Table Of ContentKari Palonen 
Eine Lobrede für Politiker
Studien zur politischen Gesellschaft 
Herausgegeben von 
Michael Th. Greven 
Band4
Kari Palonen 
Eine Lobrede für Politiker 
Ein Kommentar zur Max Webers 
"Politik als Beruf' 
Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2002
Gedruckt auf säurefreiem und alterungsbeständigem Papier. 
Die Deutsche Bibliothek-CIP-Einheitsaufnahme 
Ein Titeldatensatz für die Publikation ist bei 
Der Deutschen Bibliothek erhältlich 
ISBN 978-3-8100-3498-4  ISBN 978-3-663-09854-6 (eBook) 
DOI 10.1007/978-3-663-09854-6 
© 2002 Springer Fachmedien Wiesbaden 
Ursprllnglich erschienen bei Leske + Bud rich, Opladen 2002 
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Inhalt 
1.  Politik als Beruf als Lobrede...........................................................  7 
2.  Lesart und Fragestellung.................................................................  11 
2.1  Praktiken der Textauslegung ... .. .. .. . .. . . .......... ... . .. .... .. ... .... ..... .. .  11 
2.2. Innovation und Provokation.....................................................  14 
3.  Politik als Begriff............................................................................  19 
3.1  Von Schmitt zu Weber: das Umdenken des Politischen.........  19 
3.2  Vier Aspekte des Politischen ................. :.................................  21 
3.3  Politik als Beruf.......................................................................  23 
3.4  "Was verstehen wir unter Politik?".........................................  25 
3.5  Politik als Leitung ...................................................................  27 
3.6  Politischer Verband.................................................................  28 
3.7  StaatalspolitischerVerband...................................................  29 
3.8  Differenzierung und Qualifizierung des Politischen ...............  31 
3.9  Politik als Streben....................................................................  34 
3.10 Politik als Kampf.....................................................................  36 
3.11 Macht als Medium der Politik.................................................  37 
3.12 Politik als Kampf im Streben nach Macht...............................  40 
3.13 Herrschaft und Charisma.........................................................  42 
4.  Der Politiker....................................................................................  45 
4.1  Der Politiker als Figur.............................................................  46 
4.2  Führer und Diener...................................................................  · 47 
4.3  Wer politisch handelt, ist ein Politiker....................................  49 
4.4  Neben- und hauptberufliche Politiker .....................................  50 
4.5  Von der Politik und für die Politik leben.................................  52 
4.6  Der Beamte und der Politiker..................................................  55 
4.7  ,Politik treiben' oder Verwalten?............................................  56 
5.  Historische Typen des Berufspolitikers ..........................................  61 
5.1  Frühe Formen des Politikers....................................................  62 
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5.2  Der Advokat............................................................................  63 
5.3  Der Journalist als Demagoge...................................................  65 
5.4  Die Partei als Interessentenbetrieb ..........................................  68 
5.5  Die Entstehung der Parteimaschine.........................................  72 
5.6  Chamberlain, Gladstone und das Caucus-System ...................  75 
5.7  Die Entzauberung des Politikers: der Boss..............................  78 
5.8  Von der Ohnmacht der Parlamentarier zur Führerdemokratie  82 
5.9  Die Rhetorik der Maschine: der dienende Politiker................  86 
Exkurse: Weber und die Parteien...........................................................  89 
1. Ostrogorski zur Restauration der Demokratie.............................  89 
2. Max Weber und die Grünen........................................................  92 
6.  Der Politiker als Menschentypus.....................................................  97 
6.1  Machtgefühl .. ... .. .. ... . . . ... ... .. ...... .......... .. . .... .. .. ...... ... . .. .. . ..... .. .. ..  97 
6.2  Leidenschaft, Verantwortungsgefühl, Augenmaß...................  99 
6.3  Sachlichkeit versus Eitelkeit...................................................  103 
6.4  Reflexionen über Politikerqualitäten bei Max Weber.............  107 
7.  Das Ethos des Politikers..................................................................  111 
7.1  Das Sonderethos der Politik....................................................  111 
7.2  Gewaltsamkeit als Grenzbegriff..............................................  113 
7.3  Verantwortungsethik und Gesinnungsethik.............................  116 
7.4  Die ethischen Paradoxien des Politikers..................................  123 
7.5  Politik als Bohren....................................................................  128 
7.6  Der Puritaner und der Politiker...............................................  130 
8.  Politik, Politiker und Politik als BerufHeute..................................  135 
8.1  Die Problematisierung der Polity-Rahmen..............................  136 
8.2  Die ,Entorganisierung' der professionellen Politik.................  137 
8.3  Die Entsubstanzialisierung der Politik....................................  140 
8.4  Der Politiker: von der Profession zur Art der Lebensführung.  141 
8.5  Kontingenzspiele der Politik...................................................  144 
Literatur.................................................................................................  147 
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1. Politik als Beruf als Lobrede 
Max Webers Politik als Beruf ist den heutigen Leserinnen nicht ohne weite 
res  zugänglich - und  auch  die  zeitgenössischen Leserinnen  scheinen die 
Pointen Webers kaum erfaßt zu haben. Um die Eigenart und die Bedeutung 
dieser kleinen und kryptischen Schrift Webers zu betonen und Anhaltspunkte 
für die Lektüre aufzuzeigen, habe ich diesen Kommentarband geschrieben. 
