Table Of ContentProblemgeschichte der Dialektik in der Neuzeit III
Hans Heinz Holz
EINHEIT UND WIDERSPRUCH
Problemgeschichte der Dialektik
in der Neuzeit
III
Die Ausarbeitung der Dialektik
J.
Verlag B. Metzler
Stuttgart . Weimar
Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme
Holz, Hans Heinz:
Einheit und Widerspruch: Problemgeschichte der Dialektik in der Neuzeit /
Hans Heinz Holz. - Stuttgart ; Weimar: Metzler
ISBN 978-3-476-01558-7
Bd. 3. Die Ausarbeitung der Dialektik. - 1997
ISBN 978-3-476-01557-0
ISBN 978-3-476-03708-4 (eBook)
DOI 10.1007/978-3-476-03708-4
ISBN 978-3-476-01558-7 (Gesamtwerk)
ISBN 978-3-476-01557-0 (Band III)
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© 1997 Springer-Verlag GmbH Deutschland
Ursprünglich erschienen bei J. B. Metzlersche Verlagsbuchhandlung
und earl Poeschel Verlag GmbH in Stuttgart 1997
Inhalt
Seite
VIII Abkürzungen
Einleitung
11 1. Hauptstück: Hegels Entwurf der Systematisierung der
Dialektik
13 1. Kapitel: Die ontologische Inversion
13 1. Die geschichtliche Einheit von Metaphysik und Politik
17 2. Die Geschichtlichkeit des Seins
22 3. Der Selbstunterschied des logos
26 4. Metaphysik als praktische Philosophie
29 2. Kapitel: HegeIs Metaphysik-Kritik als Reflex
der Französischen Revolution
29 1. Metaphysik als Theorie des Zeitgeists
34 2. Geschichtliche Vernunft
38 3. Die Besonderheit als der Widerspruch im Vernünftigen
43 4. Die Zeitlichkeit des Absoluten
52 5. Politische Metaphysik - die Theorie des objektiven Geistes
62 6. Metaphysik als Geschichtsphilosophie
71 7. Der Sinn der Metaphysik-Kritik
81 3. Kapitel: Aufbauplan und Struktur des HegeIschen Systems
81 1. Einteilung und Aufbau der Philosophie im Systems HegeIs
85 2. Die Rolle der Phänomenolo..l!,ie als Anfang
94 3. Die Wahrheit als Gegenstand der Philosophie
99 4. Die Vermitteltheit der Wahrheit und die Sache selbst
106 5. Die Begriffsform der Wirklichkeit
112 6. Intensionalität als Reflexion in sich
116 7. Der dialektische Sinn des absoluten Idealismus
128 4. Kapitel: Das Ganze des Systems
128 1. Hegels Enzyklopädie-Konzept
139 2. Der Übergang zur Natur
149 3. Naturphilosophie als Theorie der Entwicklung und der
Geschichtlichkeit der Natur
154 4. Der Geist als Reflexionsform der \v'e1t
VI Inhalt
161 5. Kapitel: Der Widerspiegelungscharakter des Hegeischen
Systems
187 Il. Hauptstück: Die Kritik der Hegelschen Konstruktion des
Absoluten
189 1. Kapitel: Die junghegelianische Auflösung
der Philosophie im Vormärz
209 2. Kapitel: Feuerbachs anthropologischer Materialismus
209 1. Die Substantialität der Natur im Herzen der Geist-
philosophie
217 2. Die Inversion von Subjekt und Prädikat
221 3. Das gegenständliche Wesen des Menschen
225 3. Kapitel: Die Unmittelbarkeit der Tat als Aufhebung
der Philosophie
241 IH. Hauptstück: Die »Umkehrung« Hegels durch den
Marxismus
243 1. Kapitel: Der Übergang zur materialistischen Dialektik
243 1. Für und wider Hegel
248 2. Die Kritik an Schelling
255 3. Die Kritik des Hegelschen Staatsrechts
262 4. Philosophie und Ökonomie
271 5. Aufhebung und Verwirklichung der Philosophie
284 2. Kapitel: Die Einheit von Anthropologie, Geschichts-
philosophie und Ökonomie
284 1. Die Historisierung des Seins und des Wissens
288 2. Geschichtliche Anthropologie
293 3. Vom anthropologischen zum historischen Materialismus
298 4. Die Selbsterzeugung des Menschen im Produktions-
prozess
302 5. Die Dialektik des Verkehrens
306 6. Das Subjekt der Geschichte
311 3. Kapitel: Dialektische Ontologie des Gesamtzusammen-
hangs
311 1. Enzyklopädischer Universalismus
323 2. Politische Praxis und wissenschaftliche Weltanschauung
336 3. Gesamtzusammenhang und Dialektik der Natur
Inhalt VII
361 4. Kapitel: Lenins Programm der Umkehrung Hegels und
die Materialisierung der Dialektik in der Praxis
361 1. Materialistische Dialektik als politische Theorie
368 2. Die revolutionäre Kraft des »subjektiven Faktors«
375 3. Die Aneignung der philosophischen Tradition: Erbe
und Bestandteil
381 4. Hegel-vom Kopf auf die Füsse zu stellen
394 5. Das Verfahren der Umkehrung
416 6. Relative und absolute Wahrheit und das Kriterium der
Praxis
425 Schluss: Ausblick auf die Entwicklung der Dialektik im
20. Jahrhundert
445 Anmerkungen
529 Namenregister
Abkürzungen
An den Anmerkungen zu diesem Band werden durchgängig die fol
genden Abkürzungen gebraucht:
Hegel, GW = Georg Wilhelm Friedrich Hegel, Gesammelte Werke,
kritische Edition der Rheinisch-Westfälischen Akademie
der Wissenschaften, Düsseldorf.
