Table Of ContentRoland Fahrion
Endliche Lagstrukturen
Klassifizierung und schätztheoretische Behandlung
von Spline-Lags
Springer-Verlag Berlin Heidelberg GmbH
1980
CIP-Kurztitelaufnahme der Deutschen Bibliothek
Fahrion, Roland:
Endliche Lagstrukturen: Klassil!zierung u.
schätztheoret. Behandlung von Spline-Lags/
Roland Fahrion. - Würzburg: Physica-Verlag,
1980.
Das Buch oder Teile davon dürfen weder photomechanisch noch in irgendeiner
anderen Form ohne die schriftliche Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden.
© Springer-Verlag Berlin Heidelberg 1980
Ursprünglich erschienen bei Physica-Verlag, Rudolf Liebing GmbH + Co., Wurzburg 1980.
ISBN 978-3-7908-0226-9 ISBN 978-3-662-41543-6 (eBook)
DOI 10.1007/978-3-662-41543-6
Einleitung
1. Obersicht und Grundlagen 1o
2. Klassische Polynom-Lags 18
2. 1 Der bekannteste Polynom-Lag: Der Almon-Lag 18
2.2 Verallgemeinerte Polynom-Lag Strukturen 29
3. Der Spline-Lag 33
3.1 Der Begriff der Spline-Funktion 33
3 .1.1 Bisherige Verwendung des Splines in ökonomi_schen
Modellen 38
3 .1. 2 Der Spline als Regressionsinstrument 43
3. 1. 3 Ein klassischer Ansatz: Der kubische Spline-Lag 46
3 .1. 4 Test der kubischen Spline-Lag Hypothese 53
3.2 Bemerkungen zum Begriff des totalpositiven Kerns 56
3.2.1 Polya-Dichtefunktionen 58
3.2.2 Eigenschaften von P6lya-Dichtefunktionen 63
3.2.3 P6lya-Dichtefolgen 65
3.3 Die Spline-Lag Dichte 66
3.3.1 Definition des B-Splines 66
3.3.2 Verteilungseigenschaften des B-Splines 71
3.3.3 Darstellung der SPline-Lag Dichte 77
4. Klassifizierung von Spline-Lag Verteilungen nach
der vorgegebenen Datenstruktur 82
4.1 Das Konzept der Konditionierungsklassen von X'X 82
4.2 Definition der Spline-Lag Inzidenzmatrix 88
4.3 Charakterisierung von Spline-Lag Inzidenzen 92
4.4 Zerlegbarkeit von Spline-Lag Inzidenzen 1o1
5. Statistische Eigenschaften der Spline-Lag
Verteilung 1o8
5.1 Die Schätzgleichungen für die Spline-Lag Dichte 1o8
5.2 Testkriterien für die Spline-Lag Hypothese 112
5.3 Bemerkungen über gleichmäßig beste Tests 126
5.4 Der MSE-Test der Spline-Lag Hypothese 13o
5.5 Asymptotische Eigenschaften des Spline-Lag
Schätzers bei variablen Knoten 134
5.6 Ein heuristisches Verfahren zur Schätzung der
nichtlinearen Spline-Lag Gewichte 142
6. Bayessche Lagstrukturen 15o
6.1 Pseudo-Bayessche Lag-Strukturen 15o
6.1.1 Bemerkungen zu Pseudo-Bayesschen Schätzern 15o
6.1.2 Standardisierung der Lag-Struktur 154
6.1.3 Pseudo-Bayessche Schätzung der Beta-Lagstruktur 156
6.2 Bayessche Ansätze für endliche Lag-Strukturen 161
6.2.1 Der Ansatz von Shiller 161
6.2.2 Zusammenhang zwischen Shiller- und Almon-
Schätzer 163
6.2.3 Zur Problematik über die Annahme einer a priori-
Verteilung 166
6.2.4 Der Shiller-Schätzer bei unbekannten a priori-
Parametern 167
6.2.5 Verwendung von Saisonvariablen im Shiller-Ansatz 171
6.2.6 Schätzung der Spline-Lagmodelle aus Bayesscher
Sicht 176
6.3 Die Lag-Kontraktkurve 179
6.3.1 Hypersphären gleicher Dichte und Labelling-
Funktionen 179
6.3.2 Definition der Lag-Kontraktkurve 18o
6.3.3 Die Lag-Kontraktkurve des Shiller-Schätzers 182
Zus~enfassung und Ausblick 186
Literaturverzeichnis 19o
Anhang 2o5
1. Zusammenstellung der wichtigsten Symbole 2o6
2. Tabellierung der kritischen Punkte für den
MSE - Test der Spline-Lag Hypothese 2o9
3. Machtfunktionen ß(\) des MSE- Tests der
Spline-Lag Hypothese 221
4. Fortran-Programm zur Berechnung der kritischen
Punkte, der Integralwerte und der ~1achtfunktionen
im MSE - Test der Spline-Lag Hypothese 225
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E~nle~~ung
Die Konkretisierung dynamischer Relationen zwischen ökonomi
schen Variablen ist ein sehr schwieriges Problem in der quan
titativen Wirtschaftsforschung, weil gleichzeitig die wirt
schaftstheoretischen Grundlagen bestmöglich erfaßt und die
schätztechnische Behandlung noch gewährleistet werden muß.
