Table Of ContentEinführung in das Betreuungsrecht
Springer-Verlag Berlin Heidelberg GmbH
Jü rgen Seichter
Einführung
in das Betreuungsrecht
Ein Leitfaden für Praktiker
des Betreuungsrechts, Heilberufe
und Angehörige von Betreuten
Springer
Jürgen Seichter
c/o Amtsgericht Nidda
Schloßgasse 23
63667 Nidda
Deutschland
E-mail: [email protected]
ISBN 978-3-540-41832-0 ISBN 978-3-662-06850-2 (eBook)
DOI 10.1007/978-3-662-06850-2
Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme
Seichter. Jürgen: Einführung in das Betreuungsrecht: ein Leitfaden für Praktiker des Betreu
ungsrechts. Heilberufe und Angehörige von Betreuern / Jürgen Seichter. - Berlin; Heidelberg;
New York; Barcelona; Hongkong; London; Mailand; Paris; Singapur; Tokio: Springer. 2001
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© Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2001
Ursprünglich erschienen bei Springer-Verlag Berlin Heidelberg New York 200 I.
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Umschlaggestaltung: Erich Kirchner. Heidelberg
SPIN 10833544 64/2202-5 4 3 2 1 0 - Gedruckt auf säurefreiem Papier
Vorwort
Noch fast zehn Jahre nach dem Inkrafttreten des Betreuungsgesetzes am 1. Januar
1992 wird der Betreuungsrichter in Krankenhäusern und Pflegeheimen wie auch
von Angehörigen immer wieder angesprochen: "Da gibt es doch dieses neue
Betreuungsrecht, da ist jetzt ja alles anders?" In dieser Frage kommt eine allge
meine Unsicherheit zum Ausdruck, die trotz vieler Informationsveranstaltungen
und Veröffentlichungen zu diesem Thema kaum zurückgegangen ist.
Diese Unsicherheit stellt eine zusätzliche Last dar gerade für die, die sich am
intensivsten um solche Kranken und Behinderten kümmern, die ihre Angelegen
heiten nicht oder nicht mehr selbst regeln können, und die durch diesen Dienst
ohnehin schon hochbelastet sind.
Rechtliche Unsicherheit fUhrt aber gerade bei Heil- und Pflegeberufen schnell zu
Ängsten:
Da ist die Sorge des Arztes, der "ohnehin immer mit einem Bein im Gefängnis"
nicht versteht, weshalb eine medizinisch unzweifelhaft indizierte Behandlung von
einem anderen genehmigt werden muß, und auch noch von einem Richter, also
einem Nichtmediziner.
Da ist die Stationsleitung, die zur Sicherung gegen folgenschwere StUrze Bett
gitter und Sitzgurte anbringt und vom Versorgungsamt nach einer richterlichen
Genehmigung gefragt und auf den Straftatbestand der Freiheitsberaubung (!)
hingewiesen wird.
Da ist aber auch die Stadtverwaltung, die einen Alkoholiker mit gravierenden
Verwahrlosungstendenzen einer ordnungsgemäßen Versorgung zugeflihrt wissen
will - und vom Betreuungsrichter erfährt, daß er keine Möglichkeit hat, einzugrei
fen.
VI Vorwort
Und da sind die Angehörigen, die im Umgang mit ihrem verhaltensauffälligen
altersstarrsinnigen Angehörigen Hilfe durch die Einrichtung einer Betreuung
erhoffen - und vom Vormundschaftsgericht darauf hingewiesen werden, daß dies
bei völlig fehlender Bereitschaft des Betroffenen, die Hilfe durch eine Betreuung
hinzunehmen, die Situation kaum bessern wird, so lange die Voraussetzungen
einer geschlossenen Unterbringung nicht vorliegen.
Schließlich ist da auch noch der angefragte ehrenamtliche Betreuer, der als
Freund oder Nachbar des Betroffenen die Übernahme einer Betreuung angetragen
bekommt, aber dafilr zurückschreckt, diese in Veröffentlichungen vielfach über
höht dargestellte Rolle selbst ausftllIen zu sollen.
