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TAGESSTÄTTE
KIRCHEN
UND VER-
ßÄNDE
psycn
Abt
I.Stock
Ambubnz
II.StocK
Gemeindepsychiatrische Suchtkranken-
versorgung -
Regionale Vernetzung medizinischer und
psychosozialer Versorgungsstrukturen
Herausgegeben von
Bernhard Jagoda
Heinrich Kunze
AKTION PSYCHISCH KRANKE
Tagungsberichte
Band 21
Gemeindepsychiatrische
Suchtkrankenversorgung -
Regionale Vernetzung medizinischer
und psychosozialer Versorgungs-
strukturen
Tagungsbericht Bonn,
4./5. Mai 1993
Herausgegeben von Bernhard Jagoda
Heinrich Kunze AKTION PSYCHISCH
KRANKE
Tagungsberichte
Band 21
1994
Rheinland-Verlag GmbH • Köln
in Kommission bei
Dr. Rudolf Habelt GmbH • Bonn
Gefördert durch das Bundesministerium für Gesundheit
© Rheinland-Verlag GmbH - Köln 1994
Rheinland-Verlag- und Betriebsgesellschaft
des Landschaftsverbandes Rheinland mbH
Abtei Brauweiler, Postfach 21 40, 50250 Pulheim
Alle Rechte vorbehalten
Redaktion: Erika Märke / Birgit Meiners
Gestaltung: Norbert Radtke
Umschlaggestaltung: Renate Triltsch • Köln
Gesamtherstellung: Nettesheim Druck GmbH • Köln
ISBN3-7927-1464-7
Inhaltsverzeichnis
Bernhard Jagoda
Eröffnung und Begrüßung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7
Horst Seehofer
Grußwort des Bundesministers für Gesundheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9
Heinrich Kunze
Einführung in die Thematik der Tagung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11
l. Gemeindepsychiatrische Ziele und Grundsätze in der Suchtkranken-
versorgung - mit beispielhaften Ansätzen.... . . . . . . . . . . . . . . . . 17
Günther Wienberg
Die vergessene Mehrheit - Struktur und Dynamik der Versorgung Abhängig-
keitskranker in der Bundesrepublik , . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18
Niels Pörksen
Die Empfehlungen der Expertenkommission zur Versorgung Abhängigkeits-
kranker - eine Bilanz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38
Bruce Ritson
Die Zusammenarbeit zwischen primären Gesundheitsdiensten und Spezial-
einrichtungen für Menschen mit Alkoholproblemen . . . . . . . . . . . . . . . . . 50
Ray G. Hodgson
Die Antwort der Gemeinde auf Alkoholprobleme und ihre Folgen . . . . . . . . . . 66
Winfried Bertram
Zusammenbruch der Suchtkrankenversorgung in den neuen Ländern:
Welche Strukturen und Arbeitsformen in der ehemaligen DDR haben sich
fachlich bewährt? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79
Ulrich John, Clemens Veltrup und Martin Driessen
Motivationsarbeit bei alkoholabhängigen Patientinnen und Patienten in
somatischen Abteilungen und Allgemeinkrankenhäusern . . . . . . . . . . . . . 93
Günther Kruse
Die Tagesklinik für Abhängigkeitskranke als integrierter Bestandteil einer
regionalisierten Suchtkrankenversorgung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102
Jörg Ebeling, Manfred Kramer
Personalbetreuung/betriebliche Suchtkrankenhilfe im regionalen Verbund . . . . 108
5
Heinz-Günther Mergelkuhl
Die Selbsthilfefirma für Suchtkranke - Das Beispiel KOMET in Gütersfoh . . . 116
Andreas Rothe
Beschütztes Wohnen und Arbeiten in einem integrativen Konzept zur Ein-
gliederung von Abhängigkeitskranken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121
Eckhard Sundermann
Überlegungen zur Wiedereingliederung für sozial randständige,
wohnungs- und obdachlose chronisch Abhängigkeitskranke . . . . . . . . . . 129
Plenumsdiskussion zum Themenbereich l . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139
II. Finanzierung von Hilfen im gegliederten System der sozialen
