Table Of ContentAndreas Bruck
Eifersucht bewältigen
Andreas Bruck
Eifersucht bewältigen
wege aus einem Interessenkonflikt
Westdeutscher Verlag
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Umschlaggestaltung: Horst Dieter Bürkle, Darmstadt
Umschlagbild: RudolfJahns (1896-1983): Akte im Raum/Komposition 24 (1924)
Gedruckt auf säurefreiem Papier
ISBN 978-3-531-12275-5 ISBN 978-3-322-94145-9 (eBook)
DOI 10.1007/978-3-322-94145-9
Ich danke
meiner Frau Annette Bruck für ihre bedingungslose Unterstützung auch
dieser Arbeit; meinen Kindern Johanna und Philipp Bruck für ihre nicht
immer freiwillige Geduld mit mir; Günther Winterhalder, den andere (auch
lukrativere) Aufgaben leider davon abhielten, Ko-Autor zu werden, für
seine laufenden Hinweise, Fall- und Materialsendungen und für seine prä
zisen Verbesserungen; Burkhard Fenner für seine unübertroffen plasti
schen, substantiellen, treffsicheren und konstruktiven Anmerkungen, die
fast schon das Ausmaß einer Mitarbeit erreicht haben; Bernd Schäbler für
seine (durchaus nicht selbstverständliche) gründliche und verständnisvolle
redaktionelle Betreuung; meinem Bruder Jan Bruck für seine Kunst des so
neugierig-offenen wie aufschlüssigen Fragens und für seine visionäre Kri
tik des Textes; Gabriele Schmid für ihre große Mühe und Hilfe, nicht nur
die Sprache und Lesbarkeit des Buches zu verbessern; Katja Pfleger für ih
re nun zwar doch nicht sichtbare, aber keinesfalls vergebliche Kreativität;
Paul Meier für seine so perfekte Gestaltung aller schematischen Abbildun
gen; Gerhild und Martin Witte für ihre drucktechnische Hilfe selbst dann,
wenn es eigentlich weder Zeit noch Platz gab; Erich Rauschenbach für das
freundliche Überlassen und die Abdruckgenehmigung zweier Karikaturen;
Erhard Schlesier, Rolf Wilhelm Brednich und Peter Tschohl für ihre unent
behrlichen Hilfen im Vorfeld dieses Buches sowie den Teilnehmerinnen
und Teilnehmern meiner Kurse, Seminare und Vorträge zur Eifersuchtsthe
rnatik für die vielen konkreten Beispiele, Theoriebausteine, nützlichen Pro
vokationen und unverzichtbaren Anregungen, die sie mir mitgaben.
Andreas Bruck
Inhalt
Worum geht's? ....................................................................................... 9
Erstes Kapitel: Eifersucht
Gestalt: Was ist und wie verläuft Eifersucht? ...................................... 15
Ursachen: Warum werden wir eifersüchtig? ......... ............................... 51
Vielfalt: In welchen Varianten tritt Eifersucht auf? ............................. 66
Zweites Kapitel: Eifersuchtsbewältigung
Chancen: Kann Eifersucht bewältigt werden? ..................................... 75
Kriterien: Wann sollte Eifersucht bewältigt werden? .......................... 82
Aufgaben: Worum geht es bei Eifersuchtsbewältigung? ..................... 93
Verfahren: Wie kann Eifersucht bewältigt werden? .......................... 103
Grenzen: Wie weit kann Eifersucht bewältigt werden? ..................... 116
Drittes Kapitel: Eifersuchtsprävention
Auffassungsänderung: Welche Kenntnisse und Einstellungen
sind bewältigungsförderlich? ......................................................... 128
Praxisänderung: Welche Verhalten und Gewohnheiten
sind bewältigungsförderlich? ......................................................... 144
8 Inhalt
Viertes Kapitel: Eifersuchtsoptimierung
Abwägungsänderung: Welche Überlegungen und Entscheidungen
wirken bewältigend? ...................................................................... 162
Reaktionsänderung: Welche Erlebnis-und Ausdrucksweisen
wirken bewältigend? ...................................................................... 174
Bewertungsänderung: Wie kann Eifersucht ausgehalten werden? .... 186
Was tun? ............................................................................................. 191
Glossar..... ........................................................................................... 195
Anmerkungen ....................................................... ........... ................... 199
Literatur .............................................................................................. 203
Register .............................................................................................. 209
Worum geht's?
Abb. 1: «Na Gott sei dank -wie ich draußen den Klempnerwagen sah,
dachte ich schon, hier sei der Teufel los!,,!
Haben Sie auch gelacht? Wahrscheinlich, denn in bestimmten Situationen
eifersüchtig zu reagieren, erscheint uns als natürlich. So natürlich, daß uns
eine gleichgültige bzw. souveräne Haltung angesichts eines Seitensprungs
reichlich unwahrscheinlich oder sogar verrückt vorkommt.
