Table Of ContentAJtu TTl FOl'SlZOOJ. J. VI.
---n~-r-n __- -------------------------~
Das ElelL und. seille Waldfrevel.
(Siehe Seite 300)
FORSTZOOLOGIE
von
Dr. Bernard A.ltum,
Profeasor der Zoologie an der Konig!. Forstakademie zu Neustadt-Eberswalde und Dirigent
der zoologischen Abtheilung des forstlichen Versuchswesens in Prenssen.
1.
Sa ugethiere.
Z-weite verbesserte und vern:1.ehrte Aufiage.
Mit 120, fast sammtUch Origina.l-Figuren in Holzschnitt und 6 Uthographirten Tafeln.
Springer-Verlag Berlin Heidelberg GmbH
ISBN 978-3-642-49612-7 ISBN 978-3-642-49904-3 (eBook)
DOI 10.1007/978-3-642-49904-3
"Dem Forstmann 1IIUSS der .Tiiger
unterthiinig sein; eine Bescholligung des
umgekehrten Ve,·hiiltnisses kann es fur
ihn nicht geben."
Wiese.
(Grunert's Forst!. Blatter 1868.)
Dem Andenken
seines Vorgangers irn Arnte, des verstorbenen
Geheimen Regierung's -Rathes Herrn Professors
Dr. J. T. C. Ratzeburg,
Ritter pp.
Pietat und Dankbarkeit gewidmet
III
vom Verfasser.
Vorrede
zur ersten Aufl.age.
Del' Zoo loge kann die Thierwelt von zwei versehiedellen Stand
pUllkten, yom rein wissensehaftliehen und vom praktisehen, behandeln.
Die rein wissensehaftliehe Zoologie hat es nul' mit del' BehandlulIg
del' Thiere an sieh, also mit del' auf Gestalt und Bau begrii.ndeten
systematisehen Darstellullg zu thun, und sie lost ihre Aufgabe, wellll
sie das 'l'hier in seiner iiusseren Erseheinung uud in seillen anatomi
sehen und histologisehell Verhiiltnissen, sowie in seiner Entwieke
lUllgsgesehiehte zum Ausdrneke bringt. Fiir die praktisehe odeI' all
gewandte Zoologie abel' milssen die Beziehungen des 'rhierreiehes
zu der aUSSf'r ihm stehenden Natur, es miissen seine iiusserell Lebells
verhaltnissc, sein Wirken im Naturhaushalte vorzugsweise ins Auge
gefasst werden. Dahin gehort z. B. die medieinisehe, die landwirth
sehaftliehe, die Jagd-, die Fol'stzoologie. Aueh fiir diese muss die
wisscllsehaftliehe Zoologie un tel' allen Umstandell die Grundlage bilden,
von del' aus die speeielle praktisehe Seite besondel's hel'vol'zuheben ist.
Die Forstzoologie hat delllnaeh eine doppelte Aufgabe. Sie
muss zunaehst eine Zoologic sein. Del' betreffendc, den Fol'stmanlJ
als solehen illtel'essirende winzige Bruehtheil des gesammten ver
wand ten Thiel'reiehes darf demnaeh nieM in einzelnen abgel'issenell
Erseheinungen behandelt, sondern muss als 'l'heil des Ganzen auf
gefasst und dargestellt werden. Will el' nur ill etwa zum l'iehtigen
Vel'standniss del' systematiseheu Stellung, welehe seine 'l'hiel'e in
clem l'eiehen vielgliedl'igen Bau des Systemes eiunehmell, gelangen
und sie nieht ohne Einfilgung in das grosse Ganze entgegellllehmCll,
so ist eine, wenn aueh noeh so kul'ze Bel'iihrung del' fl'emden Fauna
unerlasslieh. Ein elltgegengesetztes Vel'fahl'ell wiirde »Fol'stthiel'e« dar
stellen konnen, es wiirde aber kf'ine »ForstzooJogie« sein. Ratzeburg
VI Vorrede.
hatte deshalh allen Grund sein ~Werk: »Die Waldverderber« nicht
Forstzoologie, oder seine »Forstinsecten« nicht Forstentomologie zu
nennen. Eine Forstzoologie zu schreiben, hat er nie beabsichtigt.
