Table Of ContentDiplomarbeit
Erzeugende Funktionen von Graphen
ausgefu¨hrt am Institut fu¨r
Geometrie
der Technischen Universit¨at Wien
unter der Anleitung von
Ao.Univ.Prof. Dipl.-Ing. Dr.techn. Michael Drmota
durch
Thomas Klausner
Steinbachstraße 34-36, 3001 Mauerbach
Datum Unterschrift
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Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis 3
1 Einfu¨hrung 5
1.1 Graphen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5
1.1.1 Isomorphie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10
1.2 Erzeugende Funktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11
1.2.1 Ring der formalen Potenzreihen. . . . . . . . . . . . . . . . . 11
1.2.2 Operationen auf dem Ring der formalen Potenzreihen . . . . 12
2 Abz¨ahlen markierter Graphen 15
2.1 Einfache markierte Graphen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15
2.2 Markierte Bl¨ocke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18
2.3 Markierte B¨aume . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21
2.3.1 Inversionsformelvon Lagrange . . . . . . . . . . . . . . . . . 23
2.3.2 Polyas Methode zur Z¨ahlung markierter B¨aume . . . . . . . . 27
3 Satz von Polya 29
3.1 Permutationsgruppen von Graphen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29
3.2 Zyklenzeiger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30
3.3 Lemma von Burnside . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33
3.4 Satz von Polya . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34
4 Unmarkierte B¨aume 41
4.1 Unmarkierte Wurzelb¨aume . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41
4.2 Unmarkierte B¨aume . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43
4.2.1 Wiederholungslose Zuordnungen . . . . . . . . . . . . . . . . 43
4.2.2 Un¨ahnlichkeitscharakeristiksatz . . . . . . . . . . . . . . . . . 44
4.2.3 Un¨ahnlichkeitscharakeristiksatzfu¨r B¨aume . . . . . . . . . . 45
4.3 Unmarkierte Graphen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48
4.4 Zusammenh¨angende Graphen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52
4.5 Wurzelgraphen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52
3
4 INHALTSVERZEICHNIS
5 Wright’s Methode fu¨r zusammenh¨angende Graphen 55
5.1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55
5.2 Rekursionsformel der EEF zusammenh¨angender (n,n+k)-Graphen 56
5.3 Zusammenh¨angende (n,n+k)-Graphen . . . . . . . . . . . . . . . . 62
5.4 Gestalt der W (x) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65
k
5.5 Kombinatorische Berechnung der W (x) . . . . . . . . . . . . . . . . 69
k
6 Englische Fachbegriffe 73
Index 74
Literaturverzeichnis 77
Kapitel 1
Einfu¨hrung
EinGebietderGraphentheoriebesch¨aftigtsichmitdenAnzahlenvonGraphenmit
gewissen Eigenschaften, z.B. B¨aumen oder W¨aldern; oder Graphen, deren Kno-
ten oder Kanten speziellen Einschr¨ankungen unterliegen, z.B. in der Anzahl der
koinzidierenden Kanten.
Dabei ergeben sich zwei grunds¨atzlich verschieden komplizierte Problemf¨alle:
Das Z¨ahlen von markierten Graphen, das meist recht einfach, oder zumindest mit
einfachen mathematischen Mitteln, vor sich geht, sowie das Z¨ahlen unmarkierter
Graphen, fu¨r das wir tiefergehende S¨atze verwenden werden, vor allem den Satz
von Polya (siehe Kapitel 3).
1.1 Graphen
ImfolgendenhalteichmichweitgehendandieDefinitionenausHararyundPalmer’s
Buch Graphical Enumeration [HP73].
Definition 1.1.1: Graph
Ein einfacher oder schlichter Graph G der Ordnung p besteht aus einer end-
lichen, nichtleeren Menge V = V(G) von p Knoten, sowie aus einer zweiten
Menge K = K(G) von Kanten, deren Elemente jeweils 2-elementige Mengen
vonKnotenausV sind. EinenGraphmitpKnotenundq Kantenbezeichnen
wir als (p,q)-Graph. Wenn es eine Kante k ={a,b}, a,b∈V, gibt, werden a
und b benachbart genannt, und k inzidiert mit a bzw. b.
