Table Of ContentBUNDESMINISTERIUM FÜR SOZIALE SICHERHEIT
GENERATIONEN UND KONSUMENTENSCHUTZ
Geschlechtertheorie
Männerpolitische Grundsatzabteilung
Impressum
Eigentümer, Herausgeber und Verleger:
Bundesministerium für Soziale Sicherheit, Generationen und
Konsumentenschutz
Männerpolitische Grundsatzabteilung (Sektion V, Abteilung 6)
Franz-Josefs-Kai 51
1010 Wien
Konzept, Redaktion & Gesamtkoordination:
Dr. Johannes Berchtold, Susanne Helcmanovsky, Mag. Marion Schirmböck-
Madjera
Für den Inhalt verantwortlich:
Die Autorinnen und Autoren
Layout: 
Druckerei des BMSG
Verlagsort, Herstellungsort:
Wien
Erscheinungsjahr:
2003
Zu beziehen bei:
BMSG-Bestellservice: 0800-20 20 74
oder über die Homepage des Ressorts herunterladbar
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Wiedergabe in Fernsehen und Hörfunk sowie der Verarbeitung und
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Geschlechtertheorie 
 
 
Männerpolitische Grundsatzabteilung 
 
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Inhalt 
 
 
 
  
    
 
I. Philosophie, Psychologie und Pädagogik 
 
 
 
1.  Dr. Allan Guggenbühl  Seite 9 
„Vom grandiosen Mann zum Fehlgriff der Natur? 
Von der Notwendigkeit eines männlichen und weiblichen Diskurses“ 
 
2.  Prof. Dr. Walter Hollstein   Seite 17 
„Gewaltverhalten, Männerrolle und öffentliches Bewusstsein“ 
 
3.  Christine Bauer-Jelinek   Seite 29 
„Männermacht und Frauenmacht“ 
 
4.  Prof. DI. Ernst Gehmacher  Seite 37 
„Mathematik-Gen, Mathematik-Hormon oder Koedukation“ 
 
5.  Prof. Dr. Heinz-Uwe Haus  Seite 45 
„Eingreifendes Denken und Geschlechterpolitik“ 
 
6.  Dr. Peter Döge  Seite 55 
„Geschlechterdemokratie – Von der Männlichkeitskritik zur Kritik  
an Dominanzkulturen“ 
 
7.  Mag. Susanne Kummer  Seite 67 
„Gender – Quo vadis?” 
 
8.  Christa Meves  Seite 79 
„Pädagogische und psychologische Aspekte in der Ontogenese 
 des Mannes“ 
 
9.   Prof. DDr. Manfred Hauke   Seite 91 
„Die Komplementarität der Geschlechter“ 
 
10. em. Univ. Prof. Dr. Dr. hc. Wolfgang Waldstein  Seite 105 
„Philosophische Grundlagen der Geschlechtertheorie in der  
geschichtlichen Erfahrung“ 
 
11. Univ. Ass. Dr. Michael Wladika  Seite 119 
„Mann und Frau – substantiell unterschieden?“ 
 
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II. Religion 
 
 
 
1.  Weihbischof Dr. Andreas Laun  Seite 131 
„Die Geschlechterdifferenz in biblischer Sicht“ 
 
2.  Univ. Prof. DDr. Paul Zulehner  Seite 143 
„Religiös unmusikalisch: der Mann?“ 
 
3.  Univ. Prof. Dr. Eveline Goodman-Thau  Seite 153 
„Mensch sein – Frau sein – Mann sein im Judentum“ 
 
4.  em. Univ. Prof. Dr. Kurt Lüthi  Seite 163 
„Ethik der Geschlechter“ zwischen gestern und morgen 
 
5.  Univ. Prof. Dr. Klaus Motschmann  Seite 175 
„Christliches und feministisches Menschenbild im Widerstreit“ 
 
 
III. Institutionen und Politik 
 
 
 
1.  Jan Carnogursky   Seite 187 
(Premierminister und Justizminister der Slowakischen Republik a. D.) 
„Kreis zur Verteidigung des Lebens“ 
 
2.  Maria Rauch-Kallat (Bundesministerin für Frauen u. Gesundheit)  Seite 191 
„Gerechtigkeit, nicht Gleichheit“ 
 
3.  Mag. Barbara Prammer (Frauenministerin a.D.)  Seite 199 
„Für eine zukunftsorientierte Frauenpolitik –  
für eine neue Geschlechterpolitik“ 
 
4.  Mag. Nicole Mathé   Seite 205 
„Genderpolitik in der Europäischen Union“ 
 
5.  Dr. Fritz Simhandl  Seite 217 
„Volksherrschaft und Geschlechtertheorie -  
ein demokratiepolitisches Spannungsverhältnis“ 
 
6.  Barbara Dale O´Leary  Seite 225 
„Gender und die Vereinten Nationen“ 
 
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Philosophie, Psychologie und Pädagogik 
 
 
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Vom grandiosen Mann zum Fehlgriff der Natur? 
Von der Notwendigkeit eines männlichen und weiblichen Diskurses 
 
