Table Of ContentEINFÜHRUNG IN DIE
KINDERHEILKUNDE
IN 115 VORLESUNGEN
FÜR STUDIERENDE UND ÄRZTE
VON
DR. E. GLANZMANN
PROFESSOR DER KINDERHEILKUNDE AN DER UNIVERSITÄT BERN
MIT 72 ABBILDUNGEN IM TEXT
Springer-Verlag Wien GmbH
1939
ISBN 978-3-662-35973-0 ISBN 978-3-662-36803-9 (eBook)
DOI 10.1007/978-3-662-36803-9
ALLE RECHTE, INSBESONDERE DAS DER ÜBERSETZUNG
IN FREMDE SPRACHEN, VORBEHALTEN
Copyright 1939 by Springer-Verlag Wien
Ursprünglich erschienen bei Julius Springer in Vienna 1939
Softcover reprint of the hardcover 1st edition 1939
Vorwort.
Die Anregung zu dem vorliegenden Lehrbuch ging vom Verlag Julius Springer
aus, welcher seinerzeit die treffliche Einführung in die Kinderheilkunde von
Prof. B. SALGE herausgegeben hat. Dieses Buch fand allgemeine Anerkennung
und erlebte vier Auflagen, weil es offenbar einem Bedürfnis der Studierenden
und Ärzte entgegenkam. Der frühe Tod von SALGE hatte leider zur Folge, daß
seit dem Jahre 1920 keine neue und den Fortschritten unserer Wissenschaft
angepaßte Auflage erscheinen konnte. Die letzte, vierte Auflage ist in mancher
Beziehung heute veraltet und überholt.
Es war mir daher klar, daß ich ein völlig neues Werk schaffen mußte, das nur
in der Grundidee mit dem SALGEschen Lehrbuch übereinstimmte. Es handelte
sich nicht darum, eine erschöpfende Darstellung aller klinischen Einzelheiten zu
geben, wie sie z. B. das große PFAUNDLER-SCHLOSSMANNsche Handbuch der
Kinderheilkunde, das treffliche FEERSche Lehrbuch und das auf hoher wissen
schaftlicher Warte stehende Lehrbuch für Kinderheilkunde, herausgegeben von
R. DEGKWITZ, E. RoMINGER u. a. in ausgezeichneter Weise bieten, in denen der
Arzt auch in seltenen Fällen sich Rat holen kann, sondern in ausgewählten
Kapiteln sozusagen Prolegomena zur Einführung und Paralipomena als Er
gänzungen zu den umfassenden Lehr- und Handbüchern zu bringen.
Zu diesem Zwecke schien mir die Form von Vorlesungen besonders gee~gnet.
Sie gestattete, unter Weglassen alles Ballastes, in lebendiger Darstellung Uber
sichten über ausgewählte Gebiete der modernen Pädiatrie zu schaffen, damit
Studenten und Praktiker sich besser zurechtfinden und rascher orientieren können,
als durch das systematische Studium größerer Werke, welches vielfach zu zeit
raubend ist.
Erfahrungsgemäß fehlt es bei den Studenten und Praktikern nicht selten
an den physiologischen Grundlagen der Ernährungslehre, die zudem noch auf
die besonderen Bedürfnisse der Pädiatrie zugeschnitten werden müssen. 'Deshalb
wurde dieses Gebiet ausführlicher und systematisch dargestellt. Für die Ein
führung in die Vitaminlehre schien mir die Schilderung der historischen Ent
wicklung, die heute dank der großen Fortschritte der chemischen Forschung zu
einem Abschluß gelangt ist, besonders fesselnd und didaktisch gerechtfertigt.
In einer Reihe von Vorlesungen werden ausführlich die verschiedenen Säug
lingsnahrungen, ihre Dosierung und ihre Indikationen behandelt. Auch auf diesem
Gebiete herrschen, besonders in der Praxis, viele Unklarheiten zum Schaden
der Säuglinge. In zusammenfassenden Vorträgen werden verschiedene Fragen
der Ernährung im Säuglings- und Kindesalter behandelt.
