Table Of ContentJ. Mohr Ch. Schubert (Hrsg.)
Ethik der Gesundheitsokonomie
Mit 17 Abbildungen und 6 Tabellen
Springer-Verlag Berlin Heidelberg New York London
Paris Tokyo Hong Kong Barcelona Budapest
Dr. med. Jiirgen Mohr, Arzt und Pfarrer
Dipl.-Volkswirt Christoph Schubert
Evangelische Akademie Bad Boll
W-7325 Bad Boll, BRD
ISBN-13:978-3-540-54251-3
CIP-Titelaufnahme der Deutschen Bibliothek
Ethik der Gesundheitsokonomie / J. Mohr, Ch. Schubert (Hrsg.).
Berlin; Heidelberg, New York, London; Paris, Tokyo; Hong Kong; Barcelona: Springer, 1992
ISBN-13:978-3-540-54251-3 e-ISBN-13 :978-3-642-76759-3
DOl: 10.1007/978-3-642-76759-3
NE: Mohr, Jiirgen [Hrsg.1
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Vorwort
Zusammen mit der Akademie fur Ethik in der Medizin, der Landesarztekammer
Baden-Wiirttemberg und der Robert Boseh Stiftung GmbH Stuttgart hatte die
Evangelisehe Akademie Bad Boll im Juni 1990 zur ,,1. Bad Boller Konsultation
ETHIK DER GESUNDHEITSOKONOMIE" eingeladen.
Die: Vorgesehiehte zu dieser Tagung erstreekte sieh iiber fast 2 Jahre. Ein erstes
Planungsgespraeh fand 1988 in Stuttgart mit Vertretern der Landesarztekammer
und der Akademie fur Ethik in der Medizin statt. Der Springer-Verlag war dureh
Prof. Dr. med. Toni Graf-Baumann vertreten.
Als die finanzielle Grundlage des Tagungsprojekts iiberrasehend nieht mehr ge
siehert zu sein sehien, war die Robert Boseh Stiftung spontan zu ideeller und ma
terieller Unterstiitzung bereit. DafUr sage ieh an dieser Stelle meinen herzliehen
Dank.
Seit einigen J ahren werden aueh in der breiten Offentliehkeit die Kosten unse
res Gesundheitssystems thematisiert; und es wird die Frage diskutiert, wie diese
Kosten zu dampfen sind. Hierbei handelt es sich nieht nur urn rein okonomisehe
Entscheidungen, wei I es immer auch darum geht, ob jeder Mensch die fiir seinen
besonderen Fall aktuell notige und notwendige medizinisch-arztliche Hilfe be
kommt. Die Weiterentwicklung der Medizin hat in unserem J ahrhundert zu finan
ziell sehr aufwendigen Techniken gefUhrt, die es ermoglichen, menschliches
Leben auch dort operativ zu retten und zu erhalten, wo dies vor wenigen Jahr
zehnten Boch unmoglich gewesen ware. Parallel dazu stieg die Lebenserwartung
der Menschen in Europa rapide an und fiihrte zu einer Zunahme der Multimorbi
ditat im Alter. Jetzt muB gefragt werden, ob "bis zuletzt" immer alles get an
werden muB bzw. getan werden darf.
Bei dies en Entscheidungen sind gerechte Kriterien erforderlich. Wie aber be
kommen wir "gerechte" Verteilungskriterien?
Spatestens an dieser Stelle wird deutlich, daB es sich hierbei urn ethische Frage
stellungen und ethische Entscheidungen handelt. Mediziner und Okonomen sind
erst am Anfang eines Weges, der diese Gesichtspunkte in ihr Handeln mit einbe
zieht.
Der vorliegende Band dokumentiert die Referate und die sich anschlieBenden
Diskussionsrunden. Rosemarie Stein resiimiert in ihrem Pressebericht: "Genii
gend Fragen, geniigend Diskussionsstoff fur eine 2. Bad Boller Konsultation
ETHIK DER GESUNDHEITSOKONOMIE" (ABW 10/90, S. 634). Die Evan
gelische Akademie Bad Boll wird diesem Auft rag nachkommen.
