Table Of ContentArachnol.Mitt. 33:11-17 Nürnbergjuni 2007
Erste Nachweise sowie Kenntnisse zur Biologie von Cyclosaoculata Araneae:
(
Araneidae) in der Schweiz
Samuel Zschokke &Angelo Bolzern
Abstract:FirstrecordsanddataaboutthebiologyofCyclosaoculata(Araneae:Araneidae)inSwitzerland.
Theorb-webspiderCyclosaoculata(Walckenaer,1802)wasfoundatelevenlocalitiesinnorth-westernSwitzerland.
All recordswerefromwildflowerstrips("Buntbrachen")witharelativelyhigh proportionofdriedvegetation
fromthepreviousyear,a relativelylowvegetation heightanda lowproportion ofgrassesinthevegetation.
C.oculatabuiltitsverticalorb-webneartheground,deepinthevegetation.Amongecribellateorb-webspiders
inCentralEurope,C.oculataisuniquebecauseitsometimesbuildsrudimentarywebsonwhichitstays,because
itbuildsitscocoonsintotheweb,andbecauseitsstabilimentumislong-lastingandconsistslargelyofdebris.
Basedonourobservations,wededucethatthestabilimentumofC.oculataservesascamouflage.
Keywords:faunistics,habitat,rudimentaryweb,stabilimentum
Cyclosaoculata(Walckenaer,1802)hateinepaläark- 1974,LUDY&LANG2006).DieArtgiltals eury-
tische Verbreitung (PLATNICK 2006). In Europa ök-thermophil, d.h. sie kommt an trockenen und
gilt sie südlich der Alpen als häufig, während sie feuchten Standortenvor,sofern diesebesonntund
nördlich der Alpen nur an warmen Stellen vor- unbewaldetsind(PLATENetal. 1999),wobeisiein
kommt (Roberts 1995, Nentwig et al. 2003). geeigneten Habitaten in großer Zahl Vorkommen
Laut der Checkliste der Spinnen Mitteleuropas soll (WlEHLE 1931).
(BLICK et al. 2004) wurde sie bisher in Belgien,
den Niederlanden, Deutschland, Österreich, der Funddaten
Tschechischen Republik, der Slowakei und Polen Cyclosa oculata konnte in der Schweiz in 2005
nachgewiesen, und laut Fauna Europaea (VAN und 2006 an elf Orten in der Nähe von Basel
HELSDINGEN 2005) noch in weiteren Ländern (Nordwestschweiz, nahe Dreiländereck Deutsch-
Ost- undNordeuropas (u.a. in denbaltische Staa- land-Frankreich-Schweiz) gefunden werden
ten und im EuropäischenNordrussland). (Abb. 1), wobei alle Fundorte in Buntbrachen
In der Schweiz war diese Art bisher nicht lagen. Buntbrachen sind naturnahe Flächen im
&
nachgewiesen (MAURER HÄNGGI 1990). Bei Ackerland, in denen bewusst keine Kulturpflan-
SCHENKEL (1918: S. 85) ist die Art zwar auf- zen angebaut werden. Buntbrachen werden meist
gefuhrt, jedoch lag der Fundort beim "Rand der miteinerSaatmischungeinheimischerWildkräuter
Niederterrasse beim ehemaligen Hiltalingen", angesätundmüssenzwischenzweiundsechsJahren
d.h. im heutigen Stadtteil HaltingenvonWeil am am gleichen Standort bestehen bleiben (REISNER
TK
Rhein (Deutschland, Baden-Württemberg, et al. 1997).
