Table Of ContentFORSCH U NGSBE RICHTE
DES WIRTSCHAFTS- UND VERKEHRSMINISTERIUMS
NORDRH EIN -WESTFALEN
Herausgegeben von Staatssekretär Prof. Leo Brandt
Nr.103
Prof. Dr. W. Weizel
Durchführung von experimentellen Untersuchungen über den
zeitlichen Ablauf von Funken in komprimierten Edelgasen
sowie zu deren mathematischen Berechnung
Als Manuskript gedruckt
SPRINGER FACHMEDIEN WIESBADEN GMBH
1954
ISBN 978-3-663-03579-4 ISBN 978-3-663-04768-1 (eBook)
DOI 10.1007/978-3-663-04768-1
Forschungsberichte des Wirtschafts- und Verkehrsministeriums Nordrhein Westfalen
G I i e der u n g
. . . . .
Einleitung • · · · · · · · · · · · · · · · s . 5
Berechnung des Funkens als selbständiges Schaltelement · S. 6
. .
Die Funkerigleichungen · · · · · · · · S. 8
Anfangsbedingungen und Maßstäbe S. 10
Konst-ruktion von Funkenstrecken mit sehr kurzer
Entladungszeit · · · · · · · · · · · · S. 14
Messung des Funkenverlaufs S. 16
Verhalten des Funkens in komplizierteren Schaltungen S. 20
Funkenstrecke am Anfang einer unendlichen homogenen
. .
Leitung · · · · · · · · · · · · · · S . 22
Abnahme der Funkenspannung von den Elektroden S. 25
.
Kompliziertere Schaltungen · · · · · · S. 31
.
Zusammenfassung · · · · · · · · · · · • S. 32
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Forschungsberichte des Wirtschafts- und Verkehrsministeriums Nordrhein Westfalen
Ein 1 e i tun g
Der Funke hat als Schaltelement, welches im Stande ist, in kürzester Zeit
hohe Spannungen, Ströme und Leistungen zu schalten, ein beträchtliches
Anwendungsgebiet gefunden.
Bei ganz oberflächlicher Beschreibung besteht seine Wirkung darin, daß
die Funkenstrecke bis zur Zündung einen praktisch unendlichen Widerstand
besitzt, der nach der Zündung auf den Wert 0 zusammenbricht. Diese Be
schreibung reicht im allgemeinen aus, solange man Vorgänge als momentan
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bezeichnen kann, die sich in kürzerer Zeit als 10- sec. vollziehen, so
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lange also die zeitliche Auflösung geringer als 10- sec. ist. Es liegt
auf der Hand, daß diese einfache Beschreibung des Funkens für Anwendun
gen in der Impulstechnik und Hochfrequenztechnik unzureichend ist.
Wenn man weiterkommen will, erheben sich drei wichtige Probleme.
1. 1Nelchen zeitlichen Verlauf nehmen Spannung und Strom an der Funken
strecke während des Funkens?
2. Kann der Ablauf des Funkens und damit die Schaltzeit verkleinert wer
den, und welches ist die untere erreichbare Grenze für die Abwicklungs
zeit des Funkens?
3. Wie wirkt der Funke mit anderen Schalt- und Leistungselementen zusam
men?
Die Klärung und Lösung dieser Probleme stellt ein ungemein umfangreiches
Programm dar, weil die Bedingungen, unter denen ein Funke auftreten kann,
sehr verschiedenartig sind. Die Eigenschaften der Funkenstrecke hängen
von ihrer Länge, der Gasart und dem Gasdruck und der Form der Elektroden
ab. Die Zündung des Funkens kann durch Belichtung, durch Vorionisation
des Gases und durch Spannungs stoß beeinflußt werden. Schließlich hängt
der Ablauf des Funkens selbst in recht unübersichtlicher Weise davon ab,
wie die Funkenstrecke mit anderen Elementen, Kapazitäten, Induktivitäten,
Leitungen usw. in einer Schaltung vereinigt ist.
Unsere bisherigen Arbeiten liefern zu den aufgeworfenen Fragen folgende
Beiträge:
Der zeitliche Ablauf von Funken in einem Kreis mit Kondensator, Selbst
induktion und Ohmsehen Widerstand wurde durchgerechnet. Man kann erwar
ten, daß diese Berechnungen den Ablauf von Funken kurzer Dauer ausrei
chend beschreiben. Ein Vergleich der Rechnung mit der Beobachtung ist bis
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Forsohungsberiohte des Wirtsohafts- und Verkehrsministeriums Nordrhein Westfalen
jetzt noch schwierig durchführbar, weil die Oszillogramme sehr schneller
Funken meist noch mit Fehlern behaftet sind.