DerGrad eines KnotenistgleichderAnzahlder Kanten,die mitihminzidie-
ren.
Eine gr¨oßere Menge sind die Multigraphen:
Definition 1.1.2: Multigraph
EinMultigraphisteinGraph,indemzus¨atzlichauchSchleifenundMehrfach-
kanten erlaubt sind. Eine Schleife ist dabei eine Kante von einem Knoten zu
sichselbst,undMehrfachkanten sindmehrereverschiedeneKantenvoneinem
KnotenazueinemKnotenb. Mansagtauch,daßMehrfachkantenparallel zu
einander sind.
Wir werden diese aber im weiteren nicht behandeln.
5
6 1 Einfu¨hrung
v
1
v v v v
4 3 4 3
v
2
v
3
v
4
v v
1 2 v5 v1 v2
G H I
Abbildung 1.1: Zwei einfache Graphen und ein Multigraph
Abbildung 1.2: Vollst¨andige Graphen
Beispiel:
Die Graphen in Abbildung 1.1 haben folgende Knoten- und Kantenmengen:
Graph G hat als Knotenmenge V ={v ,v ,v ,v }, und als Kantenmenge
1 2 3 4
K ={{v ,v },{v ,v },{v ,v },{v ,v }}.
1 2 1 3 1 4 2 3
GraphH hat die Knotenmenge V ={v ,v ,v ,v ,v }, und somit einen Kno-
1 2 3 4 5
ten mehr, und folgende Kantenmenge
K ={{v ,v },{v ,v },{v ,v },{v ,v }}.
1 2 2 3 3 4 4 5
Der dritte, ein Multigraph mit der Knotenmenge V = {v ,v ,v ,v }, hat
1 2 3 4
folgende Kanten:
{v ,v },{v ,v },{v ,v },{v ,v },{v ,v },
1 1 1 4 1 4 2 2 2 2
{v ,v },{v ,v },{v ,v },{v ,v }.
2 3 3 4 3 4 3 4
Definition 1.1.3: Vollst¨andiger Graph
Der Graph mit der Ordnung p, in dem alle m¨oglichen Kanten vorkommen,
heißt vollst¨andiger Graph.
Die vollst¨andigenGraphen der Ordnungeneins bis vier sieht man in Abbildung
1.2.
Definition 1.1.4: Markierter Graph
Beieinemmarkierten Graph derOrdnungpwirdjedemKnotendes zugeh¨ori-
gen unmarkierten Graphen eine Zahl von 1 bis p als eindeutige Markierung
zugewiesen.
In den Beispielgraphen geht das auf 12, 60 beziehungsweise 24 verschiedene
Arten. Die oben verwendeten Markierungen v bis v helfen nur beim Beschreiben
1 5
von Graphen durch Knoten- und Kantenmengen, und sind nicht als Markierungen
gedacht.
1.1 Graphen 7
4 3 3 4 3 1
1 2 2 1 2 4
J K L
Abbildung 1.3: Zwei verschiedene Markierungen des Graphen G
Abbildung 1.4: Wurzelgraph
Beispiel:
Zwei verschiedene Markierung des Graphen G aus Abbildung 1.1 w¨aren die
GraphenJ undK inAbbildung1.3. GraphLhingegenistderselbewieGraph
K, da die Kantenmengen dieselben sind.
Wiewirsp¨atersehenwird,kannmandurchdasspezielleMarkiereneinesKnoten
viele Abz¨ahlaufgaben einfacher l¨osen:
Definition 1.1.5: Wurzelgraph
EinGraph,indemeinKnotenalsWurzelausgezeichnetist,heißtWurzelgraph.
Dieser Begriff l¨aßt sich natu¨rlich auf alle folgenden besonderen Graphen, die
wir im weiteren definieren werden, genauso anwenden. Ein einfacher unmarkierter
Wurzelgraph findet sich in Abbildung 1.4.
