Table Of ContentHeinz Abels
Einfiihrung in die Soziologie 1
Hagener Studientexte zur Soziologie
Band 7
Herausgeber:
Heinz Abels, Werner Fuchs-Heinritz
Wieland Jager, Uwe Schimank
Die Reihe "Hagener Studientexte zur Soziologie" will eine
groBere bffentlichkeit fur Themen, Theorien und Perspekti
yen der Soziologie interessieren. Die Reihe ist dem Anspruch
und der langen Erfahrung der Soziologie an der FernUniver
sitat Hagen verpflichtet. Der Anspruch ist, sowohl in soziolo
gische Fragestellungen einzufuhren als auch differenzierte
Diskussionen zusammenzufassen. In jedem Fall solI dabei die
Breite des Spektrums der soziologischen Diskussion in
Deutschland und damber hinaus reprasentiert werden. Die
meisten Studientexte sind uber viele Jahre in der Lehre er
probt. AIle Studientexte sind so konzipiert, dass sie mit einer
verstandlichen Sprache und mit einer unaufdringlichen, aber
lenkenden Didaktik zum eigenen Studium anregen und fur
eine wissenschaftliche Weiterbildung auch auBerhalb einer
Hochschule motivieren.
Heinz Abels
Einfiihrung in die
Soziologie
Band 1:
Der Blick auf die Gesellschaft
Westdeutscher Verlag
Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme
Ein Titeldatensatz fur diese Publikation ist bei
Der Deutschen Bibliothek erhaltlich
1. Auflage Marz 2001
Aile Rechte vorbehalten
© Westdeutscher Verlag GmbH, Wiesbaden, 2001
Lektorat: Monika Mulhausen
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Umschlaggestaltung: Horst Dieter Burkle, Darmstadt
ISBN 978-3-531-13610-3 ISBN 978-3-322-93555-7 (eBook)
DOI 10.1007/978-3-322-93555-7
Inhalt
Vorwort 9
1. Soziologisches Denken 15
1.1 Die Kunst des Misstrauens und die Lehre vom
zweiten Blick 19
1.2 Hintergrundannahmen und Wertfreiheit 29
1.3 Die Konstruktion des Idealtypus 34
1.4 Was WlSsenschaft leisten kann und was nicht 39
1.5 Reflektierte Gewissheit 42
2. Was ist Soziologie und was ist ihre Aufgabe? 44
2.1 Zugange zur Soziologie 45
2.2 Was ist eigentlich nicht Gegenstand der Soziologie? 49
2.3 Soziologie wozu? Drei klassische Antworten 51
2.4 Soziologie wozu? Eine modeme Debatte 63
2.5 Wann Soziologie beginnt und warum sie nicht endet 69
2.6 Was tut ein Soziologe und was ist seine Aufgabe? 75
2.7 Zwei grundsatzliche soziologische Perspektiven 80
3. Soziale Ordnung oder: Wie ist GeseUschaft
moglich? 86
3.1 Hobbes: Die Furcht vor dem Leviathan 87
3.2 Rousseau: Gesellschaftsvertrag und moralische Freiheit 89
3.3 Schottische Moralphilosophie: Erfahrungen und
Gewohnheiten 92
3.4 Spencer: Fortlaufende Differenzierung und Integration 99
3.5 Simmel: Wechselwirkung und die Feststellung eines
Allgemeinen 104
3.6 Durkheim: Mechanische und organische Solidaritat 111
3.7 Parsons: Normative Integration 116
3.8 Berger u. Luckmann: Gesellschaftliche Konstruktion
der Wr rklichkeit 123
4. Institution 129
4.1 Durkheim: Soziale Tatsachen 130
4.2 Sumner: Folkways, Mores, Institutions 134
4.3 Malinowski: Die soziale Organisation des Verhaltens 139
4.4 Parsons: Nonnative Muster 142
4.5 Gehlen: Institutionen -sich feststellende Gewohn-
heiten 148
4.6 Habitualisierung, Institutionalisierung, Verding-
lichung 153
4.7 Die Geltung von Institutionen und Rituale
der Rebellion 158
5. Organisation 161
5.1 Elemente einer Organisation 167
5.2 Taylor: Scientific management 173
5.3 Human relations -der Hawthorne-Effekt 175
5.4 Organisation als System 178
5.5 Weber: Biirokratische Organisation 183
5.6 Motivation der Mitglieder 189
6. System 192