Dem Verständnis der Studenten bietet immer noch das Gebiet der Ernährungs
störungen der Säuglinge große Schwierigkeiten, die ich durch eine möglichst
klare und einfache Darstellungsweise in einer größeren Reihe von Vorlesungen
zu überwinden hoffe.
IV Vorwort.
Im Anschluß an das Kapitel über Vererbung und Konstitution wurde den
praktisch sehr wichtigen Fragen der Dermatitis seborrhoides und des Ekzems
besondere Beachtung geschenkt.
Bei den Infektionskrankheiten war es nicht möglich, die einzelnen Krank
heiten ausführlich zu behandeln, doch liegen ja z. B. im FEERschen Lehrbuch
entsprechende gute Darstellungen vor. Ich mußte mich darauf beschränken,
Besonderheiten im Verhalten des kindlichen Organismus gegenüber Infektionen
herauszuarbeiten und die so wichtige und häufige banale Grippe und Broncho
pneumonie der Säuglinge und Kleinkinder eingehender darzustellen. Eine Über
sicht behandelt die Viruskrankheiten im Kindesalter in zusammenfassender Weise.
Auch auf dem Gebiete der Tuberkulose konnten nur einzelne Hauptpunkte
herausgegriffen werden. Ein besonderes Kapitel wurde den, für den Praktiker
so wichtigen, ärztlichen Fragen bei der Erholung der Kinder im Gebirge, am
Meer und in Bädern gewidmet.
Mit Rücksicht auf die Häufigkeit, mit der der Praktiker mit Wurminfektionen
im Kindesalter zu tun hat, wurde dieses Gebiet eingehender bearbeitet, ebenso
das etwas schwierigere Gebiet der Nierenkrankheiten und der Pyurie im Kindes
alter.
Es werden ferner geboten zusammenfassende Übersichten über die Klinik
der Avitaminosen im Kindesalter, Diagnose und Therapie der Hypovitaminosen,
die diagnostische Bedeutung des Milztumors in der Pädiatrie, über Nutzen und
Schaden der Rohkost, rekurrierende abdominale Schmerzen bei Kindern und das
Problem der Appendicitisdiagnose, rheumatische Infektion im Kindesalter,
Syphilis, Krämpfe im Kindesalter, Kinderlähmungen, Testpsychologie und Kinder-
neurosen u. a. .
Der Auswahl der Vorlesungen und der Darstellung haftet natürlich viel
Subjektives an und es mußte auf eine allzu große Kritik abweichender Ansichten
verzichtet werden, weil eine solche Aufzählung verschiedener Auffassungen für
den Anfänger nur verwirrend ist und ihm keinen Nutzen bringt.
Mit Rücksicht auf die Bedürfnisse der Praxis wurde der Therapie in den
einschlägigen Kapiteln volle Beachtung geschenkt.
Ich kann dieses Vorwort in gleichem Sinne schließen wie SALGE: Wenn es
dem Buche gelingt, den einen oder anderen Arzt, der der modernen Pädiatrie
fernstand, für dieses Wissensgebiet zu interessieren, wenn der Student in ihm
einen Wegweiser findet, der ihn auf die große Bedeutung der Kinderheilkunde
und auf die Notwendigkeit hinführt, sich mit ihr zu beschäftigen, so ist sein
Zweck erreicht.
Ein Teil der vorzüglichen Abbildungen stammt noch aus der Sammlung von
Herrn Prof. Dr .. M. STooss aus dem Krankengut der Berner Kinderklinik. Ich
bin meinem verehrten Vorgänger für die Überlassung zu großem Dank ver
pflichtet.
Bern, im Februar 1939.
E. Glanzmann.
Inhaltsverzeichnis.
