Table Of ContentStefan Müller-Stach | Jens Piontkowski
Elementare und algebraische Zahlentheorie
Stefan Müller-Stach | Jens Piontkowski
Elementare und
algebraische Zahlentheorie
Ein moderner Zugang zu klassischen Themen
2., erweiterte Auflage
STUDIUM
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Prof. Dr. Stefan Müller-Stach
Johannes Gutenberg-Universität Mainz
Institut für Mathematik
Staudinger Weg 9
55099 Mainz
[email protected]
Priv.-Doz. Dr. Jens Piontkowski
Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf
Mathematisches Institut
Universitätsstraße 1
40225 Düsseldorf
[email protected]
1. Auflage 2006
2., erweiterte Auflage 2011
Alle Rechte vorbehalten
© Vieweg+Teubner Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011
Lektorat: Ulrike Schmickler-Hirzebruch | Barbara Gerlach
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Umschlaggestaltung: KünkelLopka Medienentwicklung, Heidelberg
Druck und buchbinderische Verarbeitung: AZ Druck und Datentechnik, Berlin
Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier
Printed in Germany
ISBN 978-3-8348-1256-8
Fu¨r unsereEltern,EvijaundSiggi
Vorwort
DerAusgangspunktdiesesBucheswareingemeinsamentwickeltesVorlesungsskriptderbei-
den Autoren, das eine anschaulicheDarstellung der Grundbegriffeder elementarenund al-
gebraischenZahlentheoriezumZielhatte.DabeistandendietheoretischenAspektezwarim
Vordergrund,aberderStoffsollteimmerdurchBeispieleundexpliziteAlgorithmenkonkre-
tisiertwerden.
Der rote Faden dieses Buches ist die Lo¨sungstheorie diophantischer Gleichungen, d.h. die
Suche nach ganzzahligen oder rationalen Lo¨sungen von Polynomgleichungenin mehreren
Variablen. Dabei stehen die quadratischen Gleichungen im Mittelpunkt, um den Stoff ele-
mentarzuhalten.DasBuchfu¨hrtdazuinmehrereTechnikenein.InderKongruenzrechnung
versuchtman,eineGleichungzuerstmoduloeinernatu¨rlichenZahlnzulo¨sen.Dabeibietet
essichan,fu¨rneinePrimzahlpotenzpkzuwa¨hlen,weilmandieLo¨sungenzuverschiedenen
PrimzahlpotenzenmitdemchinesischenRestsatzzusammensetzenkann.DerGrenzu¨bergang
vonk nachunendlichfu¨hrtzu den p–adischenZahlen.An HandderquadratischenFormen
wirddemonstriert,wieausLo¨sungenu¨berden p–adischenZahlenaufeineLo¨sungu¨berden
rationalenZahlengeschlossenwerdenkann.EinigediophantischeGleichungenwerdendurch
spezielle Techniken effektivergelo¨st, so helfen Kettenbru¨chebei der Lo¨sung der Pellschen
Gleichung x2 dy2 1fu¨rd .
(cid:0) (cid:0)
Eine andere M(cid:0)ethode neben(cid:2)der Kongruenzrechnung besteht darin, solche Gleichungen
zuna¨chstnichtu¨berdenganzenZahlen,sondernu¨bereinemetwasgro¨ßerenRingzubetrach-
ten. Zum Beispiel faktorisiertdie Pellsche Gleichung bereits u¨ber dem Zahlring d als
x dy x dy 1.DurchdieBeobachtung,dassbeideFaktorenEinheiten(cid:2)sin(cid:2)(cid:3)d,w(cid:3) ird
(cid:4)aus(cid:5)d(cid:3)er S(cid:6)u(cid:4)che (cid:3)nach(cid:6)L(cid:0)o¨sungen eine Suche nach Einheiten in d . Welche Erweiterungs-
ringevon f(cid:0)u¨rsolcheBetrachtungengeeignetsindundwelch(cid:2)e(cid:2)(cid:3)Eig(cid:3)enschaftendiesehaben,
(cid:2)
wird in der algebraischen Zahlentheorie studiert. Der Schwerpunkt liegt darauf zu bestim-
men, welche dieser algebraischenErweiterungsringefaktoriellsind, bzw.ihre Abweichung
davonmitHilfederKlassengruppezumessen.