Dr. Allan Guggenbühl 
 
 
 
„Ich habe eine feste Anstellung bei der Bank, bald die Procura, trinke nicht über den Durst hinaus 
und verspiele meinen Lohn nicht in einer Spelunke!“ Vor hundert Jahren wird ein Mann solche 
Worte gewählt haben, wenn er um eine Braut warb. Treue, Fleiß und Verantwortungsbewusstsein 
galten als Kernqualitäten des strebsamen Mannes. Diese Worte wurden auch gewählt, wenn man 
einen unsteten Lebenswandel führte. Um das Einverständnis zur Heirat zu bekommen, musste so 
geredet  werden.  Sie  waren  fester  Bestandteil  des  Umwerbungsrituals.  Heute  tönen  solche 
Beteuerungen  in  den  Ohren  einer  umschwärmten  Frau  antiquiert.  Sich  als  pflichtbewusstes 
Familienoberhaupt anzubieten ist völlig passé. Die Balzrhetorik hat sich verändert: „Natürlich 
werden wir auf fifty-fifty machen. Die Kinder gemeinsam hüten und die Haushaltsarbeiten teilen. 
Ganz wichtig  ist  mir  auch,  dass  du  deine  beruflichen  Ambitionen  weiter  verfolgst  und  wir 
konstant  an  unserer  Beziehung  arbeiten!“  Heute  preisen  sich  Männer  als  Kindererzieher, 
Haushalter und Karriere-Berater an. Die traditionelle Rollenverteilung wird strikte abgelehnt. 
Man singt das Hohe Lied der gleichberechtigten Partnerschaft.  
 
Damals wie heute glaubten viele Männer an ihre Worte. Sie orientierten sich an den aktuellen 
Partnerschaftsmodellen. Betrachten wir jedoch die effektive Rollen- und Aufgabenverteilung in 
Familien und in der Berufswelt, dann sieht die Situation anders aus. Trotz den großmundigen 
Versprechungen hat sich in den letzten zehn, zwanzig Jahren nicht viel verändert. Bei höheren 
Kaderpositionen der Wirtschaft und in der Politik sind die Frauen in der Unterzahl. Frauen 
kümmern  sich  immer  noch  viel  mehr  um  die  Kinder,  erledigen  die  Haushaltsarbeiten  und 
interessieren  sich  mehr  für  Beziehungsfragen,  wie  Männer.1  Diese  ziehen  außerfamiliäre 
Tätigkeiten,  Sachthemen  oder  den  Beruf  Erziehungsfragen  vor.  Bei  Vorträgen  zu 
Erziehungsfragen, zu psychologischen Themen und an Elternabenden der Schule trifft man auf 
wenig Männer. Entweder ist der Mann ein perfider Lügner, als realitätsferner Optimist oder es 
gibt tiefere Gründe die verhindern, dass die proklamierten Ideale umgesetzt werden. Handelt es 
sich bei den schönen Worten um Wunschvorstellungen, die in unserer Gesellschaft gehuldigt 
werden oder einfach heiße Luft?  
 
Die Diskrepanz zwischen dieser Balzrethorik und dem effektiven Verhalten verweist auf ein 
Grundproblem des Mannes. Wie soll man sich als Mann definieren? Welches sind die positiven 
Eigenschaften, durch die man sich anpreisen kann? Ist es überhaupt noch erlaubt, von männlichen 
Eigenschaften  zu  reden  oder  muss  der  Mann  sich  heute  vor  allem  in  Bezug  weiblichen 
Eigenschaften  zu  definieren?  Preist  man  seine  männliche  Entschlusskraft,  seine  männliche 
Schaffenskraft  und  den  männlichen  Geist,  dann  gilt  man  rasch  als  hoffnungsloser  Sexist. 
Natürlich  unterscheiden  wir  zwischen  männlichen  und  weiblichen  Eigenschaften  und 
Verhaltensweisen, doch scheint es abgemacht, dass es sich um soziale Kategorien handelt, die 
keinen Zusammenhang mit der weiblichen und männlichen Psyche haben2. Frauen sprechen, 
denken,  fühlen  und  denken  nicht  anders  wie  Männer,  sondern  haben  sich  höchstens 
                                                           
1 Zulehner, Paul M. Volz, Rainer. Männer im Aufbruch. Wie Deutschlands Männer sich selbst und wie Frauen sie sehen. 
Schwabenverlag 1999. siehe auch: Bevölkerung und Gesellschaft im Wandel. Bericht zur demographischen Lage der Schweiz, 
Bundesamt für Statistik, Bern 1996 
2 Greenglass, Esther. Geschlechterrolle als Schicksal. Klett-Cotta, Stuttgart. 1986 
 
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entsprechenden Rollenerwartungen angepasst.3 Wir sind alle Menschen und nur die Reflexion 
über diesen homo sapiens ist erlaubt.  
 
