Table Of ContentOcr Verlag dankt der Berliner Universitatsbibliothek (Zweigstelie Mathematik der Humboldt-Uni
versitiit), insbesondere Herrn H. HAOAN, und der Leipziger Universitiitsbibliothek (AuBenstelle der
Sckti(m Mathematik der Karl-Marx-Universitiit), insbesondere Frau 1. LETZEL, fiir vielfaltige Unter
stulzung.
Foto (Seitc 4): G. KIESLING, Berlin.
Die Vorlagen fiir die Faksimileabdrucke auf den Seiten 118 und 122 (Autographen aus der Bibliolhek
der Ungarischen Akademie der Wissenschaften) stelite freundlicherweise L. FEJES TOTH, Budapest,
zur Verfiigung.
Die Fotos der beiden Briefmarken (Seite 242) wurden freundlicherweise von P. SCHREIBER, Greifs
wald, zur Verfiigung gestellt.
Ocr Verlag dankt auBerdem Herrn Buchbindermeister W. FRENKEL, Leipzig, fiir die hilfreiche Unter
stiitzung.
ISBN-13:978-3-211-95822-3 e-ISBN-13:978-3-7091-9511-6
DOT: 10.1007/978-3-7091-9511-6
TEUBNER-ARCHIV zur Mathematik' Band 4
© BSB B. G. Teubner Verlagsgesellschaft, Leipzig, 1985
1. Autlage
Lcktor: Jurgcn WeiB
Gesamtherstellung: INTERDRUCK Graphischer GroBbetrieb Leipzig
H. Reichardt
Gau.B und die Anfange
der
nicht-euklidischen Geometrie
Mit Originalarbeiten von
J. BOLYAI, N. I. LOBATSCHEWSKI und F. KLEIN
Der vierte Band der Reihe "TEUBNER-ARCHIV zur Mathematik" enthiilt das
Buch von H. REICHARDT "GauB und die nicht-euklidische Geometrie". Diese bereits
1976 im Teubner-Verlag erschienene Arbeit behandelt die Vorgeschichte der nicht-eu
klidischen Geometrie, GAusS' Weg zur nicht-euklidischen Geometrie und die Wir
kung des Nachlasses von GAUSS.
1m vorliegenden Band findet der Leser auBerdem fotomechanische Nachdrucke
grundlegender Beitriige von J.BOLYAI, N.I. LOBATSCHEWSKI und F.KLEIN, auf die H.REI
CHARDT in seinem Buch ausflihrlich Bezug genommen hat.
LEIPZIG
BSB B. G. Teubner Verlagsgesellschaft, Leipzig
Distributed by Springer-Verlag Wien New Yark
Gewidmet
in dankbarer Erinnerung dem groBen Geometer
WILHELM BLASCHKE
(1885-1962)
zu seinem 100. Geburtstag
am
13. September 1985
Inhalt
Vorwort zum Band "GauB und die Anfange der nicht-euklidischen Geometrie" 6
H.Reichardt: GauB und die nicht-euklidische Geometrie [35, S.1-111] . . . . . 9
J.Bolyai: Appendix. Scientiam spatii absolute veram exhibens ... [5, S.183-219]. 121
N. I. Lobatschewski: Geometrische Untersuchungen zur Theorie der Parallel-
linien [7, S.1-61, 2 Anlagen] ............................ 159
F. Klein: Uber die sogenannte Nicht-Euklidische Geometrie [16, S. 573-583,
607-611]. . . 224
Anmerkungen . . 239
1. Zu F. KLEINS Arbeit "Uber die sogenannte Nicht-Euklidische Geometrie" .. 239
2. "Nicht-euklidisch" . . . . . . . . . 240
3. Zum Bildnis "Johann Bolyai" .......................... 241
Literatur ........... . 244
Namen-und Sachverzeichnis 246
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Vorwort zum Band "Gaufi und die Anfange
der nicht-euklidischen Geometrie"
AnliiBlich des 200. Geburtstages von CARL FRIEDRICH GAUSS (30.AprilI777 - 23.Fe
bruar 1855) war mein kleines Buch "GauB und die nicht-euklidische Geometrie" er
schienen, in dem naturgemiiB GAUSS im Vordergrund stand. Da nun aber GAUSS tiber
die nicht-euklidische Geometrie direkt gar nichts publizierte, indirekt nur in Form
von Besprechungen einiger Arbeiten anderer Autoren tiber die Theorie der Parallelli
nien, muBte man auf briefliche Mitteilungen und auf Einzelstiicke aus dem NachlaB
zuriickgreifen. Davon sind wesentIiche Teile in meinem Buch wortlich wiedergegeben.
