Table Of ContentKlaus M. Leisinger 
Gentechnik 
fur die Dritte Welt? 
Hunger, Krankheitund Umweltkrise-
eine moderneTechnologie auf dem Prufstand 
entwicklungspolitischer Tatsachen 
Springer Basel AG
Klaus M. Leisinger ist a. o. Professor für Entwicklungssoziologie an der
Universität Basel und Leiter der Ciba-Geigy Stiftung für Zusammenarbeit
mit Entwicklungsländern
Die deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsauf nähme
Leisinger, Klaus M.
Gentechnik für die Dritte Welt?: Hunger, Krankheit und Umweltkrise - eine
moderne Technologie auf dem Prüf stand entwicklungspolitischer Tatsachen /
KlausM. Leisinger. -Basel; Boston; Berlin: Birkhäuser 1991
ISBN 978-3-0348-5608-9
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ISBN 978-3-0348-5608-9  ISBN 978-3-0348-5607-2 (eBook)
DOI 10.1007/978-3-0348-5607-2
© 1991 Springer Basel AG
Ursprünglich erschienen bei Birkhäuser Verlag Basel 1991
Softcover reprint of the hardcover 1st edition 1991
Umschlaggestaltung: Ralf Kunz, Freiburg
Inhaltsverzeichnis 
Vorwort - von Werner Arber ....................................... 7 
Gentechnik in der Kontroverse .................................. 11 
I  Ausgewahlte entwicklungspolitische 
Probleme als Hintergrund zur gentechnischen 
Diskussion .................................................................... 15 
1  Hunger .................................................................... 15 
2  Krankheit ................................................................ 33 
3  UmweltzerstOrung ................................................ 50 
II  Nutzen und Risiken 
derGentechnikfUrdie Dritte Welt ............................ 71 
1  Nutzen ..................................................................... 71 
•  Nutzen fur die Landwirtschaft ........................ 72 
•  NutzenfUrdieGesundheit .............................. 79 
•  Nutzen fur die Umwelt.. ................................... 83 
2  Risiken ..................................................................... 85 
•  TechnikimmanenteRisiken ............................. 86 
•  Techniktranszendente Risiken ....................... 89 
III  Nutzen-Risiko-Abwagung von Gen-und 
Biotechnologie fur die Dritte Welt ........................... 103 
1  Zur Abwagung von Nutzenund Risiken .......... 103 
2  Bewertungen aus 
entwicklungssoziologischerSicht ..................... 105 
5
3  Detenninanten der gesellschaftlichen 
Bewertung von Risiken ....................................... 110 
4  DieNotwendigkeitdes 
gesellschaftspolitischen Dialogs ........................ 118 
5  Ober die Schwierigkeiten 
der gesellschaftlichen Konsensfindung ............ 124 
IV  VorUiufigeSChlugfolgerungen ................................ 135 
1  DieAmbivalenz 
des technischen Fortschritts ............................... 136 
2  Desiderata ............................................................. 141 
•  Ethische Reflexion 
zur Sicherung der Zukunft ............................ 141 
•  Fehlerfreundlichkeitbewahren .................... 160 
•  Kommunikative Kompetenz 
und kollektive KreativWit .............................. 161 
•  Forschung zum Nutzen 
der Menschen in der Dritten Welt ................. 165 
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Vorwort 
Die EntwicklungsUinder kniipfen recht hohe Erwar 
tungen an den potentiel1en Nutzen der Gentechnik - und 
im weiteren Sinne der Biotechnologie - zur Verbesserung 
von Gesundheit, Ernahrung und Prosperitat ihrer Bev6lke 
rung. Dies wurde mir im Friihjahr 1984 so recht bewuBt, als 
ich zu einem international en Biotechnologie-Symposium 
nach New Delhi eingeladen wurde, urn einen Hauptvor 
trag iiber «Future of recombinant DNA technology» zu 
halten. 
Die mir damit gestellte Aufgabe bereitete mir einiges Kopf 
zerbrechen, versuchte ich doch, speziell auf mir wichtig 
scheinende Bediirfnisse des indischen Subkontinentes mit 
einer mehr als hundertmal gr6Beren, daffir aber viel arme 
ren Bev6lkerung als der Schweiz einzugehen. Ich empfand 
es als T eil meiner Verantwortung, mit meinem Referat 
keine kaum erffillbaren Hoffnungen zu wecken, aber trotz 
dem m6gliche Wege aufzuzeigen, die unter Nutzung der 
weltweiten Fortschritte wissenschaftlicher Erkenntnisse 
helfen k6nnten, die Lebensbedingungen in der Dritten 
Welt zu verbessern. 
Mit  groBer  Freude konnte ich an diesem Symposium 
feststellen,  wieviel hervorragende Forschung unter oft 
schwierigen Bedingungen in Indien und anderen Landern 
der Dritten Welt in vielen Bereichen der Biotechnologie ge 
macht wird. Viele der damals vorgetragenen Ergebnisse 
bezogen sich auf Nutzanwendungen in den Sektoren Ge 
sundheit, Ernahrungund Umwelt. 