Viele Männer merken, dass die Frage des Mannseins ein heikles Thema ist. Über das Wesen des 
Mannes zu diskutieren und zu schreiben dürfen sich Frauen erlauben. Was kommt von rechts: ein 
Mann. Was kommt von links: auch nichts! Wird als Witz herumerzählt und die Männer lachen 
natürlich kräftig mit. Geht es um Männerfragen, dann müssen Männer schweigen oder sich zuerst 
mal als Schuldige bekennen. Sie sind für die kulturellen und politischen Fehlentwicklungen der 
letzten tausend Jahre verantwortlich, sie sollten Reue zeigen und müssen ihre patriarchalen, 
machistischen Denkweise und Charakterzüge ausrotten. Gefordert wird, dass sich der Mann 
möglichst von weiblicher Seite informieren und beraten lässt und endlich mal auf die Opfer hört. 
In  einer  Art  vorauseilendem  Gehorsam  beteuern  in  der  Folge  viele  Männer,  dass  man  ja 
„selbstverständlich“ für die Emanzipation ist, sich intensiv für Frauenförderung einsetzt und 
Frauen „in den höchsten Chefetagen“ Platz nehmen sollten.4 Mann will sich die Finger nicht 
verbrennen oder als sexistisch gebrandmarkt werden.  
 
Männer halten sich bedeckt 
 
Vielleicht hat die Diskrepanz zwischen den wunderbaren Versprechungen und Beteuerungen und 
den Realitäten der Gesellschaft noch andere Gründe. Verfolgen Männer eine machiavellistische 
Strategie? Sie versuchen die Frauen durch schöne Worte einzulullen, zahlen dem Feminismus 
Tribut, wohlwissend, dass im wirklichen Leben alles anders abläuft. Vielleicht wollen Frauen 
sogar  getäuscht  werden,  weil  auch  sie  eigentlich  mit  dem  Diktat  des  Feminismus  und  der 
Frauenbewegung nichts anfangen können, eigentlich ganz andere Lebensziele als Karriere und 
berufliche Selbstverwirklichung anstreben. Im Gegensatz zu Männern beteuert die Mehrzahl der 
jungen Frauen, dass Kinder, ein guter Mann und eine Familie für sie das Wichtigste im Leben ist. 
Solche Wünsche dürfen jedoch nur im Geheimen ausgedrückt werden. Die Balzrhetorik muss den 
Zwängen  und  Dogmen  des  Zeitgeists  Referenz  erweisen,  weil  man  sonst  ja  nicht  mehr 
gesellschaftlich akzeptiert sein könnte.  
 
Es könnte sein, dass die Balzrhetorik Teil eines öffentlichen Diskurs ist, der sich wenig um die 
wirklichen  Verhältnisse  in  der  Gesellschaft  und  die  Bedürfnisse  der  Menschen  kümmert. 
Versprechen  kann  man  alles,  weil  Frauen  durch  zahlreiche  Rituale  und  Prüfungen  von 
männlichen  Territorien  und  Aufgaben  ferngehalten  werden:  Um  für  einen  höheren 
Verwaltungsposten vorgeschlagen zu werden, braucht man ein Netz informeller Kontakte und 
sollte einen speziellen Sprach- und Verhaltenscode einsetzen können. Kompetent ist, wer alle 
Abkürzungen des entsprechenden Fachgebietes problemlos verwenden kann: „Zuerst muss man 
den MMBE machen, bevor du ihn zum KJPD oder der EBK überweisen kannst!“ Ein Jargon wird 
entwickelt,  der  Frauen  abschreckt.5  Männer  setzen  sich  auch  durch,  indem  sie  geheime 
Seilschaften  bilden.  Was  Frauen  verwirrt,  wenn  sich  Männer  ohne  große  Worte  oder 
Freundschaftsbeteuerungen  unterstützen.  Solche  Seilschaften  sind  für  Frauen  schwer  zu 
erkennen, weil sie jenseits der persönlichen Bindungen geschlossen werden. Es geht um taktische 
oder politische Manöver, bei denen die Persönlichkeit des anderen keine Rolle spielt. In einer 
Situation  verhalten  sich  zwei  Männer  spinnefeind,  um  bei  der  nächsten  Begegnung  zu 
kooperieren. Frauen verstehen das männliche Verhalten nicht, weil für sie eine Feindschaft oder 
negative Gefühle eigentlich eine Kooperation ausschließt.  
 
 
 
                                                           
3 Bandura a. und Huston. A.C. Identification as a processs of incidental learning. Journal of Abnormal and Social Psychology, 
1961, 63, p. 311-318 
4 siehe Cohen, David. Being a man. Routledge, London 1990 
5 Glass, Lilian. He Says, she says. Bantam Books, N.Y. 1992 
 
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Description:Ein Satz im Gestus von „Bitte nicht auch das noch“, denn hat nicht unlängst erst .. Anne Mulcahy thematisierte beispielsweise ihr Bedürfnis, Zeit für Kinder zu haben, sogar dann noch, als es  amerikanischer Top-Managerinnen – darunter die Partner von Carly Fiorina und Anne Mulcahy – habe