Hegel, W = Georg Wilhelm Friedrich Hegel, Werke in 20 Bänden
(fheorie-Werkausgabe) Suhrkamp Verlag, Frankfurt am
Main.
Die Theorie-Werkausgabe wurde immer da benutzt, wo die betreffen
den Bände der Gesammelten Werke bei Abfassung des Manuskripts
noch nicht vorlagen. Wo die Gesammelten Werke zitiert werden, ist die
entsprechende Stelle in der Theorie-Werkausgabe ebenfalls nachge
wiesen, um den Gebrauch zu erleichtern. Enzyklopädie und Rechts
philosophie werden nach Paragraphen zitiert, sodass sie mühelos in
jeder Ausgabe auffindbar sind.
LW= Wladimir Iljitsch Lenin, Werke, ins Deutsche nach der
vierten russischen Ausgabe übertragen und vom Institut
für Marxismus-Leninismus beim Zentralkomitee der
SED, Berlin, herausgegeben.
MEW= Karl Marx/Friedrich Engels, Werke, herausgegeben
vom Institut für Marxismus-Leninismus beim Zentral
komitee der SED, Berlin.
Der MEW wurde der Vorzug vor der MEGA gegeben, weil diese Aus
gabe allgemein zugänglich ist. Zudem ist die MEGA-Edition zur Zeit
der Abfassung dieses Werks noch nicht abgeschlossen.
Weitere Abkürzungen, von denen in einzelnen Kapiteln Gebrauch
gemacht wird, sind beim ersten Zitieren des betreffenden Werks nach
gewiesen. Die Anmerkungen sind für jedes Kapitel gesondert nume
riert; entsprechend werden in jedem Kapitel beim ersten Zitieren eines
Werks die bibliographischen Angaben aufs neue voll angegeben.
Einleitung
»Die Theorie der Geistesgeschichte muss oft genug in dem Hervortre
ten und Eingreifen grosser Persönlichkeiten Explosionen erkennen.