8311, 7,62°0/47,61°N), etwa 6 km nördlich von C. oculata wurde erstmals am 24. September
Basel, 3 kmvon der Schweizer Grenze entfernt. 2005 südlich von Biel-Benken BL entdeckt. In
AlsHabitatvon C.oculatawirdimAllgemeinen dieserBrache kam die Spinne ingroßerDichte (>
spärlich bewachsenes, sonniges Ödland beschrie- 10 Ind./m2 vor. Netzbauende Begleitarten waren
)
ben,daswedergemähtnochbeweidetwird(WlEH- (Auswahl)Agelcnatearedii(Scopoli,1763) (häufig),
LE 1931),wobeidieArtauchschoninMaisfeldern Argiopebruennichi(Scopoli,1772),Araneusquadra-
und Kartoffeläckern gefunden wurde (LUCZAK tus Clerck, 1757 und Larinioides cornutus (Clerck,
1757). Die Vegetation war dominiert durch Wei-
denröschen(Epilobiummontanum).Zwischendem
SamuelZSCHOKKE,NLU-Biologie/ConservationBiology,Uni-
versitätBasel,St.Johanns-Vorstadt10,CH-4056Basel. 29. September und dem 20. Oktober 2005 wurde
E-mail:[email protected] C. oculata anvierweiteren Standorten südwestlich
AngeloBOLZERN,NaturhistorischesMuseumBasel,Abt.Bio- von Baselbeobachtet.Alle im Herbstgefundenen
wissenschaften,Augustinergasse2,CH-4001 Basel. C. oculatawarenjuvenil.
E-mail:[email protected]
12 S.Zschokke&A.Bolzern
ob C.oculataauchinanderenHabitatenvorkommt.
Nachsuchen im Raum Basel in Magerwiesen und
im ehemaligen GüterbahnhofderDB (vgl.WUN-
DERLICH &cHÄNGGI 2005) blieben ohne Erfolg.
Beschreibung
Alle folgenden Merkmale wurden an den vor-
liegenden Tieren beobachtet und entsprechen
verschiedenen AngabenvonWlEHLE (1931) und
ROBERTS(1995). C.oculataist-abgesehenvonden
UnterschiedenindenKopulationsorganen-ander
FormdesAbdomensrechtleichtvon Cyclosaconica
T (Pallas, 1772), der einzigen anderen nördlich der
ReproduziertmitBewilligungvonSwisstopo(BA071124)
Alpen vorkommende Cyclosa Art, zu unterschei-
Abb.1:AktuelleFundevonC.oculatainderSchweiz.Der den. Das Abdomen trägtvorne dorsal zwei kleine
amweitestenöstlichgelegeneFundortliegtim Kanton Höckerunderscheint-vonobengesehen-hinten
Aargau,alleanderen Fundorteliegen im Kanton Basel
Landschaft.Diehalbschwarzgefärbten Kreisekenn- dreizackig (WlEHLE 1931, ROBERTS 1995). Die
zeichnendieFundederimRahmenderStudieüberdie Grundfärbung istvariabel. Der Cephalothorax ist
HabitatpräferenzenuntersuchtenCoaz/oto-Standorte hell- bis dunkelbraun und weist im hinteren Teil
3(v6g5l.mTabü..M1)..AlleFundorteliegenzwischen310und oft zwei helle Flecken auf. Die Beine sind meist
deutlichgeringelt.DieFemorasindproximalweiß
Fig.1:RecentrecordsofC.oculata\r\Switzerland.Semi-filled
circlesdenotethehabitatswhosecharacteristicsare
summarised inTab.1.Allrecordsareataltitudesbe-
tween310and 365 ma.s.l.
Vom 12.-14.Juni 2006 wurden im Rahmen eines
Biodiversitätspraktikums der Universität Basel 25
Buntbrachen im Raum Nordwestschweiz durch
Studierende systematisch nach C. oculata abge-
sucht (Suchdauer pro Brache 20-30 Minuten).
Gleichzeitig wurden verschiedene Parameter der
Vegetationsstruktur erfasst: Bodendeckung,Vege-
tationshöhe,AnteilVegetation aus Vorjahr,Anteil
Gräser. C.oculatakonntedabeiinachtBuntbrachen
nachgewiesenwerden,wovoninfünfBuntbrachen
derNachweis erstmalsgelang.AlleimJunigefun-
denen C. oculatawaren subadult oder adult.
Ein Vergleich der Vegetationsparameter zwi-
schen Habitaten mit C. oculata Nachweisen und
Habitaten,indenendieArtnichtgefundenwurde
zeigte,dass C.oculatainBuntbrachenmiteinereher
geringenVegetationshöhe,einem hohenAnteilan
verholzterVegetationausdemVorjahr,undmitVe-
getation, die nicht von Gräsern dominiert wurde,
häufigergefundenwurde (Tab. 1).