Das vorliegende Buch möchte den genannten und weiteren Ängsten dadurch
entgegenwirken, daß es mit klaren und - wie der Verfasser hofft - auch ftlr
Nichtjuristen verständlichen Worten aufzeigt
• was der Rechtsbegriff "Betreuung" überhaupt genau bedeutet,
• was von einem Betreuer erwartet wird - und was nicht
• daß die Einrichtung einer Betreuung zunehmend nicht nur als schwerer
Eingriff in das Persönlichkeitsrecht verstanden wird, sondern auch als sehr
willkommene Hilfe
• daß die Einrichtung einer Betreuung eine wesentliche Entlastung filr den Arzt
sein kann, weil diesem mit dem Betreuer ein rechtlich legitimierter Ansprech
partner zur VertUgung steht und damit zu Gunsten des Arztes ein erhebliches
Mehr an Rechtssicherheit und Rechtsklarheit eintritt.
Entstanden ist das Buch aus der Berufspraxis des Verfassers, der seit über
11 Jahren Betreuungssachen (vor 1990 Pflegschaftssachen genannt) bearbeitet.
Bei jährlich ca. 500 Anhörungen "vor Ort" kam es zu zahlreichen Kontakten mit
Ärzten, Pflegern und - in Behinderteneinrichtungen - Heilerziehern. Fragen, die
aus diesem Berufsgruppen immer wieder gestellt wurden, sind in dieses Buch
eingeflossen.
Das Betreuungsrecht führt auch den Richter immer wieder in Spannungen:
Spannungen zwischen offensichtlichen Notwendigkeiten, denen man sich ver
nünftigerweise nicht entziehen kann und der Gesetzeslage, die hier immer wieder
keine passende Antwort gibt. Spannungen auch in der Abgrenzung der richterli
chen Verantwortung von der eigenen Verantwortung von Ärzten, Pflege- und
Heilberufen, in die der Richter nicht hineinregieren soll und darf.
Vorwort VII
Das Buch verschweigt diese Spannungen nicht, sondern stellt sie dar, erläutert sie
aus richterlicher Sicht und macht Lösungsvorschläge, die sowohl mit den Bedürf
nissen der Praxis als auch mit den gesetzlichen Vorgaben in Übereinklang zu
bringen sind. Zur Verdeutlichung sind über 50 Fallbeipiele, fast ausnahmslos aus
der Praxis des Verfassers, eingearbeitet.
Wiederholt wird auch darauf hingewiesen, daß andere Gerichte anders entschei
den. Das ist bei einem so hochpersönlichen Rechtsgebiet wie dem Betreuungs
recht auch nachvollziehbar. Insofern bietet das Buch nicht "die Lösung" an,
sondern Lösungsvorschläge des Verfassers, wobei aber jeweils deutlich wird, aus
welchen Gründen der Verfasser zu diesem Ergebnis kommt. Es geht dem Verfas
ser nicht nur um die Vermittlung des - natürlich auch erforderlichen - Grundwis
sens, sondern auch und vielleicht vor allem um die Fähigkeit, das betreuungs
rechtliche Instrumentarium denkerisch durchdringen zu können. Wo das gelingt,
werden die Leser dem Gespräch mit "ihrem" Betreuungsrichter besser folgen und
ihm da und dort auch Alternativvorschläge machen können. Der typische Richter
unserer Tage ist dialogfiihig!
Richterkollegen, die diese Buch lesen, mögen die zahlreichen darin enthaltenen
Denkanstöße reflektieren. Vielleicht werden sie das eine oder andere übernehmen.
Aber auch wenn die Lektüre des Buches sie in ihren bisherigen Standpunkten
bestärkt oder zu neuen, aber wiederum anderen Einsichten fUhrt, hat dieses Buch
seinen Sinn erftillt.
Literatur und Rechtsprechung konnten bis Abschluß des Manuskripts im April
200 I berücksichtigt werden.
Für Korrekturen oder Ergänzungen ist der Verfasser dankbar.