Die Herausgeber widmen diesen Band dem Initiator der Tagung und neu ge-
VI Vorwort
wahlten Prasidenten der Landesarztekammer Baden-Wurttemberg, Prof. Dr.
med. Friedrich-Wilhelm Kolkmann. Er war es, der dieses Thema vorschlug und
das Tagungsprojekt von allem Anfang an kritisch f6rdernd begleitet hat.
Bad Boll, im Mai 1991 Ju rgen Mohr
Inhaltsverzeichnis
GruBwort
F. -W. Kolkmann ..... XI
Warum stellt sich das Thema "Ethik der Gesundheitsokonomie"?
M.Arnold . ........................... . 1
Lebensqualitat: gesundheitsokonomische Folgerungen
T. Graf-Baumann .................. . 11
Das okonomische Prinzip der Honorierung im Gesundheitssystem
B. Horisberger 17
Diskussion 1 25
Was sind "gerechte" Verteilungskriterien?
B. SchOne-Seifert 34
Diskussion 2 45
Wer tragt eigentlich die Verantwortung fiir die Gesundheit?
H.-M. Sass ........................ . 53
Probleme der Makro-und Mikroallokation
C. Fuchs. . . 67
Diskussion 3 78
Risikoselektion in der gesetzlichen Krankenversicherung
W. F. Schrader 87
Diskussion 4 96
Zur ethischen Bewertung von Nutzen und Kosten in der Pravention
U. Laaser . . 101
Diskussion 5 116
VIII Inhaltsverzeichnis
Erfahrungen mit dem Gesundheitsreformgesetz
R. Grupp .. 122
Diskussion 6 132
SchluBforum 137
AOK-Bundesverband
G. Bauer
Kassenarztliche Vereinigung
W. Mohr
Fachverband Deutscher Allgemeinarzte
RH. Mader
Verband der niedergelassenen Arzte Deutschlands
M. Zollner
Pharmaindustrie
W. Wagner, K.J. Weidner
Beratung im Gesundheitswesen
R. Dinkel
Diskussion 7 159
Autorenverzeichnis
Arnold, Michael, Prof. Dr. med.
Stiftungsprofessur Gesulldheitssystemforschung
KeplerstraBe 15, 7400 Tiibingen
Bauer, Guntram
Abteilungs-Direktor, Bundesverband der Ortskrankenkassen,
Kortrijker Str. 1, 5300 Bonn 2
Dinkel, Rolf
Mitglied der Geschiiftsleitung HealthEcon AG,
Steinentorstr. 19, CH-4001 Basel
Fuchs, Christoph, Prof. Dr. med.
HauptgeschiiftsfUhrer der Bundesarztekammer,
Kaiser-Friedrich-Str. 7, 6500 Mainz
Graf-Baumann, Toni, Prof. Dr. med.
Zahringerstr. 307, 7800 Freiburg LBr.
Grupp, Rudolf, Dr.
MinisteriaIrat im Bundesministerium fUr Arbeit und Sozialordnung,
Rochusstr. 1, 5300 Bonn 1
Horisberger, Bruno, Dr. med.
Direktor des Interdisziplinaren Forschungszentrums fUr Gesundheit,
Rorschacherstr. 103c, CH-9007 St. Gallen
Kolkmann, Friedrich-Wilhelm, Prof. Dr. med.
Prasident der Landesarztekammer Baden-Wiirttemberg,
Hohenweg 1, 7441 Unterensingen
Laaser, Ulrich, Prof. Dr. med.
Institut fUr Dokumentation und Information, Sozialmedizin und offentliches
Gesundheitswesen,
Westerfeldstr. 35/37, 4800 Bielefeld 1
X Autorenverzeichnis
Mader, Frank H., Dr. med.
Bundesgeschaftsfuhrer des Fachverbands Deutscher Allgemeinarzte e. V.,
Talstr. 5, 8419 Nittendorf
Mohr, Wolfgang, Dr. med.
Vorsitzender der Kassenarztlichen Vereinigung Nord-Wurttemberg,
Albstadtweg 11, 7000 Stuttgart 80
Sass, Hans-Martin, Prof. Dr. phil.
Ruhr-Universitat Bochum, Institut fur Philosophie,
Universitatsstr. 150,4630 Bochum 1
Schone-Seifert, Bettina, Dr. med.