Aber ist Eifersucht wirklich so selbstverständlich? «Die Eifersucht beim
Menschen ist das Resultat von 2000 Jahren christlich-abendländischer Kul
tur»2. «In mutterrechtlichen Kulturen und in Gesellschaftsformen, in denen
weder die Frau als Eigentum des Mannes noch der Mann als Eigentum der
Frau aufgefaßt wird, gibt es auch keine Eifersucht»3. «Die Eifersucht kann
nur in Gesellschaften auftreten, die in ihrem Denken besitzorientiert sind,
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die ihr Leben nach dem Haben-Modus einrichten»4. Hätte uns des erleich
terten Mannes Reaktion also vielleicht gar nicht überrascht (und damit be
lustigt), wenn wir in einer anderen, "eifersuchtsfreien" Gesellschaft bzw.
Kultur lebten? Und gibt es solche Gesellschaften überhaupt?
Thema. In diesem Buch geht es um solche Fragen nach dem Zusammen
hang zwischen Gesellschaftsordnung oder Kultur und "normaler" (also
nicht "wahnhafter" oder "krankhafter") Eifersucht. Vor allem jedoch geht
es um die prinzipiellen und praktischen Möglichkeiten und Grenzen ihrer
Bewältigung durch die Veränderung von gesellschaftlicher wie individuel
ler Kultur. Denn Eifersucht gehört zwar nicht zu den wirklich existentiellen
Problemen, bereitet aber vielen Menschen mitunter außerordentliche
Schwierigkeiten - nicht nur durch ihre oft fatalen Auswirkungen, sondern
auch wegen der falschen Annahme, sie sei selbst dann zu überwinden,
wenn sie durchaus angebracht ist.
Der Schwerpunkt wird dabei auf die sexuelle Eifersucht gelegt, also auf
Eifersucht, die z.B. durch Flirts, Liebesbeziehungen oder Geschlechtsver
kehr eines Partners mit einer dritten Person außerhalb einer Freundschaft,
Ehe oder anderen Form von Partnerschaft ausgelöst wird. Erstens ist dies
die geläufigste und beispielgebende Art von Eifersucht, zweitens gibt es für
andere Grundarten, z.B. die Eifersucht zwischen Geschwistern, nicht so
viele Daten und drittens kann ein Großteil der Einsichten über sexuelle Ei
fersucht und ihre Bewältigungsmöglichkeiten direkt und problemlos auch
auf andere Varianten übertragen werden.
Nun ist ein Buch über Eifersucht immer auch ein Buch über Beziehun
gen, über Konflikte, über den Umgang zwischen Menschen, über Moral
und über vieles andere. Das sind hier aber alles nur Nebenthemen, die zu
behandeln sind, um Eifersucht erörtern zu können. Ich bemühe mich, die
sen engen Bezug immer zu berücksichtigen und nicht den Verlockungen
der Nebenthemen zu erliegen.
Ansatz. Das Thema Eifersucht und ihre Bewältigung kann auf äußerst un
terschiedliche Weise angegangen werden - nicht nur innerhalb der Wissen
schaften. Ich präsentiere hier keinen Überblick über diese Ansätze5, son
dern eine Synthese, die auf einer kulturanthropologischen6 Herangehens
weise basiert7. Daher betone ich zwar die kulturelle Seite von Eifersucht,
aber in allen ihren Aspekten und eingebettet in ein gesamtanthropologi
sches Fundament. Nur eine solche umfassende Betrachtungsweise ist ange
messen. Denn Eifersucht besteht aus Gefühlen und Verhaltensweisen und
Einstellungen und Kenntnissen, sie ist ein persönliches und ein gesell-
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schaftliches und ein Beziehungsproblem, und sie wird kulturell und gene
tisch bestimmt. Deshalb beschränke ich mich auch nicht auf unsere Gesell
schaft und Kultur, obwohl der Fokus trotz des globalen Hintergrunds regio
nal bleibt. Vor allem die Bewältigungsproblematik behandele ich nur aus
der Sicht unserer christlich-abendländisch geprägten und individualisti
schen "westlichen" Industrie- und Dienstleistungskultur, für die die Lö
sungsvorschläge gelten sollen. Dabei vertrete ich ein rationales Therapie
konzept, in dem kognitive und verhaltenstherapeutische Elemente überwie
gen. Trotzdem oder vielleicht sogar gerade deshalb sollte das Buch aber
auch für Vertreter ganz anderer Denk-, Forschungs- und Therapieansätze
von Nutzen sein.