- Die Forstzoologie muss abel' zweitens die betreffende angewandte,
die praktische Seite, besonders hervorheben, sie muss eben eine
Forstzoologie sein. Diejenigen Thiere, welche zum Forste in Be
ziehung treten, miissen eingehender behandelt, ihre Lcbensweise
muss eben nach dieser Beziehung vorzugsweise beriicksichtigt werden .
.Jede andere ausfiihrliche Behandlung liegt ausserhalb del' Anfgabe.
Wie ferner der Forst vom Walde unterschieden ist, so muss slch auch
eine Forstzoologie von einer Darstellung del' »Thiere des Waldes«
unterscheiden. - Fiir die neueren »forstzoologischen« W erke von
Sen ft und 0 pel scheinen andere Grundsatze massgebelld gewesen
zu sem.
Beiden Aufgaben habe ich gerecht zu werden versucht. Was
tlie forstlichc Seite mciner Arbeit betrifft, so stiitzc ich mich zunachst
auf meine eigenell, etwa dreissigjahrigen Erfahrungen und Dcobach
tungen in del' freien Natur und auf die von bewahrten Kenll'ern
mir direct gemachten Mittheilungen, fih welche ich mich zum inlligsten
Danke verpflichtet weiss. Dann abel' ist seit einer lallgen Reihe
von .Jahren in der forstlichen Literatur eine Menge von einschlagigen
Beobachtungen niedergelegt, welche ZUlll grossen Theil bis jetzt noch
nlcht gesamll1elt, gesichtet und in ihrer slch oft erganzenden Mannig
faltigkeit zusanllnengestellt sind. Fur die Saugethiere ist VOll forst
zoologischer Seite sehr wenig, fiir Vogel fast nichts geschehen. Fiir
die 1nsecten hat allerdings Ratzeburg sehr Vieles geleistet, und sein
grosseres Werk iiber die Forstinsecten allein kann, obgleich es vieles
Neue von W ichtigkeit nicht enthalt, den praktischen Bediirfnissen
des Forstmannes in den meisten Fallen geniigen. Leider ist es zur
Anschaffung fiir unbemittelte Forstbeamte zu kostspielig.
1ch mochte daher mit einer Forstzoologie in bescheidenerem
Gewande auftreten, welche durch nicht zu hohen Preis den meisten
Forstbeamten die Anschaffullg llloglich macht. Sie wird in drei
selbststandigen Theilen die drei fii.r den Forstmann wichtigen Thier
classen: Sauget hie re, V 0 gel, I nse eten behalldeln. Zur Er
liiuterung des BaueR wie der forstlichen vVirkungsweise der betreffell
den Thiere, nicht aber zur Ausstattung des Werkes fiir den Salolltisch,
werden natnrgetreue Holzschnitte diel1en. Der erste Theil, Sa ug e-
Vorrede. VII
thiere, liegt VOl', una ieh kann auf das hier Gehotene verweisell.
Abgesehen von IG Blasins'schen Figurell sind s~iJ1lmtliche iihrigen
Holzschnitte llach meinell Originalzeichnullgell von den Herren
Ge hr. Simeon (xylographisch-artistische Anstalt in Braunschweig)
neu allgefertigt.