Selte
I. Aufgaben und Ziele der Kinderheilkunde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1
2. Allgemeine Ernährungslehre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4
3. Über das Wachsturn . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7
4. Der Wasserbedarf des Säuglings . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12
5. Der Energiebedarf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15
6. Die Kohlehydrate.................................................. 18
7. Die Fette . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22
8. Das Eiweiß . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23
9. Die Mineralstoffe. I. (Halogene) . . . . . . . . . . . .• . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26
10. Die Mineralstoffe. II. (Alkalische Erden) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29
11. Die Mineralstoffe. III. (Schwermetalle und Anionen) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32
12. Bedeutung der Mineralstoffe für Ernährung und Wachstum des Kindes 36
13. Das Säurebasengleichgewicht........................................ 40
14. Alimentäre Submineralisation, Super- und Transmineralisation.......... 44
15. Die Entdeckung der Vitamine . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46
16. Die Entdeckung des Vitamins A. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52
17. Der Vitamin B-Komplex . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57
18. Die Entdeckung des Vitamins C . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59
19. Die Entdeckung des Vitamins D.................................... 64
20. Die D-Vitamine. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68
21. Einteilung und· Wirkungsweise der Vitamine. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72
22. Die Frauenmilch................................................... 76
23. Die künstliche Ernährung mit Kuhmilchverdünnungen . . . . . . . . . . . . . . . . 78
24. Kondensierte gezuckerte Milch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83
25. Trockenmilch in der Säuglingsernährung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86
26. Die Sauermilchen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89
27. Die Molke. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97
28. Die Pflanzenmilchen ................................. ; . . . . . . . . . . . . . 97
29. Die Gemüse in der Säuglingsnahrung ................................ 101
30. Die Früchte ....................................................... 102
31. Das Eigelb und das Fleisch ......................................... 104
32. Die natürliche Säuglingsernährung ................................... 105
33. Die Ernährung frühgeborener Kinder. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112
34. Die Ernährung des Säuglings und Kleinkindes im Lichte der neueren Er-
nährungsforschung ............................................... 114
35. Ernährung und Zähne . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125
36. Die Ernährung des überempfindlichen Kindes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129
37. Die Ernährung bei akuten und chronischen Infektionskrankheiten im
Kindesalter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132
38. Die Einteilung der Ernährungsstörungen des Säuglings ................ 135
39. Die Beurteilung des Ernährungszustandes Eutrophie . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138
40. Appetitlosigkeit und Nahrungsverweigerung beim Säugling ............. 140
41. Das Erbrechen im Kindesalter. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143
42. Das habituelle Erbrechen des Säuglings .............................. 147
VI Inhaltsverzeichnis.
Seite
43. Erbrechen bei hypertrophischer Pylorusstenose. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153
44. Chronische Ernährungsstörungen, Nährschäden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158
45. Der Mehlnährschaden .............................................. 165
46. Der Milchnährschaden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168
47. Die Klinik der Avitaminosen ....................................... 171
48. Die Klinik der Rachitis ............................................ 176
49. Ern.ährungspropeylaxe rmd Therapie der Rachitis ..................... 181
50. Licht- rmd Vitamintherapie der Rachitis ............................. 183
51. Tetanie (Spasmophilie) ............................................. 188
52. Diagnose rmd Therapie der Hypovitaminosen ......................... 191
53. Alimentäre Anämien (Kuhmilchanämie) .............................. 197
54. Alimentäre Anämien (Ziegenmilchanämie) ............................ 205
55. Die diagnostische Bedeutrmg des Milztumors in der Pädiatrie .......... 210
56. Die Coeliakie ...................................................... 214
57. Akute Ern.ährungsstörrmgen des Säuglings, Diarrhoen, Allgemeines. . . . . . 223
58. Die akute Dyspepsie der Säuglinge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 225
59. Alimentäre Intoxikation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 231
60. Rohobstkuren bei akuten Verdauungsstörrmgen im Kindesalter. Nutzen
rmd Schaden der Rohkost .......................................... 237