Wir konnten Funkenstrecken konstruieren, welche einen Kondensator in ei
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ner Zeit von nur 4.10- sec. entladen. Voraussichtlich können wir diese
Zeit noch verkleinern, wenn man den Gasdruck steigert. Diese kurze Schalt
zeit wurde erreicht durch eine sinngemäße Anordnung der Funkenstrecke im
Kondensator, welche Selbstinduktion und Ohmschen Widerstand des Kreises
auf möglichst geringen Werten hält. Den Zusammenbruch durch eine Span
nungswanderwelle zu versteilern, ist hierbei nicht nötig. Ob dieses künst
liche Hilfsmittel zu noch kürzeren Schaltzeiten bei unseren Funkenstrek
ken führen kann, wissen wir noch nicht.
B e r e c h nun g des Fun k e n s a 'l s
seI b s t ä n d i g e s S c haI tel e m e n t
Wenn man die Geschehnisse in einem Funken untersuchen will, ist es zweck
mäßig, sich auf eine Funkenstrecke zu beziehen, deren Eigenschaften mög
lichst wenig von Schaltelementen beeinflußt werden, welche nicht unmittel
bar für die Funkenentladung erforderlich sind. Zum Betrieb eines Funkens
benötigt man außer der Funkenstrecke selbst unbedingt eine Kapazität C,
welche den Ladungsverrat aufnimmt, der durch die Funkenstrecke abfließen
soll. Dieser einfachsten Anordnung entspricht das idealisierte Schalt
schema der Abbildung 1
R L
XI X
c
c
I
I
A b b i 1 dun g 1 A b b i 1 dun g 2
Allerdings kann nicht vermieden werden, daß die Zuleitungen von der Ka
pazität zur Funkenstrecke einen gewissen, wenn auch kleinen Ohmschen Wi
derstand besitzen, und daß die ganze Anordnung auch eine gewisse Indukti
vität aufweist. Letztere ist nicht lokalisierbar, sondern über Zuleitung,
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Kondensator und zu einem winzigen Teil über die Funkenstrecke selbst ver
teilt. Berücksichtigen wir dies, so muß das Schaltschema der Abbildung 1
durch das Schema der Abbildung 2 ersetzt werden, in welchem ein Ohmseher
Widerstand R und eine Selbstinduktion L berücksichtigt werden. Auch hier
mit hat man noch nicht allen Eigenschaften der wirklichen Anordnung Rech
nung getragen. Der Skineffekt in den Zuleitungen und im Kondensator ist
nur in Form der beiden Konstanten Rund L berücksichtigt, was unter Um
ständen nicht ausreicht. Immerhin wollen wir uns mit der Vorstellung be
ruhigen, daß auch der Skineffekt in einer dämpfenden Wirkung und in ei
ner Trägheitswirkung besteht, und daß man diese beiden Wirkungen durch
eine dämpfende Konstante R und durch eine Trägheitskonstante L berück
sichtigen kann. Diese beiden Konstanten besitzen dann allerdings nicht
unbedingt diejenigen Werte, welche man bei einer Messung des Ohmschen Wi
derstandes und der gewöhnlichen Induktivität erhält.
Wir wenden uns nun den Vorgängen in der Funkenstrecke selbst zu. Der Ent
ladungsvorgang wird eingeleitet durch die sog. Zündung, welche spontan
beim Erreichen einer gewissen Kondensatorspannung einsetzt, oder auch
durch verschiedenartige künstliche Hilfsmittel etwas unterhalb der spon
tanen Zündspannung vorgenommen werden kann. Durch verschiedene Kunstgrif
fe kann man sogar erreichen, daß die Zündung etwas verspätet eintrjtt.
