Table Of ContentPeter H. Ludwig
Ermutigung
Forschung
Erziehungswissenschaft
Band 29
Peter H. Ludwig
Ermutigung
Optimierung von Lernprozessen
durch Zuversichtssteigerung
Leske + B udrich, Opladen 1999
Gedruckt auf säurefreiem und altersbeständigem Papier.
ISBN 978-3-8100-2372-8 ISBN 978-3-322-97449-5 (eBook)
DOI 10.1007/978-3-322-97449-5
© 1999 Leske + Budrich, Opladen
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Inhalt
Vorwort ............................................................................................................ 9
Einf'tihrung ................................................................................................... 11
1. Teil: Das Konzept der Ermutigung ....................................................... 17
1.1 Explikation des Ermutigungsbegriffs ............................................... 21
1.1.1 Mut und Ermutigung ............................................................................ 25
1.1.2 Ermutigung als Zuversichtssteigerung ................................................. 32
1.1.2.1 Zuversicht ........................................................................................ 33
1.1.2.2 Selbstvertrauen und Fähigkeitsselbstkonzept .................................. 33
1.2 Funktionen und kausales Prozeßmodell der Ermutigung ................. 36
1.2.l Exkurs: "Handlung" und "Verhalten" .................................................. 39
1.2.2 Zuversicht und Emotion ....................................................................... 41
1.3 Ermutigungskonsequenzen ............................................................... 44
1.3.1 Motivierung und Ermutigung ............................................................... 44
1.3.1.1 Unterscheidung zwischen Ermutigung und Motivierung ................ 49
1.3.1.2 Koppelung von Ermutigung und Motivierung ................................. 51
1.3.2 Selbsterfüllung und Ermutigung ........................................................... 54
1.3.2.1 Unterscheidung zwischen Ermutigung und Selbsterfüllung ............ 56
1.3.2.2 Koppelung von Ermutigung und Selbsterfüllung ............................ 56
1.3.3 Ansätze zur Rolle der Erwartung als Determinante ihrer Bestätigung. 57
1.3.3.1 Klassifikation von Erwartungs-und Bestätigungseffekten .............. 58
1.3.3.2 Zuordnung von Erwartungstheorien zu den beiden Ansätzen von
Bestätigungseffekten ........................................................................ 66
1.3.4 Duales Modell der Ermutigungskonsequenzen .................................... 78
1.4 Intentionalität VS. Funktionalität des Ermutigungsbegriffs .............. 82
1.4.1 Herkömmliches Definitionsmodell ...................................................... 83
5
1.4.1.1 Erziehung im herkömmlichen Definitionsmodell ............................ 85
1.4.1.2 Nachweisproblematik infunktionalen Begriffen ............................. 87
1.4.1.3 Sozialisation im herkömmlichen Definitionsmodell ........................ 91
1.4.1.4 Nachteile einer funktionalen Festlegung
des Sozialisationsbegrifjs ................................................................ 94
1.4.2 Erweiterung des Definitionsmodells .................................................... 98
1.4.2.1 Sozialisation als situationaler Begriff ........................................... 102
1.4.2.2 Vorteile der situationalen Festlegung des Sozialisationsbegriffs .. 106
1.4.3 Erziehungsmittel und Sozialisationsfaktoren im erweiterten
Definitionsmodell ............................................................................... 110
1.4.3.1 Definitionen im Lichte des einfachen Kausalverhältnisses ........... 110
1.4.3.2 Definitionen im Lichte des zweifachen Kausalverhältnisses ......... 112
1.4.4 Definitionsanwendung auf das Erziehungsmittel "Ermutigung" ....... 117
1.5 Verstärkung und Ermutigung .......................................................... 120
2. Teil: Pädagogischer Stellenwert der Ermutigung .............................. 123
2.1 Ermutigung als pädagogische Kategorie . ................................... .... 123
2.1.1 Zielsetzung und Funktionen von Ermutigung .................................... 124
2.1.2 Ermutigung als Erziehungsmittel ....................................................... 125
2.1.3 Ermutigungsmittel .............................................................................. 127