Es ist unklar, ob C. oculata auch in anderen Abb.2-3:Cyclosaoculata(Walckenaer,1802);2:linker
Gegenden der Schweiz vorkommt. Im Rahmen männlicherTastervonderSeite.3:Epigynevonventral.
des Biodiversitätspraktikums wurde C. oculata Maßstab:0,5 mm.AP:distaleApophyse;CY:Cymbium;
SOScapus.
zwar in Buntbrachen im Raum Aarau (südlich
des Juras) und im südlichsten Zipfel des Tessins Figsse.e2n-3f:rCoymcltoshaeocsuildaet;a3(:Weaplicgkyennaeeirn,v1e8n0t2r)a;l2v:ileewft.mScaallee:p0a.l5p,
gesucht,jedochohneErfolg.Ebenfallsunsicherist, mm.AP:distalapophysis;CY:cymbium;SC:scapus.
6
Cyclosaoculata inderSchweiz 13
Tab.1:VergleichvonHabitatsparametern(Mittelwert±Standardabweichung)zwischen Buntbrachenandenen
Coculatanachgewiesenwerden konnteund Buntbrachen,indenenC.oculatanichtnachgewiesenwerdenkonnte.
Tab.1:Comparisonofhabitatcharacteristics(mean±standarddeviation) betweenwildflowerstripswithC.oculata
recordsandwildflowerstrips,inwhichC.oculatacouldnotbedetected.
Buntbrachen Buntbrachen
Habitatsparameter mitC.oculata ohneC.oculata p
(n=8) (n=17)
Bodendeckung 73,8 ± 19,2% 73,2 ±22,2% n.s. (t-Test)
Vegetationshöhe 45,0 ± 19,5 cm 68,2 ± 21,1 cm 0,015 (t-Test)
% %
AnteilVegetation ausVorjahr 31,3 ± 15,5 16,9 ± 13,8 0,029 (t-Test)
AnteilderBrachenindenen Gräser
0von 8 8von 17 0,026 (Fishers exakterTest)
dominierten
bis hellbraun, distaldunkelbraunbis schwarz. Das Biologie
Sternum ist dunkel gefärbt mit hellen Flecken. Beide einheimischen Cyclosa-Arten bauen kreis-
DerBulbus desMännchensistaufgrundderdistal runde, relativ feinmaschige Netze mit einem
zweispitzigen Apophyse klar von anderen Arten linearen, vertikalen Stabiliment durch die Nabe
unterscheidbar(Abb.2).DieEpigyneistdurchden des Netzes, wobei die Netze von C. oculata we-
UrsprungunddenVerlaufdes Scapus (SC),dessen niger Speichenund Klebfadenumgänge aufweisen
SpitzeineinemrechtenWinkelventralabsteht,klar als die Netze von C. conica (WlEHLE 1929). Ein
von anderen Arten unterscheidbar (Abb. 3). Die deutlicher Unterschied gibt es in der Lage des
nachstehend angegebenen Va-
riationsbreiten wurden mithilfe
einer Stereolupe mit integrierter
und geeichter Okularmessleiste
anhand der vorliegenden Tiere
aus der Schweiz ermittelt. Ce-
phalothoraxlänge: 8 8 (n=9):
2,0-2,3 mm; $ $ (n=5): 2,0-2,
mm. Opisthosomalänge: 8 8
:
2,4-2,8 mm; 9 9: 4,0-4,8 mm.
Die für die Abb. 2 und 3
verwendeten Individuen (8 8:
CH, BL, Ettingen Schlatthof,
CH-Landeskoordinaten609300/
m
258600, 7,56°0/47,47°N,335
ü.M.,leg.S.Zschokke,13.6.2006;
9 9 CH, BL, Liestal Altmarkt,
:
CH-Landeskoordinaten622800/
257950, 7,74°0/47,47°N, 340
m
ü. M., leg. E. Hürlimann,
13.6.2006) werden als Beleg-
exemplare in der Sammlung des
NaturhistorischenMuseumBasel
aufbewahrt.
Abb.4:ZweiC.oculataIndividuen inihren nebeneinanderhängenden Netzen mit
StabilimentineinerBuntbrache.
Fig.4:TwoC.oculataindividualsintheiradjacentwebswithstabilimentum.
14 5.Zschokke&A.Boizern
Abb.5-6:lm LaborgebauteNetzevonC.oculata.5:NormalesNetz.6:RudimentäresNetz,gebautvonderselbenSpinne
vierTagespäter,einenTagvorihrerHäutung.Maßstab:5cm.