Diese in gewisser Weise konträre Forderung an Theorie und
Methode konnte in vielen bisherigen empirischen Arbeiten nur
unzureichend erfüllt werden, da man zugunsten der Erfüllbar
keit statistisch-ökonometrischer Gütekriterien meist gezwungen
war, einerseits einfache Funktionsansätze zu wählen, die aber
andererseits die a priori verfügbare wirtschaftstheoretische
Information nicht ausreichend aufnehmen können. Nicht ausreich
end soll in dem Sinn verstanden werden, daß trotz intensiver
Anstrengungen in den letzten zehn Jahren - es erschien eine
Unzahl von empirischen, theoretischen und methodischen Arbeiten
zur Erklärung dynamischer Strukturen - zwar in mannigfaltiger
Weise ad hoc die funktionalen Zusammenhänge 'ausprobiert' wur
den, aber man dennoch den Eindruck gewinnt, daß wenig über die
sich in wechselseitiger Wirkungsweise beeinflussenden sozio
ökonomischen Faktoren bekannt ist.
Eigenschaften dynamischer Relationen werden entscheidend von
der verwendeten Time-Lag Struktur bestimmt. Dabei kann der
Time-Lag zunächst als zeitliche Beziehung einer erklärenden
exogenen Variablen zwischen zwei Zeitpunkten und deren Wirkung
auf eine endogene Variable verstanden werden (einfacher Lag) ,
oder aber kann die Einflußwirkung der erklärenden Variablen
über mehrere Perioden verteilt sein (distributed Lag). Den
meisten Untersuchungen über verteilte Lags liegt die Vorstel
lung zugrunde, daß die exogene Variable eine langfristige Wir
kung auf die endogene Variable hat, die mit wachsendem Lag
abnimmt. Solche unendlichen Lag-Relationen yt=f(xt,xt_1, ••• )
sind jedoch nur in Spezialfällen für praktische Anwendungen
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möglich, daher ist man gezwungen, den theoretischen Zusammen
hang durch ein endliches Verzögerungsmuster zu approximieren.
Das zentrale Problem ist aber weniger das 'Abschneiden' der
Lag-Zeitwirkung, sondern vielmehr die Bestimmung der funktio
nalen Form des Verzögerungsmusters.
Die Literatur über verteilte Lags ist derart umfangreich, so-
daß es schier aussichtslos wäre, hier auch nur den Versuch zu
machen, diese alle zu erfassen. Ein Grund für diese Flut von
Arbeiten liegt gerade in der Bedeutung von verteilten Lags in
der empirischen Wirtschaftsforschung, da praktisch alle Wech
selwirkungen ökonomischer Variablen nicht unmittelbar (im sel
ben Zeitpunkt oder Zeitintervall) erfolgen, sondern eine Art
Verharrungsvermögen besitzen und dadurch Verzögerungsmomente
im Reaktionsablauf des zu beschreibenden ökonomischen Zusammen
hangs auftreten. Seit dem tlbersichtsartikel von Griliches (1967)
haben das Buch von Dhryrnes· (1971), eine sehr kritische Ausein
andersetzung mit den bis dahin bekannten Distributed-Lag Ansät
zen von Nerlove (1972), und Sims (1971, 1973) die Entwicklung
der theoretischen und methodischen Aspekte nichtstochastischer
Lagrelationen geprägt. Parallel hierzu führte wohl die sehr
massiv einsetzende Kritik an dem 'ad hoc-kery' (Griliches, Ner
love) - mit dem eine bislang bekannte statische Theorie durch
verteilte Lags 'ersetzt' und zur 'dynamischen' Struktur erklärt
wurde - zu den (im Sinne von Bayes) probabilistischen Ansätzen
für verteilte Lags (Chetty (1971), Leamer (1972), Shiller (1973)),
die aber keinesfalls von diesem ad hoc-Vorgehen befreit sind,
da an der Vorgabe gewisser a priori Informationen (Parameter
und Labelling-Funktion der a priori-Verteilung) 'kein Weg vor
beiführt
I •
Nach einer Obersicht mit allgemeinen Hinweisen zu den bisheri
gen wichtigsten Ansätzen über verteilte Lags schließt im Ab
schnitt 2.1 eine kritische Betrachtung des Almon-Lags an, der
bisher bekanntesten polynomialen Lagverteilung. Man geht so vor,
daß man die Lag-Gewichte als Funktionswerte eines Polynoms aus
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dem vorgegebenen Beobachtungsmaterial über einen Regressions
ansatz bestimmt werden (Almon (1965), Jorgenson (1966),
Dhrymes (1971)). Diese Ansätze sind jedoch in verschiedener
Hinsicht problematisch. Zwar läßt sich nach dem Satz von Weier
straß jede stetige Funktion durch eine geeignete Wahl einer
Folge von approximierenden Polynomen beliebig genau darstellen,
aber bei der Bestimmung polynomialer Lagverteilungen werden
einzelne diskrete Punkte der unbekannten Verteilung geschätzt
und alle übrigen Punkte interpoliert. Da Polynome Z\lischen dis
kreten Interpolations-Stützpunkten erhebliche Schwankungen auf
weisen können (vgl. auch Poirier (1976), Kap.6, und Shiller
(1973)), muß das Stützpunkt-Gitter der Lag-Zeitpunkte hinreich
end dicht gewählt werden, um zu gewährleisten, daß die Abwei
chung der geschätzten Interpolationsverteilung von der wahren
Verteilung innerhal~ eines vorgegebenen Konfidenzstreifens
liegt (vgl. Fahrion (1977)). Nur in ganz wenigen Fällen kann
man erwarten, daß die Lag-Gewichte oszillieren (Gould (1968)).