Sicherung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145
Otto Ernst Krasney
Behandlung und Rehabilitation: Kriterien für die Leistungszuständigkeit von
Krankenkassen und Rentenversicherungsträgern aus der Sicht des Bundes-
sozialgerichts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146
Margot Wehmhöner
Kriterien für die Leistungszuständigkeit von Krankenkassen und Rentenver-
sicherungsträgern aus der Sicht der Krankenkassen . . . . . . . . . . . . . . 159
Dietmar Männchen
Medizinische Rehabilitation der LVA Westfalen in Übergangseinrichtungen
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170
Podiums- und Plenumsdiskussion zum Themenbereich II . . . . . . . . . . 177
III. Regionale Bedarfsplanung und Selbstverwaltung der Leistungsträger
- ein antagonistischer Widerspruch? . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185
Rolf Hüllinghorst
Interessen und Entscheidungsstrukturen von Leistungsträgern: Handicaps
auf dem Weg zur regionalen Bedarfsplanung . . . . . . . . . . . . . . . . . 186
Andreas Brunk
Die Bedeutung des regionalen Verbundes aus Sicht der Suchtfachkliniken . . 196
Horst Schmidbauer
Die kommunale Verantwortung für eine gemeindepsychiatrische Sucht-
krankenversorgung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 209
Podiums- und Plenumsdiskussion zum Themenbereich III . . . . . . . . . . 219
Verzeichnis der Referentinnen und Referenten . . . . . . . . . . . . . . . 225
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Eröffnung und Begrüßung
Bernhard Jagoda
Alkoholismus ist eines der größten Gesundheitsprobleme in unserer Gesellschaft,
aber nur ein ganz geringer Anteil der betroffenen Menschen wird von der offiziellen
Suchthilfe erreicht.
Die DHS geht von 2,5 Mio. behandlungsbedürftigen Alkoholkranken und 600.000 bis
800.000 medikamentenabhängigen Personen aus (Stand 1990 für das vereinte
Deutschland). Nicht nur die Psychiatrie, sondern fast alle anderen medizinischen
Fächer haben in großem Umfang mit kranken Menschen zu tun, bei denen Alkohol
eine zentrale Rolle spielt.
Aber es geht nicht nur um die medizinische Seite, sondern auch um die vielfältigen
sozialen, gesellschaftlichen und volkswirtschaftlichen Probleme. Das Leben zahlloser
Familien, und damit auch insbesondere von Kindern, ist vom Alkoholismus geprägt.
Alkoholfolgen spielen in der Arbeitswelt, bei Unfällen im Straßenverkehr und bei
Straftaten eine große Rolle. Alkohol trägt entscheidend zur Ausgliederung aus allen
sozialen Bezügen bis hin zur Obdachlosigkeit bei.
Alkoholismus führt auf der subjektiven Seite bei den betroffenen - und mitbetroffenen
- Menschen zu Leid, Elend, Verzweiflung am Leben; auf der objektiven Seite zu
sozialen Schäden sowie immensen Kosten im Gesundheitswesen und anderen
Bereichen der Gesellschaft.
Die AKTION PSYCHISCH KRANKE hat vor 10 Jahren schon einmal Sucht zum
Thema einer Tagung gemacht. Sie tut es erneut, weil von den „Empfehlungen der
Expertenkommission" (1988) die Ausführungen zum Thema Alkoholismus viel zu
wenig Wirkung entfaltet haben. Die öffentliche und politische Aufmerksamkeit
beschränkt sich zu sehr auf - auch wichtige - Themen wie z. B. illegale Drogen.
Alkohol gehört zu unserem Lebensstil, und wir verschließen die Augen vor den Folgen.
Das Hilfesystem für Abhängigkeitskranke gemäß dem klassischen Konzept für
Behandlung und Rehabilitation „Fachberatungsstelle- Fachklinik-Selbsthilfe als
wichtiger Teil der Nachsorge" ist heute in der Bundesrepublik breit ausgebaut mit
qualifizierten Fachkräften, unterschiedlichen Therapieprogrammen und vielfältigen
Angeboten.
