Table Of ContentFORSCHUNGSBERICHTE DES LANDES NORDRHEIN-WESTFALEN
Nr.1180
Herausgegeben
im Auftrage des Ministerpräsidenten Dr. Franz Meyers
von Staatssekretär Professor Dr. h. c. Dr. E. h. Leo Brandt
[SBN 978-3-663-06246-2 ISBN 978-3-663-07[59-4 (eBook)
DOI 10.1007//978-3-663-07159-4
Verlags-Nr.011180
© 1963 by Springer Fachmedien Wiesbaden
Ursprünglich erschienen bei Westdeutscher Verlag, Köln und Opladen 1963
Inhalt
Vorbemerkungen .................................................. 7
1. Das Wesen der Mehrstellenarbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8
1.1 Die Abgrenzung und Definition einer Arbeitsstelle .............. 8
1.2 Die Kennzeichen der Mehrstellenarbeit ........................ 9
2. Die Zeitarten bei der Mehrstellenarbeit ............................ 13
2.1 Die automatische Maschinenzeit .............................. 13
2.2 Die beeinflußbare Handzeit .................................. 13
2.3 Die Gangzeit .............................................. 14
2.4 Die Wegzeit ............................................... 15
2.5 Die Maschinenbrach- oder -totzeit ............................ 15
2.6 Die Wartezeit .............................................. 16
2.7 Die Beobachtungszeit ....................................... 16
2.8 DieVerteilzeit ............................................. 16
3. Die Möglichkeiten der Mehrstellenbedienung ....................... 18
3.1 Die Arten der Zeitfolge als Voraussetzung
für die Mehrstellenarbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18
3.2 Die Formen der Mehrmaschinenbedienung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 20
3.21 Die rhythmische Mehrmaschinenbedienung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 20
3.22 Die unrhythmische Mehrmaschinenbedienung .................. 24
4. Die Bestimmung der Arbeitsplatzgröße ............................ 25
4.1 Die Zahl der bedienbaren Maschinen ohne Berücksichtigung
von Störungen ............................................. 25
4.2 Die Zahl der bedienbaren Maschinen unter Berücksichtigung
von Störungen ............................................. 27
4.3 Das Verfahren zur Maschinenzahlbestimmung nach MEINING . . . .. 30
5. Die verschiedenen Verfahren zur Vorgabezeitbestimmung ............ 36
5.1 Die graphische Ermittlung der Vorgabezeit nach LANGHEINRICH .. 36
5.2 Die Vorgabezeitbestimmung nach TIMME. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 39
5.3 Die Vorgabezeitbestimmung nach WEDEKIND .................. 42
5
5.4 Die Vorgabezeitbestimmung nach SEITER und WILLENBACHER . . .. 45
5.5 Die Vorgabezeitbestimmung nach LEDERER-TRATTNERN ......... 49
5.6 Die Vorgabezeitbestimmung nach O'CONNOR .................. 53
5.7 Die Vorgabezeitbestimmung nach VILLERS ...... ,. . ... . .... . ... 56
6. Die körperlichen und geistigen Anforderungen bei der Mehrstellenarbeit 62
6.1 Die Aufmerksamkeit .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 62
6.2 Die Sorgfalt und Zuverlässigkeit. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 62
6.3 Das Dispositionsvermögen und die Entschlußfähigkeit . . . . . . . . . .. 63
6.4 Die Geschicklichkeit ........................................ 63
6.5 Die Beweglichkeit .......................................... 64
7. Die Arbeitsbewertung für die Mehrstellenarbeit 65
8. Die Lohnformen bei Mehrstellenarbeit ............................. 68
8.1 Der Zeitlohn . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 68
8.2 Der Akkordlohn ........................................... 68
8.3 Der Prämienlohn ........................................... 68
9. Die Wirtschaftlichkeitsbetrachtung bei Mehrstellenarbeit ............. 72
9.1 Die Definition einiger Wirkungsgrade.. . .... .. ... . . . ... . . . . . .. 72
9.2 Die Bestimmung des ökonomischen Optimums mit Hilfe der
Fertigungskosten ........................................... 73
9.3 Die Möglichkeiten der Kostensenkung durch Mehrstellen-
Gruppenarbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 76
Literaturverzeichnis ................................................ 79
6
Vorbemerkungen
Schon seit einigen Jahrzehnten erfreut sich die Mehrstellenarbeit einer weiten
Verbreitung in der Textilindustrie. Inzwischen hat sie auch in vielen anderen
Industriezweigen Anwendung gefunden, um Wartezeiten zu vermeiden, die oft
mals infolge fortschreitender Mechanisierung entstehen. In welchem Maße die
Mehrstellenarbeit an Bedeutung gewinnt, spiegelt sich in der Zunahme der
Publikationen zu diesem Thema wider. Ein großer Teil der Veröffentlichungen
bezieht sich auf die Anwendung der Mehrstellenarbeit in der Textilindustrie,
andere erörtern akute Probleme dieser Arbeitsform oder widmen sich neuen
Arbeitsbereichen, in denen sich die Mehrstellenarbeit verwirklichen läßt. Hierbei
handelt es sich im wesentlichen um Aufsätze; in den Büchern bringen die Ver
fasser allenfalls noch Ergänzungen zur Theorie. Einen umfassenden Bericht da
gegen sucht man vergebens.
