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»AGRAR WISSKNSCHAFT UND AGRARPOLITIK«
dient der Veroff.entlichung wis.senschaftlicher Arbeiten aus dem Gesamtge
biet der Landwirtschaft und Agrarpolitik. Wir sehen es als unsere Aufgabe
an, richtunggehend am Wiederaufbau der landwirtschaftIichen Produktion
mitzuarheiten und das. Verstlindnis fur agrarpolitische Fragen zu vertiefen.
Jedes Heft unserer Schriftenreihe wird sich mit einem festumrissenen,
in eich abgeschlossenen Sachgebiet beschaftigen. In erster Linie wenden
sich die Beitrage an wissenschaftlich interessierte Leser, an Dozenten,
Studierende, Verwaltungsheamte und Praktiker der Land- und Volkswirt
schaft. Sie wollen dazu beitragen, die schmerzlich fuhlbare Lucke an
grundlegenden, neuzeitlichen Fachschriften zu uberbriicken.
DIE HERA USGEBER
AGRARWISSENSCHAFT UND AGRARPOLITIK
HERAUSGEGEBEN VON
MINISTERIALDIRIGENT F. W. MAIER_BODE, D()SSELDORF
UND PROF. DR. H. NIEHAUS, BONN
HEFT 6
R. HOTTEBRXUKER
Oberregierungsrat im Ministerium fur Erniihrung
Landwirtschaft und Forsten, Dusseldorf
GERECHTE
VERANLAGUNG
ODER
ERFASSUNG?
Wege zur Veranlagung
nach Gesichtspunkten der
Erzeugung
SPRINGER FACHMEDIEN WIESBADEN GMBH
ISBN 978-3-663-00573-5 ISBN 978-3-663-02486-6 (eBook)
DOI 10.1007/978-3-663-02486-6
Nachdruck nur mit Genehmigung des Verlages
Copyright 1948 by Springer Fachmedien Wiesbaden
Utspriinglich e<Scbienen boi Westdeutscber Verlag G.m.b.H., K<Iln-Opladen 1948
INHALTSVERZEICIINIS:
Erfassungsmethoden und ihre Mangel 7
Das Veranlagungsgesetz Yom 23. 1. 1948 16
a) Die Grundgedanken des Gesetzes . 16
b) Ocr \V,ertmafl,stab fiir die landwirtschaftlichen ErzclIgnissc 19
c) Der Wertmafl,stab fiir die ErtragsmogJ,iehkeit del' landwirt-
schaftlichen Betriebe (Bereclmung des GrundsolIs) . 23
d) Das Jahresaoll (Die Grenze fiir die Bcendigllng des Zwanges
und den Beginn del' Fordel'ungen) . ·29
e) Schlufl,betrachtungen (Kritik und AlIsblick) . 34
ANLAGEN:
1. Gesetz zur Neuol'dnung des Vel'anlagllngs- und AbIicferllngswcscns
in der Landwirtschaft . 39
2. Getl'eidewertschliissel in der Fassung Yom 16. 3. 1948 46
2aGetreidewertberechrrung fiir Obst und Gemiise in der Fassllng
vom 10. 5. 1948 47
3. Taxrahmt'n fiir d~e Em~ittIlIng des Grundsolls 49
4. Grnndsollberechnung in Getl'cidewertcn 50
5. Vergleich der Ernahrungsleistllng der deutschen Zonen 54
GHAPHISCHE DAHSTELLUNGEN:
1. Getreidcwert einiger landwil'tschaftIicher Erzeugnisse . 55
2. Bodenl,eistul1g und Bodenklimazahlen der Kreise Westfalens 56
3. BodenleiFtung der Kreise von Nordrhein . 57
4. Die ernahrungswirtschaftliche Leistung eine,r Gemeinde im Ber-
gischell Land . 58
ERFASSUNGSMETHOOEN
UNO IHRE MANGEL
DaB del' Preis das Ergebnis von Angebot und Nachfrage ist,' bmuchen wIT
Deutsch,en nach den Erfahrungen zweier Weltkrieg,e mit ihren Nachkriegs
erscheinungen nicht moor lerst als V'olkswirtschaftlichen Lehrpatz zu lernen.
Auch daB man dementsprechend den Preis durch Zuriickhalten del' Waren
od'er durch verstarktes Angebot heeinflussen kann, weiB nicht nul' del'
primitive Schwarzhandler in del' dunklen Ecke einer BahnhofshaUe. Nicht
jeder erkennt abel', wie ung,ehener schwer eine Pl'eissteig,erung entgegen
del' natiirlichen Pl'eisentwicklung durch staatlichen Zwang verhindert wer
den kann, und zwar ums,o schwerer, je geringer das Angebot und je groBel'
die Nachfrage ist.
