, um den höheren Bedarf an Vitaminen und Mineralstoffen zu
decken?
3. Was soll ich vermeiden, um eine Belastung mit unerwünschten Nahrungsbe
standteilen möglichst niedrig zu halten?
Erfreulicherweise sind Schwangere über Ernährungsfragen häufig besser infor
miert als der Bevölkerungsdurchschnitt (DGE 1980, S.87 [7]). Dennoch bleiben
zahlreiche Einzelfragen zu beantworten. Am häufigsten wird dann der Rat des
Arztes gesucht. Leider bietet weder die klinische Grundlagenausbildung, noch das
gängige Fachschrifttum ausreichend übersichtliche und wissenschaftlich belegte
Informationen über die Ergebnisse der modernen Ernährungsforschung. So blei
ben als 'Ratgeber häufig die nicht immer objektiven Regeln sendungsbewußter Au
ßenseiter oder die PR-Aktionen von Lebensmittelproduzenten.
Die im folgenden dargestellten Aussagen stützen sich vorwiegend auf die Ver
öffentlichungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) und anderer,
international anerkannter wissenschaftlicher Gesellschaften, die in der Internatio
nal Union of Nutritional Sciences (IUNS) zusammengeschlossen sind. Die Aktivi-
2 Werner Kübler
taten der UN-Organisationen WHO (Weltgesundheitsorganisation) und FAO
(Nahrungs- und Landwirtschaftsorganisation) sind mit der IUNS eng korreliert,
beschäftigen sich vor allem mit den Problemen des Nahrungsmangels in der Drit
ten Welt.
Die Ernährungsprobleme in den westlichen Industrieländern sind ganz ande
rer Art. Sie entstehen vorwiegend durch Überfluß, durch die Reduktion des Ener
giebedarfs und durch die Verlagerung der Verzehrsgewohnheiten in den letzten
Jahrzehnten: Einem starken Rückgang des Verbrauchs sättigender Grundnah
rungsmittel, wie Brot, Kartoffeln und seltsamerweise auch Trinkmilch, steht eine
erhebliche Verbrauchszunahme von Fleisch, Eiern, Käse (alles Träger von verbor
genem Fett) sowie - erfreulicherweise - auch von Obst und Gemüse gegenüber.
Auf diesem Hintergrund ist verständlich, daß Empfehlungen, die noch vor
30 Jahren für die Nahrungsumstellung während der Schwangerschaft sinnvoll wa
ren, heute durch zeitgemäßere Ernährungsvorschriften abgelöst werden müssen.
Erfreulich ist, daß die Ratschläge ohne wesentliche finanzielle Mehraufwendun
gen befolgt werden können.
Der Bedad an Nahrungsenergie - Gewichtszunahme
Der Energiebedarf während der Schwangerschaft ist eine individuelle Größe, die
eine große Streubreite zeigt. Es ist daher nicht möglich, für die Energiezufuhr all
gemein gültige Empfehlungen zu geben; eine schematische Anwendung würde ei
nen Teil der Frauen durch zu starke Gewichtszunahme, einen anderen Teil durch
unzureichende Nahrungsaufnahme belasten1. In Tabelle 1 ist ein Mittelwert aufge
führt, der davon ausgeht, daß die körperliche Aktivität der werdenden Mutter
während der Schwangerschaft sich nicht wesentlich verändert.
Auch in der Schwangerschaft bietet die Beobachtung der Gewichtsentwick
lung eine Leitlinie dafür, ob die Energiebilanz den Bedürfnissen entspricht. Dabei
ist jedoch zu berücksichtigen, daß pathologische Verschiebungen des Wasserhaus
halts die Gewichtsveränderungen stark beeinflussen können. Abbildung 1 zeigt
die normale Gewichtszunahme während der Schwangerschaft und ihre Einzel
komponenten. Aber auch unabhängig von abnormen Verschiebungen des Körper
wassers muß bei der Beurteilung der Gewichtszunahmen während der Schwanger
schaft die Ausgangssituation berücksichtigt werden.
Untergewichtige Frauen bringen häufiger untergewichtigte Neugeborene zur
Welt [10, 15, 16J. Dies wird verstärkt, wenn die Gewichtszunahme während der
Schwangerschaft gering war. Eine überdurchschnittliche Gewichtszunahme (bis
16 kg) gleicht den ungünstigen Einfluß des mütterlichen Untergewichts auf das
Geburtsgewicht nahezu vollständig aus.
Zwei Untersuchungsserien in der Bundesrepublik zeigen, daß dieses Problem
auch bei uns von - wahrscheinlich sogar zunehmender - Bedeutung ist: Im Er-
1 Dies gilt auch für Nichtschwangere und für Männer. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung
gibt daher für den Verbrauch von Nahrungsenergie keine Empfehlungen, sondern Richtwerte,
die, kontrolliert durch die Entwicklung des Körpergewichts, im Individualfall nach oben oder un
ten korrigiert werden müssen.