Ueber die Auwendullg der wissellschaftlichen N omenclatur
ill diesem Werke eine Bemerkung. Belmnntlich ist seit Linne das
zoologische Material so riesig angeschwollen, dass seine Genera
Hingst zu Familiell erhohen sind, die Mufig in Unterfamilien, jeden
falls in zahlreiche Genera zerfallen. Dieser Ausbau des alten Sy
stemes ist !tus wahrem wissenschaftlichell Bediirfnisse hervorgegangen
und hat sOl1lit, abgesehen von einzelnen Ahirrungen, seine volle
wissenschaftliche Berechtigung. Die Wissenschaft hat in diesem
Verfahren ihrell Fortschritt fixirt und grossere Klarheit und Ueber
sichtlichkeit in die Formenmenge getragell. Diese Berechtigung also
ist unalltastbar, wo es sich urn solche Forl1lenmellgen, um ein reiches
Material, etwa um die Fauna del' ganzen Erde oder eines Welttheiles,
oaer auch um eine sehr formenreiche Gruppe irgend eines Landes
hanclclt. Ist das aher nicht del' Fall, hehandeln wir etwa nul' die
an Arten arme Fauna eines beschranktell Gebietes, oder aher, zieht
eine fremde Wissenschaft, z. B. die Forstwissenschaft, nur einzelne
fUr sie wichtige Thiere mit in ihr Gebiet hinein, so rant damit von
selbst del' Grund zur Vieltheilung des Stoffes fort und es reichell
dann die alten Gattungen nicht bIos vollstandig aus, sondern sie
erfiillen den Zweck weit besser, als die vielen Untergattungsl1amen.
Es wird schwer halten, mir einen besonderen Vortheil davon nach
zuweisen, wenn ich z. B. die in diesem Bande behalldelten fiillf
Hirscharten, welche allerdings £li.nf verschiedene Hirschforl1len re
prasentiren, mit fiinf verschiedellen Gattullgsnamen belegt hatte.
"Qui bene dividit, bene docet." Das Bene ist bei zahlreichen Formen u. lL.
das lrluiturn, bei wenigen das Par-urn. Jedoch lasst sich, was rnulturn,
was par-urn, was ii.berhaupt bene ist, nicht stets mit del' Elle am
Register abgemessen; es muss, zumal bei al1gewandter Zoologie, wohl
mal weniger gemessen, als vielmehr gewogen werden. Aus diesel1l
Grullde habe ich z. B. fiir die heiden Hauptverschiedenheiten unserer
einheimischen l1lauseartigen Thiere llicht hlos die Gattul1gen Mus
und Ar-vicola, sondern die scharfer trennellae Kategorie der Familie
unbedellklich aufgenommen. Ferner: Wer un sere so einheitlich ge-
VIII Vorrede.
bauten Fledermause in der freien Natur anfmerksam betrachtet, winl
ebenfal1s zwei Rauptunterschiede in ihrclll Leben erkennen. Diese
habe ich durch die Eil1theilung clerselben in Schmal- und Breitfliigler
zum Ausdrueke zu bringen geRucht, sammtliehe Arten jedoch Imter
" Vesper·tilio" aufgefuhrt. Dieses Verfahren griil1det sich auf ein Ab
wagen der in der freien Natur auftretenden Differellzen der Artell.
Synonyme sind nUl" da erwahnt, wo sie irgend eine auffiillige
Form einer Art be",eichne11. In del' Regel ist jede Art nnter einem
be~till1mtell Namen, ('twa clem von Linne, Pallas, Schreber, illr Oei
gelegten Namen, allgemein helmllnt. Nul' diesel' ist angewendet.
Es wiir(' iibcrhaupt zn wiinsehe11, wenn solehe Synonynw, welche
ihre Entstehung keiner ernstcn Forsehung, sondern del' Ullkellntniss,
dem Missverstiindnisse und unwissel1schaftliehen Verfahren verdanken,
auf i1l1ll1er begraben wurden.
Unter diesen Vorbemerkungell l'lbergebe ieh hiermit dem forst
lichen Pn bliknm dies en ersten 'rheil meiner forstzoologisehen Arbeit,
fur deren zweekmlissige und reiehe Ausstattung der Herr Verleger
keine Kosten geseheut hat, und brauehe ieh woh 1 nieht die Ver
sicherung ausdriieklieh hervorzuheben, dass mieh jede wohl wollende
Bemerkung zu innigem Dal1ke verpfliehten wird.