Im speziellen interessieren uns auch zusammenh¨angende Graphen. Dazu brau-
chen wir eine weitere Definition:
Definition 1.1.6: Kantenfolgen, Kantenzu¨ge, Wege
SeiG ein Graph. Eine Folgev ,v ,v ,...,v vonKnotendes GraphenG, so,
0 1 2 n
daßv benachbartzuv ,i=0,...,n−1,ist,heißtKantenfolge. Wenndabei
i i+1
keineKantemehrfachverwendetwird,sprichtmanvoneinemKantenzug,und
fallsdieKnoteneinerKantenfolgealleverschiedenvoneinandersind,heißtsie
Weg.
Damit k¨onnen wir zusammenh¨angende Graphen definieren:
Definition 1.1.7: Zusammenh¨angender Graph
Ein zusammenh¨angender Graph ist ein Graph, bei dem je zwei beliebig aus-
gew¨ahlte Knoten durch einen Weg verbunden sind, d.h. es gibt von jedem
Knoten u (mindestens) einen Weg zu jedem anderen Knoten v.
Die Beispielgraphen aus Abbildung 1.1 sind alle zusammenh¨angend, der Wur-
zelgraph in Abbildung 1.4 ist es nicht.
Die zusammenh¨angenden Teile eines Graphen heißen Komponenten:
8 1 Einfu¨hrung
Abbildung 1.5: Ein dreikomponentiger Graph
Abbildung 1.6: Zwei Bl¨ocke
Definition 1.1.8: Teilgraph, Komponente
Ein Teilgraph T eines Graphen G hat als Knotenmenge V(T) eine Teilmenge
von V(G), und als Kantenmenge K(T) eine Teilmenge von K(G).
Eine Komponente ist ein maximaler zusammenh¨angender Teilgraph.
Bei der Auswahl von Kanten fu¨r einen Teilgraph muß nur darauf geachtet wer-
den,daßderneueGraphgu¨ltigist,alsokeineKantengenommenwerden,vondenen
nicht beide Enden auch Knoten im neuen Graph sind.
In Abbildung 1.5 kann man einen unzusammenh¨angenden Graphen sehen, der
aus drei Komponenten besteht.
St¨arker zusammenh¨angende Komponenten von Graphen heißen Bl¨ocke:
Definition 1.1.9: Block
Ein Knoten, durch dessen Entfernung (wobei natu¨rlich auch alle Kanten ent-
fernt werden, die mit diesem Knoten inzidieren) sich die Anzahl der Kompo-
nenten erh¨oht, heißt Schnittknoten.
Einennicht-trivialenzusammenh¨angendenGraphenohneSchnittknotennennt
man Block.
Beispiel:
Die einzigen Bl¨ocke der Ordnungenzwei und drei sind die vollst¨andigenGra-
phen dieser Ordnungen. Ab Ordnung vier gibt es mehrere Bl¨ocke. Zwei
Beispiele sehen wir in Abbildung 1.6.
DerGraphinAbbildung1.7isthingegenkeinBlock;durchEntferneneinesder
beidenmarkiertenKnotenwu¨rdeer n¨amlichin zweiKomponentenzerfallen.
Im Gegensatz dazu steht der Baum, der in der Computerwissenschaft gerne
verwendet wird:
Abbildung 1.7: Kein Block
1.1 Graphen 9
Abbildung 1.8: Ein Baum und sein Rest nach Entfernen eines Knoten
Abbildung 1.9: Ein gerichteter Graph und sein Schatten
Definition 1.1.10: Baum
Ein Baum ist ein zusammenh¨angender Graph ohne Kreise, d.h. ein Graph,
bei dem es von jedem Knoten zu jedem anderen Knoten genau einen Weg
gibt.
Da es in einem Baum von jedem Knoten zu jedem anderen genau einen Weg
gibt, ist offensichtlich jeder Knoten mit mehr als einer Kante ein Schnittknoten.