Von besonderer Bedeutung sind dabei Hinweise von GAUSS auf J. BOLYAI und
N. 1. LOBATSCHEWSKI, wei! GAUSS in deren Arbeiten, die ohne direkte Abhiingigkeit von
ihm entstanden waren, seine eigenen Ergebnisse wiederfand und daraufuin Vergleiche
anstellen konnte. Auch aus diesen Arbeiten von BOLYAI und LOBATSCHEWSKI konnten
seinerzeit nur einzelne Stellen abgedruckt werden.
Jetzt aber ist es im Rahmen der neuen Reihe "TEUBNER-ARCHIV zur Mathema
tik" moglich, von beiden Geometem grundlegende Arbeiten fotomechanisch nachzu
drucken, die als klassische Stticke immer wieder zitiert werden, die aber heute nur
noch unter Schwierigkeiten auszuleihen oder gar fUr den eigenen Bticherschrank zu
erwerben sind.
Bei BOLYAI ist es klar, welcher Beitrag auszuwiihlen war, niimlich der sogenannte
"Appendix", und zwar in der 1913 bei Teubner erschienenen Form [5], herausgegeben
von P. STACKEL. Bei LOBATSCHEWSKI habe ich mich sozusagen auf Empfehlung von
GAUSS flir das kleine Buch "Geometrische Untersuchungen zur Theorie der Parallelli
nien" [7] entschieden, weil hier die Entwicklung der nicht-euklidischen Geometrie von
den Axiomen bis zu den Grundformeln der Trigonometrie durchgeflihrt ist. In diesem
Btichlein schreibt LoBATSCHEWSKI auf S.19 (vgl. S.I77 dieses Bandes), daB die Voraus
setzungen der nicht-euklidischen (bei ibm "imaginiiren") Geometrie zugelassen wer
den konnen, ohne auf einen Widerspruch zu flihren. Jedoch muB man sagen, daB er
ebenso wie GAUSS und J. BOLYAI keinen Beweis fUr diese Widerspruchslosigkeit gege
ben hat.
Dieser war erst erbracht, als F. KLEIN [16] entdeckte, daB die projektive MaBbestim
mung, wie sie CAYLEY [15] auf Grund der projektiven Theorie der Kegelschnitte entwik
kelt hatte, als Modell (bei KLEIN "Bild") fUr aie nicht-euklidische Oeometrie genom
men werden kann. Deshalb erscheint es mir angebracht, diejenigen Paragraphen aus
der Arbeit "Uber die sogenannte Nicht-Euklidische Geometrie" [16], die flir den Be
weis der Widerspruchsfreiheit entscheidend sind, hier mit aufzunehmen. Die aus
Platzgriinden nicht mit abgedruckten Paragraphen werden im Anhang kurz referiert.
EigentIich hiitte auch der Riemannsche Habilitationsvortrag aus dem Jahre 1854
"Uber die Hypothesen, welche der Geometrie zu Grunde liegen" hier mit abgedruckt
werden konnen, da in dieser Arbeit aus der Frage nach Riemannschen Riiumen mit
freier Beweglichkeit die Riiume mit konstanter Kriimmung hergeleitet werden, wobei
die nicht-euklidische Geometrie mit erfaBt wird. Jedoch enthiilt bereits der erste Band
des "TEUBNER-ARCHIVS zur Mathematik" [36] einen fotomechanischen Nachdruck
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Vorwort
von RIEMANNS Habilitationsvortrag (aus den 1876 bei Teubner erschienenen "Gesam
melten Mathematischen Werken" [11]), so daB wir hier darauf verzichten konnen.