6.1 Parsons: Systemtheorie der Strukturerhaltung 195
6.2 Das allgemeine Handlungssystem und seine Sub-
systeme 200
6.3 Grundfunktionen der Strukturerhaltung
(AGll..-Schema) 205
6.4 Luhmann: Systemtheorie der Strukturerzeugung 209
6.5 Die These von der Reduktion von Komplexitat 212
6.6 Die autopoietische Wende der Systemtheorie 224
7. Macht und Herrschaft 233
7.1 Die Macht des Handelns und die Macht der anderen 235
7.2 Griinde und Formen der Macht 239
7.3 Popitz: Prozesse der Machtbildung 246
7.4 Herrschaft: Die Legitimation von Macht 250
7.5 Biirokratie: Reine Herrschaft und ihre Gefahr 255
7.6 GegenMacht 259
8. Soziale Schichtung 261
8.1 Uber das dreigeteilte Haus Gottes und den Beruf
des Menschen 263
8.2 Klassen und Stande -Marx und Weber 269
8.3 Geiger: Soziallagen und Mentalitiiten 278
804 Differentielle Wertungen, funktionale Leistungen 283
8.5 Die empirische Ermittlung von Schichten 288
8.6 Kritik an der These und am Begriff der Schichtung 292
9. Soziale Ungleichheit 299
9.1 Natiirliche Ungleichheit? 301
9.2 Besitz und Einkommen als Begriindungen fur
Ungleichheit 307
9.3 Bourdieu: Sozialer Raum, Kapital und Geschmack 309
904 Neue Formen sozialer Ungleichheit und ihre Ursachen 319
10. Sozialer Wandel 334
10.1 Comte: Dreistadiengesetz -der Wandel des Denkens 336
10.2 Marx: Der Klassenwiderspruch als Triebkraft der
Entwicklung 343
10.3 Weber: Asketischer Protestantismus und rationale
Lebensfuhrung 348
lOA Beck: Individualisierung und reflexive Modernisierung 360
Literaturverzeichnis 370
Verzeichnis der Quellentexte 384
Gliederung Band 2: Die Individuen in ihrer Gesel1schaft 389
Personenregister 391
Sachregister 395
Vorwort
Was ist Soziologie? Was sind zentrale Themen? Welche theoreti
schen Erklarungen haben sich zu bestimmten Fragen durchge
setzt? Auf diese Fragen will diese Einfiihrung in die Soziologie
Antworten geben. Um es gleich vorweg zu sagen: man kann na
tiirlich noch ganz andere Fragen stellen, und viele Soziologen
geben auch auf die gestellten Fragen ganz andere Antworten.
Selbst urn die zentralen Themen streitet sich die Zunft mal locker,
mal emsthaft und manchmal auch verbissen. Das unterscheidet
die Soziologie im Ubrigen nicht von anderen WlSsenschaften, aber
hier fant es besonders auf, wei! es oft urn Fragen geht, auf die der
gesunde Menschenverstand schon langst seine Antworten gegeben
hat.
Das ist ein erster Hinweis auf das, womit Sie rechnen miissen,
wenn Sie sich auf die Soziologie einlassen. In dem Augenblick, wo
Sie sich dem speziflSchen Denken der Soziologie offnen und ihre
Analysen ernst nehmen, veriindert sich Ihr Blick. auf das Selbstver
standliche urn Sie herum. Das hat Folgen fur Sie und fur Ihre
Mitmenschen, und so werden Sie gewollt oder ungewollt zum
Storenfried, nicht unbedingt im aggressiven Sinn, aber immerhin.
Die einen werden sagen, es lohne nicht der Neugier, wei! alles,
alles gut! ist, die anderen, das ganze Nachdenken bringe eh nichts,
weil die Verhaltnisse nun mal so sind, wie sie sind Und wieder
andere wollen sich nicht beim Denken und Reden aufhalten, son
dem auf einen Schlag die Verhaltnisse zurn T anzen bringen.
Den ersten sage ich, dass mit Sicherheit nicht alles gut ist, und
wenn etwas gut ist, dann miissen wir umso genauer herausfinden,
unter welchen Bedingungen es gut ist, damit wir sie auch erhalten.
Ich werde nicht jede lronie erklaren und auch nicht jede literarische An1eihe
dokumentieren. Diesmal ist es Eichendorff.