Dieser offensichtliche Mangel veranlaßte das Land Nordrhein-Westfalen, eine
Untersuchung über die Mehrstellenarbeit zu unterstützen, welche die Besonder~
heiten spezieller Industriezweige weitgehend vernachlässigt, dafür aber die all
gemeingültigen Ergebnisse zusammenf\!.ßt. Der vorliegende Bericht stützt sich also
vorwiegend auf bereits veröffentlichte Unterlagen, und er soll dem Leser einen
Überblick über die bisherigen Erkenntnisse und Methoden vermitteln.
7
1. Das Wesen der Mehrstellenarbeit
1.1 Die Abgrenzung und Definition einer Arbeitsstelle
Auf dem Gebiet der Mehrstellenarbeit wiederholen sich häufig die beiden Be
nennungen Arbeits-»Stelle« und Arbeits-»Platz«, wobei es vielfach nicht klar ist,
ob sie synonym für den gleichen Begriff stehen oder Verschiedenes aussagen
sollen. Deshalb sei zu Beginn der V ersuch unternommen, ihren Inhalt zu erfassen
und abzugrenzen sowie die Begriffe zu definieren.
Ansatzpunkte für eine Klarstellung bilden - neben anderen - die zwei an der
Produktion beteiligten Faktoren »Mensch« und »Produktionsmittel«. In der
gleichen Weise, wie sich beide zur Beurteilung der Arbeits- und Kapitalintensität
einer Fertigungsanlage kostenmäßig oder einsatzmäßig gegenüberstehen, werden
sie bei dieser Betrachtung in ihrer dimensionslosen räumlichen Verteilung als
Wirkun gs bereiche verglichen:
a) Der Arbeitsplatz als Wirkungsbereich des Menschen
Unter dem als Arbeitsplatz bezeichneten Wirkungsbereich eines Menschen ist sein
Arbeitsbereich bzw. sein Tätigkeitsfeld zu verstehen, gleichgültig, welche und in
welchem Umfang sachliche Hilfsmittel zum Einsatz gelangen. Jeder Betrieb glie
dert sich in solche Arbeitsbereiche. Ihre Ausdehnung ist derart zu bemessen, daß
der Arbeiter den ihm erteilten Auftrag allein erfüllen kann. Folglich darf die
Größe des Arbeitsplatzes nicht über einen maximalen Wert hinauswachsen.
Andererseits steht einer Verkleinerung des Tätigkeitsfeldes - abgesehen von wirt
schaftlichen, arbeitstechnischen und anderen Gesichtspunkten, die diesen Fragen
kreis nicht berühren sollen - nichts im Wege.
Aus den Überlegungen über die Größe der Arbeitsplätze läßt sich auf ihre Anzahl
schließen: Entsprechend der begrenzten Erweiterung des Tätigkeitsfeldes bis zur
maximalen Größe kann die Arbeitsplatzzahl, bei unveränderter Anlage des Be
triebes, ein Minimum nicht unterschreiten; dagegen kann sie bei analoger Ver
kleinerung der Arbeitsbereiche beliebig gesteigert werden. Es wäre aber falsch,
die Arbeitsplatzzahl von der Belegschaftsstärke ableiten zu wollen. Beide stimmen
nur unter der Voraussetzung überein, daß jedem Arbeitsplatz auch wirklich eine
Person zugeteilt ist. Denn ein Arbeitsplatz existiert auch dann, wenn er unbesetzt
bleibt.
b) Die Arbeitsstelle als Wirkungsbereich des Produktionsmittels
Der Wirkungsbereich des Produktionsmittels - Arbeitsstelle bezeichnet - wird als
technisch >>unabhängiger« oder in seiner »Gesamtheit abhängiger« Funktions-
8
Einstellenarbeit bekannt ist. Der Dreher beispielsweise hat seinen Arbeitsplatz an
der Arbeitsstelle Drehbank.
