Table Of ContentKAPITEL 2
Eigenwerte und Eigenvektoren
2.1 Berechnung von Eigenwerten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20
2.2 Eigenvektoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22
2.3 Algebraische und geometrische Vielfachheit von Eigenwerten . . 24
2.4 Zusammenfassung und Beispiele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25
2.5 Ähnliche Matrizen und Diagonalisierung. . . . . . . . . . . . . . . 34
2.6 Positiv definite Matrizen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47
2.7 Polynomdivision . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50
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KAPITEL 2. EIGENWERTE UND EIGENVEKTOREN 17
Lernziele 2
• Was sind und wie berechnet man Eigenwerte und Eigenvektoren
• charakteristisches Polynom, charakteristische Gleichung
• Eigenräume, algebraische und geometrische Vielfachheit eines
Eigenwerts,
• ähnliche Matrizen, Eigenvektorbasis
• Eigenwerte und Eigenvektoren reeller, symmetrischer Matrizen
InderfolgendenÜbersichtsindeinigeAnwendungenvonEigenwertproble-
men zusammengefasst: Wozu benötigt man Eigenwerte und Eigenvektoren?
• Diagonalmatrizen sind leicht zu handhaben. Eigenvektoren werden zur
Diagonalisierung von Matrizen verwendet.
• MatrizenrepräsentierenlineareAbbildung(Drehung,Scherung,Spiege-
lung).EigenvektorengebendieGeradenan,diedabeierhaltenbleiben.
Und Strecken auf diesen Geraden werden um die Eigenwerte gestreckt
bzw. gestaucht.
• Invarianten physikalischer Systeme: Eigenfrequenzen, Eigenmoden (Ei-
genformen) und gegebenenfalls auch Dämpfungscharakteristik eines
schwingfähigenSystems,KnicklasteinesKnickstabs(sieheBalkentheo-
rie), Hauptspannungen in der Festigkeitslehre:
• Lösungen von linearen Systemen gewöhnlicher Differentialgleichungen
(z.B. in der technischen Mechanik).
Beispiel 2.1 (Lineare Transformationen)
Jede lineare Transformation kann durch eine Abbildungsmatrix beschrieben
werden. Eine Spiegelung an der x-Achse im (cid:82)2 wird beschrieben durch
(cid:195) (cid:33)
1 0
A= .
0 −1
KAPITEL 2. EIGENWERTE UND EIGENVEKTOREN 18
Dabei werden die Einheitsvektoren {(cid:126)e1,(cid:126)e2} auf {(cid:126)e1,−(cid:126)e2} abgebildet, d.h.(cid:126)e1
und(cid:126)e2 sind Lösungen der Gleichung
A(cid:126)v=λ(cid:126)v,
für λ=1 bzw. λ=−1.
Abbildung 2.1: Spiegelung
(cid:195) (cid:33)
Welche Transformation beschreibt A= a11 a12 ? Diese Frage wird mit
a21 a22
Eigenwerten und Eigenvektoren untersucht.
Beispiel 2.2
Ein Beispiel ergibt sich aus der technischen Mechanik.
EsseienzweiOszillatorenmiteinanderundjeweilsmitderWandüberFedern
gekoppelt. Der Einfachheit halber haben die beiden äußeren Federn dieselbe
Federkonstante k, und die Massen m1 bzw. m2. Die innere Feder habe die
Federkonstante s. Als Koordinaten nehmen wir die Auslenkungen der beiden
Massenpunkte aus der Ruhelage, so dass für x1=x2=0 das System ruhe.
KAPITEL 2. EIGENWERTE UND EIGENVEKTOREN 19
Die Bewegungsgleichungen sind dann
m1x¨1+kx1−s(x2−x1)=0,
m2x¨2+kx2−s(x2−x1)=0,
Dieses System ist wegen m1,m2>0 äquivalent zu
k s
x¨1+ x1− (x2−x1)=0,
m1 m1
k s
x¨2+ x2− (x2−x1)=0.
m2 m2
Das ist äquivalent dazu, dass man das lineare Differentialgleichungssystem
schreibt als
(cid:195)10 01(cid:33)(cid:195)xx¨¨12(cid:33)+(cid:195)−kmm+s1s2 −kmm+s2s1(cid:33)(cid:195)xx12(cid:33)=(cid:195)00(cid:33).
(cid:195) (cid:33)
Mit (cid:126)x(t)= x1(t) macht man nun den Ansatz (cid:126)x(t)=(cid:126)veiωt, d.h. x1(t)=
x2(t)
v1eiωt und x2(t)=v2eiωt, wobei der konstante Vektor (cid:126)v und ω noch zu
bestimmensind.SetztmandiesenAnsatzindieMatrizengleichungein,dann
folgt
(cid:195)−0ω2 −0ω2(cid:33)(cid:195)vv12eeiiωωtt(cid:33)+(cid:195)−kmm+s1s2 −kmm+s2s1(cid:33)(cid:195)vv12eeiiωωtt(cid:33)=(cid:195)00(cid:33)
⇐⇒ (cid:195)−kmm+s1s2 −kmm+s2s1(cid:33)(cid:195)vv12(cid:33)=ω2(cid:195)vv12(cid:33) ⇐⇒ (cid:195)−kmm+s1s2 −kmm+s2s1(cid:33)(cid:126)v=ω2(cid:126)v,
weil eiωt (cid:54)=0 ist. Dieses Problem ist nun ein typisches Eigenwertproblem.