Figs.5-6:WebsbuiltbyCoculatainthelab.5:Normalweb.6:Rudimentarywebbuiltbythesameindividualfourdays
later,onedaypriortoitsmoult.Scale:5cm.
Netzes: während C. conica ihre Netze meistens in Standorte gezielt nach vertikalen, "freischweben-
einer Höhe von 1,5-2 m über dem Boden anlegt den, trockenen Zweigen" absucht. Einige der im
(WlEHLE 1931),befanden sich die Naben der im Juni 2006 gefundenen 9 9 hatten zudem einen
Juni 2006 gefundenen Netze im Durchschnitt Kokon im Stabiliment (C. oculata hängt als ein-
nur gerade 13,2 cm (SD/Standardabweichung = zige einheimische ecribellate Radnetzspinne ihre
4,0 cm, n=13) über dem Boden (WlEHLE 1929: Kokons im Netz auf;WlEHLE 1929).
20-25 cm). Auch in der Ausstattung des Stabili- Im Labor konnten wir beobachten, dass C.
mentes gibt es Unterschiede zwischen den beiden oculata—im Gegensatzzu allen andereneinheimi-
Arten;währenddasStabilimentin C.conicaNetzen schen Radnetzspinnen-ihrNetznieganzabbaut,
manchmalausschliesslichausSeidebestehtundnur sondern in Situationen, in denen andere Spinnen
selten in der ganzen Länge mit Detritus behängt das Netz ganz abbauen (z.B. schlechtes Wetter,
ist (eigene Beobachtungen), waren alle von uns Häutung) ein rudimentäres Netz bestehend aus
beobachteten Stabilimentein C. oculataNetzeim- dem Netzrahmen,wenigen (ca. 6-8) Radien, dem
mer durchgehend mit Detritus (Beutereste, kleine StabilimentundderNabebaut(Abb.6).Aufgrund
Pflanzenteile,Exuvien) behängt.Die Stabilimente vonBeobachtungenrudimentärerNetzeimFreien
der im Juni 2006 gefundenen Netze wiesen eine vermuten wir, dass C. oculata auch im Freien ihre
Längevon durchschnittlich 3,5 cm (SD = 0,7 cm, Netzenieganzabbaut. C.oculatasitztauchindiesen
n=13) auf.ImBereichderNabeistdas Stabiliment rudimentären Netzen immer aufder Nabe, einge-
mitDetritus derartunterbrochen, dass die Spinne bettet in das Stabiliment. Das Stabiliment wurde
gerade in derLücke Platzfindet; derDetritus und von C. oculata immer wieder verwendet und ist
die SpinnebildensozusammeneineoptischeEin- dementsprechend sehrlanglebig.In einem Labor-
heit, die aufden ersten Blick als trockener Zweig experimentwurdeneinerSpinnekleineBlattstücke
wahrgenommenwird(Abb.4).DieoptischeSuche inihrNetzgelegt.DieSpinnebautedanneinenTeil
nachC.oculataistdementsprechendnurerfolgreich, dieserBlattstücke in das Stabilimentein,und dort
wennmandieuntereVegetationsschichtgeeigneter blieben diesebiszumTodder SpinnevierMonate
Cyclosaoculata inderSchweiz 15
Abb.7-9:AufzeichnungdesNetzbausvonC.oculata.7:KonstruktionderSpeichen.8:KonstruktionderNaben-undder
Hilfsspirale.9:KonstruktionderKlebespiraleundeinesTeilsdesStabilimentes.Maßstab:5cm.
Figs.7-9:PathofC.oculataduringwebconstruction.7:constructionofradii.8:constructionofhubandauxiliaryspiral.
