Table Of ContentFORSCHUNGSBERICHTE DES LANDES NORDRHEIN-WESTFALEN
Nr.1138
Herausgegeben
im Auftrage des Ministerpräsidenten Dr. Franz Meyers
von Staatssekretär Professor Dr. h. c. Dr. E. h. Leo Brandt
DK 624.131.537
624.133.138
Abt.-Direktor Priv.-DoZ' Dr. Herbert Karrenberg
Landesgeologe Dr. H araM Kiihn-Velten
Dipl.-Geologe Horst Schellhorn
Dr. Gerhard Stadler
Oberlandesgeologe Dr. Richard Wolters
Geologisches Landesamt Nordrhein-Westjalen, Krejeld
Geologische und bodenmechanische Ursachen
von Rutschungen, Gleitungen und Bodenf1ieBen
SPRINGER FACHMEDIEN WIESBADEN GMBH 1963
ISBN 978-3-663-06325-4 ISBN 978-3-663-07238-6 (eBook)
DOI 10.1007/978-3-663-07238-6
Verlags-Nr.011138
© 1963 by Springer Fachmedien Wiesbaden
Ursprünglich erschienen bei 1963 Westdeutscher Verlag, Köln und Opladen
Gesamtherstellung: Westdeutscher Verlag
Inhalt
1. Einleitung (H. KARRENBERG) ..................................... 9
2. Begriffsbestimmungen (H. KARRENBERG) ........................... 12
3. Aufgabenstellung und Durchführung der Arbeiten (H. KARRENBERG und
R. WOLTERS) ................................................... 15
4. Untersuchungen und Ergebnisse .................................. 18
4.1 Erdbewegungen und Böschungsneigungen bei geologisch ein-
fachen Verhältnissen (H. SCHELLHORN) ...................... 18
4.11 Erdbewegungen im Jungtertiär-Pleistozän des Raumes Brüggen-
Bracht .................................................. 18
4.111 Vorbemerkung........................................... 18
4.112 Geologische Situation. ... ... ... .... ... . .... . ... . ...... .... 18
4.113 Tonabbau und Grubengestalt .............................. 22
4.114 Geländeuntersuchungen ................................... 23
4.1141 Allgemeine Bemerkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 23
4.1142 Beschaffenheit der abgedeckten Tonoberflächen . . . . . . . . . . . . . .. 23
4.1143 Beschaffenheit der Tonböschungen und ihr allgemeiner Zerfall 24
a) Frische Tonböschungen ................................ 24
b) Alte Tonböschungen ................................... 28
4.1144 Untersuchungen außergewöhnlicher ')Ausbrüche« an Ton-
böschungen und ihre Ursachen ............................. 29
4.115 Bodenmechanische Untersuchungen an Tonproben des Raumes
Brüggen-Bracht (H. KÜHN-VELTEN) ... ........ ...... ........ 38
4.12 Erdbewegungen in Tonen des älteren Tertiärs an der Straßen
kreuzung der B 8 und B 288 bei Lintorf, nördlich von Düssel-
dorf (H. SCHELLHORN) .................................... 40
4.121 Vorbemerkung........................................... 40
4.122 Geologische Gegebenheiten ........ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 40
4.123 Künstliche Veränderungen beim Straßenbau ................. 41
4.124 Geländebeobachtungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 42
4.1241 Neigungsmessungen an den Böschungen .................... 42
4.1242 Schurfbeobachtungen an den veränderten Hängen ............ 45
5
4.13 Erdbewegungen in Septarienton-Gruben bei Lintorf (Nähe Auto
bahnauffahrt Düsseldorf-Nord), Tongrube van Eyk (r 2559 960,
h 56 90 960) und Tongrube Nelskamp (r 2559910, h 56 90 590) 49
4.131 Vorbemerkung........................................... 49
4.132 Geologische Situation ..................................... 50
4.133 Vergleiche mit den Straßenanschnitten ...................... 51
4.134 Geländeuntersuchungen ................................... 51
4.1341 Zwei Septarienton-Aufschlüsse - zwei verschiedene Erscheinungs-
formen.................................................. 51
a) Grube von Eyk . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 52
b) Grube Nelskamp ...................................... 55
