Table Of ContentRoB . Forschungsstrategien
Dieter RoB 
Forschungsstrategien 
Ziele setzen - Entscheiden - Fuhren 
GABLER
Prof. Dr. Dieter RoB ist Honorarprofessor an der Universimt Marburg sowie Unterneh 
mensberater, insbesondere in Fragen der Forschungsstrategie und -organisation. 
Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme 
Ron, Dieter: 
Forschungsstrategien : Ziele setzen -entscheiden -fUhren 
I Dieter R6B. -Wiesbaden : Gabler, 1993 
ISBN 978-3-409-13484-2  ISBN 978-3-322-87511-2 (eBook) 
DOl 10.1007/978-3-322-87511-2 
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und Auslieferung unserer BUcher wollen wir die Umwelt schonen: Dieses Buch ist auf siiurefreiem 
und chlorfrei gebleichtem Papier gedruckt. 
Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw.  in  diesem 
Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annabme, daB soIche Namen 
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daber von jedermann benutzt werden dUrften. 
ISBN 978-3-409-13484-2
Vorwort 
Dieses Buch ist ein Beitrag zu der Frage, wie man am besten in einer sich standig andemden 
Welt langfristig orientiert handelt. Die Antwort wird fur die Angewandte Forschung in einern 
evolutionistischen Rahmen entwickelt, der Raum fur die Unsicherheit bei dem hier notwendi 
gen Zeitraum von Dekaden laBt und dabei doch eine konsistente Uberstruktur des Denkens 
und Handelns liefert. 
Der reale Mensch steht im Mittelpunkt. Paradigmen ublichen Verhaltens werden diskutiert, 
Grenzen traditioneller Mitarbeiterfiihrung analysiert und die maximale Nutzung des Verstan 
despotentials als die einzig sinnvolle Entwicklungsoption fur ein traditionelles Industrieland 
beschrieben. 
Die behandelten Themen gehen uber den Bereich der Forschung hinaus, betreffen auch Unter 
nehmensstrategie und  langfristiges  politisches Handeln,  z.B.  im Rahmen  einer  staatlichen 
Technologiepolitik. 
Die Kollegen Dieter Fick und Friedrich Hensel gaben den AnstoB, mich mit Fragen, die mir aus 
langjiihriger Industrietiitigkeit praktisch vertraut waren, intensiver im Rahmen einer Lehrtiitig 
keit auseinanderzusetzen. Dafiir danke ich ihnen sehr herzlich. Meinen Studenten und den Ho 
rem meiner Seminare in der Industrie danke ich fur die zahlreichen Anregungen, die ich im Ge 
spriich mit ihnen erhielt, den Mitarbeitem des Gabler- Verlags fur die Hilfe bei der Veroffentli 
chung. Meiner Frau Doris schulde ich besonderen Dank fur die Liebe und Geduld, mit der sie 
die Entstehung dieses Manuskripts begleitete. 
Dieter RoB 
v
Inhaltsverzeichnis 
1.  Einleitung: Forschungs-Management am Scheideweg? ......................................... 1 
2.  Langfristig orientiert handeln ................................................................................... 5 
2.1.  Grundproblem ............................................................................................... 5 
2.2.  Zeithorizont .................................................................................................. 6 
2.3.  Klassisches Vorgehen bei Strategischem Handeln im Operativen Bereich ....... 7 
2.4.  Braucht jede Forschungsgruppe eine Forschungsstrategie? ............................ 7 
2.5.  Paradigmen und die Grenzen der Prognostizierbarkeit ................................... 9 
2.6.  Das traditionelle physikalische Weltbild und seine Ausstrahlung in die 
Managementlehre .......................................................................................... 12 
2.7.  Wie entscheidet der Mensch? ........................................................................ 13 
3.  Entscheidungsprozesse bei einem Forschungsprojekt ............................................. 15 
3.1.  Planung und realer Ablauf ............................................................................. 15 
3.2.  Zwang zur Entscheidung ............................................................................... 18 
3.3.  Langfristiges Handeln als "komplexes System" .............................................. 19 
4.  Das Paradigma der Pyramide ................................................................................... 21 
4. 1.  Organisationspyramide .................................................................................. 21 
4.2.  Paradigmatische Wirkung ............................................................... '" ............ 22 
4.3.  Organisationsformen in Grol3finnen ............................................................... 25 
4.4.  Planwirtschaft und die Grenzen einer Pyramide .............................................. 27 
4.5.  Struktur und Fiihrung in sehr grol3en Organisationen ..................................... 29 
4.6.  Die Struktur der japanischen "Gruppen" ........................................................ 31 
4.7.  Offene und geschlossene Gesellschaft ............................................................ 33 
5.  Das Paradigma der Evolution ................................................................................... 36 
5.1.  Das klassische Problem: Sinn oder Zufall? ..................................................... 36 
5.2.  Evolutionstheorie .......................................................................................... 37 
5.3.  Weltwirtschaft in Analogie zum Biosystem; Selbstahnlichkeit des 
Paradigmas .................................................................................................... 38 
5.4.  Wichtige und iibertragbare Erkenntnisse der Evolutionstheorie ...................... 40 