Gießen, im Mai 200 I
Jürgen Seichter
Inhaltsverzeichnis
Vorwort V
Inhaltsverzeichnis IX
Kapitell Was bedeutet Betreuung? I
1. Heutige Betreuung und frühere Vormundschaft! Pflegschaft 1
2. Das Wesen der Betreuung 2
Kapitel 2 Notwendigkeit einer Betreuung 7
1. Krankheitsbedingter Unfiihigkeit, selbst zu entscheiden 7
a) Die zugrunde liegende Krankheit 7
(1) Geistig Behinderte 7
(2) Psychisch Erkrankte und Behinderte 8
(3) Betreuungseinrichtung allein wegen körperlicher Erkrankung 8
(4) Zwangsbetreuung 8
b) Betreuungsgutachten oder -attest 9
c) Die Beurteilung der Erforderlichkeit der Betreuung durch den Richter 10
(1) Grundsatz 10
(2) Keine Betreuung bei Geschäftsungewandtheit oder mangelnder
Bildung 12
(3) Weigerung des Betroffenen, sich betreuen zu lassen 12
d) Teilweise oder vollständige, vorübergehende oder
(voraussichtlich) endgültige Unfähigkeit, selbst zu entscheiden 13
2. Subsidiarität der Betreuung gegenüber Vollmacht und anderen Hilfen 14
a) Entbehrlichkeit der Betreuung aufgrund Vollmachtserteilung 14
b) Entbehrlichkeit der Betreuung aufg rund tatsächlicher Hilfen,
die auch ohne wirksame rechtliche Vertretung erfolgen 15
X Inhaltsverzeichnis
3. Vermeidung einer Betreuung durch Vorsorgevertllgung in gesunden
Tagen 17
a) Die Betreuungsvertllgung 17
b) Die Vorsorgevollmacht 19
c) Die Generalvollmacht 23
d) Formerfordernisse von Vorsorgevertllgungen und Vollmachten 24
4. Der Kontrollbetreuer 25
5. Der Verfahrenspfleger 27
Kapitel 3 Der Aufgabenkreis der Betreuung 29
1. Allgemeines zum Aufgabenkreis 29
a) Der Grundaufgabenkreis: Vermögenssorge,
Aufenthaltsbestimmungsrecht und Gesundheitstllrsorge 29
b) Die sinnvollen Ergänzungen: Vertretung gegenüber Heim und
Behörden sowie Postvollmacht 30
c) Das Korrektiv: Der Erforderlichkeitsgrundsatz 31
2. Einzelne Aufgabenbereiche 32
a) Die Vermögenssorge 32
b) Das Aufenthaltsbestimmungsrecht 33
c) Die Wohnungsauflösung 34
d) GenehmigungsbedOrftige Erklärungen des Betreuers 37
e) Der Aufgabenkreis "alle Angelegenheiten" 39
3. Einwilligung in die Sterilisation eines Betreuten 40
4. Der Einwilligungsvorbehalt 42
Kapitel 4 Wer wird Betreuer? 45
1. Zur Person des Betreuers 45
a) Angehörige 45
b) Sonstige ehrenamtliche Betreuer und ehrenamtliche Vereinsbetreuer 46
c) Berufsbetreuer 48
d) Hauptamtliche Vereins-und Behördenbetreuer 49
e) Betreuungsverein 50
t) Betreuungsbehörde 50
2. Ausschluß von Heimmitarbeitern pp. als Betreuer 51
3. Mehrere Betreuer 51
a) Eltern behinderter Kinder; sonstige Betreuung durch Angehörige 51
b) Mehrere Betreuer filr getrennte Aufgabenbereiche 52
c) Vertretungsbetreuung und sonstige Möglichkeiten der
Ersatzbetreuung 52
(1) Vertretungs-und Delegationsbetreuung 52
(2) Ergänzungsbetreuung 53
(3) Gegenbetreuung 53
Description:Das Buch ist in lebendigem Stil geschrieben und mit über 50 Fällen aus der langjährigen betreuungsrichterlichen Praxis des Autors illustriert. Es vermittelt einen fundierten und spannenden Überblick über die Umsetzung des Betreuungsrechts in der Praxis. Ängste vor der Beiordnung eines Betreuer