4.1342 Schurfbeobachtungen ..................................... 57
4.1343 Ursachen der unterschiedlichen Standfestigkeit, soweit sie durch
Geländebeobachtungen beurteilt werden können .............. 57
4.135 Bodenmechanische Untersuchungen an Septarienton-Proben von
Lintorf (H. KÜHN-VELTEN) ................................ 57
a) Septarienton am Straßenkreuz Lintorf ..................... 58
b) Septarienton in den Tongruben Nelskamp und van Eyk .... 58
4.14 Mineralogische Untersuchungen an Tonproben (G. STADLER) .. 60
4.141 Röntgenographische Untersuchungen des Mineralbestandes .... 60
4.142 Quellfähigkeitsversuche ................................... 61
4.143 Differential-Thermo-Analysen ............................. . 62
4.144 Korngrößenanalyse nach KÖHN (Pipettmethode) ............. . 63
4.2 Abhängigkeit der Böschungswinkel von Material, Schichtennei-
gung und Zeit (H. KÜHN-VELTEN und R. WOLTERS) ......... . 63
4.21 Einführung ............................................. . 63
4.211 Erläuterung des Prinzips ................................. . 63
4.212 Geologie des Untersuchungsgebietes ........................ 66
4.213 Morphologie des Untersuchungsgebietes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67
4.22 Methode. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 68
4.221 Aufnahme............................................... 68
4.222 Darstellung.............................................. 72
4.23 Ergebnisse. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 73
4.231 Abhängigkeit des Böschungswinkels vom Schichteinfallen und von
der Richtung der Hang-Fallinie (Heersumer Schichten und
Korallenoolith als Beispiel) ................................ 73
4.232 Einfluß des Materials. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76
4.2321 Cornbrash ............................................... 76
4.2322 Unteres Kimmeridge und Gigasschichten .................... 78
4.2323 Ornatenton .............................................. 79
6
4.233 Vergleich................................................ 79
4.234 Weitere Gesichtspunkte ................................... 81
4.2341 Unreife morphologische Formen ........................... 81
4.2342 Künstlich angelegte Böschungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83
4.235 Einfluß der Zeit .......................................... 85
5. Zusammenfassung und Ausblick (H. KARRENBERG) .................. 86
5.1 Der Einfluß des Materials .................................... 86
5.2 Der Einfluß der Zeit .................................... . . . . . 87
5.3 Der Einfluß der Schichtneigung ............................... 88
7
1. Einleitung
(H. KARRENBERG)
Die rege Bautätigkeit der letzten Jahre hat in zunehmendem Maße das Bedürfnis
erkennen lassen, die Standfestigkeit von Böschungen besser als bisher beurteilen
zu können. Rutschungen an steilen Hängen in lockeren und festen Gesteinsarten,
Gleitungen größerer Hangpartien, Fließen und Kriechen einer obersten Gesteins
schicht oder der Verwitterungsbildungen über dem festen Untergrund sind
Erscheinungen, die bei allen künstlichen Veränderungen der natürlichen Bö
schungen erwartet werden müssen. Aber auch ohne menschlichen Eingriff können
natürliche Böschungen ihre Standfestigkeit verlieren, z. B. durch Erosion oder
durch Verwitterung.
Schon bei der Planung von Bauvorhaben ist auf die Möglichkeit der Hangbewe
gungen Rücksicht zu nehmen, sei es, daß der von Menschenhand unberührte
Hang sich in Bewegung befindet oder in Bewegung kommen kann, sei es, daß
durch die Anlage einer Baugrube oder eines Einschnitts oder durch andere
künstliche Einflüsse das natürliche Gleichgewicht eines Hanges gestört wird.