5.4.1.  Grundregeln der Evolution im Biosystem ........................................ 40 
5.4.2.  Voraussetzungen fur allgemeine, unbegrenzt evolutionsfahige 
Systeme .......................................................................................... 44 
5.4.3.  Bedingungen fur optimale Evolution ............................................... 45 
5.5.  Evolution in der Wirtschaft ............................................................................ 46 
5.5.1.  Evolutionsregeln allgemeiner komplexer Systeme ............................ 46 
5.5.2.  Evolution einer Branche unter Konkurrenz ...................................... 48 
5.5.3.  Innovation als Analogie zur Mutation .............................................. 49 
5.6.  Besondere Eigenschaften evolutionarer Systeme ............................................ 51 
5.7.  Der fur Selektion notwendige Innovationsvorteil ........................................... 53 
5.8.  Nachhilfe bei geringem Innovationsvorteil ..................................................... 54 
5.9.  Kann man Ziele einer Evolution setzen? ......................................................... 55 
5.10. Steuerung der Evolution; Selbstorganisation .................................................. 56 
5.11. Infonnationskapazitat im Laufe der biologischen Evolution ........................... 57 
5.12. Schnelle Innovation; Analogie Forschung! Biologie ....................................... 59 
VII
6.  Wann ist eine Fonchungs-Innovation fUr das Unternehmen relevant? ................ 62 
6.1.  Bezugspunkt im Unternehrnen ....................................................................... 62 
6.2.  Zeithorizontl Wachstuml Strukturanderung ................................................... 63 
6.3.  Was ist strategisch relevant? .......................................................................... 64 
6.4.  Bewertung der Forschung ............................................................................. 65 
7.  Strategie ..................................................................................................................... 67 
7.1.  Strategisches und opportunistisches Handeln ................................................. 67 
7.2.  K1assisches Vorgehen bei strategischem Handeln ........................................... 68 
7.3.  Die Entwicklung des strategischen Prozesses seit 1945 .................................. 71 
7.4.  Strategie a1s Weg zum Ausschalten des Gegners ............................................ 73 
7.4.1.  Null-Summen-Spiel ....................................................................... 73 
7.4.2.  K1assiker der Strategie: SUN TZU und MUSASm ......................... 73 
7.4.2.1.  Sun Tzu ............................................................................ 74 
7.4.2.2.  Musashi ............................................................................ 77 
7.4.3.  Wie ernst ist die Analogie zur Strategie der Kriegfiihrung zu 
nehmen? ......................................................................................... 81 
7.5.  Orientierung des heutigen Handelns an der Antizipation der Zukunft ............. 82 
7.5.1.  Strategie a1s Planung aus der Gegenwart heraus .............................. 82 
7.5.2.  Strategie einer optimalen, langfiistigen Evolution ............................ 82 
7.6.  Hierarchie von Strategien .............................................................................. 84 
7.6.1.  Zeitliche und strukturelle Hierarchie in einem Konzemteil ............... 84 
7.6.2.  Zuordnung der Forschungsziele im Gesamtkonzem ......................... 85 
7.7.  Berucksichtigung des Gegners ....................................................................... 86 
8.  Spieltheorie und Strategie ......................................................................................... 88 
8.1.  Spieltheorie ................................................................................................... 88 
8.2.  Spiele unterschiedlicher Ordnung ................................................................... 89 
8.3.  Spiele hOhererKomplexitat ........................................................................... 90 
8.4.  Zusammenfassung ......................................................................................... 94 
8.5.  Spezmsche, einfache Strategien ..................................................................... 96 
8.5.1.  Economy of Scale (EOS) ................................................................ 96 
8.5.2.  Orientierung am Vorbild .................................................................. 98 
9.  Lernkurvenstrategie .................................................................................................. 100 
9.1.  Erfahrungskurven, Lemkurven ...................................................................... 100 
9.2.  Theoretische Lemkurve ................................................................................. 103 
9.3.  Prinzip der Lemkurvenstrategie ..................................................................... 105 
9.4.  Lemkurvenstrategie mit wachsender Rendite ................................................. 107 
9.5.  Sind die Prinzipuberlegungen zur Lemkurvenstrategie realistisch? ................. 109 
9.6.  Wie packt man eine Lemkurvenanalyse an? ................................................... 111 
9.7.  Was ist relevant fur die Erfahrung? ................................................................ 114 
9.8.  Was unterscheidet Lernkurvenstrategie von Kostensenkung? ......................... 115 
