Table Of ContentFORSCHUNGSBERICHTE DES LANDES NORDRHEIN-WESTFALEN
Nr. 2111
Herausgegeben im Auftrage des Ministerpräsidenten Heinz Kühn
von Staatssekretär Professor Dr. h. c. Dr. E. h. Leo Brandt
Prof. Dr.-lng. Hans Bühler
Dr.-lng. Kaspar Vieregge
Forschungsstelle Gesenkschmieden
Institut für Werkzeugmaschinen und Umformtechnik an der
Technischen Hochschule Hannover
Ein Beitrag zur Gestaltung des Gratspalts
beim Gesenkschmieden
Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 1970
ISBN 978-3-663-20069-7 ISBN 978-3-663-20428-2 (eBook)
DOI 10.1007/978-3-663-20428-2
Verlags-Nr. 012111
© 1970 by Springer Fachmedien Wiesbaden
Ursprünglich erschienen bei Westdeutscher Verlag GmbH, Köln un Opladen 1970.
Inhalt
Verzeichnis der Formelzeichen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4
1. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7
2. Ziel und Abgrenzung der Aufgabe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7
3. Stand der Kenntnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8
3.1 Ergebnisse wissenschaftlicher Untersuchungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8
3.2 Auswertungen betrieblicher Erfahrungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15
4. Planung und Durchführung der V ersuche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17
4.1 Versuchswerkzeuge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17
4.2 Versuchsanlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18
4.3 Versuchsbedingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19
4.4 Meßgrößen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20
5. Meßverfahren und ihre Eichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21
5.1 Umformkräfte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21
5.2 Druckspannungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22
5.3 Umformwege . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24
5.4 Umformarbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25
5.5 Temperaturen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26
5.6 Werkstoffbedarf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26
6. Versuchsergebnisse und ihre Deutung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27
6.1 Theoretische Vorbetrachtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27
6.2 Werkstoffbedarf und Werkzeugbelastung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28
6.3 Umformkenngrößen in Abhängigkeit von der Geometrie des Gratspalts 28
6.3.1 Einfluß des Werkstücks . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29
6.3.1.1 Werkstückform . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29
6.3.1.2 Werkstückgröße . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30
6.3.2 Einfluß der Umformbedingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31
6.3.2.1 Umformmaschine . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31
6.3.2.2 Ausgangsform . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33
6.3.2.3 Schmierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34
6.4 Vergleich verschiedener Gratspaltarten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35
6.5 Temperaturen im Grat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36
6.6 Zusammenfassung der Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38
7. Berechnung von Kräften und Spannungen am SchmieJ.estück . . . . . . . . . . . . . . 39
8. Schlußbetrachtung zur Gestaltung des Gratspalts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44
9. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46
Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48
Anhang................................................................ 50
a) Tafeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50
b) Abbildungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53
3
Verzeichnis der Formelzeichen
A [kpm] Umformarbeit
B [-] Beiwert
F [mm2] Projektionsfläche
G1 [kg] Schmiedestückgewicht
K [Mp] Umformkraft
Q [mm2] Fläche des Axialschnitts
s lkp~:m2J
Drucksteifigkeit
u
[mm] Umfang des Axialschnitts
V [mm3] Volumen
L1W [%] Werkstoffüberschuß
z
[-] Kompliziertheitskriterium
b [mm] Gratbahnbreite
ba [mm] Gratbreite
c [-] Beiwert
[ kcal ] spez. Wärme
Csp
kg grd
do [mm] Probendurchmesser
dl [mm] Werkstückdurchmesser
d2 [mm] Gratbahndurchmesser
da [mm] Gratdurchmesser
f [mm] Federweg
g [-] Funktionswert
ho [mm] Probenhöhe
h [mm] Höhenbezeichnung am Werkstück
h1,II [mm] Höhenbezeichnung der Umformzone im Werkstück
hs [mm] Steighöhe
k [kpfmm2] Formänderungsfestigkeit
kw [kpfmm2] Formänderungswiderstand
[k~s2]
mB Masse des Bärs
[k~s2]
ms Masse der Schabotte
p [kpfmm2] vertikale Druckspannung
q [kpfmm2] horizontale Druckspannung
r [mm] Radius
ra [mm] Haftradius
s [mm] Gratdicke
4
t [s J Druckberührzeit
V1 [m/s] Werkzeuggeschwindigkeit
w [mm] Stauchweg
J
(X [ kcal Wärmeübergangszahl
mZ h grd
ß [0] Neigungswinkel der Gratbahn
y [0] Neigungswinkel der Sprunglinien im Werkstück
{} [OC] Temperatur
LJ{} A [grd] Temperaturerhöhung durch Umformung
r J
J. kcal Wärmeleitzahl
mhgrd
ft [-] Reibbeiwert
Q Dichte
[c!a]
[:!z]
T Schubspannung
Cf [-] log. Formänderungsverhältnis
Cf [s -1] Formänderungsgeschwindigkeit
[:!zj
c[J Arbeitsdichte
Indices
0 Anfangszustand
1 Werkstück
2 Gratbahn
I, II Umformzone
e eben
f axialsymmetrisch
m mittel
max Größtwert
Die Zahlen in [] weisen auf Angaben im Literaturverzeichnis hin; die Zahlen in ()
beziehen sich auf Gleichungen im Text.
