Table Of ContentFachwissen Technische Akustik
Michael Möser Hrsg.
Digitale Signal-
verarbeitung
in der Messtechnik
Fachwissen Technische Akustik
Diese Reihe behandelt die physikalischen und physiologischen Grundla-
gen der Technischen Akustik, Probleme der Maschinen- und Raumakustik
sowie die akustische Messtechnik. Vorgestellt werden die in der Techni-
schen Akustik nutzbaren numerischen Methoden einschließlich der Normen
und Richtlinien, die bei der täglichen Arbeit auf diesen Gebieten benötigt
werden.
Weitere Bände in der Reihe http://www.springer.com/series/15809
Michael Möser
(Hrsg.)
Digitale
Signalverarbeitung in
der Messtechnik
Herausgeber
Michael Möser
Institut für Technische Akustik
Technische Universität Berlin
Berlin, Deutschland
ISSN 2522-8080 ISSN 2522-8099 (electronic)
Fachwissen Technische Akustik
ISBN 978-3-662-56612-1 ISBN 978-3-662-56613-8 (eBook)
https://doi.org/10.1007/978-3-662-56613-8
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Inhaltsverzeichnis
Digitale Signalverarbeitung in der Messtechnik ................. 1
Michael Vorländer
1 Signale und Systeme ..................................... 3
2 Impulsantwort und Übertragungsfunktion .................... 3
3 Fouriertransformation .................................... 5
4 Digitalisierung von Messsignalen ........................... 6
5 Diskrete Fourier-Transformation DFT ....................... 7
6 Fast Fourier Transformation FFT ........................... 8
7 Digitale Filter .......................................... 10
8 Echtzeit-Frequenzanalyse ................................. 13
9 M essung von Übertragungsfunktionen und
Impulsantworten ........................................ 14
10 2-Kanal-FFT-Technik .................................... 15
11 Direkte (aperiodische) Entfaltung ........................... 21
12 Maximalfolgen ......................................... 21
13 Fehlerquellen der digitalen Messtechnik ..................... 26
Literatur ................................................... 28
V
Autorenverzeichnis
Michael Vorländer ITA – Institute of Technical Acoustics, RWTH Aachen
University, Aachen, Deutschland
VII
Digitale Signalverarbeitung
in der Messtechnik
Michael Vorländer
Abtastung und Quantisierung, digitale Filter
Zusammenfassung
sowie mehrere digitale Signalverarbeitungs-
Praktisch alle Messgeräte in der Akustik
methoden beschrieben: Echtzeit-Frequenz-
sind heute computergestützt. Eine akustische
analysator, 2-Kanal-FFT-Analysator mit
Messapparatur kann in Form von PC-fern-
Sweep- oder Rauschanregung und Maximal-
gesteuerter Hardware realisiert werden oder
folgenmesstechnik. Anwendungen und Feh-
in Form von integrierten Lösungen mit spe-
lerquellen der digitalen Messverfahren werden
ziellem Speicher und Prozessor. Nach der
an Beispielen diskutiert.
analogen Vorverarbeitung der vom Mikrofon
gelieferten Spannung setzt ein Analog-D igital-
Wie in allen Bereichen der Technik ist es heute
Wandler den Schalldruck in Computerdaten
auch in der Akustik so, dass praktisch alle Mess-
um. Dabei wird eine Abtastung des Schall-
geräte rechnergestützt sind. Der Digitalrech-
druck-Zeitverlaufs durchgeführt sowie eine
ner kann in unterschiedlichen Konfigurationen
Quantisierung der Amplituden. Bei der Mes-
zum Einsatz kommen. Eine akustische Messap-
sung von akustischen Übertragungsstrecken
paratur kann in Form von PC-ferngesteuerter
in der Raumakustik, Bauakustik, Lärmim-
Hardware realisiert werden oder in Form von
mission, Elektroakustik, usw. werden digital
integrierten Lösungen mit speziellem Spei-
erstellte und empfangsseitig aufgenommene
cher und Prozessor. Bei vielen Anwendungen
Messsignale sowohl im Zeitbereich als auch
kommt die Notwendigkeit der Eichfähigkeit und
im Frequenzbereich ausgewertet, und je nach
Eichung hinzu, die spezielle Anforderungen an
Anwendung resultieren Impulsantworten
die Hardware stellt.