Aber die Kräfte dieser scheinbar rein persönlichen Anstösse erweisen
sich einer tiefer dringenden Untersuchung wohl immer als Glieder
einer weiten, zusammenhängenden Kette vorher und daneben gehen
der Strebungen. So entsteht immer wieder das geheimnisvolle Problem
einer Stetigkeit der Entwicklung, aus deren innerstern Schoss C.. . )
Neuschöpfungen dann doch sprungweise hervorbrechen.«l Einen sol
chen Sprung über die Grenzen der bisherigen Philosophie hinaus, der
zu einer neuen Gestalt der Organisation des Denkens führte, hat Hegel
vollzogen. Ludwig Feuerbach hat in seinen Erlanger Vorlesungen die
sen Bruch und das Neue der Hegelschen Philosophie festgehalten:
»Hegel trat darum in absoluten Gegensatz mit seiner Zeit C•• • ) Hegelliess
es nicht beim Alten bewenden und verknüpfte nur äusserlich das Neue
mit dem Vorhandenen, aber nahm die philosophischen Untersuchun
gen von vorne wieder auf, er ging auf die Quelle zurück, er unternahm
eine Reformation der neuen Philosophie von ihrer ersten Grundlage
an, der Kritik der reinen Vernunft.«2 Die Heftigkeit der Parteinahme
für und wider Hegel, schon unter seinen Zeitgenossen und nicht min
der in der Nachwelt bis zum heutigen Tage, mag als Bestätigung dieser
Einschätzung genommen werden. Hegels Werk wird zum Indiz eines
Bruchs, der einen »absoluten Gegensatz« aufgerissen hat - einen Ge
gensatz, der erst in den nachhegelisch hervorgetretenen Konsequen
zen manifest wurde, die aus der Radikalität der Hegelschen Philoso
phie als Lehre vom - sich zum absoluten vermittelnden - Begriff3 zu
ziehen sind. So sehr wir auch Hegel philosophiegeschichtlich als eine
Station in der Ausbildung des neuzeitlichen Denkens zu sehen haben
wobei man die Affiliationslinie von Cusanus und Leibniz über Schel
ling oder von Luther und Descartes über Kant und Fichte zu Hegel zie
hen mag'!, je nachdem, ob man das Motiv des substantiell Absoluten
oder der tätigen Subjektivität hervorhebt -, es würde dennoch das pro
blemgeschichtlich entscheidend Neue verkannt, wollte man ihn nur aus
diesem historischen Kontinuum der Moderne verstehen. Vielmehr
vollzieht sich im Werk Hegels selbst jene Verschiebung, als deren Folge
2 Einleitung
Philosophie nicht mehr nur als Interpretation der Welt betrieben wird
(deren Ergebnis dann durchaus zu einem Instrument im Handeln zur Ver
änderung der Welt werden konnte), sondern ihr eigenes Tun als Weltver
änderung begreift, indem sie sich selbst als Theorie in ein Verhältnis der
Theorie zu der sie übergreifenden Praxis setzt.5 Wenn dieser Bruch auch
erst von der nachhegeIschen Philosophie ausdrücklich vollzogen wurde,
so ist er doch in der Theoriestruktur des HegeIschen Philosophierens
schon angelegt6 und bestimmt dessen Systemcharakter.
Hegels Philosophie, auf deren systematisch abgeschlossene Ge
stalt wir heute immer noch mit Ratlosigkeit und oft genug mir Unbe
hagen zurückblicken, ist die am meisten entwickelte und ausgearbei
tete Form dessen, was wir »spekulative Philosophie« nennen; und ob
das ein Ruhmestitel oder ein Schimpfwort sei, scheint auch noch kei
neswegs ausgemacht. Im späteren 19. und 20. Jahrhundert erfuhr sie
von ganz entgegengesetzten Seiten schärfste Kritik, ja Verdammung.
Einmal durch Positivismus und Empirismus, mit dem Argument, er
fahrungsüberschreitende Aussagen über die Welt im ganzen seien un
zulässig und produzierten nur Scheinprobleme der Philosophie; die
ungeheuere Erweiterung der Einzelwissenschaften und ihre zur Un
überschaubarkeit sich ausbreitende Spezialisierung geben den Grund
für diese Hegel-Kritik ab. Der andere Einwand kommt vom Marxis
mus und richtet sich gegen Hegels Idealismus, der die Totalität von
Welt als »Idee«, das aktive Prinzip dieser geschichtlich bewegten Welt
als »absoluten Geist« fasst; so wird die Darstellung des Weltprozesses
zur Selbstentfaltung des Begriffs des Geistes. Marx nennt es einen
»Fehler bei HegeI«, dass der »Gegenstand als Gedankenwesen«, das
Subjekt immer als »Bewusstsein oder Selbstbewusstsein« erscheine7;
die Wirklichkeit, um die es gehe, bestehe jedoch in den materiellen Ver
hältnissen, innerhalb derer das Bewusstsein von ihnen und die Gedan
ken über sie allererst auftreten. Dieser Rekurs auf die materiellen Ver
hältnisse sprengt allerdings die deduktive Notwendigkeit eines die
Totalität abbildenden Systems der Begriffe, das sich als solches immer
geschlossen darstellen muss; denn die unendliche Kette der Bedingun
gen für jedes Einzelseiende und die prinzipielle Verlängerbarkeit jeder
Gegenwart in die Zukunft gestatten keinen Abschluss des Ganzen und
lassen zum mindesten für den endlichen Verstand die Einzeltatsache
kontingent erscheinen.
Die positivistische Hegel-Kritik braucht uns hier nicht zu beschäf
tigen. Das Elend der Zersplitterung des wissenschaftlichen Einzelwis
sens, das sich nicht mehr zur Einheit eines Weltbilds zusammenfügt,