5
1. Einleitung
In der Bundesrepublik Deutschland werden zur Zeit jährlich über 600000 t Gesenk
schmiedestücke aus Stahl hergestellt. Im Durchschnitt sind etwa 20% des Werkstoff
bedarfs eines Schmiedeteils erforderlich, um den Anteil zu decken, der in den Grat
fließt. Das ergibt im Jahr einen zusätzlichen Stahlverbrauch von über 120000 t, der als
Verlust betrachtet werden muß. Angesichts dieser Größenordnung ist es berechtigt,
mit Nachdruck nach Möglichkeiten zu suchen, den Gratabfall beim Gesenkschmieden
zu vermindern.
2. Ziel und Abgrenzung der Aufgabe
Die Aufgabe des Schmiedegrats besteht darin, das vollständige Ausfüllen der Gravur
mit Werkstoff sicherzustellen. Der nach außen verdrängte überschüssige Werkstoff
erfährt zwischen den Gratbahnen einen Fließwiderstand, dessen Größe unter anderem
von der Querschnittsform des Gratspalts bestimmt wird. Es ist zu erwarten, daß sowohl
die Druckbelastung des Gesenks als auch der erforderliche Werkstoffüberschuß mit
diesem Fließwiderstand und entsprechend auch mit den Abmessungen des Gratspalts
zusammenhängen.
Es soll im Rahmen der vorliegenden Arbeit untersucht werden, wie sich die Gestaltung
des Gratspalts auf den Werkstoffüberschuß und auf die Belastung von Werkzeug und
Maschine auswirkt. Weiter ist zu klären, ob diese Zusammenhänge von der Form und
der Größe des Schmiedestücks beeinflußt werden. Schließlich soll geprüft werden, wie
weit sich der Umformvorgang im Gesenk rechnerisch erfassen läßt. Dazu sind Kennt
nisse über die Temperaturen im Grat erforderlich, so daß auch in dieser Richtung Unter
suchungen angestellt werden müssen.
Das Gesenkschmiedewesen zeichnet sich durch einen großen Formenreichtum der
Werkstücke, durch die Verwendung vieler verschiedener Schmiedewerkstoffe und
durch zahlreiche Arten von Umformmaschinen aus. Da es unmöglich ist, sämtliche
Bedingungen der Praxis zu untersuchen, muß sich diese Arbeit darauf beschränken,
einige charakteristische Fälle auszuwählen und aus den gewonnenen Erkenntnissen
möglichst allgemeingültige Schlüsse zu ziehen. So wird die Größe der Versuchswerk
stücke begrenzt durch die zur Verfügung stehende 1000-Mp-Presse. Sehr kleine Um
formgeschwindigkeiten (hydraulische Presse) müssen ebenso ausgeklammert werden
wie sehr große (Hochgeschwindigkeitshammer). Aus fertigungstechnischen Gründen
werden nur axialsymmetrische Werkstückformen betrachtet.
Die Ergebnisse dieser Untersuchung sollen die vorhandenen Kenntnisse und Empfeh
lungen zur Gestaltung des Gratspalts ergänzen und verbessern.
7
3. Stand der Kenntnisse
Im Fachschrifttum findet man erst seit jüngerer Zeit regelmäßige Beiträge zum Thema
Gesenkschmieden. Das hat zwei Gründe: einmal ist die Schmiedetechnik ein Umform
verfahren, das stark auf praktischen Erfahrungen aufbaut. Solche Erfahrungen wurden
bisher - und werden es teilweise immer noch - von den einzelnen Schmiedebetrieben
wie Geheimnisse gehütet. Es bestand wenig Neigung, eigene Erkenntnisse und Fort
schritte der Fachwelt mitzuteilen. Zum anderen ist das Schmieden im Gesenk eine
Technik, mit der sich die Wissenschaft erst verhältnismäßig spät in stärkerem Maße
befaßt hat.
Im folgenden sollen die neueren Erkenntnisse über das Gesenkschmieden wieder
gegeben werden, wie sie sich im Schrifttum darstellen und soweit sie den Problemkreis
dieser Arbeit betreffen.