Wozu dieser Kommentar dienen könnte, dazu ein paar Hinweise: Erstens 
zielt er auf eine historisch-kritische Erläuterung der Schrift. Die Entstehungs 
und Wirkungsgeschichte von Politik als Beruf ist in der Einleitung und im 
Editorischen Bericht von Mommsen und Schluchter im Band 1117 der Max 
Weber-Gesamtausgabe zwar klargestellt worden, es fehlt in diesen Erläute 
rungen aber die substantielle Pointe: Was hat Max Weber, wenn man es ge 
nau betrachtet, zum Begriff des Politischen zu sagen, und welche Bedeutung 
hat dies für die Geschichte des Politikbegriffs. 
Um diese Fragen zu beantworten, können auch folgende Zusatzfragen 
gestellt werden. Woher nimmt Weber gerade die Themen, die er in Politik als 
Beruf behandelt? Wie gliedert er den Horizont der Begriffe? Was kann in 
einer Stellungnahme alles enthalten sein? Was ist die kritische Pointe im 
Hinblick auf die Zeitgenossen? Wie zeigt sich bei Weber sowohl das Typi 
sche als auch das Eigenartige im Vergleich zur späteren Diskussion über 
unterschiedliche Aspekte des Politischen? 
Eine Diskussion dieser Fragen verlangt eine ausführliche Interpretation 
der programmatischen Schrift Webers und dient auch allgemein zum Ver 
ständnis seines Werks. Die Denkart, die Begriffsbildung, die Argumentati 
onsmuster sowie die Darstellung der Probleme bei Weber kann man mit einer 
derartigen mikroskopischen Textanalyse durchaus beleuchten. Politik ist hier 
nur ein Musterbeispiel zum Verständnis von Webers Denken. 
Zum Paradigma wird Politik bei Weber deswegen, weil der Begriff einen 
Schlüssel zu seinem gesamten Denken liefert. Max Weber war ein leiden 
schaftlicher homo politicus, die Kritik am Unpolitischen und an der Entpoliti 
sierung prägte ihn seit seiner Jugend und durchzieht seine Texte (genauer 
Palonen  1998, Kap. 6). Wie auch einige andere seiner Zeitgenossen, skiz 
zierte er erst in seinem Spätwerk eine eigene Interpretation des Politikbe-
7
griffs.  Für die  spätere Diskussion blieb die Bedeutung seiner Schrift un 
gebrochen (vgl. für die Berliner Politologie der fünfziger Jahre, Buchstein 
1992, 194-202). Agnes Heller schreibt über Webers Bedeutung für die The 
matisierung des Politischen: 
It was perhaps Max Weber who first opened the path towards the concept of the political 
(Heller 1991, 332). 
Max Weber beginnt seinen Beitrag zum enzyklopädische Werk Grundrisse 
der Sozialökonomik, veröffentlicht unter dem Titel Wirtschaft und Gesell 
schaft, mit den Soziologischen Grundbegriffen. Webers ,Soziologie' ist je 
doch eigenwillig, er kommt vor allem ohne den Gesellschaftsbegriff aus (s. 
Tyrell 1994). In seiner Typologie der Wissenschaften gibt es allerdings noch 
keine Politikwissenschaft (dieser Titel scheint erst etwas später geprägt wor 
den  zu sein,  Schumann  1922) und  auch keine Politologie (der Terminus 
stammt aus den fünfziger Jahren), obwohl man u.a. in Webers Briefwechsel 
mit Jellinek aus den Jahren 1909-1910 durchaus Ansätze einer Politikwissen 
schaft finden kann (MWG 11/6). 