(Abklingkurven) oder Übertragungsfunktio-
Eine Unterscheidung hinsichtlich der Art der
nen (Spektren). Die Signalverarbeitungs-
Umsetzung in Form von A/D- Hardware, Spei-
methoden der digitalen Messtechnik sind
cherung und Signalverarbeitung wird in diesem
Analog-Digital-Wandlung, diskrete schnelle
Kapitel allerdings nicht getroffen. Inhalt ist viel-
Fouriertransformation, FFT, und ähnli-
mehr die Grundlage der Signalaufnahme, -Ver-
che Techniken zur Analyse der Messdaten.
arbeitung und -analyse mithilfe rechnerischer
In diesem Kapitel werden Grundlagen der
(digitaler) Methoden. Die Implementierung
algorithmischer Ansätze oder von Analysesoft-
ware erfordert dann jeweils besondere Kennt-
M. Vorländer (*)
ITA – Institute of Technical Acoustics, nisse der Programmiersprachen, teilweise in
RWTH Aachen University, Aachen, Deutschland speziellen Sprachen wie Assembler, was hier
E-Mail: [email protected]
© Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2018 1
M. Möser (Hrsg.), Digitale Signalverarbeitung in der Messtechnik, Fachwissen Technische Akustik,
https://doi.org/10.1007/978-3-662-56613-8_1
2 M. Vorländer
ebenfalls nicht vertieft betrachtet wird. Man
kann sich gut vorstellen, dass die grundsätzli-
chen Ansätze der digitalen Signalverarbeitung
unterschiedlich effektiv umgesetzt werden kön-
nen. Für das Verständnis ist jedoch die Vorstel-
lung einer Implementierung z. B. in MATLAB®
völlig ausreichend.
Das unten stehende Bild illustriert einen
typischen PC-gestützten Messaufbau mit Anre-
gung. Ein Taktgenerator wird zur Erzeugung
eines Anregungssignals genutzt. Der Sende-Takt
ist hier synchronisiert mit der Abtastrate des
A/D-Umsetzers als Empfänger. Die gestrichelt
umrandeten Teile werden oft in einen Rech- Abb. 1 Aufbau eines rechnergestützten Messsystems
ner integriert. Die ansatzweise gezeigten Aus-
und Eingänge am Messobjekt (LTI) und am angepasstes Sendesignal erzeugt und in das Mess-
A/D-Wandler deuten mehrkanalige Messungen objekt gegeben. Der Signalfluss von der Erzeu-
an. „LTI“ bedeutet, dass das Messobjekt sich gung über die Weiterleitung bis zum Empfang
in idealer Weise linear und zeitinvariant verhält mit Mikrofon und Schallanalysator kann dann zur
(siehe Abb. 1). Ermittlung der Objekteigenschaften herangezo-
Bei Messobjekten, die in ihrer normalen gen werden (Abb. 2).
Funktion selbst Schall erzeugen (z. B. ein PKW Grundlage der linearen Akustik sowie der Theo-
in Vorbeifahrt, eine Geschirrspülmaschine oder rie von Signalen und Systemen ist ein näherungs-
eine Polizeisirene), ist die Schallanalyse, die weise lineares Verhalten, aus dem sich zahlreiche
Messung der Schallpegel, evtl. eine Frequenz- Phänomene ableiten bzw. begründen lassen. Fast
analyse hinreichend. Andere Messobjekte, wie alle Messobjekte in der Akustik sind in sehr guter
im Bild gezeigt, jedoch stellen ein Element in Näherung LTI-Systeme (engl.: „linear time inva-
einer akustischen Übertragungsstrecke dar. Sie riant Systems“). Dies sind definitionsgemäß Sys-
„tönen“ nicht von allein, sondern müssen in teme, die in ihrem akustischen Verhalten (also hier
geeigneter Weise angeregt und untersucht werden. bei der Übertragung von Schall) ihr Ausgangssi-
Dies trifft beispielsweise auf Lautsprecher, Über- gnal gemäß einer linearen Gesetzmäßigkeit vom
tragungsstrecken in Räumen oder im Freien, auf Eingangssignal ableiten. Zusätzlich muss dieses
Wände, auf Schalldämpfer oder Gehörschützer Verhalten zu jedem beliebigen Zeitpunkt unverän-
zu. In diesen Fällen wird ein der Schallanalyse dert vorliegen (Zeitinvarianz).