9:constructionofstickyspiralandpartofthestabilimentum.Scale:5cm.
später.Fallsein C. oculataNetzganzzerstörtwurde hatten Hilfsspiralen mit durchschnittlich 4,0 (SD
(z.B.beimFangenderSpinne)undderSpinnedas = 0,5)Umgängenund Klebespiralen mit 15,5 (SD
Stabiliment belassen wurde, baute die Spinne ihr = 3,2) Umgängen (Abb. 7-9). In der Hilfsspirale
nächstes NetzmeistenswiederunterVerwendung konnten, etwa im Gegensatz zu C. insulana oder
&
desStabilimentesauf.DiesesVerhaltenwurdeauch C. walckenaerius(ZSCHOKKE VÖLLRATH 1995;
bei C. turbinata beobachtet (ROVNER 1976), aber unpublizierteDaten),nieUmkehrstellenbeobach-
nichtbei C. conica (eigene Beobachtungen). tet werden. Die Nabe hatte im Durchschnitt 8,3
Interessanterweise blieben im Labor die 88 (SD =3,2)Umgänge,wasimVergleichzuanderen
nach der Adulthäutung oft noch einige Tage in Radnetzenunüblichvielesind.ZudemwiesdieNa-
ihrem vor der Häutung gebauten Netz sitzen. benspiraleinallenNetzenmehrereUmkehrstellen
DiesesNetzwarmanchmaleinrudimentäresNetz, im oberenTeil auf,was ebenfalls unüblich ist und
manchmalaucheinmehroderwenigerkomplettes mit dem dauerhaften Stabiliment Zusammenhän-
NetzmitKlebespirale;einBeutefangeinesadulten gen dürfte.
8 konnte aber nie beobachtetwerden.
Im Labor konnten wir auch beobachten, dass Diskussion
C.oculataBeuteresteimStabilimentzurErnährung Nachdem C. oculata innerhalb relativ kurzer Zeit
heranzog, d.h. sie schien das Stabiliment sozusa- an verschiedenen Orten in der Schweiz in zum
gen als Notvorrat zu nutzen. Ebenfalls im Labor Teil hoher Dichte nachgewiesen werden konnte,
konnten wir beobachten, dass C. oculata das Netz stellt sich die Frage, wieso diese Art nicht schon
- sofern es nicht beschädigt wurde - manchmal früher nachgewiesenwurde.Wir nehmen an, dass
nichterneuerte,sondernnachmeistenszweiTagen mehrere Gründe dafür verantwortlich zu machen
nuriminnerenBereichderKlebespiraleeinige(2-5) sind.Einerseitswird C.oculatadurchdieklassischen
Klebfadenumgänge neu baute, ohne dabei die be- FangmethodenbeiFaunenerhebungen (Keschern,
stehendeKlebspiralezuentfernen.Esistallerdings Becherfallen) wohl nur ausnahmsweise erfasst, da
unklar,inwieferndieseVerhaltensmusterLaborar- Keschern tiefin der Vegetation nicht möglich ist,
tefakte sind. und da die Spinnen - mit Ausnahme der adulten
Um 8—
denNetzbauerfassenzukönnen,wurdeim 8 immerim Netzsitzen und deshalb nicht in
Labor der Bauvon21 Netzen durch drei Spinnen die Becherfallengeratenkönnen. Die adulten 88
mit der Methode von BENJAMIN &c ZSCHOKKE bewegensichwahrscheinlichaucheherinderVege-
(2002) aufgezeichnet. Die aufgezeichneten Netze tation fort, und werden so von den Becherfallen
16 S.Zschokke&A.Boizern
ebenfallsnichterfasst.Andererseitsistzuvermuten, einzigartig,dasiemanchmaleinrudimentäresNetzebaut
dass C. oculata erstin den letztenJahren (wieder?) undverwendet,dasie ihre Kokons in das Netzeinbaut,
häufiger geworden ist, denn die Buntbrachen, in und da sie ein dauerhaftes Detritus-Stabiliment baut.
denen C. oculata bisjetzt ausschließlich gefunden AufgrundunsererBeobachtungen nehmenwir an, dass
wurde, wurden erst seit 1994 angelegt, und in das Stabiliment C. oculatazurTarnungdient.
den ersten Jahren nur in sehr geringem Umfang Dank
(ZANGGER 2005). Da C. oculata bis jetzt außer-
Wir danken Nadja Lang, Eveline Hürlimann, Tanja
halbvonBuntbrachennichtnachgewiesenwerden
Jaeggi, Vreni Jean-Richard und Simone Fontana für
konnte und allebisherigen Fundorte am Rand der ihre - leider nicht immer erfolgreiche - Suche nach
Schweizliegen,istessogardenkbar,dass C. oculata Cyclosa oculata und Mandar Zschokke für seine Hilfe
,
erstin denletztenJahren (wieder?) in die Schweiz beimFangen.
eingewandert ist.