Politik als Beruf ist eine Parallelschrift zu Wissenschaft als Beruf und 
teilweise- und dies ist hier wichtiger- auch zu den Soziologischen Grund 
begriffen.  Die Handlungstheorie Webers  ist dabei  der gemeinsame  Aus 
gangspunkt. In den Grundbegriffen bleibt die Diskussion des sozialen Han 
deins jedoch knapp: sie weicht der Analyse der ,sozialen Beziehungen' und 
der auf sie bezogenen , gesellschaftlichen Ordnungen'. Aus Webers Bestim 
mung des Verhältnisses von Geschichte und Soziologie, kann man die Poli 
tologie als das ,mögliche Dritte' zwischen ihnen herausarbeiten: 
Die Soziologie bildet ... Typen-Begriffe und sucht generelle Regeln des Geschehens. Im 
Gegensatz zur Geschichte, welche die kausale Analyse und Zurechnung individueller, 
kulturwichtiger Handlungen, Gebilde, Persönlichkeiten erstrebt (WuG, 9). 
Politologie kann man durchaus als typenbildend verstehen - und hierin be 
steht auch ihr Gegensatz zur Geschichte-, sie zielt aber keineswegs auf ,ge 
nerelle Regeln des Geschehens'. Aus der Webersehen Sicht in Politik als 
Beruf, kann man vielmehr davon ausgehen, daß Politik als Handeln prinzi 
piell jede Regel brechen und neue Regeln schaffen kann.  Die Politologie 
wäre demgemäß eine Wissenschaft, die darauf ausgerichtet ist, die Eigenart 
dieser regelbrechenden und -bildenden Tätigkeit , deutend zu verstehen'. 
Ausgehend  vom Kampf-Paragraphen  in  den  Soziologischen  Grundbe 
griffen (WuG, 20), kann die handlungstheoretische Analyse Webers in eine 
andere Richtung geführt werden, nämlich in die einer idealtypischen Analyse 
des Handlungstypus Politik. Eben dies tut Weber ansatzweise in Politik als 
Beruf Diese These bildet den werkgeschichtlichen Ausgangspunkt für die 
folgende Interpretation von Politik als Beruf Weber zeigt darin, wie er das 
Handeln eines Politikers als , ordnungsüberschreitend' versteht, auch wenn er 
den Rahmen der vorliegenden staatlichen Ordnung nicht verläßt. In diesem 
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Sinne verstehe ich Politik als Beruf als  ein Fragment zu  ,Politologischen 
Grundbegriffen'. 
Dieser  Kommentar  kann  außerdem  als  eine  Illustration  allgemeiner 
Strategien  der  Textinterpretation  angesehen  werden,  die  auch  auf andere 
Schriften und Autorinnen angewendet werden können. Er zielt auf eine histo 
rische  Textanalyse,  in  der  ich  unterschiedliche  Ansätze  der  Begriffsge 
schichte und Rhetorik verwende. Die einzelnen, mehr oder weniger explizit 
präsentierten  Schritte der Auslegung  und  Einschätzung enthalten darüber 
hinaus auch allgemeine Hinweise auf Probleme und Vorgehensweisen einer 
historisch-textanalytischen Politologie. 
Diese Schrift bezieht sich primär auf den Text Max Webers. Ich betreibe 
keine Rezeptionsgeschichte und kommentiere die Interpretationen anderer 
Weberologen nur in bestimmten Zusammenhängen. Trotzdem schließt diese 
Schrift an dieneuere Strömung der Weber-Forschung an, die Weber seit den 
achtziger Jahren bewußt historisch liest, d.h. den zeitgenössischen Kontext 
Webers in den Vordergrund stellt. So gesehen besteht eine Richtung der 
Polemik in der Kritik des Anachronismus der konventionellen soziologischen 
Weber-Forschung. 
Die Darstellung im eigentlichen exegetischen Teil geht vor einer Zeile 
für-Zeile-Lektüre von Politik als Beruf aus, obwohl nur ein aus der Sicht der 
Fragestellung als bedeutsam angesehener Teil der Sätze Webers belegt wird. 
Die Analyse folgt weitgehend Webers eigener Präsentation und nimmt seine 
eigenen Klassifikationen auf.  Der Leser kann, so hoffe ich jedenfalls, bei 
meiner Interpretation Webers Gedankenstrom folgen. 
