Table Of ContentGesundheits- und
Qualitätsmanagement
Herausgegeben von
G. E. Braun, München
H.-K. Selbmann, Tübingen
Die gesetzlichen Änderungen seit 1993 und die knappen Kassen der Krankenver-
sicherungen haben zu einem zunehmenden Wettbewerb unter den Einrichtungen
im Gesundheitswesen geführt. Die wirtschaftliche Orientierung und die Manage-
mentausrichtung haben deutlich zugenommen. Gleichzeitig besitzt weiterhin die
öffentliche Bindung der Leistungserbringung eine besondere Bedeutung.
Die bisher unter dem Namen „Gesundheitsmanagement“ geführte Schrift enreihe
trägt durch ihren neuen Titel und eine erweiterte Herausgeberschaft der zusätz-
lichen Bedeutung des Qualitätsmanagements im Gesundheitswesen verstärkt
Rechnung. Die großen Erwartungen der Öff entlichkeit, der Leistungserbringer und
der Kostenträger an die qualitätssichernden und kostendämpfenden Fähigkeiten
des Qualitätsmanagements bei sich ständig verändernden Gesundheitssystemen
eröff nen auch hier ein wichtiges und weites Feld für Versorgungsforscher aller Dis-
ziplinen. Aktuelle Forschungsergebnisse zur Management- und Qualitätsorientie-
rung im Gesundheitswesen schlagen sich in der Schrift enreihe nieder.
Herausgegeben von
Professor Dr. Günther E. Braun Professor Dr. Hans-Konrad Selbmann
Universität der Bundeswehr München Universität Tübingen
Andreas Binder
Die Wirkung des morbi-
ditätsorientierten Risiko-
strukturausgleichs auf
innovative Versorgungs-
formen im deutschen
Gesundheitswesen
Mit Geleitworten von Prof. Dr. Günther E. Braun
und Prof. Dr. h.c. Herbert Rebscher
Andreas Binder
München, Deutschland
Dissertation Universität der Bundeswehr, München, 2014
Gesundheits- und Qualitätsmanagement
ISBN 978-3-658-07900-0 ISBN 978-3-658-07901-7 (eBook)
DOI 10.1007/978-3-658-07901-7
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Geleitwort
Dem Thema der Dissertation kommt für das Management von Krankenkassen und inno-
vativen Versorgungsformen im deutschen Gesundheitswesen eine außerordentlich hohe wis-
senschaftliche und praktische Bedeutung zu. Darüber hinaus greift der Verfasser zentrale
ordnungspolitischeFragenzurGestaltungdesWettbewerbsrahmensindergesetzlichenKran-
kenversicherungauf.
Der 1994 eingeführte und 2009 zum Morbi-RSA weiterentwickelte Risikostrukturausgleich
zwischen den gesetzlichen Krankenkassen ist der zentrale Verteilungsmechanismus der Fi-
nanzströme im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung. Er setzt die entscheidenden
AnreizeimWettbewerbderKrankenkassen.EinehinreichendgutfunktionierenderRSAist
VoraussetzungfürfairenWettbewerbderKrankenkassenumMitgliederundfüreineeffiziente
RessourcenallokationimBereichderGKV.
InnovativeVersorgungsformenbildenalsidealerweisesektorübergreifendeKooperationenvon
Leistungserbringern,zumTeilunterdirekterBeteiligungvonKrankenkassen,einewesentliche
und vielversprechende Chance für eine wirtschaftlichere Versorgung bei gleicher oder sogar
gesteigerter Versorgungsqualität. Darüber hinaus bilden sie langfristig, insbesondere durch
Selektivverträge, die wichtigsten Möglichkeiten für Krankenkassen zur Differenzierung im
Wettbewerb. Sie bieten die Chance, einen reinen Preiswettbewerb durch einen Wettbewerb
umVersorgungsqualitätzuergänzen.
DieErgebnissederDissertationsindfürTheorieundPraxisgleichermaßenrelevant.Ausprak-
tischerSichtistdieAbleitungkonkreterKonsequenzenfürdasManagementvonKrankenkas-
sen und innovativen Versorgungsformen sowie von Gestaltungsoptionen für die Politik her-
vorzuheben,austheoretischerPerspektivederinterdisziplinäreAnsatzzuihrerBegründung:
DerVerfasserverbindetsouveränvolks-undbetriebswirtschaftlicheAnsätzesowiejuristische
Aspekte des Themas. Dies gilt insbesondere für die Integration von Inhalten der Versiche-
rungstheorie,Ökonometrie,neuenInstitutionenökonomiksowiedesControllings.Außerdem
werdentheoretischeundempirischeAspektedesManagedCareAnsatzesberücksichtigt.