DieLanglebigkeitdes Stabilimentesisteinzig- Literatur
artigunterdenmitteleuropäischenSpinnen.Cyclosa BenjaminS.R&S.Zschokke(2002):Acomputerised
conicaverwendetdas Stabilimentnurüberdeutlich method to observe spiderwebbuildingbehaviourin
kürzereZeiträume,undArgiopebruennichiund Ulo- a semi-naturallight environment. In:TOFT S. 6cN.
borusspp.bauenihr-immerausschließlichaus Sei- SCHARFF (Hrsg.): European Arachnology 2000.
de bestehendes Stabiliment - mitjedem Netzbau AarhusUniversityPress,Aarhus. S. 117-122
vollständigneu. C.oculataistindieserHinsicht,wie Blick T, R. Bosmans, J. Buchar, P. Gajdos, A.
auchbezüglichdesEinbausderKokonsindasNetz Hänggi, P Van Helsdingen, V. Rüzicka, W.
STAR^GA 6c K. Thaler (2004): Checkliste der
und der Verwendung rudimentärer Netze einigen
Spinnen Mitteleuropas. Checklist ofthe spiders of
Cyclosa-Arten mit tropischerVerbreitung ähnlich.
Central Europe. (Arachnida: Araneae). Version 1.
DiesunterstütztdieThesevonSlMON(1929),dass Dezember 2004. - Internet: http://www.arages.de/
C. oculataeinen tropischenUrsprunghat. checklist.html#2004_Araneae
DieTatsache,dass C.oculatadieobenerwähnten Chou I-C., P.-H. Wang, P.-S. Shen 6c I-M. Tso
rudimentärenNetzebautundindiesensitzt,anstatt (2005):Atestofprey-attractingandpredatordefence
sichwieandereRadnetzspinneninderumgebenden functions ofpreycarcass decorationsbuiltby Cyclosa
VegetationzuversteckenwennkeinzumBeutefang spiders.-Anim.Behav.69: 1055-1061
brauchbares Netz vorhanden ist, legt den Schluss GonzagaM.O. 6cJ. Vasconcellos-Neto (2005):
nahe, dass sie in diesen rudimentären Netzen gut Testingthefunctionsofdetritusstabilimentainwebs
vor Feinden geschützt ist. Verbunden mit der zu- of Cyclosafililineata and Cyclosa morretes (Araneae:
mindest für unser Auge hervorragendenTarnung Araneidae):do theyattractpreyorreduce theriskof
predation?-Ethology111:479-491
durchdas StabilimentunterstütztdiesdieBefunde
von CHOU et al. (2005) und GONZAGA 6cVAS- HerbersteinM.E.,C.L.Craig,J.A.Coddington
CONCELLOS-NETO (2005), dass Detritus-Stabi- 6cM.A.ELGAR(2000):Thefunctionalsignificanceof
silkdecorationsoforb-webspiders:acriticalreviewof
limente, wie sie von C. oculataverwendet werden, the empiricalevidence.-Biol. Rev. 75: 649-669
zurTarnungderSpinnedienen,undsomitzuderen
LUCZAKj.(1974):Ecologicalgroupsofspidersofpotato
SchutzvorFeinden,und nichtzurAnlockungvon andryefields.-Bull.Acad.Pol. Sei.Cl.II. Ser.Biol.
Beuteinsekten,wie diesvon manchenAutoren für 22: 377-383
die Stabilimente in anderen Radnetzen vermutet LUDY C. 6c A. LANG (2006): A 3-year field-scale
wird (vgl. u.a. HERBERSTEIN et al. 2000). monitoring offoliage-dwelling spiders (Araneae) in
transgenicBtmaizefieldsandadjacentfieldmargins.