N eustadt-Eberswalde, den 22. Marz 1872.
Altum.
Vorrede
zur zweiten Auflage.
Unmittelbar nach der Ausgabe des letzten Theiles dieses Werkes
stellte sich schon das Bediirfniss einer zweiten Auflage seines ersten,
vor vier ,1ahren erschienenen Bandes heraus. In diesel' Zwischell
zeit hat sich das einschIagige Material weselltlich vermehrt. Oem
grossen Interesse, welches das forstliche Puhlikum an einer forst
lichen Behalldlullg del' 'rhierwelt gellommen, seiuer, gar oft dureh
Vorreue. IX
Opfcrfreudigkeit getragenen Mitwirkung, meiner bevorzugten Stel
lung im Mittelpunkte des forstlichen Versuchswesens fiir Preussen,
sowie vielfacher 'l'heilnahme an grosseren und kleinereu forstlicheu
Excursionen und Forstversammlungen, verschiedenen Heisen und
wiederholten Besucheu fremder Sammlungen, verdanke ich den
grossten 'rheil dieses neuen Materiales. Auf Grund desselben konnten
flinzelne, VOl' vier Jahren noch herrschende Ullklarheiten gehoben,
manche Erorterungen iiber die forstliche Bedeutung unserer Thier
welt bedeutend erweitert odeI' scharfer gefasst, an zahlreichen Stellen
klein ere Zusatze eingefiigt werden: Als ganzlich neues Capital darf
ich wohl den dureh funf Tafeln illustrirten Anhang iiber die Sauge
thierfiihrten bezeichnen.
Ueber die Auswahl del' Erweiterungen war mil' nicht so sehr
die Stimme eines oder anderen gelehrten Recensenten, als vielmehr
die Stimme des Forstmannes elltscheidcnd. Dasjenige, was von del'
Thierwelt mit ungeheurem Gewichte an den Forstmanll herantritt,
i"t die biologisehe Seite. H ullderte von Anfragen, Zuschriftcll,
Sendullgen, welche ich von Forstlellten aller Grade erhalten, haben
mil' einen tieferen Blick in ihre Iuteressell verschafft, als die Redclls
arten von »Wissenschaft « seitens schmahsiichtiger Kritiker. Fur
mich gibt cs fur die Behalidlung del' Thierwelt eine zweifache
wissenschaftliche Seite. Wissenschaftlieh ist ohne Zweifel die genaue
Untersuchnng z. B. del' Zahnbeschaffenheit unserer Mause und die
darnach aufgestellte Diagnose del' einzelnen Species. Die Grunde,
warum eine ahnliche Untersuchung des Frasses del'selben und die
dal'llach entworfene Diagnose del' betreffenden Aden weniger wissen
sehaftlich sein soIl, sind mil' noeh nicht bekannt. Diese beiden
Seiten gehoren nul' einem verschiedenen Untersuchnngsfelde an. Es
scheillt mil' zuweilen, dass die Stubengelehrsamkeit die Schatzung
del' A l'beit in del' freien Natur ungebiihrlich herabdriickte. lch
will kein besollderes Gewieht darauf legen, dass die Aneignung del'
Kenntniss del' todten Cabinetthiere unvergleiehlich leichter ist als die
del' draussen lebenden und wirkenden. Allein, wenn man die 13e
zeichnung » Wissenschaft« llieht einseitig begrenzt, so hat die eine
wie die andere darauf Anspruch. Was abel' den Forstmann VOll
beiden am tiefsten bel'iihl't, iibel'lasse ich seinem Urtheile. So hat
denn aneh unsere akademische zoologische Sammlung als Substrat
des Unterrichtes eine biologisehe Abtheilung aufzuweisen, wie ieh