Dieses ist letzten Endes das Pr,oblem del' Erfassung landwirtschaftlicher
Erzeugnisse: Del' Zwang, nicht ausreichelld zur V,erfiigung stehende Nah
rungsmittel zu einem niedrig gehaltenen Preis abzugehen. Die notwendige
K,ontroHe hezugIich del' Einhaltung del' ni,edrig,en Preise, die Ve:rhinderung
del' Zuruckhaltung v,on Waven und die gerechte Aufteilung del' War,en an
die BevOlkerung bedingen erst den bekannten Rattenschwanz von Be
wirtschaftungshestimmungen. Dahei werden diese umso umfangreicher und
verwickeIter ,verden, j,e klarer die s,oziale Einstellung eines V,olkes ist.
Denn eine wirklich soziale Einstellung V'erlangt als selbstV'erstandlich, daB
jedermann ,ohne Ansehen s,eines Standes und seines Vermogens den glei
chen Anteil an den zu wenig v,orhandenen Nahrungsmittdnbek,ommt, g,e
staffelt lediglich nach del' Schwere del' zu V'errichtenden Arbeit ,oder nach
besonderen Umstanden (Alter, Krankheit usw.).
we
Bewirtschaftungshestimmungen miissen da Grenze finden, wo sie die
Erzeugung liihmen. Die idealste Bewirtschaftung ist verkehrt, wenn dec
Erf,oIg die Verminderung del' oowirtschafteten Guter ist. Die Abstimmung
del' Bewirtschaftung mit del' Erzeugung ist deshalb notwendig.
Die Aufgabe dieser Schrift ist es, aus dem Gebiet del' Land- und Ernah
rungswirtschaft bisherige Bewirtschaftungswege kritisch zu schildern und
zukunftige zu erklaren.
Dererste Wdtkrieg 1914/18 zwang Deutschland das erste Mal zu cineI'
Bewirtschaftung. War bis dahin in friiheren Zeiten im allgemeinen die
V,ersorgungder Kampfenden auf Kosten und ,ohne Rucksicht auf die
Nichtkampfenden erfolgt, so ergab sich jetzt die Notwendigkeit einerge-
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regelten Versorgung dergesamten Beviilkerung, auf deren wirtsehaftliehe
Betatigung nieht verziehtet werden konnte. Viillig unvorher,eitet sland
del' Staat diesem Problem gegenuher.
Ein System del' Erfassung entstand erst im Laufe des Krieges und be
schriinkte sieh darauf, zu erfassen, d. h. zu nehmen. wo dwas zu finden
war. Die Landwirtsehaft ist nun aberein Gewerbe, hei clem Verkaufser
zeugnisse gleiehz,eilig Belriebsmittd sind. Fur die menschlichc Ernahrung
wiehtigst,e, hoehwertig,e Nahrungsmittel sind gewiihnliehes, abel' unumgang
Iieh notwendiges Viehfuu,er oder Saalgut. Ein Betricb brauoht umso mehr
Betriebsmitlel, je intensiwr er wirtsehaftet, je mehr 1'1' also crzeugt. Er
hat dementspreehend umso griiaere Vorrat'e, auf die die reine Erfassung
sieh zu stiirzen pIlegt. wei I os angenehmcr und erfolgreieher ist, in einem
r'Cichen Bet6eb etwas zu holen, als ,einen armen Teufel zu s,chriipkn. Das
Ergebnis diesel" im crsten Wdtk6eg von del' inncren V crwaltung durehge
fuhrtcn Erfassung war dann auch durchsehlagend. Schon nach 3 Jahren
war'en wir trotz ungeheur,er Vorrat,c 1914 mit unsel'er Ernahrungswirt
schaft am Ende, und zwar so schnell, weil wir cs nieht verstanden hatten,
dem Lamlwirt das zu lass,en, aus dem ein Vidfaches wieder hatteerzeugt
werden kiinnen. 'Yil' Zlel'sehlugen di,e }fiiglichkeit und den 'YiIIen zur Er
zeugung.
Wie folgenschwer si('heine r,eine Erfassung auswirkJen kann, hat uns
noch dcullicher HuaJalHI nach dem erst,en 'Vcllkrieg- in uhcrz,eugend wi1'
lmngsvoller 'Yeisc yorgemacht. Als dorl gewisse V,ersorgungssehwierig
keiten als Nachkriegs- und Begleitersoheinungen del' Rcvolutionswirren
auftrat,en, ubel'trug man del' Dorfarmllt in del' Form von "Aussehiiss'en del'
Besitzlosen" di,e Durchfiihrung del' El'fassung. Del' ErfoIg war V'el'bluffend.