Außer der Gefahr der Zerstörung des geplanten Bauwerks durch natürliche oder
künstlich beeinflußte Hangbewegungen, ist die Gefahr einer Beeinträchtigung
der Nachbarschaft durch die Baumaßnahmen in jedem Fall sorgfältig zu erwägen.
Wie steil eine künstliche Böschung sein darf, ohne daß Schäden am Bauobjekt
oder in der Nachbarschaft auftreten, ist im Einzelfall oft schwer zu entscheiden.
Die Frage ist nicht einfach durch Angleichung an die natürlichen Böschungsver
hältnisse zu lösen. Die abzuräumenden Massen sind oft viel zu umfangreich. Bei
der vielerorts hohen Bebauungsdichte ist das Bauland außerdem teuer. Unnötig
flache Neigungswinkel erhöhen nicht nur die Kosten des Bauobjekts, sondern
beanspruchen auch viel Baugelände und entziehen es vielleicht einer zweck
mäßigeren Verwendung.
So wird die Frage nach der zulässigen Steilheit einer Böschung sowohl zu einem
planerischen Problem, z. B. im Rahmen der Landes- und Städteplanung, wie auch
zu einem wirtschaftlichen Problem. Schließlich liegt die ausreichende Sicherheit einer
Böschung auch im allgemeinen öffentlichen Interesse.
Im Widerstreit der böschungserhaltenden und böschungsverflachenden Momente
sind sehr zahlreiche Faktoren beteiligt. Geologische Faktoren können böschungs
verflachend wirken, wie z. B. die Neigung (das Einfallen) toniger Schichten oder
die Durchtrennung fester Bänke durch Klüfte und Störungen, sie können aber
auch böschungserhaltend wirken, wie z. B. die diagenetische Verfestigung, die
meist mit dem Alter der Schichten zunimmt. Die rutschungsfördernde Wirkung
der hydrologischen Faktoren ist z. T. bekannt. Sie können aber durch Verkrustung
der Lockersedimente (sowohl in unserem Klimabereich wie vor allem in ariden
Gebieten) auch die Standfestigkeit der daraus gebildeten natürlichen Böschungen
9
erhöhen. Die bodenp~ysikalischen Faktoren sind in vielen Einzelfällen zwar unter
sucht, aber selten die Veränderung der böschungserhaltenden und böschungs
verflachenden Wirkungen innerhalb einer räumlich verbreiteten geologischen
Schicht. Mineralogische Faktoren, die für die Böschungsausbildung von Bedeutung
sein können, sind gelegentlich in der Literatur erwähnt worden. Es liegt nahe,
den verschiedenen Tonmineralen mit ihrer unterschiedlichen Wasserbindung
einen entsprechend unterschiedlichen Einfluß auf die Rutsch-und Fließfreudigkeit
eines Hanges zuzusprechen. Auch diese Frage ist bisher nicht regional-in bezug
auf einzelne geologische Schichten - untersucht worden. Schließlich ist der
Faktor Zeit zu erwähnen, der in der angestrebten mehr geologischen Betrach
tungsweise sicher eine große Rolle spielt.
Die Probleme sind - zumindest teilweise - bei vielen Fachtagungen und in der
Literatur in der letzten Zeit diskutiert worden!. Dabei hat sich erwiesen, daß zwar
relativ viele Einzelbeobachtungen vorliegen, daß aber die Erscheinungen natür
licher Bodenbewegungen oft unter bestimmten einseitigen Gesichtspunkten
betrachtet werden, z. B. nur bodenmechanisch oder nur glaziologisch oder nur
bzw. überwiegend unter dem Gesichtspunkt von stratigraphischem Aufbau und
Lagerung. Selten ist versucht worden, eine geologische Schicht in ihrer räumlichen
Ausdehnung zu sehen und ihr regional sicher unterschiedliches physikalisches
Verhalten zu studieren.