Um der Relevanz des Themas für Theorie und Praxis zu entsprechen, wählt der Verfasser
folgendes Vorgehen: Zunächst diskutiert er innovative Versorgungsformen unter besonderer
Berücksichtigung typischer Vergütungsstrukturen und den resultierenden Formen der Risi-
koteilung. Innovative Versorgungsformen werden theoriegeleitet und durchgängig als Versi-
VI Geleitwort
cherungen begriffen. Dies ermöglicht dem Verfasser umfassend sowohl Krankenkassen und
pauschalvergütete innovative Versorgungsformen als Versicherungen im Sinnerisikotragen-
der Institutionen zu beschreiben. So lässt sich für Krankenkassen und pauschal vergütete
innovativeVersorgungsformengemeinsamdieProblematikderRisikoselektionunddieNot-
wendigkeiteinerrisikoadjustiertenVergütungbzw.einesRSAbegründen.DieÜberlegungen
münden in Konsequenzen für das Management von Krankenkassen und innovativen Ver-
sorgungsformen. Der Fokus liegt dabei auf der Gestaltung einer RSA-bezogenen Deckungs-
beitragsrechnung im Rahmen des Controllings. Darauf aufbauend zeigt der Autor, welche
zusätzlichen Wirkungen sich aus der konkreten Gestaltung des Morbi-RSA im Detail auf
KrankenkassenundinnovativeVersorgungsformenalsderenPartnerergeben.Mitdensoge-
wonnenen Erkenntnissen wird die bereits entwickelte Deckungsbeitragsrechnung verfeinert.
Im nächsten Schritt öffnet der Verfasser die Perspektive über den Morbi-RSA hinaus und
bezieht Reformen aus seinem Umfeld in die Untersuchung ein. Dabei stellt er fest, dass es
zu Überlagerungen kommt, die die vorher ermittelten Wirkungen des Morbi-RSA teilweise
konterkarieren.ZunennensindhierbeiinsbesonderedieZusatzbeiträge,derWegfallderAn-
schubfinanzierungimBereichderintegriertenVersorgungnach§§140aff.SGBVsowiedie
ProblematikderBudgetbereinigung.
IndenweiterenAbschnittenderArbeitstehenWirkungendesMorbi-RSAimZentrum,die
sich aus seiner direkten Nutzung für bestimmte Zwecke im Management innovativer Ver-
sorgungsformen ergeben. Dies betrifft zunächst Möglichkeiten, die Wirksamkeit typischer
InstrumentederQualitäts-undKostensteuerunginnovativerVersorgungsformendurchVer-
wendungderDatenbzw.derVersichertenklassifikationdesMorbi-RSAzuerhöhen.Alszen-
traleAnwendungenindiesemBereichidentifiziertundbeschreibtderVerfasserdasPredictive
ModelingsowiedieinterneundexterneEvaluation.IndenletztenbeidenAbschnittenunter-
sucht der Autor, welche Wirkungen des Morbi-RSA auf innovative Versorgungsformen sich
aus seiner Nutzung zur Risikoadjustierung von Budgets ergeben. Im Zentrum stehen dabei
zunächst virtuelle Budgets der regionalen integrierten Vollversorgung. Daran anschließend
zeigt der Verfasser, wie sich auf Basis von Erfahrungen in den USA und erster Ansätze in
Deutschland virtuelle Budgets zu realen weiterentwickeln lassen. Darüber hinaus diskutiert
erdieVision,innovativeVersorgungsformenkünftigdirektausdemGesundheitsfondszufi-
nanzieren.Erlegtdar,dassinbeidenFälleneineRisikoadjustierungderBudgetsunerlässlich,
aberunterNutzungdesMorbi-RSAanalogzuvirtuellenBudgetsaucherreichbarist.
Der hervorragenden Arbeit ist auch aufgrund der anhaltenden Aktualität des Themas eine
breiteLeserschaftinderökonomischausgerichtetenDiskussionumIntegrierteVersorgungs-
strukturen und die Gestaltung des Wettbewerbsrahmens in der gesetzlichen Krankenversi-
cherungzuwünschen.
Univ.-Prof.Dr.GüntherE.Braun
Geleitwort
DievorliegendeArbeitgreiftdiegesundheitsökonomischundgesundheitspolitischschwierige
Frage nach den Wechselwirkungen im instrumentellen Setting von Finanzierungsregeln des
gesamtenSystems–quasiseinemmakroökonomischenHintergrund–unddendarausresul-
tierenden Anreizen für alle Systembeteiligten – also den mikroökonomischen Konsequenzen
imSystemauf.DemAutorgelingtdabeieinegeradezuidealtypischeordnungspolitischeAna-
lyse,dieeinepräziseundanalytischreifeAuseinandersetzungmitzwei„Megathemen“bietet
und darüber hinaus das komplexe Wirkungsgefüge zwischen makroökonomischen Rahmen-
bedingungenundmikroökonomischenAnreizwirkungenhervorragendanalysiert.
Das„Megathema“RisikostrukturausgleichbeherrschtdiegesundheitsökonomischeDiskussi-
onseitJahrzehnten,fandindenJahren1993/1994eineerstegesetzgeberischeKlärung,wurde
seitdempermanentweiterentwickeltundreformiertunddienächsteReformstufegeradever-
abschiedet.EsgehtimGrundsatzdarum,auseinemSystemeinkommensabhängigerBeiträge
derBetroffenen,ergänztumvielfältigesozialpolitische–insbesondereauchfamilienpolitische
–Umverteilungsfunktionen,ineinemzweitenSchritteineamIdealderversicherungsmathe-
matischenÄquivalenzorientierterisikoäquivalenteZuweisunganeinzelneKrankenkassenzu
berechnen.DieseKonstruktionsolldieWahlfreiheitderVersichertenunddamitWettbewerb
zwischendengesetzlichenVersicherungen,unbeschadetvonAlterundKrankheitslastindivi-
duellerVersicherterermöglichen.