Abb. 2 Akustische Messungen mit Anregungs- und Analyseeinheit
Digitale Signalverarbeitung in der Messtechnik 3
1 S ignale und Systeme Diese Reaktion ist sowohl im Zeit- als auch im
Frequenzbereich charakteristisch für das System
Ein Signal im Sinne der Theorie eines akustischen und liefert eine vollständige Beschreibung des
Ereignisses ist der zeitabhängige Verlauf eines Übertragungsverhaltens.
Schalldrucks p(t) oder einer Mikrofonspannung
U(t). Im Allgemeinen bezeichnen wir es hier mit
s(t). Dieses Signal kann erzeugt und empfangen 2 I mpulsantwort und
bzw. über ein System übertragen und/oder ver- Übertragungsfunktion
ändert werden. Linear wird ein System bezeich-
net, wenn bezüglich seiner Transformation Tr der 2.1 Der Begriff der Faltung
Superpositionssatz für beliebige Konstanten a, gilt:
i
Wird ein LTI-System mit einem Eingangssignal
Tr (a ·s(t)) = (a ·Tr{s(t)}) s(t) gespeist, so kann ausgangsseitig ein Signal
i i i i
(cid:31) (cid:29) g(t) empfangen werden, für welches gilt:
(cid:30)i (cid:30)i (1)
= (a ·g(t)) ∞
i i
i g(t)= s(τ)h(t−τ)dτ =s(t)∗h(t) (3)
(cid:30) ˆ
s bezeichnet das Eingangs-, g das Ausgangssi- −∞
i i
gnal, i 1, 2, 3 … Als Transformationen kommen wobei h(t) die Impulsantwort (oder Stoßantwort)
=
z. B. Verstärkungen, Zeitverzögerungen, Filte- des Systems genannt wird und das Integral eine
rungen oder einfach Summationen von Signalen Faltungsoperation ausdrückt. Diese allgemeine
in Betracht. Dieser Zusammenhang bedeutet in und sehr wichtige Formel ist die Grundlage für alle
der Praxis, dass das Systemverhalten, z. B. der theoretischen Betrachtungen an LTI-Systemen.
Frequenzgang, nicht vom Pegel des Anregungssi- Sie erlaubt insbesondere die Konstruktion von
gnals abhängt, bzw. sich nur proportional verhält. Filtern. Die Impulsantwort hat bei einigen akusti-
Insbesondere werden bei Anregung mit einem schen Systemen eine unmittelbare Bedeutung und
harmonischen Signal einer Frequenz f nur Aus- wird als Messgröße direkt benötigt (z. B. in der
gangssignale mit der gleichen Frequenz erzeugt. Raumakustik).
Zeitinvariant ist ein System, wenn für eine Eine besondere Bedeutung kommt dem
beliebige Zeitverschiebung t0 gilt: Dirac-Stoß δ(t) zu. Er ist anschaulich definiert
Tr(s(t−t0)) =g(t−t0) (2) als Nadelimpuls unendlicher Höhe, aber end-
lichen Flächeninhalts. Man kann ihn sich bei-
Dies bedeutet in der Praxis, dass man die Mes- spielsweise über den Grenzübergang
sung jederzeit wiederholen könnte, ohne dass
man ein anderes Ergebnis erwarten müsste. 1 t
Viele in der Akustik übliche Messobjekte zei- Tl0i→m0T0rect(cid:31)T0(cid:30) (4)
gen in der Tat ein solches Verhalten. So erzeugt
ein Lautsprecher einen der Stärke des Eingangs- Vorstellen (Abb. 3):
stromes proportionalen Schalldruck, solange er im
linearen Bereich betrieben wird. Auch die Ände-
rung der Übertragungseigenschaften mit der Zeit
ist meist vernachlässigbar, solange er sich nicht
während des Betriebes erheblich erhitzt. Systeme,
die sich infolge von Alterungseinflüssen oder
anderen, sehr langsamen Prozessen verändern,
können für kurze Zeiträume (z. B. während einer
Messung) als LTI-Systeme angesehen werden.
Das LTI-System kann nun anhand seiner
Reaktion auf Testsignale beschrieben werden. Abb. 3 Dirac-Stoß