3.1 Ergebnisse wissenschaftlicher Untersuchungen
Viele Berechnungsverfahren für die beim Gesenkschmieden auftretenden Spannungen
und Kräfte gehen vom Modell des Stauchversuchs aus. S9 hat E. SIEBEL [1] für das
Flachstauchen zylindrischer Körper einen Ansatz hergeleitet, der im späteren Schrifttum
häufig unter der Bezeichnung »Schmiedeformel« erwähnt wird:
kw 1 d
-=1+-[L (1)
kt 3 h
Darin sind d der Durchmesser und h die Höhe der Stauchprobe. Aufbauend auf den
ursprünglichen Modellvorstellungen von E. SrEBEL hat sich eine weitreichende Theorie
entwickelt, die heute als Streifen- bzw. Röhrentheorie eine Grundlage für die Berech
nung ebener und axialsymmetrischer Schmiedevorgänge bildet. Eine ausführliche Dar
stellung der sogenannten elementaren Theorie mit all ihren Einschränkungen und
Voraussetzungen geben H. LrPPMANN und 0. MAHRENHOLTZ [2].
Es hat nach E. SrEBEL eine Reihe weiterer V ersuche gegeben, die Verhältnisse beim
Stauchen rechnerisch zu erfassen. Sie unterscheiden sich hauptsächlich in der Behand
lung der Reibung, wobei zwischen dem reinen Gleiten und vollständigen Haften auch
Übergangslösungen berücksichtigt werden. Eine zusammenfassende Übersicht der be
kanntesten Ansätze geben M. VATER und G. NEBE [3].
H. J. STäTER [4] hat unter Mitwirkung von H. LrPPMANN aus Versuchsergebnissen die
Formel
p
X
-= 1 +092- (2)
k, ' h
abgeleitet, worin x der waagerechte Abstand von einer freien Seitenfläche ist. Er hat
diesen Ausdruck für eine qualitative Betrachtung der Gestaltung des Gratspalts am
Schmiedegesenk herangezogen. Setzt man für xfh das Verhältnis Gratbahnbreite zu
Gratdicke bfs (Abb. 1)*, dann läßt sich aus Gl. (2) ablesen, daß die Druckspannung am
Gratansatz nur vom Gratbahnverhältnis bfs abhängt, nicht jedoch davon, ob b und s
selbst groß oder klein sind. Diese Betrachtungsweise läßt den Einfluß der Abkühlung
* Die Abbildungen stehen im Anhang ab Seite 53
8
des Gratwerkstoffs unberücksichtigt. Bei großer Gratbahnbreite b und Gratdicke s ist
im Gratspalt das Verhältnis der wärmeabführenden Oberfläche zum Volumen kleiner
als bei kleinen b und s. Der Grat kühlt also langsamer ab, wenn bei gleichbleibendem
Gratbahnverhältnis bfs die Gratbahn breiter und der Grat dicker sind. Wegen der damit
geringeren Umformfestigkeit des Gratwerkstoffs im großen Gratspalt hat man kleinere
Drücke zu erwarten, wenn b und s groß sind, als wenn man bei gleichem bfs die Breite
und Dicke des Gratspalts klein wählt.
B. ZüNKLER [5] geht bei seinem Verfahren zur Ermittlung der Spannungen und Kräfte
bei ebener Umformung von der elementaren Theorie aus. Für Werkstücke mit schroffen
Änderungen derQuerschnittshöhe entwickelter eine Methode, mit deren Hilfe dieGleit
ebenen im Werkstück bestimmt werden können. Auf das gefundene Gleitebenenmodell
wendet er dann elementare Grundgleichungen an, die er zuvor am Beispiel einfacher
Querschnittsformen - Rechtecke und Trapeze - abgeleitet hat. B. ZüNKLER bezieht in
seine Betrachtung auch den Gratspalt ein; er weist in diesem Zusammenhang auf die
Unsicherheiten hin, die sich aus den zu treffenden Annahmen über die Reibungs- und
Temperaturverhältnisse im Gratspalt ergeben.
W. VoELKNER [6] hat die Ergebnisse seiner Druckmessungen an einfachen Schmiede
stücken aus Al 99,5 mit berechneten Werten nach B. ZüNKLER verglichen. Im Bereich
der Gravur hat er gute Übereinstimmung gefunden, im Grat wichen ZüNKLERS Werte
jedoch stark ab.
Eine Gegenüberstellung mehrerer Lösungen russischer Verfasser zur Berechnung von
Schmiedekräften geben]. GRrGORIJEV und R. A. VAJSBURD [7]. Beim Vergleich mit
Versuchsergebnissen kommen sie zu dem Schluß, daß die Rechnung die tatsächlichen
Verhältnisse bestenfalls mit einem Unsicherheitsbereich von -20 und +40% wieder
geben kann. Außerdem geben sie zu, daß die betrachteten V erfahren für die Praxis noch
zu umständlich sind.