Eine weitere Schwierigkeit entsteht bei der Erhöhung des Poly
nomgrads. Eine solche Erhöhung ist einerseits wünschenswert,
weil dadurch eine bessere Genauigkeit erzielt wird, anderer
seits ist aber damit eine Erhöhung der Stützpunktzahl verbunden,
wodurch die Spaltendimension des Regressionssystems größer
wird. Diese konträre Forderung an die Lag-Interpolationsdar
stellung, einerseits innerhalb eines Konfidenzstreifens zu
verlaufen (hinreichend viele Stützpunkte) und andererseits
glatt zu sein (niedriger Polynomgrad) , können Polynome im
allgemeinen nicht ausreichend erfüllen. Zur Vermeidung dieser
Schwierigkeiten ist es erforderlich, einen Funktionsansatz zu
suchen, der gute Glattheitseigenschaften aufweist und außer
dem den Charakter einer Dichtefunktion hat.
Einen ersten Schritt in dieser Richtung machte Shiller (1973)
mit einem Bayes-Ansatz. Diesen Ansatz kann man als eine GLS
Schätzung unter der stochastischen Restriktion auffassen, daß
die Erwartungswerte der Lag-Gewichte auf einem Polynom liegen.
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Die Glattheitsrestriktionen werden dabei einer a priori
Normalverteilung unterworfen. Eine andere Möglichkeit ist,
die Almon'schen Polynomrestriktionen durch zusätzliche Rest
riktionen über die Richtung der Lagkurve (Ableitungen) in den
Lag-Zeitpunkten zu erweitern. Dies führt zu Hermiteschen
Interpolationsdarstellungen, die als Obergangsstufe zum Spline
Lag angesehen werden können. In der Literatur sind bisher
Hermitesche Lag-Darstellungen nicht abgehandelt worden. Ein
wesentlicher Grund hierfür dürfte sein, daß man sehr schnell
zu Polynomen hohen Grades kommt, die man aus dem bereits er
wähnten Grund vermeiden sollte.
In Abschnitt 3 kommen wir dann zum Spline-Lag. Die Spline
Funktionen haben in neuerer Zeit in den verschiedensten Diszi
plinen der Angewandten Mathematik an Bedeutung gewonnen und
die klassischen Polynome sind teilweise verdrängt worden. Ist
eine Aufteilung eines Definitionsintervalls in disjunkte Teil
intervalle vorgegeben, so läßt sich der mathematische Spline
auf diesen Teilintervallen durch Polynome eines vorgegebenen
Grads darstellen. Gleichzeitig wird gefordert, daß der Spline
in den Teilintervall-Endpunkten differenzierbar ist, d.h. die
Polynomstücke sich glatt anschließen. Daher wird manchmal
auch der Begriff 'Stückpolynom' gebraucht. Wir geben einige
Hinweise auf wesentliche Arbeiten, welche die Entwicklung der
Spline-Theorie geprägt haben, außerdem gehen wir kurz auf
Spline-Anwendungen in der quantitativ-empirischen Wirtschafts
forschung ein (3.1 .1).
Im Zusammenhang mit Lag-Verteilungen interessieren uns im Hin
blick auf die Schätzgleichungen für die Lag-Gewichte insbeson
dere die Eigenschaften des Splines als Regressionsinstrument
(3.1.2). Von Bedeutung ist hierbei die Wahl der sogenannten
Spline-Knoten, welche entweder mit den Teilintervall-Endpunkten
zusammenfallen oder innerhalb der Teilintervalle liegen können.
Diese Knoten können mit Zeitpunkten von Strukturveränderungen
identifiziert werden. In 3.1.3 stellen wir in einer verallge
meinerten und modifizierten Form den kubischen Spline-Lag von