Das vorliegende Buch kann auf verschiedene Weisen gelesen und zu Vorlesungen benutzt
werden.DieAbschnitte 1– 9bildendieGrundlagederelementarenZahlentheorieundsoll-
tenaufjedenFallgru¨ndlichbearbeitetwerden.AnschließendkannaufdreiverschiedeneWei-
(cid:4) (cid:4)
senfortgefahrenwerden,wennmaneineAuswahltreffenwill:EineMo¨glichkeitbestehtdar-
in,direktquadratischeFormenbiszumSatzvonHasse–Minkowskizubehandeln( 13– 15).
AndererseitskannmanauchKettenbru¨che( 10)erarbeitenunddaraufaufbauendentweder
(cid:4) (cid:4)
mit Primzahltests und Faktorisierungsalgorithmen ( 11– 12) oder mit den Grundbegriffen
(cid:4)
der algebraischen Zahlentheorie ( 16– 19) fortfahren. Die Kombination 1– 9 zusammen
(cid:4) (cid:4)
(cid:4) (cid:4) (cid:4) (cid:4)
mit 10– 12bietetsichfu¨reineeinsemestrigeVorlesung(Modul)imBachelor–Studiengang
an;m(cid:0)ank(cid:0)anndenRestdesBuchesdannfu¨reinenVertiefungsmodulimRahmendesMaster–
Studiengangesnutzen.SollderSchwerpunktschonfru¨hauf diealgebraischeZahlentheorie
gelegtwerden,soliestman 1– 10mit 16– 19,wasabernurmiteinigenVorkenntnissenin
einemSemesterbehandeltw(cid:0)erd(cid:0)enkann(cid:0). (cid:0)
Im AnhangdesBuchesko¨nnenGrundkenntnisseu¨berGruppen,RingeundKo¨rpernachge-
schlagenwerden.EinekurzeEinfu¨hrungindasfreieComputeralgebrasystemPARI/GPla¨dt
zuzahlentheoretischenExperimentenein.EbensobefindensichdortdieLo¨sungshinweisezu
denAufgaben.
Wir bedankenunsbei Ralf Gerkmann,Jens Mandavid und Oliver Petras fu¨r viele wertvol-
le Hinweise zu vorla¨ufigen Fassungen des Textes und die tatkra¨ftige Unterstu¨tzung beim
U¨bungsbetriebzudenbeidenVorlesungsreihenin2004/2005und2005/2006.Allenunseren
Studenten sind wir sehr dankbarfu¨r die aktive Teilnahme an den vier Veranstaltungenund
fu¨rihrezahlreichenKorrekturhinweise.
Mainz STEFAN MU¨LLER–STACH
September2006 JENS PIONTKOWSKI
Vorwort zur zweiten Auflage
InderzweitenAuflagewurdenDruckfehlerdererstenAuflageberichtigtundweitereVerbes-
serungenimTextvorgenommen.AußerdemhabenwirzahlreicheneueAufgabenausVorle-
sungen und Staatsexamensklausurenzusammen mit Lo¨sungshinweisen aufgenommen.Wir
dankenHenningHollbornundallen anderen,die unsdabeiunterstu¨tzthaben.Daru¨berhin-
aus haben wir einen Anhang u¨ber Minkowskitheoriehinzugefu¨gt,um die bisher fehlenden
BeweisederEndlichkeitderKlassenzahlsowiedesSatzesvonDirichletgebenzuko¨nnen.