Man bestimme die Eigenwerte ω2 und die dazugehörigen Eigenvektoren(cid:126)v.
Allgemein definiert man
KAPITEL 2. EIGENWERTE UND EIGENVEKTOREN 20
Definition 2.3
Eine Zahl λ∈(cid:67) heißt Eigenwert einer reellen oder komplexen n×n-
Matrix A,wennesmindestenseinenSpaltenvektor(cid:126)b∈(cid:67)n,(cid:126)b(cid:54)=(cid:126)0,gibt
mit
A(cid:126)b=λ(cid:126)b.
Jeder Vektor(cid:126)b(cid:54)=(cid:126)0, der diese Gleichung erfüllt, heißt Eigenvektor
von A zum Eigenwert λ.
Bemerkung 2.4
Der Nullvektor(cid:126)0 ist niemals ein Eigenvektor. Ergibt Ihre Rechnung
den Nullvektor als Eigenvektor, so ist der Wurm drin! Die Zahl Null
kann aber ein Eigenwert sein!
2.1 Berechnung von Eigenwerten
Wenn λ ein Eigenwert der Matrix A ist, dann gibt es einen Spaltenvektor
(cid:126)b(cid:54)=(cid:126)0 mit
A(cid:126)b=λ(cid:126)b⇔(A−λE)(cid:126)b=(cid:126)0. (2.1)
Folglich besitzt das Gleichungssystem (2.1) nichttriviale Lösungen und
damit ist die Determinante der Koeffizientenmatrix gleich Null, also
det(A−λE)=0. Umgekehrt, ist diese Determinate gleich Null, dann hat
das Gleichungssystem nichttriviale Lösungen (vgl. Rechenregeln für Deter-
minanten bzw. Cramersche Regel). Insgesamt haben wir damit, λ ist ein
KAPITEL 2. EIGENWERTE UND EIGENVEKTOREN 21
Eigenwert der Matrix A genau dann wenn gilt:
det(A−λE)=0.
Zur Berechnung der Eigenwerte einer n×n-Matrix betrachtet man
(mit einer Variablen λ) das charakteristische Polynom von A
χA(λ):=det(A−λE).
Die Nullstellen des charakteristischen Polynoms sind die Eigenwerte
der Matrix A.
Bemerkung 2.5
Wenn man die Determinante det(A−λE)=χA(λ) berechnet und nach Po-
tenzen von λ ordnet, so erhält man
χA(λ)=(−λ)n+(SpurA)(−λ)n−1+...+detA,
wobeiSpurA=a11+a22+...+ann dieSummederElementederHauptdiago-
nale ist. Da die Eigenwerte die Nullstellen des charakteristischen Polynoms
sind, gilt
χA(λ)=(−λ)n+(SpurA)(−λ)n−1+...+detA
=(−1)n(λ−λ1)k1(λ−λ2)k2···(λ−λr)kr
=(−λ)n+(k1λ1+k2λ2+...+krλr)(−λ)n−1+...+λk11λk22···λkrr
mit den algebraischen Vielfachheiten ki, i=1,2,...,r. Hieraus liest man ab,
SpurA =k1λ1+k2λ2+...+krλr
detA =λk1λk2···λkr
1 2 r
Diese Formeln sind nützlich für Rechenkontrollen, außerdem gestattet insbe-
sondere die 2. Formel Eigenwerte zu erraten, da die Eigenwerte Teiler des
KAPITEL 2. EIGENWERTE UND EIGENVEKTOREN 22
Absolutgliedes des charakteristischen Polynoms sind.
Beispiel 2.6
Wir betrachten die Matrix
0 −1 0 −λ −1 0
A= −1 −1 1 , es ist A−λE= −1 −1−λ 1
0 1 0 0 1 −λ
und damit
det(A−λE)=(−λ)(−1−λ)(−λ)+0+0−0−(−λ)−(−λ)
=−λ2−λ3+2λ=0⇔λ2+λ3−2λ=λ(λ2+λ−2)=0
und ergibt sich die Nullstelle λ1=0 sowie
(cid:114)
1 1
λ2+λ−2=0 ⇐⇒ λ2,3=− ± +2
2 4
und die Nullstellen λ2=1 und λ3=−2.
Für obige Matrix ist SpurA=0−1+0=−1 und detA=0, was auch aus dem
charakteristischen Polynom ablesbar ist:
χA(λ)=(−λ)3+(−1)λ2+2λ+0.