Grundlage. Dieses Buch basiert auf einer kulturenvergleichenden Unter
suchung der Erscheinungsformen und Bewältigungsmöglichkeiten sexuel
ler EifersuchtS. In dieser habe ich die in Ethnologie, Soziologie und Psy
chologie verfügbaren Falldaten über Eifersucht in den unterschiedlichsten
Menschengruppen mit den vorhandenen Eifersuchtstheorien verglichen und
mittels allgemeiner Theorien der Realität und des Menschen zu einer syste
matischen Theorie der Eifersucht und der Eifersuchtsbewältigung ver
knüpft9. Die Erkenntnisse dieser Untersuchung sind hier verbessert und er
gänzt um die Einsichten und Erfahrungen, die ich in weiteren Gesprächen
mit mehr oder weniger Eifersüchtigen sowie in von mir angebotenen Vor
trägen und Seminaren zum Thema gewinnen konnte. Zudem haben mir der
Diplom-Psychologe Günther Winterhalder und der Ethnologe Burkhard
Fenner inhaltlich wie textlich viele entscheidende Hilfen gegeben.
Vorgehen. Eifersucht kann selbst schmerzend, irritierend und erregend ge
nug sein. Da ist es nicht verkehrt, ihre Betrachtung und insbesondere die
Erörterung ihrer Bewältigungsmöglichkeiten betont rational, nüchtern und
möglichst wertneutral vorzunehmen (zumal es essayistische, literarische,
künstlerische, spekulative und intuitive Auseinandersetzungen mit dem
Thema zur Genüge gibt).
Eifersucht wird aber häufig auch zu einfach erklärt: "Ihr Seitensprung
hat ihm das Herz gebrochen", ist zu oft nicht Teil einer langen Auflistung
von Faktoren, Wirkungen und Effekten, sondern die ganze Erklärung. Sol
che simplifizierenden Sichtweisen verstellen den Blick: Eifersucht ist nicht
nur ein viele Lebensbereiche übergreifendes, sondern auch ein komplexes
und kompliziertes Phänomen, für dessen Beschreibung, Erklärung und
Therapie entsprechend differenzierte Theorien erforderlich sind. Deshalb
verzichte ich auf unangemessene Vereinfachungen.
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Außerdem erörtere ich die Eifersucht hier systematisch. Eifersucht ist ja
nicht nur genetisch und gesellschaftlich beeinflußt, sondern auch stark per
sönlichkeits-, beziehungs- und situationsgeprägt. Wer die Vielfalt der da
durch entstehenden Varianten erfassen will, kann deshalb nicht fallbezogen
oder historisch vorgehen: es wären einfach zu viele individuell verschiede
ne Geschichten zu berücksichtigen. Statt ihre Entstehung und Erschei
nungsformen in bestimmten Gesellschaften, (Sub-)Kulturen, Beziehungsar
ten oder Geschlechtern zu verfolgen, erstelle ich daher eine Art Matrix der
Merkmale, Ursachen und Bewältigungsmöglichkeiten, in der jeder beliebi
ge Einzelfall verortet, beschrieben, erklärt und zu lösen versucht werden
kann.
Mit diesem nüchternen, differenzierenden und systematischen Vorgehen
soll das Buch zugleich ein Modell für eine pragmatisch orientierte Kultur
anthropologie sein. Es soll den Vorteil einer auch die Gegebenheiten der ei
genen Gesellschaft reflektierenden kulturwissenschaftlichen Perspektive
verdeutlichen, die Unverzichtbarkeit wie Nützlichkeit anthropologischer
Theorien bei der Suche nach realistischen Lösungen für lebenspraktische
Probleme belegen und zeigen, daß die Erörterung eines in Teilen morali
schen Problel1)s offen und relativistisch im Detail sein kann, obwohl sie
wertend und geschlossen in ihren Grundannahmen sein muß.
Zielgruppe. Das Buch ist als wissenschaftliches Sachbuch geschrieben:
Ich beschränke mich allein auf die Sachverhalte Eifersucht und Eifer
suchtsbewältigung, ohne Publikationen zu diskutieren oder die zum Teil
gravierenden erkenntnistheoretischen und methodischen Probleme ihrer Er
forschung zu thematisierenlO• Es wendet sich an Eifersüchtige und von Ei
fersucht Betroffene, die mehr über Eifersucht und deren Bewältigungsmög
lichkeiten wissen wollen, sowie an alle, die Eifersüchtigen helfen wollen,
also vor allem an professionelle Berater und Therapeuten, aber auch an
Partner, Angehörige oder Freunde von Eifersüchtigen, an Pfarrer oder Prie
ster, an Politiker und Juristen. Es bietet ihnen grundlegende kulturanthro
pologische Erkenntnisse über Eifersucht und über die Chancen, Wege und
Grenzen, sie auszuhalten, sie zu reduzieren oder sie zu überwinden. Und
obwohl es kein Rezeptbuch ist und für den Umgang mit Eifersucht keine
allseits verbindlichen und einfach übertragbaren Lösungen anbieten kann,
ist das Buch trotz der eher reflektierenden als anleitenden Anlage auch ein
praktischer Ratgeber. Denn nur auf der Grundlage genauer Kenntnisse kön
nen unzutreffende Vorstellungen neu überdacht, unerfüllbare Ideale reali
stischer formuliert, andere Einstellungen gewonnen und neue Verhaltens
weisen erwogen und erprobt werden, sei es allein oder mit therapeutischer