Table Of ContentFrühmittelalterliche Ohrringe
mit vier Blechbeeren in Nord-,
Mittel- und Südosteuropa
Eine Fallstudie zur Entstehung des großmährischen
Prachtschmucks
Šimon Ungerman
Archäologisches Institut
der Akademie der Wissenschaften
der Tschechischen Republik, Brno
Frühmittelalterliche Ohrringe mit vier Blechbeeren in Nord-, Mittel- und Südosteuropa
Eine Fallstudie zur Entstehung des großmährischen Prachtschmucks
Šimon Ungerman
SPISY ARCHEOLOGICKÉHO ÚSTAVU AV ČR BRNO 69
Verantwortlicher Redakteur
Lumír Poláček
Chefredakteurin
Šárka Krupičková
PROJET MORAVIA MAGNA
sous le patronage de
UNION ACADÉMIQUE INTERNATIONALE
BRUXELLES
UNION INTERNATIONALE DES SCIENCES PRÉHISTORIQUES
ET PROTOHISTORIQUES
(C.I.P.S.H. - U.N.E.S.C.O)
ISSN 1804-1345
Frühmittelalterliche Ohrringe
mit vier Blechbeeren in Nord-,
Mittel- und Südosteuropa
Eine Fallstudie zur Entstehung des großmährischen Prachtschmucks
Šimon Ungerman
Archäologisches Institut der Akademie der Wissenschaften der Tschechischen Republik, Brno
Brno 2021
Vorbereitet und gedruckt mit Unterstützung der Grantagentur der Tschechischen Republik,
Projekt-Nr. GA17-01878S „Lebensstil und Identität der großmährischen Aristokratie:
archäologische und bioarchäologische Analyse von Belegen der höchsten Eliten in Mikulčice“
und der Akademie der Wissenschaften der Tschechischen Republik sowie mit institutionellen
Mitteln für langfristige konzeptionelle Entwicklung der Forschungsorganisation RVO: 68081758.
Begutachtet von
Dr. Vesna Bikić, Dr. Kristina N. Rauh und Ádám Bollók, PhD
© 2021 Archäologisches Institut der Akademie der Wissenschaften der Tschechischen Republik, Brno, v. v. i.
© 2021 Šimon Ungerman
ISBN 978-80-7524-048-4
ISSN 1804-1345
Dem Andenken meiner Mutter Věra Ungermanová (1948–2018)
Inhalt
Vorwort ............................................................................................ 9
1 Einleitung .................................................................................... 13
2 Ohrringe mit vier Blechbeeren auf dem Gebiet Großmährens .......................... 15
2.1 Typologie ..................................................................................... 21
2.1.1 Variante A ..................................................................... 24
2.1.2 Variante B ..................................................................... 25
2.1.3 Variante C ..................................................................... 26
2.1.4 Variante D ..................................................................... 27
2.1.5 Variante E ..................................................................... 29
2.1.6 Variante F ...................................................................... 30
2.1.7 Variante G ..................................................................... 31
2.1.8 Variante H ..................................................................... 32
2.1.9 Variante I ...................................................................... 32
2.2 Gegossene Imitationen ...................................................................... 34
2.3 Auswertung .................................................................................. 36
2.3.1 Formen und Varianten ....................................................... 36
2.3.2 Größe .......................................................................... 36
2.3.3 Materialien vs. Zierelemente ................................................. 38
2.4 Chronologie .................................................................................. 44
2.4.1 Varianten A bis E ............................................................. 44
2.4.2 Variante F ...................................................................... 53
2.4.3 Variante G ..................................................................... 55
2.4.4 Variante H ..................................................................... 56
2.4.5 Variante I ...................................................................... 58
2.4.6 Die größte untere Blechbeere ................................................ 60
2.5 Ansichten über den Ursprung der großmährischen Ohrringe mit vier Blechbeeren .. 61
3 Vorkommen vierbeeriger Ohrringe in weiteren Teilen Europas ......................... 65
3.1 Der „nördliche Bereich“: Polen, Deutschland und Skandinavien ....................... 65
3.1.1 Typ Świątki .................................................................... 65
3.1.2 Andere Ohrringe mit vier oder fünf Blechbeeren in Polen ............... 72
3.2 Karpatenbecken .............................................................................. 76
3.3 Ostalpenraum (Slowenien und Kärnten) .................................................. 82
3.4 Balkan ........................................................................................ 85
3.4.1 Kroatien ....................................................................... 85
3.4.2 Bosnien und Herzegowina ................................................... 96
3.4.3 Serbien ......................................................................... 98
3.4.4 Kosovo ....................................................................... 101