MainzundDu¨sseldorf STEFAN MU¨LLER–STACH
April2011 JENS PIONTKOWSKI
Inhaltsverzeichnis
1 Primzahlen 1
2 Teilbarkeitstheorie 5
3 DerggTunddereuklidischeAlgorithmus 13
4 Kongruenzrechnung 19
5 DieRinge n 25
(cid:0)(cid:0) (cid:0)
6 EndlicherzeugteabelscheGruppen 33
7 DieStrukturderEinheitengruppenU 43
n
8 QuadratischeReste 51
9 Quadratsa¨tze 61
10 Kettenbru¨che 67
11 Primzahltests 85
12 Faktorisierungsalgorithmen 97
13 p–adischeZahlen 107
14 QuadratrestklassenundHilbert–Symbole 121
15 DerSatzvonHasse–Minkowski 137
16 Zahlko¨rper 145
17 TeilertheorieimRingganzerZahlen 165
18 DieIdealklassengruppe 183
19 DieKlassenzahlquadratischerZahlko¨rper 195
A ElementareGruppentheorie 217
B ElementareRingtheorie 221
C ElementareKo¨rpertheorie 225
D Minkowskitheorie 227
E Einfu¨hrunginPARI/GP 243
F Lo¨sungshinweisezudenAufgaben 245
Literaturverzeichnis 257
Stichwortverzeichnis 259
1 Primzahlen
Einer der Hauptgegensta¨ndeder Zahlentheoriesind die Primzahlen,die wir als die natu¨rli-
chenZahlenungleich1definierenko¨nnen,die nurdurch1undsich selbstteilbar sind.Die
wichtigstenFragenu¨berPrimzahlensind:
1. Wiekannmanfeststellen,obeinenatu¨rlicheZahl peinePrimzahlist?
2. KannmanaufeinfacheWeiseeinesehrgroßePrimzahlfinden?
3. WievielePrimzahlengibtes?
4. WiesinddiePrimzahlenindennatu¨rlichenZahlenverteilt?
Wir wollenindiesemersten Abschnittdiese Fragenansprechen—inspa¨terenAbschnitten
werdenwirdieAntwortendannnochweitervertiefen.
Fallseinenatu¨rlicheZahlnkeinePrimzahlist,alsoineinProduktn abmita b 1zerfa¨llt,
(cid:0)
dannmussaoderbgro¨ßergleich nsein.DieseU¨berlegungfu¨hrtzueinemer(cid:0)ste(cid:2)nPrimzahl-
test: (cid:0)
NaiverPrimzahltest
Sein gegeben.Teste,obndurcheinederganzenZahlenzwischen2und nteilbarist.
Fallsnei(cid:0)n,istnprim.Fallsja,istnnichtprim. (cid:0)
(cid:2)
Wirwerdenspa¨terimAbschnitt11wesentlichschnellerePrimzahltestskennenlernen.
Um alle Primzahlen von 2 bis zu einer Zahl N zu finden, benutzt man das folgende
(cid:0)
Verfahren:
(cid:2)
SiebdesEratosthenes
1. SchreibealleZahlenvon2bisN auf.
2. BetrachtejedeZahlnzwischen2undN inaufsteigenderReihenfolge:Fallsdie Zahl
nichtgestrichenist,streichealleVielfachenderZahlmitAusnahmederZahlselber.
3. Dieverbleibendennicht–gestrichenenZahlensinddiePrimzahlen.
S. Müller-Stach, J. Piontkowski, Elementare und algebraische Zahlentheorie,
DOI 10.1007/978-3-8348-8263-9_1,
© Vieweg+Teubner Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011
2
Dieses Sieb funktioniert aus zwei Gru¨nden: Erstens werden durch das Streichen der ech-
ten Vielfachen von n nur Nicht–Primzahlen entfernt. Zweitens, da man bei den kleinsten
Zahlenanfa¨ngt,wirdeineNicht–Primzahlgestrichen,sobaldngleichihremkleinstenTeiler
ungleich1ist.