Eiue starke Anliderung und dannellllgiiltig Sehlua. So endgultig, daa
Rumand, das reiche Ubersehualand, ansehli,ege,nd eine selbst fur asia
tisehe Begriffe unvorstellbare Hungel'snol durchmachte. Die Landwirt
schaft war in einem Gang zel'sehlagen. :\fit del' Verkiindung del' neuen
iikonomisehen Politik (NEP) 'dul'eh Lenin 1921 wurde (leI' Landwirtsehaft
erstmal wi,eder voUe privatwirtsehaftliehc Freiheit gewahrt, weil sie sieh
andel'S nicht mehr erholen konnte. 7 Jahr·c. bis 1928, muate man mit del'
Verwirkliehung des kommunistischen Prinzips, del' Einfuhrung dm' Kol
ehol>wirtsehaft. warten. So lange dauerte die Erholung del' viillig ausge
blllt,elen Landwirtsehaft. Ul1<1 wenn die Erzeugung Immel' wiedel: gegen
radikal<e Erfassungsmaanahmen mahne so nieht urn die Landwirte, son
dern urn die Landwirtsehaft Zll sehulzen. Das Zerschlagen del' Er~eugung
zugunsten einer Augenblicksliisung bedeutet unvorstelIbar,es Elend auf
lange Sieht.
Del' zweite -W:eltkr~eg brachte ,erncut den Zwang Zll einer gelenkten Er
niihrungswirtsehaft. Di,ese Lenkung war cinfaeher, wei! aufgrund riel' Er
fahrungen desersten Weltkrieges di,e Notwendigkeilen, abel' anch die
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Moglichkeitenerkannt waren. Man hatte nieht nul' einen militarische.n,
sondern auch einenernahrungswirtschaftlichen Mobilmachungsplan auf
gestellt. W.enn das traurige Kapitel einer Kriegswirtschaft hier kritisch
nicht nul' in schIechte, sondern auch in gute Teile zedegt wird, so bezi1eh:t
sich das Urt,eil auf die fachliche Brauchbarkeit und die Auswirkungen auf
die Erzeugung, urn daraus fiir unse.l1e gegenwartige Lage zu lernen.
Bei Beginn des zweiten \Vdtkrieges wurde die totale Abliderungspflicht
fiir die landwirtschaftlichen Erzeugnisse erklart. Die Feldfriichte galten
mit del' Trennung vom Boden, die tierischen };,r..:cugnisse mit ihrer Erzeu
gung als beschlagnahmt. Al1es, was nicht - im Rahmen zum Teil fest
ges1etzter SatZlc - als FuUer, Saatgut odeI' Selbstversorgung verwandt wer
den muEte hezw. durfte, war abzulief.ern. Die Abliderung durfte nul' an
besonders zugelassene Stdlen gegen hesondere Quittung erfolgen. Del'
Staat verzichtcte hewuEt auf cine Erfassung im Sinne des erstcn Welt
krieges und im heutigen Sinne. Er beschrankte sich darauf, die Erzeug
nisse in hestimmte Kanale zu lenken, und griff in die Betriebsfiihrung
del' Betriebe nul' insof,ern ein, als er z. T. fiir solche Erz,eugnisse Ablie
feruygskontingente und Fiitterungsverbot,e hestimmte, die sowohl zur di
rekten menschlichen Ernahrung al8 auch als Viehfutter v.erwendet werden.
Dieses Verfahren hatte den gro~en Vorteil, daE die fiir die Erzeugung
entscheidende private Initiativ,e moglichst wenig g,estOrt wurde. Selb8t
die Erfiillung' del' AnbauplanUil1gen fiir einige besonders wichtige Erzeug"
nisse wurde weniger durch Zwang als durch eine fordernde Pr.eispolitik
und durch anreizende Riic.klief,erungen ,erreiCiht. Del' Zwangsstaat hehan
deit·e also die Landwirtschaft, und zwar hewuEt, mit mogliehst wenig
Zwang Er tat das, weil er wuEte, daE auf diesc Art mehr zu lerreiehen
war. Die Vielfalt del' Millionen landwirtschaftlicher Betriebe mit vollig
unterschiedlieher Betriebsrichtung und Leistung macht eine Planwirtschaft
in del' Form ",on EinZlelhe{,eh},en fiir jeden Betrieb unmoglich. Eine der
artige Planwirtschaft in del' Landwirtsehaft setzt praktiseh voraus, da~
die Zahl del' Betri,ehsi<eit,er ,eines Kreises durch cinen zentralen Betriehs
leiter ersetzt wird. Del' Kommunismus hegriindet die Kollektivwirtschaft
bekanntlich zum Teil damit, daB die angeblieh im Interesse del' Allge
ineinheit notwendige landwirts.chaftliche Planwirtschaft bei einer UnZahl
kleiner Ein:lielbetriehe nicht durchfiihrbar 8,ei.