3.4.5 Rumänien ................................................................... 103
3.4.6 Bulgarien .................................................................... 105
3.4.7 Nordmazedonien ........................................................... 110
3.4.8 Albanien ..................................................................... 111
3.4.9 Griechenland ................................................................ 112
3.4.10 Gegossene Ohrringe mit vier Kugeln ..................................... 116
3.4.11 Frühmittelalterlicher Balkan und Byzanz ................................. 122
3.5 Regionalbereiche ........................................................................... 126
4 Entstehung und Entwicklung der vierbeerigen Ohrringe ............................... 131
4.1 Die ältesten belegten Exemplare ........................................................... 131
4.2 Einschränkungen durch den Charaker der Quellenbasis ............................... 132
4.3 Entstehungsort .............................................................................. 134
4.4 Herkunft und Verbreitung der einzelnen Varianten ..................................... 137
4.4.1 Ohrringe mit Blechbeeren mit granulierten geometrischen
Motiven (vgl. Varianten A, B und D) ...................................... 138
4.4.2 Ohrringe mit Blechbeeren, die mit grober Granulation
verziert sind (vgl. Variante C ) ............................................. 138
4.4.3 Ohrringe mit filigrandrahtüberdeckter Blechbeerennaht
(vgl. Variante E) ............................................................. 139
4.4.4 Ohrringe mit konischem Zwischenglied (vgl. Variante F ) .............. 141
4.4.5 Ohrringe mit einem Zierelement aus Draht unter
der untersten Blechbeere (vgl. Variante G) ............................... 141
4.4.6 Ohrringe mit Lunula (vgl. Variante H) .................................... 143
4.4.7 Unverzierte oder einfach ausgeführte Bronzeohrringe (vgl. Variante I) 143
4.5 Einige methodische Probleme der Schmuckanalyse ..................................... 145
5 Schlussbetrachtungen ...................................................................... 149
Resumé .......................................................................................... 155
Literatur ......................................................................................... 165
Vorwort
In der frühmittelalterlichen Archäologie ist es nicht eben üblich, einem ein-
zigen Schmucktyp oder einer eng definierten Schmuckgruppe eine ganze Mono-
graphie zu widmen. Die vorliegende Arbeit war anfangs auch nicht so konzipiert.
Im Rahmen eines Grantprojekts des Archäologischen Instituts der Akademie der
Wissenschaften der Tschechischen Republik Brno über die großmährischen Eli-
ten hatte ich mich zur Bearbeitung der Ohrringe mit Blechbeeren aus Mikulčice
verpflichtet. Die Exemplare einer Ohrringsorte von nur einem Fundort bilden je-
doch – selbst von einer außerordentlich lange und intensiv erforschten Agglome-
ration wie Mikulčice – nur eine relativ kleine und typologisch ziemlich heterogene
Kollektion. Die typologische und chronologische Auswertung hätte sich in erster
Linie auf ältere Arbeiten über den großmährischen Schmuck gründen müssen,
was nicht sonderlich viele neue Ergebnisse erwarten ließ. Daher gab ich der Stu-
die einen anderen Zuschnitt. Die Materialaufnahme erweiterte ich von Mikulčice
auf die gesamte ehemalige Tschechoslowakei und das heutige Niederösterreich,
erfasste hierbei jedoch nur die vierbeerigen Ohrringe, nicht aber die anderen Ohr-
ringtypen mit Blechbeeren.
Ausgehend von meiner Arbeit über die Prachtfingerringe (Ungerman 2017)
hatte das Problem der Entstehung des großmährischen Prachtschmucks mein be-
sonderes Interesse geweckt – eine Frage, mit der sich zuletzt B. Dostál (1965) in
einer komplexen Analyse beschäftigt hatte und die später nur noch eher beiläu-
fig erörtert wurde. Gerade die Provenienzfrage galt es bei der Bearbeitung der
großmährischen Ohrringe mit vier Blechbeeren besonders zu beachten – vor dem
Hintergrund der Erkenntnis, dass dieser Schmucktyp in anderen Teilen Europas
relativ häufig auftritt (öfter als viele andere Schmucksorten Großmährens) und es
somit genügend Vergleichsmaterial für die großmährischen Fundstücke gibt. Der
geographische Rahmen für einen solchen Vergleich musste entsprechend weit ge-
steckt werden – von Südskandinavien bis Kreta, von den Grenze des Fränkischen
Reiches im Westen bis an die Grenze der früheren Sowjetunion und der Türkei
im Osten. Die Studie sollte ursprünglich in der Zeitschrift Památky archeologické
erscheinen, erreichte aber schließlich einen derart großen Umfang, dass entschie-
den wurde, sie als Monographie zu veröffentlichen.
Arbeiten über Schmuck auf überregionaler Ebene stellen jeden Forscher vor
beträchtliche Hindernisse und Herausforderungen; sie bestanden für mich nicht
zuletzt in einer mitunter schwierigen Zugänglichkeit ausländischer Literatur, die
zudem in verschiedenen slawischen und nichtslawischen Sprachen verfasst ist.
Obwohl Schmuck unter den archäologischen Hinterlassenschaften des frühen