Table Of ContentFührung durch Nichtführung
am Beispiel der Schweiz
Maximilian Koch
Führung durch
Nichtführung am
Beispiel der Schweiz
Zur Herrschaftsausübung
in der Eidgenossenschaft
Maximilian Koch
St. Gallen, Schweiz
Dissertation Ludwig Maximilians Universität München, 2013
ISBN 978-3-658-03403-0 ISBN 978-3-658-03404-7 (eBook)
DOI 10.1007/978-3-658-03404-7
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Dank
Das vorliegende Buch ist die mit den eidgenössischen Volksabstimmungsergeb
nissen vom Juni 2013 ergänzte Version meiner Dissertation, welche im März
2013 von der Sozialwissenschaftlichen Fakultät am Geschwister-Scholl-Institut
der Ludwig-Maximilians-Universität München angenommen wurde. Die Arbeit
entstand parallel zu meinen politischen Tätigkeiten in der kommunalen Exe
kutive (als Gemeindepräsident von Wolthalden) und der kantonalen Legislative
(als Kantonsrat von Appenzell Ausserrhoden) in der Schweiz. Es war mir dabei
wichtig, wissenschaftliche Theorie und meinen persönlichen Praxisbezug zu
verbinden.
Ich danke an dieser Stelle ganz herzlich meinem Doktorvater Prof. Dr.
Karsten Fischer (LehrstohIinhaber Politische Theorie, Ludwig-Maximilians-Uni
versität, München) und dern zweitbetreuenden Prof. Dr. Helmut Willke (Lehr
stohIinhaber Global Governance, Zeppelin Universität, Friedrichshafen) für die
Unterstützung und konstruktive Begleitong bei der Umsetzung dieses Projektes.
Weiter danke ich allen meinen Interviewpartnerinnen und Interviewpartnem
aus der eidgenössischen Bundespolitik, aus der schweizerischen Armeespilze
und aus der Delegation der Europäischen Union in der Schweiz. Es war für mich
keine Selbstverständlichkeit, mich mit amtierenden und ehemaligen Bundesrats
mitgliedern austauschen zu dürfen, den Ständeratspräsidenten befragen zu kön
nen und den EU-Botschafter nach einer regen Diskussion sogar zur 1. August
feier nach Wolthalden einzuladen.
Das Gelingen des Vorhabens wurde von meinem engen Farnilien- und
Freundeskreis tatkräftig mitgetragen. Durch die vorbehaltlose Unterstützung
meiner Partnerin Brigitte Koch-Kern konnte es zu einem erfolgreichen Ende ge
führt werden.
Maximilian Koch
Inhaltverzeichnis
Dank ..................................................................................................................... 5
Abbildungsverzeichnis .......................................................................................... 9
Tabellenverzeichnis ............................................................................................ 11
1 Einleitung .................................................................................................... 13
2 Schweizwerdung: Eine historische Auslegeordnung
unter dem Fokus politischer Führung• .................••••••••••••••...................... 37
2.1 Die Alte Eidgenossenschaft ................................................................ 47
2.1.1 Die Tagsatzuog als ständeübergreifendes Gremium der
Staatenbünde!... ........................................................................ 53
2.1.2 Politische Organisation durch die Landsgemeinde .................. 63
2.1.3 Politische Führung durch das Patriziat .................................... 68
2.1.4 Politische Führung durch Zünfte ............................................. 71
2.1.5 Die Rolle der Klöster als politische Eliten in der Alten
Eidgenossenschaft .................................................................... 75
2.1.6 Fazit: Politische Eliten in der Alten Eidgenossenschaft .......... 76
2.2 Das Ancien Regime im 18. Jahrhundert. ............................................. 81
2.3 Napoleon io der Schweiz: Die Helvetische Republik von
1798-1803 .......................................................................................... 85
2.4 Vorbereitungszeit eidgenössischer Modeme: Restauration und
Regeneration ....................................................................................... 95
2.4.1 IgnazPaul Vital Troxler-har1näckigerVisionär .................. 104
2.5 1848 - Die modeme Schweiz wird organisiert ................................. 110
2.5.1 Der Sonderbundakrieg ........................................................... 111
2.5.2 Die Bundesrevisionskommission ........................................... 115
2.5.2.1 Ulrich Ochsenbeio - der Umsetzer. .......................... 116
2.5 .2.2 Die Arbeit der Bundesrevisionskommission ............ 117
2.5.2.3 Die Bundesbehörden - Kampfum
Repräsentation und Macht ........................................ 122
2.5.3 Die Ratifizierung der ersten Bundesverfassung ..................... 132
2.5.4 Würdigung der ersten Bundesverfassung .............................. 135
2.6 Die USA als Pate für die moderne Schweiz ...................................... 137
8 Inhaltverzeichnis
3 Das politische System Schweiz ................................................................ 153