Wenn keine anderen Angaben vorliegen, bezieht sich der Verweis auf 
Politik als Beruf Im Text benutze ich für Politik als Beruf sowohl die Ge 
sammelten politischen Schriften, Ausgabe 1971 (zit. GPS) als auch den die 
beiden Beruf-Vorträge erhaltenden Band 1/17  der Max-Weber-Gesamtaus 
gabe (zit. MWG) bzw. der Max-Weber-Studienausgabe (zit. MWS). Bei den 
sonstigen , politischen Schriften' Webers werden die drei Editionsarten weni 
ger systematisch verwendet. Die Hinweise auf die Schriften Webers erfolgen 
mit Titeln, im Falle von öfters zitierten Texten, mit Stichworttiteln (s. dazu 
das Schriftenverzeichnis), anstatt mit Jahreszahlen. Lassmans & Speirs' neue 
englische Übersetzung von Politik als Beruf (Profession  and Vocation  of 
Politics, in Weber, Political Writings, 1994) enthält Anmerkungen, die auch 
den heutigen deutschsprachigen Leserinnen von Nutzen sein können. Wie im 
Webersehen Moment, werden Webers Texte mit Stichworttiteln zitiert. 
Inzwischen hat Friedhelm Guttadin auch eine Einführung in die , Pro 
testantische  Ethik'  Max  Webers  (1998)  veröffentlicht.  Mit dieser Schrift 
weist der vorliegende Kommentar einige Gemeinsamkeiten und Unterschiede 
auf, die vielleicht kurz zusammengefaßt werden sollten. Die Gemeinsamkei 
ten  betreffen vor  allem die Priorität des  Originaltexts den  Kommentaren 
gegenüber (ebenda, 18), ein Interesse für "die Argumentationsstrategie Max 
Webers" (ebenda, Kap. 4) sowie auf die Betonung der paradoxen "Resultate" 
9
politischen Handeins (s. die Diskussion einer These aus Politik als Beruf, 
ebenda, 183-185). Die Art der Präsentation des Hintergrundes jedoch ist dort 
ausführlicher und mein Ansatz, als Kommentar, folgt dem Originaltext näher 
und operiert mit einer begriffsgeschichtlichen Textanalyse. 
*** 
Dieser Kommentar ist aus dem Hintergrundmaterial für eine größere Mono 
graphie entstanden, die unter dem Titel Das, Webersehe Moment' (Palonen 
1998) erschienen ist. Nach der Fertigung der größeren Arbeit habe ich dieses 
Manuskript umgearbeitet, vor allem seine , theoretischen' Teile. Die Sekun 
därliteratur allerletzter Jahre wurde jedoch nur knapp einbezogen. Es enthält 
keine direkten Übernahmen aus dem Webersehen Moment, auch inhaltlich 
dort schon enthaltene Stellen wurden für diesen Band neu geschrieben. Der 
Band komplettiert- insbesondere hinsichtlich der Deutung der Demokratisie 
rung der polity im 19. Jahrhundert- die im Webersehen Moment unternom 
mene historische Interpretation. 
Zur Ausarbeitung dieses Kommentars haben mich auch Anregungen von 
,Weberologen' ermuntert, insbesondere die von Wolf-Dieter Narr und Wil 
helm  Hennis.  Im  Anschluß  an  einen  Doktorandenkursus  über Weber  in 
Finnland hat Hans-Ulrich Derlien das Manuskript ausführlich und sorgfältig 
kommentiert: als klassisch gebildeter Verwaltungswissenschaftler hat er eine 
andere Perspektive zu Weber als  ich,  und gerade deswegen  waren  seine 
Kommentare besonders wertvoll. Viele seiner Verbesserungsvorschläge habe 
ich wörtlich akzeptiert. Michael Greven gilt der Dank für die Aufnahme des 
Bandes in seine Reihe Studien zur politischen Gesellschaft, obwohl ich, mit 
Weber, auf den Gesellschaftsbegriff verzichte. Für die eigentliche Sprachkor 
rektur danke ich, wie üblich bei meinen deutschsprachigen Studien, Klaus 
Sondermann. 
Der Titel des Bandes beruht auf einer plötzlichen Einsicht, worum es in 
Politik als Beruf geht. In der Rhetorik des Aristoteles wird bekanntlich eine 
Dreigliederung der rhetorischen  Genres  unternommen,  und  zwar auf die 
deliberative, forensische und epideiktische Rhetorik bzw. auf die Beratungs-, 
Gerichts- und Lobrede. Nach meiner Einsicht ist Politik als Beruf als eine 
einzige Lobrede des Idealtypus Politiker zu verstehen.  Darin besteht ihre 
zeitgenössische Provokation, die bis heute trägt. 
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