Del' Naehteil del' Erfassungsmethode des zweiten Weltkrieges - wenn
man sie iiberhaupt als solche be:lieiehnen soIl-lag in del' unterschiedlichen
Leistungspflicht del' einzelnen Betriebe. \Ver viel erzeugte, gab viel, del'
andere wenig abo Man ,'erzichtete auf Erziehung odeI' Zwang zur Lei
stung; denneine Kontrolle del' Leistungen aufgrund del' Hofkarte odCil' der
MarktIeistungskartei hestand nul' in del' Theorie. Di,ese iiberall und immer
ungenau und unvollstandig gefiihrten Unterlagen waren dazu auch gar-
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nicht zu gehrauchen gewes,en. \Venn die Erzeugung eines lletri,ebes zu
offensichtlich schlecht war, wurde als abschrcckendcs Beispid ohne ein
umstandliches Hechtsverfahren mal cine Zwangsv,erpachtung durchgefuhrt.
Das genugtc, urn die .Mogliehkeiten eines autoritaren Staat('s aufzuz,eigen.
1m ubrigen empfand der Landwirt die Ablieferung nieht als Bdastung.
Er bekam dafur Geld, das wertvoll war, oder das er wcnigstens fur wert
voll hiclt. Die \Virtschaft funktionierte in ihrer Gesamtheit noch. Der
Landwirt bekam die notwendigen Betricbsmittel und sah aui1er,dem die
Ablief.erung als yaterIandisahe Pflicht an.
Als mit del' Dauer des Krieges cine ErsQhiitternng der Gesamtwirtsehaf:t
naeh und naeh eintrat, und als die M.asse mehr und mehr den Krieg nicht
mehr al,;, einen vaterlandis<lhen Notstand betraehtete,liei1 auch die Ab
lief.erungsdisziplin nacho Zudem wurde der ~ert des Gcldes fraglieh.,
fllegale Abgabe von l'Iahrungsmitteln zum Eintausoh der knapper werden
(Jen BetriebsmiUel aus der g,ewerbliohen Wirtschaft und zusatzliehe Ver
sorgung yon Freunden und Verwandten wurde nioht mehr als vaterl an
dischcs Verbrechen angesehen. Die Aehtung vor dem Gesetz liei1 naeh.
Der Staat ging deshalb dazu uber, fUr immer mehr Erzeugnisse Mindest
erwartungen umzulegen, onne aber damit das Prinzip der totalen AIilie
ferungspflicht aufzugeben. Es sollte das also praktisch nur eine Bekannt
gabe der ernahrungswirtsoh,aftlichen Kalkulationen sein.
Die Mindesterwartungen wurden umgelegt aufgrund der Ergebnisse der
Bodenbenutzungslerhehungen und der Ernt,eschatzungen. Die Hohe der Kon
tingente riehtete sich also nieht nach der moglichen ErlJeugung, sondern soll
te sich nach del' tatsachliehen Erz,eugung riehten. \Ver eine rationelle, gute
Wirtschaft fuhrte, mit leistungsIahigem Vieh, geringerHauptfruchtfutter
flaehe und viel Verkaufsfrucht, hekam erheblieh hohere Kontingente als
6'ein Nachhar unter gleiehen VerhaItnissen aber bei schlecht gdiihrter
Wirtsehaft. Denll ein Grundfehler dieser Veranlagung war, daB die Ab
Ij.eferung tierischer Erzeugnisse nicht nach dem Umfang der Futterflache
veranlagt wurde. Eine Methode, die ohne Nachteil zur Ausweitung der
Futterflache in der Statistik zu Lasten der Verkaufsfruchtflaehe reizte.