3.1 Politische Systeme ............................................................................ 154
3.1.1 Parlamentarische Demokratie ................................................ 157
3.1.2 Präsidentielle Demokratie ...................................................... 158
3.1.3 Politische Repräsentation ....................................................... 160
3.2 Der Sonderfall Schweiz .................................................................... 164
3.2.1 Die Bundesverfassungs-Revisionen nach 1848-
Fokus auf die Staatsleitung .................................................... 178
3.3 Regierungsrefonnbemühungen der letzten 25 Jahre ......................... 183
4 Mitregieren im Halhschatten der Verfassung ....................................... 193
4.1 Netzwerke und Verbände .................................................................. 201
4.1.1 Wirtschafts-Lobbying io der Politik ...................................... 206
4.2 Parteien io der Schweiz ..................................................................... 213
4.2.1 Partei-Populismus io der Schweiz ......................................... 222
4.3 Medien io der direkten Demokratie .................................................. 225
4.3.1 Instrumentalisierung und Einfluss der Medien ...................... 233
4.3.2 Personalisierung und Inszenierung ........................................ 236
4.3.3 Die Medien als eidgenössisch-strukturelle Opposition .......... 239
4.4 Einfluss der Bundesverwaltung auf die Politik ................................. 242
5 Politi.che Führung in der Schweiz ......................................................... 249
5.1 Zur Begrifllichkeit der Eliten ............................................................ 256
5.1.1 Politische Eliten io der Schweiz ............................................ 258
5.2 Die Rolle der Kantone io der eidgenössischen Politik ...................... 267
5.2.1 Föderalismusdebatten auch in anderen Ländern .................... 271
5.3 Die konstitutionellen Institutionen als Führungsgremien ................. 276
6 Mögliche Lö.ungsansätze für eine zeitgemäße eldgenös.l.che
Führung .................................................................................................... 279
6.1 Stärkung der parlamentarischen Führung ......................................... 281
6.1.1 Milizparlament versus Berufsparlament ................................ 288
6.2 Stärkung der exekutiven Führung ..................................................... 293
6.2.1 Die SVP-lnitiative zur Volkswahl des Bundesrates ............... 296
6.3 Eidgenossenschaft 3.0 ....................................................................... 303
6.3.1 Vo1ksrechte ............................................................................ 308
6.3.2 Parlament ............................................................................... 308
6.3.3 Bundesrat ............................................................................... 309
6.3.4 Bundesverfassungsgericht ..................................................... 309
7 Bilanz: Politische Führung durch Nicht-Führung in der Schweiz? ..... 311
8 Literaturverzeichni. ................................................................................. 325
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Konzeption Demokratiebarometer ............................................ 28
Abbildung 2: Die neuen helvetischen Kantone ............................................... 89
Abbildung 3: Die politische Struktur auf Bundesebene ................................ 172
Abbildung 4: Phasenmodell im Gesetzgebungsprozess ................................ 195
Abbildung 5: Kommunikationsdreieck unter Abwesenden
nach Fuhse 2003 .................................................................... 228
Abbildung 6: Bildungsspiegel des Parlamentes, hier des Nationalrates,
Legislatur 2011-2015 .............................................................. 262
Abbildung 7: Bildungsspiegel des Parlamentes, hier des Ständerates,
Legislatur 2011-2015 .............................................................. 262
Abbildung 8: Bildungsspiegel des Parlamentes, hier der
Bundesversammlung, Legislatur 2011-2015 .......................... 263
Abbildung 9: Ziele und Instrumente der schweizerischen NFA 2008 .......... 275
Abbildung 10: Anteil Stimmberechtigter fiir Volksinitiativen und
Gesetzesreferendum in % ....................................................... 285
Abbildung 11: Professionalisierungsgrad im eidgenössischen Parlament ...... 289
Abbildung 12: Parteienverteilung im National-und Bundesrat
von 1848-2011 ........................................................................ 295
TabeUenverzeichnis
TabeOe 1: Bundesmandate der Parteien im Vergleich 2007 und 2011 .......... 16