9.9.  Lemkurvenstrategie und Spieltheorie ............................................................. 116 
9.10. Kann man die Lemkurvenstrategie aufbrechen? ............................................. 116 
10. Orientierung, Ziele und Strategien der Fonchung in einem Konzern .................... 119 
10.1. Rolle der Forschung in einem Konzem .......................................................... 119 
10.1.1. Traditionelle Legitimationsargumente fur eine Zentrale 
Forschung ....................................................................................... 119 
10.1.2. Finanzierung Zentraler Forschung .................................................. 121 
VIII
10.1.3. Zentrale Forschung als strategisches Instrument zur Sicherung 
langfristiger Orientierung ................................................................. 122 
10.1.4. Zeitliche Entwicldung des Verstandnisses Zentraler Forschung ....... 123 
10.2. Voraussetzungen fur die Forschung als strategischer Gespriichspartner .......... 125 
10.3. Strategische Orientierung der Forschung im Unternehmen ............................. 127 
10.3.1. Beispiele fur bekannte strategische Unternehmensziele .................... 127 
10.3.2. Hilfskonstruktionen bei Nichterkennbarkeit strategischer 
Langfristziele .................................................................................. 130 
10.3.3. Wo sind groBe Bedtirfuisfelder und groBe alternative 
Betiitigungsfelder? .......................................................................... 131 
11. Pragmatische Denkansatze. ....................................................................................... 137 
11.1. Einfache Fragestellungen ............................................................................... 137 
11.2. Denken in Alternativen .................................................................................. 137 
11.3. Was machen wir, wenn alles funktioniert? ..................................................... 139 
11.4. Gap-Analyse ................................................................................................. 141 
11.5. Grenzdenken ................................................................................................. 142 
11.6. Logische Fallen im PlanungsprozeB ............................................................... 144 
11.7. Leverage ....................................................................................................... 145 
12. Japan: Was ist anders? Was konnen wir davon lernen? ......................................... 149 
12.1. Japan als "Spielmacher" ................................................................................. 149 
12.2. Japan, eine homogene Nation ........................................................................ 149 
12.3. Japan, eine homogene Kultur.. ....................................................................... 150 
12.4. Kulturell bedingte Verhaltensweisen .............................................................. 151 
12.5. Heutige Besonderheiten ................................................................................. 152 
12.6. Verhaltensweisen in Firmen ........................................................................... 152 
12.7. Typisches Firmenverhalten ............................................................................ 153 
12.8. "Japan Corporation" ...................................................................................... 154 
12.9. Quintessenz ................................................................................................... 155 
13. Optimale Nutzung des Humankapitals; Mitarbeitendhrung .................................. 157 
13.1. Mitarbeiterfuhrung im Umbruch .................................................................... 157 
13.2. Die Rolle des Mitarbeiters in den 5 Phasen strategischer Orientierung ............ 157 
13.3. Grundfragen der Menschenfuhrung ................................................................ 159 
13.4. Warum sind die bisherigen Ftihrungstechniken nicht ausreichend? .................. 165 
13.5. Ftihrungsinstrumente zur bestmoglichen Verstandes-Nutzung ....................... 167 
14. Was ist zu tun? .......................................................................................................... 171 
14.1  GroBe, globale Evolutionslinien ..................................................................... 171 
14.1.1  Bevolkerungsexplosion ................................................................... 171 
14.1.2 Erosion des global en Know-how-Vorsprungs ................................. 171 
14.1.3 Der Aufstieg Chinas ........................................................................ 173 
14. 1.4 Die Bedeutung des Lemens............................................................. 174 
14.1.5 Das Wachstum der Komplexitiit ................................  .. ........... 175 
14.2 Optionen der Untemehmen ............................................................................ 177 
14.3  Optionen des Staates ..................................................................................... 178 
14.4 Zielrichtungen der Forschungsstrategie .......................................................... 180 
Stichwortverzeichnis ....................................................................................................... 182 
Literaturverzeichnis ....................................................................................................... 189 