Uber die philosophischen Betrachtungen, die im Zusammenhang mit der Entwick
lung der Theorie der Parallelen und der nicht-euklidischen Geometrie angestellt wor
den sind, ist so viel geschrieben worden (schon GAUSS hat Bemerkungen dazu ge
macht; siehe etwa [35, S.27/28; vgl. S.33/34 dieses Bandes]), daB es unmoglich ist, im
Rahmen dieses Buches darauf einzugehen. Zwei der Hauptfragen, nlimlich wie weit
die euklidische oder die nicht-euklidische Geometrie unsere rliumliche Situation er
fassen konnen und wie es mit der inneren Widerspruchsfreiheit der nicht-euklidischen
Geometrie steht, sind im Laufe meines Textes [35] immer wieder behandelt worden, so
daB diese Betrachtungen hier nicht erweitert werden.
Die Vorgehensweisen von GAUSS, BOLYAI und LoBATSCHEWSKI einerseits und KLEIN
andererseits waren einander entgegengesetzt. Die ersteren gingen rein hypothetisch
vor: Sie untersuchten die Frage, wie eine Geometrie aussehen miisse, in der das Paral
lelenaxiom nicht gelte, setzten also voraus, daB es eine solche Geometrie gibt, und
muBten damit rechnen, daB bei nOlh weitergehenden Untersuchungen Widerspruche
auftauchen wiirden. Sie zeigten also: Es gibt im wesentlichen hiichstens eine solche
Geometrie. KLEIN dagegen gab ein konkretes Beispiel fUr eine solche Geometrie an,
indem er die auf der projektiven MaBbestimmung beruhende Cayleysche Geometrie
als Modell fUr eine nicht-euklidische Geometrie erkannte. Da dieses Modell auf der
projektiven Geometrie beruhte, die man als widerspruchsfrei ansieht, hatte er damit
ein Modell fUr die nicht-euklidische Geometrie angegeben. Dabei blieb die Frage of
fen, ob es nicht noch andere, dazu nicht isomorphe Geometrien geben kann, in denen
das Parallelenaxiom nicht gilt. Erst jetzt war es also auf Grund der Ergebnisse von
GAUSS, BOLYAI und LOBATSCHEWSKI einerseits und von KLEIN andererseits gesichert,
daB es im wesentlichen eine und nur eine solche Geometrie, die sogenannte nicht-eu
klidische, gibt, die in sich widerspruchsfrei ist. Damit erst waren die AnHinge der
nicht-euklidischen Geometrie fest gegrundet.
Der kurze, neuverfaBte Anhang enthlilt neben den Betrachtungen zu KLEINS Arbeit
[16] einige Anmerkungen zur Bezeichnung "nicht-euklidisch" und Informationen zum
Bildnis "Johann Bolyai" [35, S. 55; vgl. S.61 dieses Bandes).
Berlin, August 1984 HANS REICHARDT
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Gaull
und die nicht-euklidische Geometrie
von
Professor Dr. Hans Reichardt
LEIPZIC
BSB B. G. Teubner Verlagsgesellschaft
1976
Vorwort
Dem Verlag B. G. Teubner, Leipzig, danke ieh fiir den Vorschlag, anlaBlich des
200. Jahrestages del' Geburt von C. F. GauB (30.4.1777) ein kleines Buch iiber
dessen Bedeutung fiir die nieht-euklidisehe Geometrie zu schreiben.