7
1m Rahmen dieses Symposiums wurde ich zusammen mit 
einem Dutzend anderer ausIandischer Wissenschaftler zu 
einer einstiindigen Audienz bei der damaligen Minister 
prasidentin Indira Gandhi eingeladen. Wahrend dieser 
eindrucksvollen Besprechung kam die Rede auf viele As 
pekte prospektiven und auch bereits sptirbaren Nutzens 
der Biotechnologie. Dabei wurden die auf Nutzanwendun 
gen basierenden Erwartungen und Hoffnungen in kriti 
schen Bezug zu potentiellen Risiken gebracht, wo bei den in 
Kapitel II dieses Buches beschriebenen transzendierenden 
Risiken der Gentechnik besondere Beachtung geschenkt 
wurde. 
Das gro15e Interesse, das die indische Ministerprasidentin 
und ihre engsten Mitarbeiter dieser Evaluierung entgegen 
brachten,  starkte  meine  Auffassung  dariiber,  da15  die 
Wissenschaftler der Industrielander in ihrer Forschung 
tiber Grundlagen und Anwendungen - insbesondere bio 
logischer Wirkmechanismen - au15er der fachspezifischen 
Bearbeitung ihrer Fragestellungen vor all em ihren inter 
disziplinaren Blick fur die sozialen, wirtschaftlichen und 
umweltpolitischen Hintergriinde ihrer Tatigkeit scharfen 
mtissen! 
Dank seiner tiefwurzelnden Kenntnis tiber die Soziologie 
der Entwicklungslander bringt Klaus M. Leisinger eine 
neue Dimension von Nutzen und Risiken der Gentechnik 
in die Debatte. In seiner kritischen Analyse verweist er auf 
die Notwendigkeit, durch interdisziplinares Arbeiten ei 
nen Konsens tiber Anwendung von Forschungsresultaten 
zu suchen, der sich nicht rein auf westliche Lebensbedin 
gungen  stiitzt.  Die  Untauglichkeit  undifferenzierter 
Schwarz-Wei15-Urteile  wird  dabei  offensichtlich.  Alles 
menschliche Handeln ist von der Ambivalenz zwischen 
8
erhofften Wirkungen und unerwiinschten Nebenwirkun 
gen gepdigt, und diesem Gesetz kann sich auch die Gen 
technik nicht entziehen. Von daher ist ethische Reflexion -
unter Beriicksichtigung der bestehenden Unterschiede in 
den Weltanschauungen der verschiedenen Kulturkreise 
in unserem Zeitalter der weltweiten Erwartungen an die 
Nutzung von Wissenschaft und Technik eine zwingende 
Notwendigkeit.  Die  Forderung  offentlicher  Forschung 
zum Nutzen der Dritten Welt, die sich auf interdisziplinare 
Analysen abstiitzt, kann ein Wegbereiter dazu sein, die 
Risiken der Gentechnik zu vermindern. 
Es ist mir eine besondere Freude zu wissen, dag das von 
Klaus M. Leisinger prasentierte Buch die Frucht der Wei 
terentwicklung einer Vorlesung ist, zu der ich ihn im Win 
tersemester 1988/89 im Rahmen einer interdisziplinaren 
Ringvorlesung iiber Gentechnik an der Universitat Basel 
eingeladen hatte. 
Ich hoffe, dag das vorliegende Buch nicht nur zum besse 
ren Verstandnis der breiten Offentlichkeit beitragt, son 
dern auch die Aufmerksamkeit von Biologen, Medizinern, 
Soziologen und Politikern auf sich zieht und als kritischer, 
interdisziplinarer Beitrag zur Debatte iiber Nutzen und 
Risiken der Gentechnik in der Dritten Welt genutzt wird. 
Werner Arber 
Basel,imJuni 1991 
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Gentechnik 
in der Kontroverse 
Selten prallten Ablehnung und Euphorie in bezug 
auf eine T echnologie so krafS aufeinander; kaum je wurden 
neue technische Moglichkeiten so kontrovers diskutiert 
wie die Gentechnik. Sie erlaubt die «gezielte Veriinderung 
des ererbten genetischen Materials von lebenden Organismen 
durch Hinzufiigen, Wegnehmen oder Austauschen von einem 
oder mehreren Genen mit der Folge einer Weitervererbung dieser 
veriinderten genetischen Information an Nachkommen».l 
Die Komplexitat der Gentechnik und die neue Dimension 
der Verrugungsmoglichkeit tiber prinzipielle Bausteine 
der Natur errullen einen grofSen Teil der sich mit diesem 
Gebiet auseinandersetzenden Gesellschaft mit Unbeha 
gen. Das ist verstandlich, zumal die vielfaltigen Wirkungs 
verflechtungen heute nur teilweise bekannt sind und die 
Gentechnik dem Millbrauch zur berechneten und berech 
nenden Herrschaft tiber Natur und Mensch offen steht. Die 
Tatsache, dafS  mit gentechnischem Fortschritt immense 
wirtschaftliche Interessen verbunden sind, deren Vorteile 
rur den einzelnen und rur die Gesellschaft als Ganzes nich t 
direkt nachvollziehbar sind, hat fur viele Menschen zu 
satzlich beunruhigenden Charakter. 
Deshalb ist die Gentechnik einer Debatte ausgesetzt, die 
sich nicht allein auf der wissenschaftlichen, technischen, 
politischen oder wirtschaftlichen Ebene abspielt. Das solI 
sie auch nicht, denn die Entfesselung solcher technischen 
Krafte wirft soziale und ethische Fragestellungen auf, die 
gleichermafSen aufgearbeitet werden mtissen. Interdiszi 
plinares Arbeiten ist also unerlafSlich. 
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