IX
1.  Einleitung: Forschungs- Management am Scheideweg? 
Viele Jahrzehnte lang war das Management von Forschung, ob in der Industrie oder beim 
Staat, relativ problemlos. Man war grundsitzlieh iiberzeugt, daB Forschung gut, notwendig 
und insgesamt lohnend sei und daB die Friiehte der Forschung langfristiger, im Einzelnen nieht 
direkt zu rechtfertigender Natur seien. Der quantitative Aufwand war, wegen seiner im Ver 
gleich zum Gesamtaufwand geringen GroBe, nur insofem ein Thema, als der natiirliche Appetit 
der Forscher auf Wachstum ebenso begrenzt werden muBte,  wie der jeder anderen An 
spruchsgruppe. Das wesentliche Entscheidungsargument fur ein bestimmtes Projekt war Qua 
litiit, gemessen an der Zustimmung der Fachwelt. 
Dies hat sich griindlich geiindert. In den letzten Jahren biirgerte es sich zunehmend ein, daB der 
Staat Aufwendungen fur Forschung im Einzelfall durch planerisch vorzeigbare, wirtschaftliche 
Ergebnisse quantitativ rechtfertigt. In den Untemehmen wurde Forschung zunehmend in das 
Korsett der betriebswirtschaftlichen Methodik gezwiingt und als ein kurzfristig zu beurtei 
lender, in seiner Kosten! Nutzen- Relation zweifelhafter Kostenfaktor betrachtet. Heute wer 
den die yom Staat finanzierten Forschungseinrichtungen durch Budgetkiirzungen einer Hun 
gerkur mit abnehmenden Portionen unterworfen. Untemehmen verkleinem traditionsreiche 
Forschungslaboratorien oder fungieren sie in ihrer Zielsetzung zu Entwicklungslaboratorien 
urn.  Als Konsequenz sehen ganze Jahrgiinge hochqualifizierter Hochschulabsolventen keine 
rechte Zukunftsperspektive mehr. 
Was ist schiefgelaufen? 
Natiirlich sitzt weItweit in den traditionellen Industriestaaten das Geld heute nieht mehr so lok 
ker wie vor 10 oder 20 Jahren. Die zunehmende, globale Konkurrenz macht den Untemehmen 
das Leben schwer. Mit dem steigenden Know-how- Stand in frOheren Entwicklungsliindem 
schrumpft der Bereich industrieller Tiitigkeit,  wo im intemationalen Vergleich hohe Per 
sonalkosten und niedrige Arbeitszeit durch einen eigenen Know-how- Vorsprung kompensiert 
werden konnen.  Der langfristig orientierte Spielraum beim Staat wurde durch ausufemde 
Ausgaben, in Reaktion auf kurzfristig orientierten Interessentendruck und ganz aktuell in der 
Bundesrepuhlik Deutschland (BRD) durch die Kosten der Wiedervereinigung begrenzt 
Sind das aber gute Griinde dafur, in der Forschung primiir die Kosten und ihre moglichst kurz 
fristige Rentabilitiit herauszustellen und langfristig orientierte Industrieforschung iiberhaupt in 
Frage zu stellen?1 
Wird nicht andererseits allgemein dariiber geklagt, daB der Know-how- Vorsprung der klassi 
schen Industrieliinder, insbesondere auch der Bundesrepublik Deutschland, erodiert oder schon 
verloren gegangen ist und daB in Japan als der heute qualitativ und zunehmend auch quantitativ 
fuhrenden Wirtschaftsmacht Untemehmen und Staat mit langfristiger, strategischer Orientie 
rung und mit groBem Aufwand fur Forschung und Entwicklung dabei sind, den Rest der Welt 
in den Wachstumsgebieten abzuhiingen2? 