Aber mit der Strategie „mehr vom Gleichen" ist den umfangreichen Defiziten bei der
Versorgung verschiedener Gruppen von Abhängigkeitskranken nicht beizukommen.
Viele Abhängigkeitskranke, oft in frühen Stadien, werden von niederge-
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lassenen Ärzten und Ärztinnen und somalischen Krankenhäusern kostenaufwendig -
zwar somatisch korrekt, aber meist suchtunspezifisch, oft sogar (unbeabsichtigt)
suchtstabilisierend - behandelt. Viele Abhängigkeitskranke kommen in die klinische
Psychiatrie, die sich dieser Aufgabe bisher nur zum Teil qualifiziert stellt. Die
ambulante, teilstationäre und stationäre Nachsorge steht noch ganz in den
Anfängen. Eingliederungsbedürftige Alkoholiker und Alkoholikerinnen finden sich in
überforderten Altenheimen, Einrichtungen der Heilsarmee oder in großer Zahl unter
den Obdachlosen.
Verbesserungen können nur erreicht werden, wenn Politik, Kosten- und Leistungs-
träger, helfende Institutionen sowie Therapeutinnen und Therapeuten zusammen-
wirken, denn es geht nicht nur darum, Therapie- und Hilfekonzepte bedarfsgerecht
fortzuentwickeln, sondern auch darum, entsprechende Finanzierungsmöglichkeiten
mit den Kosten- und Leistungsträgern sowie kontinuierliche regionale Pla-
nungsprozesse unter Einbeziehung der Leistungsträger wie Einrichtungsträger auf
den Weg zu bringen.
Tagungen wie diese der AKTION PSYCHISCH KRANKE bemühen sich deshalb,
Expertinnen und Experten der verschiedenen genannten Bereiche an einen Tisch zu
bringen, denn meist diskutieren und beraten Politiker und Politikerinnen, Verwal-
tungsfachleute oder Therapeuten und Therapeutinnen jeweils nur unter ihresglei-
chen.
Ich freue mich daher besonders, daß Sie alle unserer Einladung gefolgt sind, und
begrüße Sie herzlich zu dieser Tagung, für die ich uns einen fruchtbaren Erfah-
rungsaustausch, anregende Diskussionen und in die Zukunft weisende Ergebnisse
wünsche.
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Grußwort des Bundesministers für Gesundheit
Horst Seehofer
Suchtkrankheiten gehören in Deutschland zu den meist verbreiteten Krankheiten.
Um nur einige Zahlen zu nennen: 2,5 Mio. Menschen sind alkoholabhängig, 800.000
medikamentenabhängig und weitere 100.000 Menschen drogenabhängig. Und die
Dunkelziffern liegen weit höher.
Dabei ist besonders der Trend zu mehrfachem Suchtmittelmißbrauch und die
wachsende Zahl der chronisch mehrfach geschädigten Abhängigen besorgniser-
regend. Viele von diesen Abhängigen sind mit den traditionellen Versorgungsstruk-
turen nicht zu erreichen.
Vor diesem Hintergrund begrüße ich es sehr, daß die AKTION PSYCHISCH KRANKE
das Thema „gemeindepsychiatrische Suchtkrankenversorgung" in den Mittelpunkt
dieser Informationsveranstaltung stellt. Denn solche Strukturen sind ein wichtiger
Beitrag dazu, „vor Ort" sowohl den Betroffenen selbst ais auch den
Familienangehörigen zu helfen.
Die Suchtkrankenhilfe muß insgesamt sehr verschiedene Hilfsmöglichkeiten
anbieten: von der aufsuchenden Arbeit über Beratungs- und Behandlungsangebote
bis hin zur Nachsorge und Unterstützung durch Selbsthilfegruppen. Verschiedene
Dienste in der Suchtkrankenversorgung arbeiten aber noch zu oft eher nebeneinander
als miteinander.
Hier gilt es, nach Lösungsansätzen zu suchen, wie durch eine engere Kooperation
verschiedener medizinischer Disziplinen und durch ein differenziertes Angebot im
komplementären Bereich die Versorgung der Abhängigkeitskranken im allgemeinen
und der chronisch Abhängigkeitskranken im besonderen verbessert werden kann.