Die Entwicklung der nicht-euklidischen Geometrie und die Rolle, die GauB
dabei spieIte, bilden den Inhalt eines del' eigenartigsten KapiteI der Geschichte
der Mathematik. Aus den Untersuchungen WI' Problematik des euklidischen
Parallelenaxioms entwickelte sich fast zwangsHiufig, abel' gegen den Willen 'der
Geometer und entgegen aller Anschaulichkeit die nicht-euklidische Geometrie
mit ihren zunachst widersinnig erscheinenden Konsequenzen, Gleichzeitig ver
wandelte sich die Geometrie von einer Naturwissenschaft, die sie urspriinglich
als Lehre von den Eigenschaften unseres Raumes war, zu einer mathematischen
Disziplin, bei der es auf innere Geschlossenheit, Konsequenz und Widerspruchs
freiheit ankommt. AuBerdem tauchte bei den Mathematikern, die von der Rich
tigkeit der nicht-euklidischen Geometrie iiberzeugt waren, die Frage nach der
wahren, d.h. nach der in der Natur realisierten Geometrie auf, und die Denk
schwierigkeiten vergroBerten sich noeh, weil man zwischen euklidischer und
nicht-euklidischer Geometrie, wenn nul' deren "Kriimmung" klein genug ist,
wegen del' beschriinkten MeBgenauigkeit praktisch nicht mehr unterscheiden
kann. Man erkannte, daB es doch nicht ganz so einfach ist, die Mathematik durch
Abstraktion aus del' Wirklichkeit zu gewinncn, wie man sich das haufig vor
gestellt hat.
AIle diese Komplikationen waren GauB bewuBt, und so wagte er es nicht,
~eine umfangreichen Untersuchungen auf diesem Gebiet zu verofJentlichen, und
auch seine Gedanken zu den Begriindungen del' nicht-euklidischen Geometrie
durch J. Bolyai und Lobatschewski sprach er nul' mil der Bitte um Geheimhal
tung an seine besten Bekannten aus. Die Vel'ofJentlichung del' Briefe und der
nachgelassenen Aufzeiehnungen von GauB l'iickten die Hingst vel'gessenen Werke
von J. Bolyai und Lobatschewski ins rechte Licht, abel' erst Andeutungen, die
Riemann noch in Anwesenheit von GauB im Rahmen seines Habilitationsvor
trages machte, und VOl' allem die Realisiel'Ung del' nicht-euklidischen Geometrie
innel'halb del' gewohnlichen projektiven Geometrie dUl'ch F. Klein 15 Jahre nach
GauB' Tod erlaublen es, die unbewiesenen Dbel'zeugungen von Bolyai, GauE
und Lobatschewski von del' Widerspl'Uchsfreiheit del' nicht-euklidischen Geo
metrie als mathematisch einwandfrei nachzuweisen.
Dementsprechend wird hier zuniichst die Vorgeschiehte del' nieht-euklidischen
Geometrie geschildert. Dann geht es urn die Tdeen von GauE, die aus einigen
Aufzeichnungen und aus seinem Briefwechsel zu entnehmen sind, wobei es sich
als notwendig erweist, ausfiihrlich auf die Darstellllngen von J. Bolyai, Loba
tschewski und Riemann einzugehen. Zum SchluE winl noeh die oben schon an-
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4 Vorwort
gedeutete Weiterentwicklung nach GauB beschrieben, die in dem projektiven
Modell von Cayley-Klein und dem konformen Modell von Poincare gipfelt. Dabei
bietet sich die Gelegenheit, ausgehend von einem Ansatz von GauB unmittelbar
zu einem in der deutschen Literatur kaum bekannten, aber schon seit liber 80 Jah
ren existierenden Modell zu kommen, niimlich zu einer liingentreuen und singu
laritiitenfreien Darstellung der ebenen nicht-euklidischen Geometrie durch eine
Fliiche im dreidimensionalen pseudo-euklidischen Raum. Diese Realisierung zeich
net sich durch besondere Eleganz aus, und die oben genannten Modelle lassen
sich durch einfache Projektionen daraus gewinnen.
Auf die Behandlung der mit der nicht-euklidischen Geometrie zusammen
hiingenden Fragen der mathematischen Logik wird hier nicht eingegangen, weil
darliber der inhaltsreiche Artikel von Klingenberg im GauB-Gedenkband (Teub
ner, Leipzig 1957) Auskunft gibt.
Berlin, Februar 1976 H. Reichardt
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