2.2 Eigenvektoren
Hat man einen Eigenwert der Matrix A bestimmt, so werden dann die zu
diesem Eigenwert gehörigen Eigenvektoren berechnet, d.h. man löst das
Gleichungssystem
(A−λE)(cid:126)b=(cid:126)0
mit dem bereits ermittelten Eigenwert λ. Da die Determinate der Koeffizien-
tenmatrixgleichNullist,besitztdasGleichungssystemnichttrivialeLösungen
mit n−Rang(A−λE) freien Parametern.
KAPITEL 2. EIGENWERTE UND EIGENVEKTOREN 23
Definition 2.7
Jede Lösung(cid:126)b(cid:54)=(cid:126)0 von (A−λE)(cid:126)b=(cid:126)0 ist ein Eigenvektor zum Eigen-
wert λ.
V(λ)={(cid:126)x∈(cid:67)n:(A−λE)(cid:126)b=(cid:126)0}
heißt Eigenraum zum Eigenwert λ.
Insbesondere ist jeder Basisvektor vonVλ ein Eigenvektor zum Eigenwert
λ der Matrix A. Als Eigenvektoren von A gibt man deshalb immer eine
Basis des Eigenraums an.
Beispiel 2.8
Wir betrachten die Spiegelung an der y-Achse mit der Abbildungsmatrix
(cid:195) (cid:33)
−1 0
A=
0 1
dabei sind λ1/2=±1 die Eigenwerte der Matrix. Um die Eigenvektoren zum
Eigenwert λ1=−1 zu bestimmen, müssen wir das homogene Gleichungssys-
tem
(cid:195) (cid:33) (cid:195) (cid:33)(cid:195) (cid:33) (cid:195) (cid:33)
(A−λ1E)(cid:126)v=(cid:126)0 ⇐⇒ −10+1 1+01 (cid:126)v= 00 02 vv12 = 00
lösen. Wir haben aber nur eine Gleichung zur Bestimmung von zwei Unbe-
kannten, nämlich v1 und v2. Es gibt folglich einen freien Parameter. Die
Lösung des linearen Gleichungssystems ist
(cid:195) (cid:33)
1
v2=0 und v1∈(cid:82) bzw. (cid:126)v=t , t∈(cid:82).
0
KAPITEL 2. EIGENWERTE UND EIGENVEKTOREN 24
Der zugehörige Eigenraum ist
(cid:195) (cid:33)
1
V(−1)={(cid:126)v∈(cid:82)2: (cid:126)v=t , t∈(cid:82)}.
0
Der Eigenvektor zum Eigenvektor λ=−1 ist eine Basis des Eigenraums
(cid:195) (cid:33)
1
V(−1), also z.B. der Vektor(cid:126)v= .
0
Bisher gab bei einer 2×2-Matrix immer 2 voneinander verschiedene
Eigenwerte. Dies muss aber nicht so sein.
2.3 Algebraische und geometrische Vielfachheit von
Eigenwerten
Das charakteristische Polynom
χA(λ)=(−λ)n+(SpurA)(−λ)n−1+...+detA
istfolglicheinPolynomn-tenGrades(füreinen×n-Matrix)undhatdeshalb
n nicht notwendigerweise voneinander verschiedene komplexe Nullstellen
λ1,λ2,...λn.
D.h. wir haben die Nullstelle λ1 mit der Vielfachheit k1, die Nullstelle λ2
mit der Vielfachheit k2, ..., die Nullstelle λr mit der Vielfachheit kr. Dabei
kann man die Eigenwerte der Größe nach ordnen λ1≤λ2≤...λr und es ist
k1+k2+...+kr =n.
Definition 2.9
ManbezeichnetdieVielfachheitki derNullstelleλi alsdiealgebraische
Vielfachheit des Eigenwertes λi. Dagegen ist die Dimension des Ei-
genraumes DimV(λi) die geometrische Vielfachheit des Eigenwertes
λi.
KAPITEL 2. EIGENWERTE UND EIGENVEKTOREN 25
Algebraische und geometrische Vielfachheit sind i. Allg. nicht gleich!
2.4 Zusammenfassung und Beispiele
Vorgehensweise bei Eigenwertproblemen
Gegeben sei die reellwertige n×n-Matrix A
1. Man bestimme die Eigenwerte λ indem man die Nullstellen
des charakteristischen Polynoms bestimmt, d.h. man löst
det(A−λE)=0.
2. Die algebraische Vielfachheit des Eigenwerts λ ist gleich der
Vielfachheit der Nullstelle λ des charakteristischen Polynoms.
3. Man bestimme die zu den Eigenwerten λ gehörigen Eigenvek-
toren(cid:126)b als Lösung des homogenen Gleichungssystems
(A−λE)(cid:126)b=(cid:126)0.
4. Die Dimension des Eigenraums zum Eigenvektor λ ist gleich
n−Rang(A−λE), sie ist die geometrische Vielfachheit des
Eigenwerts λ.
Description:2.3 Algebraische und geometrische Vielfachheit von Eigenwerten 24 Eigenwerte und Eigenvektoren reeller, symmetrischer Matrizen.