b) Einstellen-Gruppenarbeit
Die Kombination von A und D, bei der eine Arbeitsstelle mehrere Arbeitsplätze
einschließt, wird Einstellen-Gruppenarbeit genannt, weil eine Gruppe von Per
sonen an einer Stelle beschäftigt ist. Beispielsweise erfordert die Bedienung eines
Walzwerkes in einem Blechwalzwerksbetrieb meistens mehrere Arbeiter, sofern
es nicht automatisiert ist. Jeder von ihnen auf seinem Arbeitsplatz sorgt in Zu
sammenarbeit mit den anderen für den reibungslosen Produktionsablauf an der
einen Arbeitsstelle.
c) Mehrstellen-Alleinarbeit
Wenn der schon mehrfach zitierte Dreher einfache Drehteile fertigt, die während
einer lang andauernden Bearbeitungszeit wenig Verrichtungs-und Beobachtungs
zeit erfordern, bleibt dem Arbeiter genügerid Zeit, um noch eine zweite Drehbank
zu bedienen. Deshalb dehnt der Arbeiter zu seiner zeitlichen Auslastung den
Arbeitsbereich über zwei unverändert bleibende Stellen aus. Eine solche Über
lagerung, gemäß Kombination Bund C, bei der sich ein Arbeitsplatz über mehrere
Arbeitsstellen erstreckt, wird zunächst als Mehrstellen-Alleinarbeit bezeichnet.
Anzahl der Anzahl der
Stellen Arbeiter
Einstellenarbeit
1 Arbeiter
1 Stelle • ~:.
'?
'1',.,
"-%
<>?,
n Stellen ....- - ---.. k Arbeiter
Abb. 1 Beziehungen der Arbeitsformen Abb. 2 Arbeitstypen nach WEDEKIND [37 f7l
Die häufigste Form der Mehrstellenarbeit ist die Mehrmaschinenbedienung. Da
eine Maschine auch mehrere Arbeitsstellen bilden kann, besagt die Mehrmaschinen
bedienung im weiteren Sinne, daß ein Arbeitsplatz mehr Arbeitsstellen umfaßt,
als eine Maschine selbst bildet. Im engeren Sinne ist die Stellenzahl gleich der
Maschinenzahl, die ein Arbeiter bedient. Der Einfachheit halber soll in den folgen-
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Als Beispiel für eine mehrstellige Gruppenarbeit führt TIMME [29/138]1 den Auto
busverkehr an und begründet es durch die Zeitgebundenheit des Verkehrs. Nach
unserer Auffassung liegt jedoch eine Einstellenarbeit vor, da jeder Busfahrer sein
Fahrzeug unabhängig oder in seiner Gesamtheit abhängig führt. Die unter
schiedlichen Auffassungen lassen sich dadurch erklären, daß TIMME unter Be
achtung des zeitlichen Arbeitsablaufes zu seiner Beurteilung gelangt, während bei
unseren Überlegungen die Zeit unbeachtet gelassen wird. Der Auffassung von
TIMME wäre entgegenzuhalten, daß jede Einstellenarbeit zeitgebunden sein kann.
1 Die erste Zahl gibt die Literaturstelle im Literaturverzeichnis an, die zweite Zahl die
betreffende Seite, auf der die Hinweise zu finden sind.
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2. Die Zeitarten bei der Mehrstellenarbeit
Für die weiteren Ausführungen ist es angebracht, zunächst alle wichtigen Zeit~
arten, wie sie zum großen Teil aus Abb. 3 zu ersehen sind, anzuführen und zu
erläutern. Die Bezeichnungen lehnen sich stark an die von TIMME gewählten und
von vielen anderen Autoren übernommenen Bezeichnungen an.
°1
-
3. l\lasch.
Zeit t
Abb. 3 Zeitfolge an drei Maschinen eines Arbeitsplatzes
2.1 Die automatische Maschinenzeit tMa
Die Zeit, in der die Maschine selbsttätig fertigt, ohne daß der Arbeiter dabei eine
Tätigkeit zu verrichten hätte, wird als automatische Maschinenzeit tHa bezeichnet.
Diese Zeit steht zur Bedienung weiterer Maschinen zur Verfügung, sofern die
Produktion nicht beobachtet zu werden braucht. Ihre Dauer liegt allgemein fest
und wird unter Umständen nur bei unprogrammgemäßer Fertigung (Ausschuß)
verändert.
2.2 Die beeinflußbare Handzeit tli
Neben der selbsttätigen Fertigung der Maschine obliegt es dem Arbeiter, noch
einen Teil manueller Arbeiten zu erledigen. Hierbei können drei verschiedene,
beeinflußbare Handzeiten nach ihrer Abhängigkeit von einern bestimmten Zeit
punkt vor oder während der automatischen Maschinenzeit unterschieden werden:
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