61. Die Invagination ................................................... 243
62. Rekurrierende abdominale Schmerzen bei Kindern rmd das Problem der
Appendicitisdiagnose . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 246
63. Vererbrmg ........................................................ 251
64. Konstitution, Habitus rmd Diathesen im Kindesalter . . . . . . . . . . . . . . . . . . 256
65. Störrmgen der inneren Sekretion mit dem Untertitel: Kongenitale Athyreose
rmd Hypothyreose .................................. : . . . . . . . . . . . . . . 259
66. Der Kropf bei Neugeborenen rmd bei Säuglingen ...................... 262
67. Struma- rmd Thymushyperplasie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 266
68. Hypophysenpathologie im Kindesalter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 269
69. Diabetes mellitus im Kindesalter ....................... - . . . . . . . . . . . . . 27 6
70. Exsudative Diathese ............................................... 281
71. Dermatitis seborrhoides rmd Ekzem ................................. 283
72. Das Ekzem der Säuglinge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 287
73. Ätiologie rmd Pathogenese des Säuglingsekzems ...................... 291
74 . Behandlung des Ekzems rmd der ekzematisierten Dermatitis seborrhoides 294
7 5. Das Verhalten des kindlichen Organismus gegenüber Infektionen. . . . . . . 297
76. Toxinkrankheiten (Tetanus, Diphtherie rmd Scharlach) ................. 301
77. Toxinkrankheiten (Vergleich von Diphtherie rmd Scharlach) . . . . . . . . . . . 308
78. Viruskrankheiten im Kindesalter .................................... 311
79. Die Immrmbiologie der Masern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 317
80. Diagnose rmd Differentialdiagnose der HEINE-MEDINschen Krankheit. . . . 321
81. Erkrankrmgen der Atmrmgsorgane. (Die banale Grippe des Säuglings rmd
Kleinkindes) ............................................ : .......... 329
82. Grippale Bronchopneumonie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 336
83. Die Behandlrmg der Bronchopneumonien. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 342
84. Die croupöse Pneumonie. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34 7
85. Lrmgenabscesse im Kindesalter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 352
86. Spontanpneumothorax im Kindesalter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 356
87. Fremdkörper in den Luftwegen bei Kindern .......................... 360
88. Capillärbronchitis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 363
89. Blähungsbronchitis rmd asthmatische Reaktion im Kindesalter. . . . . . . . . . 364
90. Bronchiektasien im Kindesalter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 367
91. Die Notwendigkeit regelmäßiger Tuberkulinprüfrmg zur Erkennung der
Kindertuberkulose. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 372
Inhaltsverzeichnis. VII
Seite
92. Tuberkulose im Kindesalter, der Primärkomplex ...................... 374
93. Tuberkulose im Kindesalter, die hämatogene Streuung ................ 381
94. Tuberkulose im Kindesalter, sekundäre oder epituberkulöse Infiltration. . 385
95. Prophylaxe der Tuberkulose durch den Vaccin Calmette-Gw3rin ....... 391
96. Ärztliche Fragen bei der Erholung der Kinder im Gebirge, am Meer und
in Bädern ......................................................... 392
97. Die rheumatische Infektion im Kindesalter ........................... 402
98. Die wichtigsten Gelenkerkrankungen im Kindesalter .................. 409
99. Syphilis im Kindesalter ............................................ 413
100. Wurminfektionen, Askariden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 429
101. Oxyuren .......................................................... 434
102. Trichocephalus dispar und Bandwürmer ............................. 437
103. Herzkrankheiten, die angeborenen Herzfehler mit dauernder Cyanose ... 440
104. Die angeborenen Herzfehler ohne Cyanose, Maladie de Roger . . . . . . . . . . 444
105. Sogenannte idiopathische Dilatation und Hypertrophie des Herzens bei
Säuglingen und Kleinkindern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44 7
106. Nierenkrankheiten im Kindesalter, Funktionsprüfungen ................ 451
107. Einteilung der Nierenkrankheiten im Kindesalter, Glomerulonephritis und
eklamptische Urämie ............................................... 456
108. Die subchronische glomerulotubuläre Mischform . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 462
109. Lipoidnephrose .................................................... 463
110. Schrumpfniere (Nephrosklerose) ..................................... 468
111. Pyurie im Kindesalter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 70
112. Die Krämpfe im Kindesalter ....................................... 477
113. Kinderlähmungen .................................................. 483
114. Die Entwicklung der Testpsychologie in der Kinderheilkunde. Anhang:
Normative Aufstellung für den Entwicklungsstand nach ARNOLD GESELL 491
115. Autorität, Führung und Kinderneurose . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 501
1. Vorlesung.
Aufgaben und Ziele der Kinderheilkunde.