Das in diesem Zusammenhang in der BRD kritisierte Versagen des Managements kann doch 
nicht darin bestehen, daB man 0,5% des Gesamtaufwands (das sind typischerweise die For 
schungskosten in der Industrie) nicht optimal im quantitativen Sinn eingesetzt hat! 
lz.B. J.J.Gilman "Research Management today" PHYSICS TODAY (Marz 1991) S. 42 und 
"The R&D Dilemma: The High Cost of Cutting Back" Harvard Business School Bulletin (April 1993) S. 34 
2z.B. H.J.Queisser Phys. Blatter 49 (1993) 5 S.385
Es muB also ein qualitative! Problem vorliegen! Es ist nach meiner Meinung drei Quellen zu 
zuordnen: 
•  Den Entscheidungstrigem: 
Mit der Einfiihrung immer weiter verfeinerter Methoden der Informations- Sammlung und 
-Auswertung fUr das tiigJiche Management erschien es konsequent, auch Forschung zu 
nehmend nach den gleichen Methoden quantitativ zu managen. Mangels eigener, fUr die 
Unternehmensfiihrung uberzeugender Konzepte fand dieses oberflachlich einsichtige Be 
streben kaum Widerstand bei den Forschern selbst. Damit verlagerte sich der Schwerpunkt 
von Erwartung und Beurteilung von qualitativen zu quantitativen Kriterien. 
•  Den Politikern 
In der langandauernden Wachstumsphase nach dem 2. Weltkrieg verbreitete sich allgemein 
der Eindruck,  gesellschaftliche  und  technische  Entwicklungen  lieBen  sich  relativ  gut 
vorhersehen und mit Eingriffen "von Oben" steuern. Er wurde in der BRD in der Phase der 
sozialliberalen Koalition verstarkt, aufgrund des in der sozialistischen Tradition wurzelnden 
Glaubens  an  die  Folgerichtigkeit  und  damit  Planbarkeit  historischer  Entwicklungen. 
F orschung und Entwicklung erschienen als geeignete Mittel einer durch relativ wenig Geld 
finanzierbaren Lenkung von Wirtschaft und Gesellschaft in eine erwiinschte Strukturrich 
tung, bei hoher Hebelwirkung (Schliisseltechnologien; Blaupausen-Export). 
•  Den Fonchern 
Sie griffen die sich daraus ergebenden M6gJichkeiten zu zusatzlichem Wachstum ihrer per 
s6nlichen EinfluBsphare und zur Verwirklichung sehr groBer Objekte bereitwillig auf Die 
inzwischen geforderte,  quantitative Begrundung  ihrer  T1itigkeit  mit  voraussichtlichem 
volkswirtschaftlichem oder mittelfristig unternehmensinternem Nutzen auch bei eindeutig 
langfristigen Projekten wurde entweder beiderseitig naiv gegJaubt oder erforderte zunlichst 
ledigJich dialektisches Geschick, da ja bis zur Verifizierung der Planaussagen Zeit war. 
Das konnte nicht gut gehen! Inzwischen ist evident, daB der Staat natOrlich nicht weiB, wel 
che Ergebnisse der von ihm beeinfluBbaren Forschung innerhalb deren Zeithorizont tatslichlich 
volkswirtschaftlich relevant sein werden. In den Unternehmen werden die unter betriebswirt 
schaftlicher Systematisierung des Forschungsmanagements erzielten Resultate der Forschung 
von den Firmenleitungen im allgemeinen nicht enthusiastisch beurteilt. Eher haben sich Zweifel 
eingestellt, ob langfristige Forschung uberhaupt ein Thema fUr Unternehmen ist. 
All dies fUhrte zu groBer Unsicherheit und Verwirrung und zu der Frage, ob wir heute For 
schungsmanagement ganz neu lernen mussen, wobei zu begrunden ware, warum Methoden, 
die gestern richtig erschienen, heute unzureichend sein sollen. 
Einig scheint man sich in der BRD zu sein, daB der groBe Aufwand der letzten Jahrzehnte fUr 
die Grundlagenforschung3, ob offen als solche deklariert, wie z.B. in den Instituten der Max 
Planck- Gesellschaft oder zwischenzeitlich unter der Flagge einer langfristigen Anwendungs 
orientierung segelnd, wie in manchen Groftforschungsinstituten und bei vielen Sondervorhaben 
der Hochschulen, zu einem hohen Stand des Grundlagenwissens gefUhrt hat. 
3Wir detinieren bier vorlliutig: 
•  Grundlagen/orschung: Es ist unbekannt und nur spekulativ vennutbar, fUr die Realisierung welcher Ziele 
zukiinftige Ergebnisse verwendet werden; Motivation ist die allgemeine Erweiterung des Wissens 
•  Angewandte Forschung: EnnOglicht durch die Schaffimg neuen Wissens die Realisierung eines bekanntes 
Ziels (zielorientierte Forschung). Das Ziel rechtfertigt den Aufwand 
•  Entwicklung: Schaftt neue Produkte auf der Basis vorhandenen Wissens. Das planerisch berechenbare 
Ergebnis rechtfertigt den Aufwand. 