\Var bisher' - wie bereits erwahnt - die Mehrleistung der Tuchtigen
nieht ins Gewicht gcfallen, da sie fur ihre MehtrJ,cistungen ja scheinbar
wertvolles Geld bekamen und Betriehsmittel kaufen k01lnt'en, s'o horte das
naeh und nach auf. Die Mehrleistung ging auf Kosten der Bodenreserve
und des vorhandenen nicht zu ersetzenden, ja oft nicht mal zu veparie:
rendcn Inventars. Die Ablief.erung wurde als Last empfunden. Ein der
artiges Verfahren kann auf die Dauer die Neigung des Tiiehtigen zu
gu~er Wirtschaftsfiih.rung und wahrllf'itsg'emai1er Angabe in der Statistik
nicht erhalten. Eine Last muB gel'echt, d. h. gleich unter gleichen Ve:r
haltnissen auferlegt werden.
Abel" nicht genug mit der Belastung. Der kriegsbedingte Ruckgang der
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Erzeugung, das Nachlassen der Ablieferungsdisziplin und das Feh1en von
ZUI3ehiissen aus aufgegebenen, bis dahin besdzten Gebieten fiihrten zu den
ersten Versorgungssehwierigkeiten und zwangen zu Feststellungen, wie
weit iiber die Mindesterwartungen hinaus die totale Ablieferun.gspflieht
erfullt war. Naehkontrollen s'etzen ein, um noeh Heserven zu erfassen.
Die Beute dies,er Nachkontrollen stammt erfahrungsgemaB meistens
aus guten Betrieben, aus Vorraten, die diese wegen del' intensiveren Wirt
sehaH fiir die notwendige bess'ere Futterung ihres Viehes, fUr Zusaw
deputate, fiir die Kompensation reichlicher benotigter Betr1ebsmittel usw.
trotz bester Ablieferung noeh haben.
Diese ,einseitig geg,en die gute Landwirtschaft geriehtete Erfass\!ngspo
litik iibersturzte sieh naeh dem Zusammenbruch. Staatliehe und kommu
nale Ste1len, Organe del' Besatzungsmachte, Ausschusse aller Art mit und
ohne Vollmaeht kontrollieren und erfass'en. Die Landwirtschaft wurde
praktiseh unter ein Sonderreeh,t, namlieh eine Rechtslosigkeit gestellt.
Es ist klar, daB dieses System unsere Lag,e auf die Dauer nul' versehIech
tern kann. Gewerbliche Lieferungen und Leistungen sind fur die La!IlJd
wirtsehaft nur noch auf dem Tauschwege zu bekommen. Sie ist gezwun
gen, bittenden, bettelnden und fordernden Hamsterern, Naehbarn, Freun
den und Verwandten illegal abzugeben. DaB ein Teil der NahrungsmitteJ
so abg,eht, ist eine auel! vom Staat stills,ehweigend geduldete Tatsaehe.
rem
DaB diese stillsehweig,ende Duldung aueh ausg,enutzt wird, um ego
istisch wertbestandige Saehwerte einzutausehen, ist kein Wunder. Die Men
sehen in del' Landwirtsehaft sind nieht besser als aIle ubrigen, und der
allgemein~ Verfan der Moral hat auel!. sie betroHen. Diese La'ge fuhrt ZIU
einem Streben nach ni,edrig,eren Konting,enten. Zu;erst von einzelnen aus
Egoismus begonnen, ist das heute ein Zwang fUr jeden Betrieb; denn die
einstmals als Mindesterwartung ausgesprochenen Kontingente werden
praktiseh laufend als Hoehsterwartungen angesehen und aueh umgdegt.
Was daruber liegt, ist die' i11ega1e fl1eie Spitze, mit del' BetriebsIcittel nur
besehafft werden konnen. Da die Kontingente erreehnet werden aus den
Ergebnissen der Viehziihlung, Bodenbenutzungserhebung und Ernteschat
zung, beeinfluBt jede Veranderung diesel' Daten die Leistmlgspflicht. Et
was mehr Futterbau und etwas wenig,er Verkaufsfruc:ht in del' Bodenbe
nutzungserhebung angegehen, hedeutet cine ErmaBigung in del' Abliefe
rung, bedeut,et letzten Erides mehr Kunstdiinger, Hufeisen usw. Die Agrar
statistik, die bisherige Grundlage der Ablieferungs-Verpfliehtungen, ist
vollig zusammengebrochen. 1st die Landwirtschaft daran schuld? Die
Schuld tragt das AufhOr,en des Funktionierens der gesamten Wirtschaft,
das die Masse del" Landwirtsc:haft zwingt, dasselbe im Interesse der Er
haltung deT Betriebe zu tun, was eine kleine Zahl aus egoistischen Griin
den vorgemaeht hatte. Der Staat aber kann nieht eingreifen. TeiIs, weil
er kcine Moglichkeit hat, die 8chwarzcn von den weiBen Sehafen zu tren-
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