Die beherrschende Stellung in der Kinderheilkunde nimmt das Ernährungs
problem ein. Der Säugling braucht eine besondere Nahrung und eine ihm ange
paßte Ernährungstechnik. Auch noch so große Fortschritte in der· künstlichen
Ernährung habenme Tatsache nicht umzustürzen vermocht, daß die Frauenmilch
die einzig physiologisch allen Ansprüchen genügende Nahrung des Säuglings
darstellt. Doch hat auch die künstliche Ernährung heutzutage Resultate zu
verzeichnen, welche nicht mehr allzu weit hinter den Erfolgen des Stillens an der
Brust zurückstehen. Wohl auf keinem anderen Gebiet zeigen sich so rasch und
eindringlich die schweren Störungen, welche aUf eine fehlerhafte Ernährung zu
rückzuführen sind. Anderseits lassen sich diese Ernährungsstörungen der Säug
linge durch Nahrungsänderungen erfolgreich beheben, sofern sie nicht zu weit
fortgeschritten sind. Der Kinderarzt bezieht seine Heilmittel für die frühen
Altersstufen vorwiegend aus der Küche, nicht aus der Apotheke. Die Diätetik
des gesunden und besonders des kranken Säuglings ist auf das feinste ausgebaut:
Die Säuglingssterblichkeit war noch um die Jahrhundertwende eine erschreckend
große. BESSAU gibt an, daß zu dieser Zeit in Deutschland jährlich 400000 Säug
linge zugrunde gingen. Jahr für Jahr wurde eine Großstadt, wie wir sie in der
Schweiz gar nicht besitzen, ausgetilgt. Die hauptsächlichste Todesursache bildeten
die Ernährungsstörungen. Jedes vierte neugeborene Kind hatte die betrübliche
Aussicht, an Ernährungsfehlern zugrunde zu gehen. Durch die Bemühungen der
Kinderärzte um die Stillpropaganda, um die Beschaffung einwandfreier Säuglings
milch, um die rationelle künstliche Ernährung und die erfolgreiche Behandlung
bereits eingetretener Ernährungsstörungen, um die Besserung der hygienischen
Verhältnisse wurde heutzutage das Säuglingssterben von 25% auf einige wenige
Prozente herabgedrückt. Der Erfolg der Kinderheilkunde auf diesem Gebiet ist
so eindrucksvoll, wie ihn in ähnlichem Ausmaß keine andere Disziplin der Medizin
zu verzeichnen hat. Er ist von weitreichendster Bedeutung, stieg doch durch die
Verminderung der Säuglingssterblichkeit die mittlere Lebenserwartung des Men
schen in den letzten Jahrzehnten von ungefähr 35 bis 40 Jahren bis zu 60 Jahren.
Da das Objekt der Kinderheilkunde ein wachsender Organismus ist und wie
alle anderen lebensnotwendigen Nahrungsstoffe auch alle die neuentdeckten
Ergänzungsstoffe oder Vitamine Beziehungen zum Wachstum besitzen, so ist
es verständlich, daß auch für die Kinderheilkunde die Vitaminforschung von
großer Bedeutung wurde. Es ist kein Zufall, daß sich unter den Pionieren der
Vitaminforschung zahlreiche Kinderärzte finden. Das ganze Gebiet ist jedoch
noch im Fluß begriffen, und es scheint oft, daß über den neuentdeckten Er
gänzungsstoffen die Bedeutung der Hauptnährstoffe ungebührlich in den Hinter
grund gedrängt wird. Ist doch z. B. der Hauptnährstoff für den Säugling das
Wasser, ohne das er in kürzester Zeit zugrunde geht. Nicht selten ergeben sich
Gianzmann, Kinderheilkunde. 1
2 1. Vorlesung. Aufgaben und Ziele der Kinderheilkunde.