TabeOe 2: Govemance Indicator ..................................................................... 29
TabeOe 3: Bündnispartoer der Alten Eidgenossenschaft 1291-1798 ............... 54
TabeOe 4: Beziehungs-und Orgaoisationsform der Alten
Eidgenossenschaft im 18. Jahrhundert .......................................... 62
TabeOe 5: Historische Orgaoisationsübersicht von Legislative und
Exekutive in der Eidgenossenschaft bis zum Bundesstaat 1848 ... 131
TabeOe 6: Primäre und supplementäre Merkmale von parlamentarischen
und präsidentiellen Regierungssystemen ....................................... 156
TabeOe 7: Parlamentarische, präsidentielle und hybride
Regierungsformen in sechsunddreißig Ländern ........................... 173
TabeOe 8: Versuch einer SWOT- Analyse des heutigen politischen
Systems Schweiz .......................................................................... 177
TabeOe 9: Meilensteine der Staatsleitungs-und Volksrechtsreformen der
Bundesverfassung ......................................................................... 181
TabeOe 10: Auszug der im Bundeshaus durch die wild cards vertretenen
Interessengruppierungen ............................................................... 207
TabeOe 11: Zweckartikel aller Bundesratsparteien inkl. GLP ......................... 216
TabeOe 12: Gegenseitige Erwartungen und Abhängigkeiten .......................... 230
TabeOe 13: Marktanteile der größten Medienkonzeme in der
Deutschschweiz ............................................................................ 233
TabeOe 14: Bundesdepartemente ..................................................................... 245
TabeOe 15: Dimensionen der föderalen Finaozautonomie an
ausgewählten Ländern .................................................................. 273
TabeOe 16: Anzahl Volksinitiativen und Referenden seit 1848 ...................... 284
TabeOe 17: Argomentstionslinien Mi1izparlament vs. Berufsparlament ......... 293
TabeOe 18: Hybrid V bei Volkswahl des Bundesrates .................................... 300
TabeOe 19: Botschaft des Bundesrates. Vor-und Nachteile einer
Volkswahl des Bundesrates .......................................................... 301
1 Einleitung
Die Schweiz im Allgemeinen und die schweizerische Politik im Besonderen ma
chen unruhige Zeiten durch. Außenpolitisch ist die Schweiz unter enormem
Druck im Nachgang der globalen Finanzkrisen Ende der letzten Dekade und der
darauf folgenden SchuIden- und Währungskrisen. Exemplarisch seien hier die
faktische Abschaffung des Bankgeheimnisses sowie der geforderte automatische
Bankkuudendatenaustausch genannt, welcher zwischenzeitlich mit den USA fak
tisch installiert wurde. Andere bereits mit Drittstaaten ausgehandelte Doppel
besteuerungsabkommen wurden in einzeluen Nachbarstaaten der Schweiz jedoch
nicht akzeptiert. Der Finanzplatz Schweiz ist permanenter Kritik ausgesetzt und
die Politik müsste unter großem internationalen Druck zeitnah handelu können.
Doch gerade auf rasches Handelu ist das System Schweiz nicht ausgelegt. Damit
isoliert sich der helvetische Kleinstaat aber immer mehr. Zum Ende des Jahres
2010 gab der luxemburgische Premierminister und vormalige Vorsitzende der
Euro-Gruppe, Jean-Claude Juncker, der deutschen ZEIT ein Interview, in weI
chem er den möglichst raschen Beitritt der Schweiz zur Europäischen Union EU
befürwortete:
,,Es bleibt ein geostrategisches Unding, dass wir diesen weißen Fleck auf der euro
päischen Landkarte haben. [ ... ] Die Schweiz ist ohne Zweifel ein europäisches
Kern1and. Was um sie herum passiert, betriffi die Schweiz, direkt oder indirekt. Vie
les, von dem die Schweizer denken, es sei ureidgenössisches Denken, ist auch in
europäischen Landstrichen vertreten. Ein EU-Beitritt würde die Schweiz stabilisie
ren [ ... ]"1.
Dass ein Nicht-Schweizer die Stabilität derselben in Frage stellte, war ein verba
ler Fauxpas, der denn auch umgehend entsprechende Reaktionen und Protestno
ten auslöste. Insbesondere der rechtspopuIistische Flügel der Schweizerischen
Volkspartei SVP fühlte sich berufen, auf den eben zitierten Artikel in aller
Schärfe zu reagieren. Die Schweiz verliert zusehends die Möglichkeiten und Fä
higkeiten, aufbilatera1em Wege mit der EU zu kooperieren. Auch eine Mitglied-
Interview on1ine unter: http://www.zeit.deI2010/51/CB-Interview-Juncker (20.01.2011).
M. Koch, Führung durch Nichtführung am Beispiel der Schweiz,
DOI 10.1007/978-3-658-03404-7_1, © Springer Fachmedien Wiesbaden 2013
Description:Die Schweiz gilt als demokratisches Lehrmodell der politischen Egalität und ausgeprägten Mitspracherechte des Stimmvolkes. Ursprünglich während Jahrzehnten durch eine kollegiale Einparteienregierung geführt, wurde diese erst im Laufe der Zeit zu einer relativ stabilen konkordanten Mehrparteienr