Georg-August-Universitat, Philosophisches Seminar,
Platz der Gottinger Sieben 5, 3400 G6ttingen
Schrader, Wilhelm F., Dipl.-Ing.
Institut fur Gesundheits- und Sozialforschung GmbH,
Otto-Suhr-Allee 18, 1000 Berlin 10
Wagner, Wolfgang, Dr. med.
Medizinischer Direktor, Duphar-Pharma GmbH,
Freundallee 21123, 3000 Hannover 1
Weidner, Klaus Jurgen, Dr. med.
Duphar-Pharma GmbH,
Freundallee 21123,3000 Hannover 1
Zollner, Maximilian, Dr. med.
Mitglied des Bundesvorstandes des Verbandes cler niedergelassenen Arzte
Deutschlands,
M6wenstr. 21, 7990 Friedrichshafen
GruBwort
F.-w. Kolkmann
Die Idee zu dieser Konsultation wurde unter dem Eindruck der heftigen Diskus
sion urn das Gesundheitsreformgesetz (GRG) geboren, das ja nur einen -wie ich
fiirchte vorUiufigen - Hohepunkt der sich seit J ahren hinziehenden Kostendfunp
fungsdiskussion und -politik in unserem Staatswesen darstellt. Diese Diskussion
wurde und wird fast ausschlieBlich unter okonomischen Gesichtspunkten gefiihrt,
wie es ja iiberhaupt iiblich geworden ist, die Leistungsfahigkeit unseres Gesund
heitswesens an okonomischen GroBen, Effektivitat und Effizienz, Kosten-Nut
zen-Analysen, Grenznutzen, Wirtschaftlichkeitsreserven, Beitragssatzstabilitat
usw., zu messen.
Arztliche Berufsausiibung und Medizin im ganzen sind Teil unseres Gesund
heitswesens, das wiederum Teil des Staatswesens ist.
AIle politischen MaBnahmen, die sich auf das Gesundheitswesen beziehen,
mogen sie nun Kuration oder Pravention, Forschung und Wissenschaft oder Aus
bildung betreffen, aile Vorschriften, Gesetze und Verordnungen im Gesundheits
wesen zielen zwar auf anonyme, statistische Kollektive -im GRG z.B. dienen sie
der "Neubestimmung von Solidaritat und Eigenverantwortung" eines Kollektivs
von ca. 90% der Bevolkerung, also des sozialversicherten Bevolkerungsanteils-,
sie beeinflussen und treffen aber sehr wohl die Beziehungen zwischen dem einzel
nen Arzt, der einzelnen Schwester zu einem konkreten Patienten, einem hilfs-,
pflege- und trostbediirftigen Individuum, sie bestimmen Art, Umfang und Ver
fiigbarkeit der Hilfe und Zuwendung, die dem einzelnen bediirftigen Menschen
zugestanden werden kann.
Medizin ist daher auf Politik angewiesen und muB selbst politisch sein. Die en
gen Verflechtungen zwischen Medizin und Politik erfordem einen stiindigen Dia
log, einen moglichst engen Meinungsaustausch zwischen denjenigen, die, wie
man heute sagt, wegen der Allokation der verfiigbaren, koappen Mittel sich an
statistischen Daten orientieren, urn, im Jargon zu bleiben, durchAnreize das Ver
halten des soziaIversicherten Bevolkerungsteils, der Verbraucher oder Nachfra
ger, wie der sog. Leistungserbringer kollektiv zu steuem, und denjenigen, den en
es obliegt, eben nicht eine abstrakte GroBe, sondem einzelne Menschen medizi
nisch zu versorgen.
Dieser Dialog zwischen Politik und Medizin ist zwar nicht vollig versiegt, funk
tioniert aber seit langem nicht mehr richtig. Gesprachspartner der Politik ist viel
mehr die sog. Gesundheitsokonomie geworden, sie ist zum Richter iiber Effekti
vitat und Effizienz der arztlichen Bemiihungen und des Gesundheitswesens aIlge
mein und zum Berater der Politik und des Gesetzgebers avanciert.
Der EinfluB der Gesundheitsokonomie hat, neben der sog. Verrechtlichung der
Medizin, zu einem auBerst dichten Netz von Vorschriften und Sanktionen ge
fiihrt, die Rechte und Pflichten von Medizinalpersonen und Patienten definieren.