Was während der Zündung selbst geschieht, hängt davon ab, ob die Zündung
spontan eintritt oder durch künstliche Hilfsmittel gefördert wird. Der
Zündvorgang eines Funkens weist also von Fall zu Fall recht individuelle
Züge auf. Was bei der Zündung im einzelnen vor sich geht, interessiert
uns relativ wenig. Es genügt uns zu wissen, daß die Zündung zwischen den
Elektroden ein schlauchartiges thermisches Plasma erzeugt, welches nur
einen geringen Teil der im Kondensator gespeicherten Energie aufgenommen
hat. Dies bedeutet, daß zwar die Funkenstrecke durch die Zündung leitend
geworden ist, daß sich aber die Spannung am Kondensator oder an den ande
ren Schaltelementen, wenn solche vorhanden sind, noch nicht wesentlich ge
ändert hat. Während der Zündung selbst übt also der Funke noch keine nen
nenswerte Wirkung auf den Stromkreis aus, in dem er sich befindet.
Nachdem die Funkenstrecke gezündet ist, sich zwischen den Elektroden also
ein wenn auch schwach leitendes Plasma ausgebildet hat, kann die Entla
dung des Kondensators erfolgen, und wir wollen untersuchen, in welcher
Weise dies vor sich geht.
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Die Funkengleichungen
Unser Stromkreis bestehe also aus einem Kondensator der Kapazität C, ei
ner Funkenstrecke der Länge 1 und den Zuleitungen vom Kondensator zur
Funkenstrecke mit dem Ohmschen Widerstand R. Die Selbstinduktion des gan
zen Kreises sei L. Betrachtet man das Plasma des Funkens als einen zylin
drischen Schlauch vom Radius e und der Leitfähigkeit F, so gilt zwischen
dem momentanen Strom I und der momentanen Kondensatorspannung U die Glei
chung
11 dI
1T' e2 F + R1 + L dt = U
Hierbei betraohten wir den Entladungsschlauch als ein Plasma von gleich
mäßiger Leitfähigkeit und Temperatur über den Querschnitt, d.h. für F
ist ein Mittelwert der Leitfähigkeit über den Querschnitt einzusetzen.
Zwischen Strom und Kondensatorspannung gilt die Gleichung
dU
(2 ) = c
I
dt
Eine dritte Gleichung können wir aus der Energiebilanz gewinnen. Die
Stromenergie pro Längeneinheit der Funkenstrecke ist
Diese Energie nehmen die Ladungsträger aus dem elektrischen Felde auf und
führen sie der inneren Energie des Plasmas zu. Andererseits verliert das
Plasma Energie durch Liohtausstrahlung. Bezeichnet u die innere Energie
pro Volumeneinheit und s die Ausstrahlung pro Längeneinheit, so erhalten
wir die dritte Gleichung
= s + --d( 1J' e 2u)
dt
Dies sind drei Gleichungen für den zeitlichen Ablauf der Größen U, I, u
und der Leitfähigkeit F. Es ist also noch eine weitere Gleichung erfor
derlich. Eine solche Beziehung besteht auch, weil sowohl die innere Ener
gie, wie die Leitfähigkeit Funktionen der Plasmatemperatur sind. Es gibt
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daher einen Zusammenhang zwischen der Leitfähigkeit F und der Dichte der
inneren Energie u, den wir auffinden oder wenigstens näherungsweise er
mitteln müssen.
Leitfähigkeit wie innere Energie steigen monoton mit der Temperatur an.
Die Leitfähigkeit ist das Produkt von Ionendichte und Beweglichkeit. Die
Beweglichkeit selbst ist zum Druck reziprok. Die innere Energie besteht
zum Teil aus Ionisierungsenergie und dieser Teil ist der Ionendichte pro
portional. Die übrigen Anteile der kinetischen Energie und der Anregungs
energie wachsen mit der Temperatur zwar nicht genau so an, wie die Ioni
sierungsenergie, aber doch ähnlich. Dies hat zur Folge, daß die Leitfähig
keit der inneren Energie einigermaßen proportional ist. Wir machen daher
den Ansatz
a u
F =
p
wo p den Druck und a eine für das Gas charakteristische und vom Druck un
abhängige Konstante von der Dimension einer Leitfähigkeit ist.
Diese Gesetzmäßigkeit scheint sogar besser zu gelten, als man auf den er
sten Blick annehmen sollte. Bei hohen Temperaturen, wo die Beweglichkeit
durch die Ionenwechselwirkung herabgedrückt wird, nimmt auch die innere
Energie nicht im gleichen Maße zu, weil der Anteil der Anregungsenergie
allmählich zurückgeht. Unsere Gleichung (4) kann man deshalb als eine
Annäherung betrachten, welche sogar besser ist, als man von einer so ein-.
fachen Beziehung erwarten darf.