Beimzweiten„Großthema“,dasderEntwicklungundderFörderunginnovativerVersorgungs-
formengewidmetist,gehtesumdieLern-undEntwicklungspotenzialeeinerinnovativenund
qualitätsorientiertenVersorgungüberdiegefundenenRegulariendesgeltendenKollektivver-
trageshinaus.
UmbeideThemenkreiseherumisteinekaumnochüberschaubaredifferenzierte,teilsformal
anspruchsvolleundmethodischentwickelteDiskussioninWissenschaftundVersorgungspra-
xisentstanden.AllerdingsistdiegedanklicheundanalytischeDurchdringungderWechselwir-
kungenzwischendenbeidenThemenfelderndabeivernachlässigtworden.Insoweitschließtdie
vorliegende Dissertation eine erhebliche analytische Lücke in der gesundheitsökonomischen
DurchdringungrelevanterGestaltungsfragen.
DieRelevanzderFragestellung,diegelungeneordnungspolitischeDurchdringunganalytisch
und methodisch anspruchsvoller Einzelinstrumente und deren wechselseitigen Bedingungen
VIII Geleitwort
undAbhängigkeitlassendieseArbeitalseinenwesentlichenBeitragzurFortentwicklungder
gesundheitsökonomischenDiskussioninDeutschlanderscheinen.
EsisteinebeispielhafteigenständigeArbeit,diewissenschaftlichundanalytischNeulandbe-
trittunddieindergroßen–leideretwasverschütteten–TraditionordnungspolitischerAna-
lysenvonkomplexenWirkungsgefügeninstitutionellerundinstrumentellerLösungensteht.
Prof.Dr.h.c.HerbertRebscher
Vorwort
NachdembereitsindenGeleitwortendieBedeutungdesThemasunddieinhaltlicheStruk-
tur der vorliegenden Arbeit beschrieben wurde, möchte ich an dieser Stelle zunächst meine
persönlicheMotivationzurBeschäftigungmitdemThemadarstellen.WährendmeinesStu-
diums der Volkswirtschaftslehre an der Ludwig-Maximilians-Universität in München habe
ichmichmitWettbewerbs-undOrdnungspolitischenFragestellungensowiemitÖkonometrie
und empirischen Methoden der Gesundheitsökonomie beschäftigt. Diese Grundlagen bilde-
tendieBezugspunktezumThemaderDissertation.DieFrage,wieimsolidarischenSystem
dergesetzlichenKrankenversicherungWettbewerbzurEffizienzsteigerungeingesetztwerden
kann,ohneeinenQualitätsverlustinderVersorgungderVersichertenbzw.PatienteninKauf
zunehmen,gleichtdervielzitiertenQuadraturdesKreises.HierAnspruchundWirklichkeit
zuvergleichenunddaraufaufbauenddieFragenachdenKonsequenzenfürdasManagement
vonKrankenkassenundinnovativenVersorgungsformenangesichtsdesaktuellgültigenOrd-
nungsrahmenszustellen,hatmichvonBeginnanfasziniert.WährendderBearbeitungdes
Themashabeichdannerfahren,wiesehrdieWettbewerbsbedingungeninderGKVinFolge
veränderter Vorgaben von Politik und Verwaltung sich von Jahr zu Jahr ändern. Dies zu
berücksichtigen,stellteeinederbesonderenHerausforderungendesThemasdar.
EinesoumfangreicheundanspruchsvolleAufgabewieeineDissertationbewältigtmannicht
ohne die Hilfe zahlreicher Unterstützer. Deshalb sei allen, die zum Zustandekommen dieses
Buchesbeigetragenhaben,herzlichstgedankt.
PersönlichhervorhebenundzuallererstdankenmöchteichindiesemZusammenhangmeinem
Doktorvater Herrn Prof. Dr. Günther E. Braun, der mir als wissenschaftlichen Mitarbeiter
amInstitutfürBetriebswirtschaftslehredesöffentlichenBereichsundGesundheitswesensalle
Möglichkeiten, die eine Universität zur Umsetzung einer Dissertation bietet, eröffnete. Die
enge, kritische aber immer konstruktive und vertrauensvolle Zusammenarbeit in Forschung
undLehrehatdieDissertationundmichselbstsehrbereichert.MitfachlichemRatundhohem
persönlichem Engagement hat er mich über die Jahre begleitet und mir dabei auch immer
die notwendige Freiheit eingeräumt, um die Dissertation zu vollenden. Auch in schwierigen
PhasenderDissertationhatermichmitgroßemVerständnisunterstützt.
Besonders danken will ich auch Herrn Prof. Dr. h. c. Herbert Rebscher für die Übernahme
des Zweitgutachtens sowie für anregende Gespräche zur Verbindung von theoretischen und