Zusammenfassung -Biol. Control38: 314-324
Die Radnetzspinne Cyclosa oculata (Walckenaer, 1802) MAURERR.6cA.HÄNGGI(1990):KatalogderSchwei-
wurde an elf Orten in der Nordwestschweiz nachge- zerischen Spinnen. Centre suisse de la cartographie
wiesen.Alle Fundortelagenin Buntbrachen mitrelativ delafaune,Neuchätel.412 S.
hohem Anteil abgestorbener Vegetation vom Vorjahr, Nentwig W., A. Hänggi, C. Kropf 6cT. Blick
relativ niedriger Vegetationshöhe und geringem Anteil (2003): Spinnen Mitteleuropas / Central European
vonGräsernanderVegetation.C.oculatabauteihrkleines spiders. An internet identification key. Version
RadnetzinBodennähe,tiefinderVegetation.Unterden 8.12.2003.-Internet:http://www.araneae.unibe.ch
ecribellatenRadnetzspinnenMitteleuropasistC.oculata
Cyclosaoculata inderSchweiz 17
Platen R., B. von Broen, A. Herrmann, U.M. SIMONE.(1929):LesArachnidesdeFranceVI.Synopsis
RATSCHKER£cP.Sacher(1999):Gesamtartenliste generaleetcataloguedesespecesfran9aisesdel'ordre
undRote ListederWebspinnen,Weberknechteund desAraneae;3epartie. Roret,Paris. S.533-772
Pseudoskorpione des Landes Brandenburg (Arach- VAN HELSDINGEN P. (2005): Fauna Europaea:Arane-
nida: Araneae, Opiliones, Pseudoscorpiones) mit idae. Fauna Europaea version 1.2. - Internet: http:
Angaben zurHäufigkeitund Ökologie. - Natursch. //www.faunaeur.org
Landschaftspfl.Brandenburg8 (2), Suppl.: 1-79 WlEHLE H. (1929):Weitere Beiträge zur Biologie der
PLATNICKN.I.(2006):Theworldspidercatalog.Version Araneen,insbesonderezurKenntnisdesRadnetzbau-
7.0.AmericanMuseumofNaturalHistory,NewYork. es.-Z.Morphol. Ökol.Tiere 15:262-308
- Internet: http://research.amnh.org/entomology/ WlEHLEH.(1931):SpinnentiereoderArachnoidea.27.
spiders/catalog & Familie. Araneidae. In: DAHL M. &H. BlSCHOFF
REISNERY.,L. PFIFFNER B.FREYER(1997): Bunt- (Hrsg.):DieTierweltDeutschlandsundderangren-
&
brachen. In: BAUR B., K.C. EWALD, B. FREYER zenden Meeresteile. 23. Teil. Gustav Fischer,Jena.
A. ERHARüT (Hrsg.): ÖkologischerAusgleich und S. 1-136
Biodiversität.Birkhäuser,Basel. S.47-53 WunderlichJ. &A. Hänggi (2005): Ckurinajapo-
ROBERTSM.J.(1995): SpidersofBritainandNorthern nica(Araneae:Dictynidae)-einenachMitteleuropa
Europe. HarperCollins,London.383 S. eingeschleppte Kräuselspinnenart.-Arachnol.Mitt.
ROVNERj.S.(1976):Detritusstabilamentaonthewebsof 29:20-24
Cyclosaturbinata(Araneae,Araneidae).-J.Arachnol. ZANGGERA.(2005):Biodiversitäts-MonitoringSchweiz
4:215-216 -M4:ÖkologischeAusgleichsflächen.Bundesamtfür
SCHENKEL E. (1918): Neue Fundorte einheimischer Umwelt,WaldundLandschaft,Bern.7 S.
Spinnen.-Verh.Naturf.Ges.Basel29:69-104 ZSCHOKKES.&F.VOLLRATH(1995):Webconstruction
patternsinarangeoforb-weavingspiders(Araneae).
-Eur.J. Entomol. 92:523-541
Nachtrag
Im Rahmen des Biodiversitätspraktikums vom
4.-6. Juni 2007, wurden elf Buntbrachen in der
NähevonBonfol(KantonJura,36kmwestlichvon
m CH
Basel, 460-490 ü.M., Landeskoordinaten
575400-576700/255600-258100, 7,11°-7,13°0
/47,45°-47,47°N) und 13 Buntbrachen im Raum
Langenthal (Kanton Bern, südlich desJuras) nach
C.oculataabgesucht.Dabeikonnte C.oculatainfünf
Buntbrachen in der Nähe von Bonfol gefunden
werden, aber südlich desJuras konnte die Spinne
-wie im Vorjahr- nicht entdecktwerden.
Wir danken Florine Leuthardt, Keren Levy, Philipp
Kuertund Benjamin Lange fürihreMitarbeitund den
Landwirtschaftsämtern der Kantone Bern undJura für
dieVerzeichnisse derBuntbrachen.