In der kurzen Zeit, in der sich die Entladung eines Kondensators in ei
nem normalen Funken abspielt, kann nur wenig Energie ausgestrahlt wer
den. In unserer Gleichung (3) ist daher s nur eine kleine Größe. Wenn
die Dauer des Funkens durch Widerstand und Selbstinduktion der Zuleitung
nicht allzu sehr verzögert wird, kann man daher in guter Näherung die
Entladung des Kondensators durch
I 2 e
(5) e = _d_ (TT 2 u)
iT' 2F dt
beschreiben. Diese Gleichung sagt aus, daß das Funkenplasma während der
elektrischen Entladung die Energie aufspeichert, die vorher im Kondensa
tor enthalten war. Wenn die Überführung der Energie aus dem Kondensator
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in das Funkenplasma nur schnell genug geht, geht während dieser Überfüh
rung kaum Energie durch Ausstrahlung verloren. Der elektrische Prozeß
nach Gleichung (5) ist also praktisch bereits abgelaufen, bevor etwas Nen
nenswertes von der Energie verloren gegangen ist, und erst nachher strahlt
das Funkenplasma allmählich die Energie wieder ab. Bei einem solchen Fun
ken von nur kurzer Dauer können wir also drei Stadien voneinander wohl
unterscheiden. Im ersten Statium wird der Funke gezündet, d.h. es bildet
sich ein energiearmes und etwas leitfähiges Plasma aus. Für diese Phase
des Funkens interessieren wir uns nur wenig. In der zweiten Phase wird
die Energie vom Kondensator in das Plasma übergeführt, und während dieser
Phase erfolgt der Zusammenbruch der Spannung am Kondensator und an der
Funkenstrecke, und auch nur in dieser Phase fließt ein nennenswerter Strom.
Dies ist die Phase der elektrischen Vorgänge, die uns hauptsächlich inte
ressiert. Nach Ablauf des elektrischen Vorgangs treten wir in die dritte
Phase des Nachleuchtens des Funkens ein, in welchem die Energie endgültig
abgestrahlt wird und damit verloren geht. Solange wir den Funken nicht
als Lichtquelle, sondern als elektrisches Schaltelement betrachten, ist
auch diese Phase für uns von keinem besonderen Interesse.
Führen wir die Gleichung (4) in die Gleichung (1) und Gleichung (5) ein,
so erhalten wir die Gleichungen
I p I dI
(6) rre + R I + L = U
2a u dt
d U
(7) I CdT
2
12 1 d
(8) = ( 'Jre 2u)
2
1re a u dt
Aus ihnen können wir theoretisch den zeitlichen Verlauf der Kondensator
spannung U, des Stromes I und der Dichte der inneren Energie im Plasma U
berechnen.
Anfangsbedingungen und Maßstäbe
Unmittelbar nach der Zündung fließt noch kein nennenswerter Strom. Die
Plasmaenergie ist noch gering und die Kondensatorspannung ist noch kaum
Sei te 10
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verringert. Wir versuchen es also mit den Anfangsbedingungen
t = 0 u = U 1=0 u = 0
o
wenn U die ursprüngliche Spannung am Kondensator ist. Zunächst verein
o
fachen wir die Gleichungen (6) bis (8), indem wir für die vorkommenden
Größen geeignete Maßstäbe einführen. Die Spannung
(10) u = xU
o
messen wir in Bruchteilen x der Anfangsspannung des Kondensators, die Ge
samtenergie des Plasmas
2
U C
rre 2 o
(11 ) W lu = y 2
in Bruchteilen y der ursprünglichen Kondensatorenergie. Für Widerstand
und Selbstinduktion setzen wir
d
2 = 9 B
(12) R • B
a U2 C C
0
und
2
4 p 14 92
(13 ) L = K2 K2
a 2 U 4 c C
0
worin wir die Abkürzung
2
2 P 1
e
a U 2
o
die die Dimension einer Zeit hat, als Zeitkonstante bezeichnen. Es wird
sich herausstellen, daß diese Größe für die Geschwindigkeit des Funkenab
laufs im wesentlichen maßgebend ist. Machen wir für Zeit und strom noch
die Ansätze
t = 61.'
c U
o
(16) I = e z
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