Widersprüche zwischen den experimentellen Erfahrungen am Tier und den
klinischen Beobachtungen am Kind. Aber es hat sich gezeigt, daß bei den typi
schen Avitaminosen, wie z. B. bei der Xerophthalmie, bei der MöLLER-BARLow
schen Krankheit oder dem infantilen Skorbut, bei der Rachitis oder englischen
Krankheit die Vitamine A, C und D in gleich glänzender Weise wirksam sind
wie im Tierversuch. Die schönste Frucht der Vitaminforschung für die Kinderheil
kunde war die Entdeckung des Vitamins D, welches sich für die Verhütung und
Behandlung der englischen Krankheit außerordentlich bewährt hat. Menschen
mit Verkrümmungen der Beine und Zwergwuchs infolge Rachitis trifft man im
Straßenbilde der Städte heuteschon viel weniger als früher, und solche dauernden
Verkrüppelungen sollten in Zukunft überhaupt nicht mehr vorkommen. Das
antirachitische Vitamin ist aber auch von großer Bedeutung für die kräftige
Entwicklung des Brustkorbes, damit auch für Lunge und Herz sowie für eine
genügende Weite des Beckens, wodurch ein wichtiges Geburtshindernis bei den
Frauen wirksam bekämpft wird. Da wir in neuester Zeit mehrere Vitamine in
rein dargestellter Form besitzen, so versucht nun die klinische Forschung, ihre
Wirksamkeit auch auf anderen Gebieten zu ergründen als auf dem der reinen
Avitaminosen, welche verhältnismäßig selten sind. Auch hier sind noch weitere
erfolgversprechende Früchte de:.: Vitaminforschung für die Kinderheilkunde zu
erwarten.
In der Kinderheilkunde wurde namentlich durch CzERNY auch der Grund
gelegt für die Konstitutionsforschung. Mit besonderer Eindringlichkeit wurde klar,
daß sich einzelne Kinder schon von den ersten Lebenswochen an durch besondere
Anomalien der Konstitution auszeichnen, die oft für den Ernährungserfolg oder
den Verlauf und Ausgang von Infektionen von entscheidender Bedeutung sind.
Wohl spielt die Vererbung dabei eine sehr große Rolle, aber es handelt sich
vielmehr oft nur um gewisse Krankheitsanlagen, die zur Manifestation bestimmter
Reize bedürfen. Es hat sich nun gezeigt, daß sich auch durch entsprechende
Ernährungsbehandlung solche Konstitutionsanomalien beeinflussen und in
Schranken halten lassen. So hat man erkannt, daß es sich bei gewissen Haut
ausschlägen junger Säuglinge vielfach um Nährschäden der Haut auf konstitutio
neller Basis handelt. Solche Kinder haben oft einen viel größeren Vitaminb edarf,
z. B. an Hautvitamin, wie normale Kinder. Auch bei dem konstitutionellen
Ekzen;t älterer Säuglinge ist die Art der Ernährung von weitreichendem Einfluß.
Säuglinge und Kinder mit konstitutioneller Neigung zu Blutarmut können durch
die Art der Ernährung davor bewahrt oder, wenn sie erkrankt sind, von der Anämie
durch entsprechende Nahrungsänderung geheilt werden.
Die Forschung hat in den letzten Jahren mehr und mehr auch Beziehungen
der Vitamine zu den Hormonen erkannt, den Absonderungsprodukten der Drüsen
uiit innerer Sekretion. Da diese Hormone für die körperliche und geistige Ent
wicklung des Kindes von größter Bedeutung sind, so ist es verständlich, daß die
Lehre von der inneren Sekretion in der Kinderheilkunde eine sehr große Rolle
spielt. Durch die Entdeckung des Hormons der Inselzellen des Pankreas, des
Insulins, gelang es, um nur ein Beispiel herauszugreifen, der kindlichen Zucker
krankheit, die früher in kurzer Zeit unfehlbar tödlich verlief, ihre Gefahren zu
nehmen, so daß auch die zuckerkranken Kinder bei entsprechender Diät am Leben
erhalten werden können und sich vollkommen normal entwickeln. Das Insulin
ist hier um so notwendiger, als das Kind für sein Wachstum relativ viel Kohle
hydrate braucht.
· Ein sehr großes und wichtiges Gebiet der Kinderheilkunde ist das der Ver
hütung, Erkennung und Heilung der Infektionskrankheiten. Auch auf diesem
Gebiet spielt die Beziehung der zweckmäßigen Ernährung zur natürlichen