H. LrPPMANN und 0. MAHRENHOL TZ [2] berücksichtigen in ihren elementaren Ansätzen
auch Massenkräfte, die jedoch erst bei der Hochgeschwindigkeitsumformung einen
merkbaren Einfluß gewinnen. Außerdem beschreiben sie die Behandlung von Knick
stellen. Das sind sprunghafte Veränderungen der Neigung von Werkzeugbahnen. Mit
ihrer Darstellung der sogenannten Sprunglinien berühren sie eine Erscheinung, die für
die rechnerische Erfassung von Umformvorgängen noch an Bedeutung gewinnen wird.
Sprunglinien trennen Gebiete im Werkstück voneinander, in denen der Werkstoff
einerseits gleitet und sich andererseits starr verhält. Entlang solcher Linien erreicht die
Schubspannung einen Höchstwert T = t kf.
E. G. THOMSEN, C. T. YANG und S. KoBAYASHI [8] berichten über einen Stauchversuch
nach Abb. 2, in dem sie als Umformzone eine durch die Sprunglinien AA und BB
begrenzte flache Scheibe annehmen, die gerade immer die Dicke des austretenden Grats
hat. Sie haben die nach diesem Modell berechneten Formänderungswiderstände kw mit
Versuchsergebnissen verglichen und eine befriedigende Übereinstimmung gefunden.
Im Rahmen der vorliegenden Untersuchungen hat sich jedoch gezeigt, daß man mit der
scheibenförmigen Umformzone nur bei sehr großen Gratdicken brauchbare Ergebnisse
erhält. Bei dünnen Gratspalten führt dieses V erfahren zu Werten, die zu hoch liegen.
M. V. STOROZHEV, E. ]. SEMENOV und S. B. KIRSANOVA [9] sind noch einen Schritt
weiter gegangen und haben die beim Schmieden axialsymmetrischer Werkstücke auf
tretenden Umformzonen systematisch untersucht. An geteilten Bleiproben mit ein
geritzten Rastern haben sie festgestellt, daß sich zwei deutlich ausgeprägte Umform
zonen ausbilden. Das Gebiet I in Abb. 3a war durch eine starke, das Gebiet II durch eine
schwache Verzerrung des Rasters gekennzeichnet. Die Größe der beiden Umform
bereiche, die die V erfasset durch die Maße h1 und hi: bzw. hu und hi:r beschreiben, erwies
9
sich als abhängig vom Verhältnis des Werkstückdurchmessers zur Gratdicke. In Abb. 3 b
sind diese Abhängigkeiten wiedergegeben.
Unter Berücksichtigung des stark verformten linsenförmigen Umformbereichs I leiten
M. V. STOROZHEV und Mitarbeiter Formeln für die Berechnung des Formänderungs
widerstandes kw und der Schmiedekraft K ab, und zwar sowohl für ebene als auch axial
symmetrische Umformung.
Sie lauten für ebene Umformung:
kwe = 1,15 ke [1 + .!:_ + log m n] (3)
s 4 (m-1)
~ ~)F2+(1+ ~ +0,1~)F1]
Ke=1,15ke[(1+ (4)
und für axialsymmetrische Umformung:
rm
b ( Vm+vm-1
kw = kt [1 ,5 + - + 1o g V-'--m;=:---v--m'--;--o1==
s 4(m-1)ym-1
(5)
(6)
Darin sind
hr
m=-,
s
dl
n=-,
s
F1
= Projektionsfläche des Werkstücks,
F2
= Projektionsfläche der Gratbahn.
Die abgeleiteten Formeln gelten nur, solange die Umformzone nicht an irgendeiner
Stelle von der Oberfläche des Werkzeugs berührt wird.
Es gibt eine Anzahl verschiedenartiger Vorgehensweisen zur Berechnung von Umform
vorgängen. Außer der bisher aufgeführten elementaren Theorie müssen beispielsweise
das Gleitlinienverfahren, die Visioplasticity-Methode und einige einander ähnliche
Schrankenverfahren erwähnt werden. Jede dieser Methoden hat ihre bevorzugten An
wendungsbereiche, wie es von E. G. THOMSEN und Mitarbeitern [8] anschaulich dar
[10]
gestellt wird. Aus einer Zusammenstellung von K. LANGE geht hervor, daß die
Ansätze der elementaren Theorie offensichtlich die besten Ergebnisse liefern, wenn es
um die Behandlung von Gesenkschmiedevorgängen unter besonderer Berücksichtigung
des Gratspalteinflusses geht.
Auch E. P. UNKSOW [11] benutzt einen elementaren Ansatz bei seinem Versuch, die
zum Füllen der Gesenkform erforderliche Druckspannung am Gratansatz in Zusammen
hang zu bringen mit den Gratspaltabmessungen und dem Reibwert p, im Gratspalt.
Wenn P2 max nach Abb. 4 (Kurve 1) die senkrechte Druckkomponente am Gratansatz ist,
10