Der Bund leistet dazu unter anderem mit der Förderung eines Forschungsprojektes an
der Universität Lübeck einen Beitrag: Dieses Forschungsprojekt widmet sich der
besseren Zusammenarbeit zwischen niedergelassenen Ärzten und Allge-
meinkrankenhäusern zur Früherkennung und Betreuung von Alkoholkranken.
Ich würde mich freuen, wenn es dieser Tagung gelingt, auch einen Beitrag zur stär-
keren Vernetzung medizinischer und psychosozialer Versorgungsstrukturen für
Alkohol- und Medikamentenabhängige zu leisten.
Ihrer Informationstagung wünsche ich einen erfolgreichen Verlauf und Ihrer weiteren
Arbeit viel Erfolg.
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Einführung in die Thematik der Tagung
Heinrich Kunze
Sucht wurde erst 1968 als Krankheit im versicherungsrechtlichen Sinne durch ein
Urteil des Bundessozialgerichtes anerkannt. 1978 kam die erste Empfehlungsver-
einbarung zwischen Kassen und Rentenversicherungsträgern zustande. Die offizielle
Suchthilfe (Beratungsstelle, Fachklinik, Nachsorge) wurde in der Vergangenheit
erheblich ausgebaut und qualifiziert. Für alkohol- und medikamentenabhängige
Menschen, die von diesem „Königsweg" erreicht werden, ist die Suchthilfe wirksam,
doch sind dies nur wenige Prozent der behandlungsbedürftigen Suchtkranken.
Denn einerseits kommen die meisten Alkoholikerinnen und Alkoholiker zu spät in
suchtspezifische Behandlung, weil die Kontaktaufnahme mit der Suchthilfe die
Selbstdefinition als suchtkrank voraussetzt - und das bei einer Krankheit, deren
zentrales Symptom die Verleugnung der Sucht ist. Und andererseits werden Sucht-
kranke wegen psychiatrischer Begleit- und Folgeerkrankungen sowie anderer als
ungünstig angesehener Prognose-Merkmale - das betrifft insbesondere Rückfälle
- aus suchtspezifischen Hilfeformen ausgegrenzt, obwohl Rückfälle zur Dynamik der
Abhängigkeitserkrankung gehören und ein hoher Anteil von Suchtkranken zugleich
andere schwere psychische Störungen aufweist. - Diese Menschen gelten also als zu
krank oder nicht motiviert für Therapien und stützende Hilfen.
Die Psychiatrie-Enquête formulierte vier Ziele für die psychiatrische Versorgung, die
heute noch genauso gültig sind wie vor 20 Jahren:
- gemeindenah
- bedarfsgerecht
- koordiniert
- Gleichstellung von psychisch Kranken mit somatisch Kranken.
Für Alkoholkranke bedeutet Gemeindepsychiatrie, die Hilfen zu schaffen, die es
ihnen ermöglichen, Mitbürger und Mitbürgerinnen ihres Kreises/ihrer Stadt bleiben zu
können, statt umso eher ausgegrenzt zu werden, je kränker sie sind.
Das ist zu aller erst eine Herausforderung an die Ebene der Therapie und der hel-
fenden Institutionen. Es geht um bedarfsgerechte statt angebotsorientierte Kon-
zepte. Es geht um suchtzentrierte Hilfen,
- die den Verleugnungsprozeß bei Suchtkranken und ihren Bezugspersonen im
persönlichen und sozialen Bereich als Ausgangsfaktum akzeptieren, statt die
Einsicht in die Abhängigkeit als Eingangsbedingung vorauszusetzen;
- die Rückfälle sowie psychiatrische Begleit- und Folge-Erkrankungen konstruktiv in
den Hilfeprozeß einbeziehen, statt sie zum Ausschlußkriterium aus Therapien,
anderen unterstützenden Hilfen sowie sozialen Beziehungen zu machen.
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Description:stems vom Gesamtspektrum der Interventionsziele ausgegangen werden in einem Altenheim des Diakonischen Werkes in der Nähe des HAUSES .. J. & WESSEL, T.: Ambulante und stationäre Nichtseßhaftenhilfe: Endstation.