2.2 Bedeutung von Ermutigung und Zuversicht für Lernprozesse ....... 129
2.3 Selbstvertrauen als Determinante der Leistung .............................. 136
2.4 Zur Höhe des Effekts von Ermutigungsstrategien ............ .............. 141
2.5 Indikation der Ermutigung .............................................................. 142
3. Teil: Anwendung von Ermutigungsmitteln
in der pädagogischen Praxis ....................................................... 144
3.1 Ermutigung vor der Leistungserbringung ....................................... 145
3.1.1 Ermöglichung von Erfolgserfahrungen ............................................... 145
3.1.2 Voraussagen und Merkmalszuweisungen .......................................... 149
3.1.3 Vorbereitung auf Rückschläge ........................................................... 151
3.2 Ermutigung nach erbrachter Leistung.............................. ............... 152
3.2.1 Nachbereitung von Erfolg .................................................................. 153
3.2.2 Nachbereitung von Mißerfolg ............................................................ 156
6
3.2.3 Paradoxe Wirkung von Lob und Tadel ............................................... 158
3.2.4 Schulische Leistungsbeurteilung ........................................................ 160
Nachwort ..................................................................................................... 165
Literatur ...................................................................................................... 166
Register ....................................................................................................... 186
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Vorwort
Die Bedeutung von Zuversicht, Selbstvertrauen und positiven Erwartungshal
tungen fiir Lernprozesse wird seit einigen Jahrzehnten von etlichen Theorien
unterstrichen. Solche Theorien befassen sich bisher hauptsächlich mit der Be
schreibung und Erklärung der Lernwirklichkeit, weniger mit Möglichkeiten
ihrer Kontrolle bzw. Verbesserung. Das Interesse der pädagogischen Praxis
und der angewandten Psychologie an solchen theoretischen Überlegungen
konzentriert sich jedoch gerade auf diese Kernfrage: Wir wissen, daß Lei
stungserwartungen den Erfolg der eigenen Lernleistung mitbestimmen. Wie
aber kann diese Erkenntnis in Interventionen einfließen, um Lernvorgänge zu
optimieren? Das komplexe Untersuchungsfeld dieser pragmatischen Frage
stellung läßt sich auf das Konzept der Ermutigung als Handlungskategorie fo
kussieren. Ermutigungen können als Maßnahmen zur Steigerung von Zuver
sicht aufgefaßt werden.
Kaum eine Abhandlung zur Erziehungs- und Unterrichtsmethodik läßt das
Stichwort "Ermutigung" aus. Die Tragweite und Relevanz der Ermutigung
werden vor allem in der Erziehungswissenschaft und in der Klinischen Psy
chologie hervorgehoben. Dies geschieht allerdings meist in einer Weise, die
wenig erahnen läßt, was denn genau mit "Ermutigung" und ihrer Auswirkung
gemeint ist. Begriffserläuterungen und Andeutungen zu den Funktionen der
Ermutigung weisen selten über die unscharfe Verwendung des Wortes "Ermu
tigung" in der Alltagssprache hinaus. Damit entsteht das Problem, dieses Phä
nomen nur schwer in den Fundus pädagogischer und psychologischer Kon
strukte, Modelle und Theorien integrieren zu können. Ermutigung schien zu
denjenigen praxisrelevanten Begriffen zu gehören, die eher zur ideologisch
politischen Konsensbildung taugen als zu einer detaillierten wissenschaftlichen
Analyse. Deshalb mußte bei dem Begriff "Ermutigung" bislang offenbleiben,
ob er tatsächlich Eigenständigkeit beanspruchen kann oder nicht besser durch
andere eingeführte, fundierte Nachbarkategorien wie z.B. Motivation, Verstär
kung, Selbstvertrauen und Selbstkonzept ersetzt werden sollte. Die vorliegen
den Ausfiihrungen versuchen zur Klärung dieser Fragen und Probleme beizu
tragen.
Thematisch knüpft diese Arbeit an die Tradition der Forschung zu den Er
ziehungsmitteln und pädagogischen Handlungsformen an, einer zentralen an-
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wendungsbezogenen Problemstellung der Allgemeinen Pädagogik, die in den
letzten Jahren etwas in den Hintergrund wissenschaftlicher Betrachtung gera
ten zu sein scheint. Im Unterschied zu den Klassikern dieser Tradition wird
hier verstärkt die Verbindung zur psychologischen Theoriebildung und der
empirischen Forschung gesucht.