Beispiel:
In Abbildung 1.8 sieht man einen Baum, sowie die vier Komponenten, in die
der Baum nach Entfernen eines bestimmten Knotens zerf¨allt.
In all diesen Arten von Graphen kann man jeder Kante auch noch eine Orien-
tierung geben, und erh¨alt damit gerichtete Graphen:
Definition 1.1.11: Gerichteter Graph
Eingerichteter Graph G der Ordnung p besteht aus einer endlichen, nichtlee-
renMengeV =V(G)vonpKnoten,sowieauseinerzweitenMengeK =K(G)
von Kanten, deren Elemente jeweils geordnete Paare von verschiedenenKno-
ten aus V sind. Wenn es eine Kante k = [a,b], a,b ∈ V, gibt, sagt man, daß
a benachbart zu b ist, und k und a bzw. b inzidieren. Die Kante k fu¨hrt von
a nach b.
Jeder Knoten hat einen Hingrad und einen Weggrad, der jeweils der Anzahl
der hin- beziehungsweise wegfu¨hrenden Kanten entspricht.
Der Graph, den man erh¨alt, wenn man die Orientierung der Kanten eines ge-
richteten Graphen ignoriert, heißt Schatten des Graphen.
Beispiel:
In Abbildung 1.9 sehen wir einen gerichteten Graphen und seinen Schatten.
In diesem gibt es eine Kante weniger als im Graphen selbst, da die beiden
Kanten rechts unten zusammenfallen.
UmeinfacheGraphenvongerichtetenGraphenzuunterscheiden,nenntmansie
manchmal auch ungerichtete Graphen.
Eine h¨aufig vorkommende Unterart von gerichteten Graphen sind Turniere.
10 1 Einfu¨hrung
Abbildung 1.10: Ein Turnier
Definition 1.1.12: Turnier
Ein Turnier ist ein gerichteter Graph, in dem jedes Paar von Knoten durch
genau eine Kante verbunden ist.
Turniereergebensichz.B.beiSpielen,indenenjedergegenjedenanderengenau
einmal spielt, und Unentschieden nicht erlaubt ist. Ein Turnier ist in Abbildung
1.10 zu finden.
1.1.1 Isomorphie
WannsindzweimarkierteGraphengleich? Oder,andersherumgefragt,aufwieviele
Arten kann man einen Graphen markieren? Wir haben in Abbildung 1.3 ja schon
gesehen,daßnichtjedeMarkierungeinesGrapheneinenneuenmarkiertenGraphen
erzeugen muß. Wir brauchen also einen Isomorphiebegriff fu¨r Graphen.
Auf Gruppen gilt der folgende allgemeine Isomorphiebegriff:
Definition 1.1.13: Isomorphie
EineumkehrbareindeutigeAbbildungf einerGruppeG(·,e)aufeineGruppe
G′(·′,e′) heißt Isomorphismus vonG auf G′, wenn fu¨r beliebige Elemente a,b
aus G gilt:
f(a·b)=f(a)·′f(b).
Fu¨r Graphenbietet sich folgende Spezialisierungdieses allgemeinenBegriffsan:
Definition 1.1.14: Isomorphie markierter Graphen
Zwei markierte Graphen G und G sind gleich (isomorph), wenn eine Bijek-
1 2
tion von den Knoten von G auf die Knoten von G existiert, die nicht nur
1 2
die Nachbarschaftsrelation,sondern auch die Markierung erh¨alt.
Bei einem Wurzelgraphen muß zus¨atzlich auch die Wurzel des ersten Graphen
auf die Wurzel des zweiten Graphen abgebildet werden.
Fu¨r unser Beispiel in Abbildung 1.3 lautet die Isomorphieabbildung, die Graph
J mit Graph K identifiziert, folgendermaßen:
φ: e→f:1→4,2→2,3→3,4→1
Daß dabei die Bedingungen einer Isomorphie eingehalten werden, kann man
leicht nachpru¨fen.
Definition 1.1.15: Automorphismus
Eine Isomorphie eines Graphen G auf sich selbst heißt Automorphismus.