2
Beklagt wird in Politik und Offentlichkeit, daB es nicht gelingt, dieses Wissen schnell und ef 
fektiv in volkswirtschaftlich relevante Produkte oder Werte umzusetzen. 
Das Problem Iiegt also primlir im Bereich der angewandten oder zielorientierten Forschung, die 
seit je typisch fur groBe Untemehmen ist und die zunehmend auch zu einer Zielsetzung der 
staatlichen Geldgeber fUr die von ihnen finanzierten Forschungsstltten wurde. 
Ein neuer BMFT (Buntiesminister for Forschung und Technologie der BRD) setzte dement 
sprechend vor kurzem an erster Stelle seiner Prioritlitenliste4 
•  "auf die Beschleunigung des Umsetzungsprozesses 
von guter Grundlagenforschung in weltmarktftihige Produkte" und 
•  "auf den strategischen Dialog zwischen Staat, Wirtschaft und Wissenschaft" 
Wer wird dies nicht fUr wiinschenswert halten? 1st das aber ein realistisches Ziel und vor a1lem, 
ist das die heute optimale Option staatlicher Technologiepolitik oder wird bier eine neue Runde 
planifizierender Wunschvorstellungen eingeleitet? Wie durchdacht sind denn die Strategien auf 
Seiten des Staates, der Wirtschaft und der Wissenschaft? So, daB aus diesem Dialog etwas 
strukturell Neues, Besseres herauskommen kann? 
Auf die Untemehmensebene iibertragen, konnte man die beiden Forderungen so formulieren: 
•  Verkiirzen des Forschungsprozesses 
•  Strategische Ausrichtung der Forschung 
Hier wiire primiir zu klliren, was Forschung heute in einem Untemehmen bewirken soli und 
was Firmenstrategie in Bezug auf Forschung bedeutet. Zu fragen ist dann, ob sich die erste 
Forderung mit der zweiten vertriigt. 
Die groBte Schwierigkeit bei solchen Uberlegungen ergibt sich aus der Langfiistigkeit des Zeit 
raums zwischen der Entscheidung fUr oder gegen ein bestimmtes Forschungsprojekt und der 
moglichen wirtschaftlichen Nutzung seiner Ergebnisse, aus seinen inhlirenten Unsicherheiten 
und aus der mit der Langfiistigkeit des Ablaufs zusammenhiingenden Nichtwiederholbarkeit 
bei Fehlentscheidung. Diese Eigenschaften treffen wir ganz a1lgemein bei langfiistig angelegten 
Programmen an, bei Untemehmensstrategien, bei langfiistig ausgerichteter Zielverfolgung in 
Staat und Gesellschaft. Insofem sind unsere fUr die Forschung formulierten Uberlegungen cum 
grano salis auf solche Fragestellungen iibertragbar. 
Als fest begrundet angesehene Meinungen und Grundsiitze sind in diesem Problemkreis heute 
unsicher geworden. Es lohnt sich daher, die Basis des eigenen Handelns zu durchdenken, bis 
herige Denkmuster in Frage zu stellen und neue Ansiitze zu suchen und zu begrunden. Zu einer 
solchen Aufgabe hat Hans Matthofer5 kiirzlich trefilich formuliert:  "Es gibt nichts Schwie 
rigeres, als in normalen Zeiten festgefogte Meinungen und das Verhalten von Erwachsenen zu 
ande rn. Man stoj1t schon bei dem Versuch, einfache und leicht einsehbare Zusammenhtinge 
zu vermitteln, auf tie.fverwurzelte und mit starken Gefohlen besetzte Vorurteile. Wir miissen es 
gleichwohl  unablassig  versuchen".  Dies  gilt  bereits  fur  eine  Veriinderung  der  eigenen 
Betrachtungsweise! 
Dieses Buch wendet sich in erster Linie an Entscheider (Manager), in Untemehmen, Politik, 
Wissenschaft, und an den sich selbst verantwortlichen Forscher. Dies ist ein Personenkreis mit 
breitem Wissen und mit wenig Zeit. Dementsprechend wurde darauf verzichtet, zu den einzel 
nen Uberlegungen jeweils Hintergrundwissen in wissenschaftlicher GrUndlichkeit darzustellen. 
Zitate wurden begrenzt auf wenige Monographien, aus denen wesentliche Uberlegungen oder 
4Mattbias Wissmann Phys. Blatter 49 (1993) 5 S.434 
5Hans MattMfer "Agenda 2000" Dietz, S.201 
3