Diese Arbeit basiert auf einer Abhandlung, die unter dem Titel "Ermuti
gung und Imagination" von der Philosophischen Fakultät I der Universität
Augsburg 1996 als Habilitationsschrift angenommen wurde. Zur Veröffentli
chung ist diese ursprüngliche Fassung um neue re Theorieansätze und empiri
sche Studien, die erst später erschienen, erweitert und aus Gründen des Um
fangs in zwei Bände geteilt worden. Der im Druck befindliche weitere Band zu
Imaginationsverfahren als Ermutigungsmittel baut thematisch auf dem vorlie
genden auf, wobei beide Publikationen in sich abgeschlossen und somit auch
separat rezipierbar sind.
Dieser Beitrag zur Ermutigungsforschung konnte nur durch das Entgegen
kommen und die fachliche Förderung von Frau Prof. Dr. Hildegard Macha
und Herrn Prof. Dr. Fritz März verwirklicht werden. Die Anregung, mich mit
dieser Thematik auseinanderzusetzen, verdanke ich Herrn Prof. em. Dr. Erich
Weber. Ferner erfuhr mein Vorhaben freundliche Unterstützung durch Herrn
Prof. Dr. Dieter Ulich und Herrn Dr. Siegmund Gehlert.
Riquewihr (Elsaß) im April 1998 P.L.
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Einführung
Ermutigung wird für die unterschiedlichsten Lebensbereiche als bedeutsam er
achtet, auch für Lern-und Leistungssituationen. Henz spricht von der "aufbau
enden Macht" der Ermutigung und der "grauenhaften Macht" der Entmutigung
in der Erziehung. Er nennt die Ermutigung ein wesentliches Bestimmungs
merkmal von Erziehungsprozessen (1964, 2, 6, 17). Die individualpsychologi
sche Pädagogik beschreibt Ermutigung als eines ihrer wichtigsten Prinzipien
(Antoch 1981, 138ff; Brand11975; 1976; 1977; ErtlelMöckel1981, 88; Forgus
1978; Hobmair u.a. 1979,78; Röhrich 1976, 101ff; Rüedi 1995). Dreikurs for
dert von Pädagogen generell eine ermutigende Haltung, die den Lernenden ei
ne grundlegende Sicherheit vermittelt (ErtlelMöckelI981, 88). Erziehung und
Bildung gilt nach Fuchs "als die Ermutigung der Person zu eigener Wertgestal
tung und Ordnungsstiftung" (1989, 425).
Wer den Einfluß der Ermutigung im pädagogischen Kontext in dieser
Weise hervorhebt, bezieht sich damit nicht nur auf die offenkundigen Bestim
mungsfaktoren von Lernprozessen, in denen sich Alltagstheorien über den
Wissenserwerb typischerweise erschöpfen: Lernen und Leistungsverhalten
sind eben nicht nur eine Angelegenheit des Wollens und Könnens, der Intelli
genz und des Gedächtnisses, sondern auch eine Angelegenheit weiterer psychi
scher Merkmale, wie des Selbstvertrauens, des Selbstbilds, der Zuversicht und
anderer meist nicht-bewußter Kognitionen und Emotionen. Dem eigenen
Selbstverständnis nach erleben Menschen ihr Tun und Handeln meist von be
wußten Kognitionen gesteuert. Dies erweckt die Illusion, sie seien die eigentli
chen oder sogar einzigen Determinanten des Verhaltens (Grawe u.a. 1994,
760). Der Ansatz der Ermutigung weist in eine andere Richtung.
(1.) Zielsetzung und Aufbau der Arbeit
Die vorliegende Schrift zielt zentral darauf ab, eine Antwort auf die Frage zu
versuchen, ob "Ermutigung" näher besehen ein sinnvolles pädagogisches Kon
strukt darstellt. Die Sinnhaftigkeit bemißt sich dabei am pragmatischen Nutzen
im Rahmen einer handlungsorientierten pädagogischen Theoriebildung und an
der terminologischen Eigenständigkeit, die dann gegeben ist, wenn ein Begriff
durch keinen der verwandten Termini ersetzbar ist. Es soll also verdeutlicht
werden, daß die Ermutigung eine eigenständige pädagogische Handlungskate-
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