BestimmenwiralsBeispieldiePrimzahlenbis50:
2 3 4 5 6 7 8 9 10
11 12 13 1(cid:0)4 15 1(cid:0)6 17 1(cid:0)8 1(cid:0)9 2(cid:0)0
21 2(cid:0)2 23 2(cid:0)4 2(cid:0)5 2(cid:0)6 27 2(cid:0)8 29 3(cid:0)0
3(cid:0)1 3(cid:0)2 33 3(cid:0)4 3(cid:0)5 3(cid:0)6 3(cid:0)7 3(cid:0)8 39 4(cid:0)0
41 4(cid:0)2 4(cid:0)3 4(cid:0)4 4(cid:0)5 4(cid:0)6 47 4(cid:0)8 4(cid:0)9 5(cid:0)0
(cid:0) (cid:0) (cid:0) (cid:0) (cid:0) (cid:0) (cid:0)
Obwohl bei diesem Algorithmusbei den großenZahlen viel gestrichen wird, gilt doch der
folgendeSatz:
Satz1.1(Euklid) EsgibtunendlichvielePrimzahlen.
Beweis: Angenommen,esgibtnurdieendlichvielenPrimzahlen p p p .Wirsetzen
1 2 n
P ∏n p 1.NachDefinitionistPgro¨ßeralsjedePrimzahl,kanna(cid:0)lso(cid:0)(cid:2)s(cid:2)e(cid:2)l(cid:0)berkeinePrim-
za(cid:0)hlseii(cid:0)n1. Dia(cid:0)herwirdPvoneinerZahl1 a Pgeteilt.Wirwa¨hlendaskleinstesolchea
und behaupten, dass a dann eine Primzah(cid:3)l sei(cid:3)n muss. Wa¨re a na¨mlich keine Primzahl, so
ha¨tteaeinenTeiler1 b a.Dieserwa¨redannaucheinTeilervonP,imWiderspruchzu
Minimalita¨tvona.Als(cid:3)oist(cid:3)derTeileravonPgleicheinemp fu¨rein j 1 n .Nunteilt
j
p dasProdukt∏n p,abernichtdie1,somitkann p nichtP ∏n(cid:0)p(cid:2) (cid:0)(cid:2)1(cid:2)(cid:2)(cid:0)tei(cid:3)len.Dieser
j i 1 i j i 1 i
Widerspruchimpli(cid:0)ziertdieExistenzvonunendlichvielenPrimza(cid:2)hlen(cid:0). (cid:0)
(cid:0)
Aufgabe1.2 Modifizieren Sie den Beweis des Satzes von Euklid, um zu zeigen, dass es
unendlichvielePrimzahlenderForm4k 1(bzw.4k 1)gibt.
(cid:4) (cid:0)
GanzallgemeingiltdervieltieferliegendeSatz:
Satz1.3(Dirichlet) Seiena b teilerfremd.DanngibtesunendlichvielePrimzahlender
Formak b,wobeik . (cid:0) (cid:0)(cid:2)
(cid:0) (cid:0)(cid:2)
Beweis: Siehe[F,S.110].
(cid:0)
Damannichterwartenkann,dasseseineeinfache,schnelleMo¨glichkeitgibt,allePrimzahlen
aufzuza¨hlen,suchtmanzumindestFunktionen,derenWerteha¨ufig—oderbesserimmer—
Primzahlensind.Ambekanntestenistdie1637vonFermataufgestellteVermutung,dassdie
ZahlenF 22k 1allePrimzahlensind.Erberechnetedamalsdieerstenfu¨nfGlieder
k
(cid:2) (cid:0)
F 3 F 5 F 17 F 257 F 65537
0 1 2 3 4
(cid:2) (cid:0) (cid:2) (cid:0) (cid:2) (cid:0) (cid:2) (cid:0) (cid:2)
undstellte fest, dass diese alle Primzahlensind.Doch1732entdeckteEuler denTeiler 641
von F 4294967297.Mittlerweile kennt man die Faktoren der Fermatzahlen bis F und
5 15
(cid:2)
weiß, dass F bis F sowie einige gro¨ßere Fermatzahlen zusammengesetzt sind. Deshalb
16 36
Description:Das Buch wendet sich an alle, die in die klassischen Themen der Zahlentheorie einsteigen wollen. Neben den Standardthemen wie Primzahlen, Rechnen modulo n, quadratische Reste und Kettenbrüche werden auch die fortgeschrittenen Bereiche wie p-adische Zahlen, quadratische Formen und Zahlkörper am Bei