Der Schwerpunkt dieser Arbeit sollte den geologischen Detailuntersuchungen gewidmet
werden, 12'obei die Materialveränderungen im stratigraphischen Profil und in der flächen
haften Ausdehnung einer geologischen Schicht besonders Zu beachten waren. Dabei schien
es - in Anbetracht der sehr komplexen Ursachen der Rutschungen und Gleitungen
und des Bodenfiießens - notwendig, zunächst sehr einfache geologische Ver
hältnisse auszuwählen. Die daran zu gewinnenden Ergebnisse könnten vielleicht die
Grundlage für später folgende Arbeiten an geologisch komplizierteren Objekten
sein. Mineralogische Untersuchungen sollten zur Ergänzung ausgeführt werden.
Bodenmechanische Laboratoriumsarbeiten sollten in dieser Studie auf ein Mindestmaß
beschränkt werden. Es sollten lediglich einige einfache bodenmechanische Fest
stellungen die nach vorgenannten Methoden erzielten Ergebnisse ergänzen und
- wenn möglich - überprüfen. So sind Dreiaxialversuche und Porenwasser
druckmessungen von vornherein nicht in Betracht gezogen worden2• Es war
1 So z.B. bei der Tagung »Ingenieurgeologie« der Deutschen Geologischen Gesellschaft
in Mülheim 1961. Die Vorträge sind gedruckt in der Zeitschr. deutsch. geol.
Ges. 114,1/2. - Der Arbeitskreis 8a »Standsicherheit der Böschungen, Rutschungen«
der Deutschen Gesellschaft für Erd- und Grundbau arbeitet z. Z. »Empfehlungen für
den Bau und die Sicherung von Böschungen« aus. - Auch die Internat. Conf. on Soil
Mechanics and Foundation Engineering in London 1957 und Paris 1960 haben sich
mit diesen Problemen befaßt (z.B. haben sich HENKEL, 1957, und SKEMPTEN and
DE LoRY, 1957, mit dem Londonton befaßt). - BJERRuM, 1954 und 1957, hat die Stand
festigkeit norwegischer Quickton-Hänge untersucht.
2 Während dieser Arbeit erschien: BISHOP, A. W., und 1.. BJERRuM, Bedeutung und
Anwendbarkeit des Dreiachsialversuches für die Lösung von Standsicherheitsauf·
gaben. - Norges Geotekniske Institut, Publ. No. 43, Oslo 1961 (siehe auch No. 34
Oslo 1960). Die Arbeit hat teilweise andere Zielsetzung und hat sich ausschließlich
bodenmechanischer Untersuchungsmethoden bedient.
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also nicht unsere Absicht, den zahlreichen, in den letzten Jahren entstandenen
ausgezeichneten bodenmechanischen Arbeiten eine neue Untersuchung ähnlichen
Inhalts anzuschließen.
Wir sind vielmehr von der Tatsache ausgegangen, daß zwar die Böschungsnei
gung von der Scherfestigkeit des Bodens stark abhängt, daß aber die Rutschneigung
oder die Rutschfreudigkeit eines Hanges oft von vielen anderen Faktoren mitbe
stimmt wird. Vor allem machen geologische Bedingungen vielfach den Ansatz
bodenmechanischer Meßverfahren und Berechnungen unmöglich, so z. B. bei
enger Schichtung unterschiedlicher Materialien, bei unregelmäßigen diageneti
schen Verfestigungen, bei Faltung der Schichten, bei Klüftung und anderen
Diskontinuitätsflächen, die im geologischen Substrat entstanden sind. Auch bei
bestimmten Arten des »Bodenfließens« versagen bodeomechanische Verfahren
vielfach, besonders wenn man die langsame Bewegung einer dünnen Decke sehr
inhomogenen Materials auf einer festen Unterlage betrachtet.
Zunächst soll eine kurze Definition der Begriffe Rutschungen, Gleitungen und
Bodenfließen folgen, so wie sie in dieser Studie verstanden werden sollen. Dies
scheint notwendig, da sie häufig verschieden beinhaltet und abgegrenzt werden.
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