10 Vorwort
Den zweiten kann ich nur meine Uberzeugung entgegenhalten,
class clas Individuum seine Freiheit aufgibt, wenn es sich nur noch
an den Eiden der Verhaltnisse hampeln sieht. Den dritten gebe
ich zu bedenken, class es noch nie geschadet hat, wenn man die
Verhaltnisse genau studiert, beY~r man sie andem will. Urn im
Bild zu bleiben: wer den Hofball partout mit einem Foxtrott er
offnen will, darf sich nicht wundem, wenn ibm die versammelten
Schonen einen Korb geben, und wer zwecks soziologischer Be
obachtung mit Krawatte und Ohrstopseln in eine bestimmte Dis
ko will, wird schon an der Tiir abgewimmelt. Soziologische Neu
gier ist clas eine, die Fahigkeit, sie sachkundig an konkrete Bedin
gungen anzuschlieBen, clas andere. Deshalb werde ich Sie auch in
die "Kunst des Misstrauens" einmhren und zeigen, was clas Be
sondere am soziologischen Denken ist und wie und zu welchem
Ende man Soziologie betreibt.
Danach stelle ich dann eine der grundlegenden Fragen der So
ziologie, wie namlich Gesellschaft moglich ist. Von den typischen
und beispielhaften Antworten aus werde ich dann zeigen, wie die
Gesellschaft im Innersten zusammengehalten wird, wie sie struk
turiert ist und welche typischen Prozesse sich in ihr abspielen.
Die Erklarungen, warum Strukturen entstehen, wie sie erhalten
oder verandert werden, was Prozesse auslost oder verhindert, die
Theorien, die viele Erklarungen zu unterschiedlichen Aspekten
der Gesellschaft in einen Zusammenhang bringen, und die Pro
gnosen, wie es wahrscheinlich weitergeht, clas alles erfreut sich in
der Soziologie hochst lebhafter Kontroversen. Wer geme auf der
sicheren Seite lebt, steht deshalb etwas ratios vor der Hille der
Fragen und Erklarungen, und wer sonst immer Bescheid weill,
halt die Pluralitat und Unentschiedenheit fur eine Schwache. Jenen
sage ich, class sich im Laufe des Studiums manches zu manchem
mgt, und dies en, class gerade darin die Starke der Soziologie liegt,
denn indem immer wieder die gleichen Fragen gestellt werden und
nach neuen Antworten gesucht wird, wird verhindert, class clas
Selbstverstandliche sich feststellt und die Verhaltnisse sich ver
krusten. Das ist clas praktische Interesse hinter dem Streit der
Theorien.
Vorwort 11
Was die Frage, welche Theorie die richtige ist, angeht, kann ich
nur sagen: kein Theoretiker ist ein Dummkopf. Wenn eine Theo
rie etwas anderes als eine andere behauptet, dann heiBt clas nicht,
class die erste falsch ist. In der Regel geht es urn andere erkennt
nisleitende Interessen und manchmal auch urn ganz andere Hoff
nungen auf eine gute LOsung konkreter Probleme. Doch dariiber
lasst sich trefflich streiten, und diese EinfUhrung in die Soziologie
will Sie auch ein bisschen herausfordem, sich die Dinge von ver
schiedenen Seiten anzusehen und einleuchtende soziologische
ErkHirungen doch noch einmal gegen den Strich zu biirsten. Das
ist auf Anfangerniveau nicht ganz leicht, aber je langer man mit
denkt, umso mehr SpaB macht esl
Manchen mag es scheinen, class ich einer bestimmten Theorie
oder Fragestellung besondere Aufmerksamkeit schenke oder class
ich sie fast zu meiner Sache mache. Dieser Eindruck. ist nicht
falsch. Ich hoffe aber, class er sich in der Summe bei allen Theori
en und bei allen Themen einstellt.
Noch ein Wort zur impliziten Didaktik und meiner gelegentli
chen Art zu schreiben. Natiirlich mochte ich Ihnen viel soziologi
sches WlSsen beibringen. Aber ich mochte auch, class Sie es sich
selbst erarbeiten. Dass ich in dieser Hinsicht eine bestimmte
Hoffnung hege, will ich nicht verhehlen. Ich gebe sie in den
Worten eines genauen Beobachters der Gesellschaft wieder, der
leider nicht zur Ehre auf dem Altar der soziologischen Klassiker
erhoben worden ist. Er hat sie seinen Gedanken tiber moralische
Vorurteile vorangestellt:
Friedrich Nietzsche: Langsam lesen
"Ein solches Buch, ein solches Problem hat keine Eile;
tiberdies sind wir beide Freunde des lento, ich ebensowohl als
mein Buch. Man ist nicht umsonst Philologe gewesen, man ist
es vielleicht noch, clas will sagen, ein Lehrer des langsamen
Lesens. (. .. ) Philologie namlich ist jene ehrwiirdige Kunst,
welche von ihrem Verehrer vor allem eins heischt, beiseite ge
hen, sich Zeit lassen, still werden, langsam werden -, als eine
Goldschmiedekunst und -kennerschaft des Wcmes, die lauter
feine vorsichtige Arbeit abzutun hat und nichts erreicht, wenn