Table Of ContentDie Werkzeugstahle und
ihre Warmebehandlung
Berechtigte deutsche Bearbeitung der Schrift "The heat
treatment of tool steel" von H a r r y B rea r ley, Sheffield
Von
Rudolf Schafer
i)v~ng.
Dritte, verbesserte Auflage
Mit 226 Textabbildungen
Springer-Verlag Berlin Heidelberg GmbH
1922
Alle Rechte, insbesondere das der Übersetzung
in fremde Sprachen, vorbehalten.
Softcover reprint of the hardcover 3rd edition 1922
ISBN 978-3-662-273791 ISBN 978-3-662-288665 (eBook)
DOI 10.1007/978-3-662-28866-5
Vorwort zur ersten Auflage.
Die nachstehenden Ausfiihrungen haben, wie H. Brearley in
dem Vorwort zur englischen Ausgabe angibt, den Zweck, geiibten
und geschickten Werkzeugmachern und Werkfiihrern in der Aus
iibung ihres Berufes praktischeHinweise zu geben. Aber auch
fiir den Kaufmann, der sich mit dem Vertrieb von Stahlwerk
zeugen befaBt, und fiir aIle anderen Personen, Betriebsleiter,
Werkzeugkonstrukteure und Ingenieure der metallverarbeitenden
Industrien, die mit der Beschaffung der fUr ihren Betrieb geeigneten
Stahlwerkzeuge zu tun haben, nicht zuletzt fiir die Werkzeug
und Stahlfabrikanten selbst, werden die folgenden AusfUhrungen
manche niitzlichen Angaben enthalten, die sie bei aufmerksamer
Beobachtung befahigen werden, sich leichter iiber die Eigenschaften
cines Stahls zu unterrichten, als es die durch den taglichen Umgang
mit Stahlwerkzeugen gebotene "Obung vermag.
Nicht selten werden dem Verkaufer von Stahlwerkzeugen
Klagen iiber die geringe Leistungsfahigkeit gewisser von ihm
bezogener Werkzeuge vorgebracht, deren Stichhaltigkeit er ent
scheiden soIl, obwohl ihm die Kenntnis der Veranderungen, die der
Stahl bei der Warmebehandlung erleidet, meist nicht gelaufig ist.
Beim Stahlgeschaft halt sich vielleicht mehr als bei irgend
einem anderen Geschaft der Abnehmer an den Handler oder
Stahlfabrikanten, damit er ihm Angaben iiber Zusammensetzung,
Eigenschaften, Verwendungszweck und die geeignete Warme
behandlung des Stahls macht. Diese handelsiibliche Praxis ent
stand auf ganz natiirliche Weise zu einer Zeit, als die zur Ver
fiigung stehenden Mittel zur Untersuchung und Bewertung von
Stahlwerkzeugen ausschlieBlich auf eine Priifung der Bruohflaohe
eines Werkzeuges beschrankt blieben. Diese Art der Priifung
entwiokelte der Stahlfabrikant bis zu einer mit grtiBter Sioherheit
beherrschenden Kunstfertigkeit, und zwar lange bevor die analy
tische Chemie imstande war, die in der Praxis angewendete
Bezeichnung "Hartegrad" eines Stahls duroh die Angabe des
Prozentsatzes an Kohlenstoff zu ersetzen.
IV Vorwort.
Da es dem Werkzeugverbraucher darauf ankommt, seine
abgenutzten Werkzeuge durch solche von gleicher Brauchbarkeit
zu erE'etzen, und er am besten die Eigenschaften der ihm vom
Werkzeugfabrikanten gelieferten Werkzeuge beurteilen kann, der
Werkzeugfabrikant aber wiederum eine groBe Erfahrung in der
Beurteilung des Rohstahls besitzt, so ergaben sich aus den ver
einigten Erfahrungen des Werkzeugfabrikanten und des Werk
zeugverbrauchers gewisse praktische Vorschriften, nach denen der
Stahlfabrikant aus einem beliebigen Ausgangsmaterial stets Roh
stahl von gleicher Beschaffenheit herzustellen vermochte. Hieraus
folgte, daB schlieBlich der Stahlfabrikant derjenige wurde, bei
dem aIle praktischen Erfahrungen iiber Herstellung und Ver
wendung von Stahlwerkzeugen zusammenkamen, so daB nach
der friiher herrschenden Anschauung er allein imstande war, ein
Urteil iiber die Mangel eines Stahls und iiber die Hilfsmittel ab
zugeben, die zur Beseitigung vorhandener Mangel zweckdienlich
waren.
Wenn kIeine StahlblOcke fiir Werkzeuge auch jetzt noch nach
ihrem Brurhaussehen beziiglich ihrer Verwendbarkeit zu gewissen
Werkzeugen beurteilt werden, so geschieht dies wohl nur aus
ZweckmaBigkeitsgriinden, weil auf diese Weise bei geniigender
Erfabrung der Kohlenstoffgehalt des Stahls ziemlich genau
geschatzt werden kann. In allen groBen Stahlhiitten und Werk
zeugfabriken hat man auch diese vielleicht noch hie und da iibliche
Einteilung der verschiedenen Rohstahlsorten aufgegeben und
dafiir den durch den Kohlenstoffgehalt bedingten Hartegrad
gesetzt. Da die durch die chemische Analyse feststellbare Zu
sammensetzung des Stahls noch dazu unabhangig von denjenigen
einseitigen Fehlern ist, die bei der friiheren praktischen Beurteilung
der Hartegrade vorkommen konnten, so kann nach Kenntnis
des Kohlenstoffgehaltes der natiirliche Hartegrad einer Stahl
stange und ihre Tauglichkeit fUr irgendein bestimmtes Werkzeug
ganz ebenso zuverlassig von dem Verbraucher wie von dem
Fabrikanten bestimmt werden. Der aufmerksa.me Werkzeug
fabrikant wird daher, wenn er durch eine geniigende praktische
Erfahrung unterstiitzt wird, ebenso wie der Stahlfabrikant befahigt
sein, den ihm entgegentretenden Schwierigkeiten bei der Her
stellung von Werkzeugen mit Erfolg zu begegnen.
Der endgiiltige Wert eines Werkzeuges kann ebensosehr von
der Art abhangen, nach welcher es bei seiner Herstellung behandelt
Vorwort. v
wird, als von dem Material, aus dem es gefertigt ist. Die Geschick
lichkeit und Klugheit des Werkzeugschmiedes und Harters sprechen
in bezug auf die Brauchbarkeit eines Werkzeuges viel mit. Wenn
diese Personen iiber ein gewisses MaG von praktischen Erfahrungen
nicht verfiigen, dann werden sie hi Verwendung von hartem,
d. h. kohlenstoffreichem Rohstahl immer nur geringwertige Werk
zeuge hervorbringen, die leicht reiBen, absplittern und iiberhaupt
eine kurze Lebensdauer besitzen. Die Werkzeugfabrikanten
sind daher gezwungen, kohlenstoffarmen Rohstahl zu verwenden,
der bei der Verarbeitung nicht so leicht durch unsachgemaJ3e
Behandlung verdorben werden kann, der aber Werkzeuge liefert,
die wegen ihrer schnellen Abnutzung infolge zu geringer Harte
auch nicht den BeifaH des Werkzeugverbrauchers finden werden.
Wenn auch nicht aIle Nachteile, die bei mangelnder prak
tischer Erfahrung zum Teil auf eine unrichtige Auswahl des Roh
stahls, zum Teil auf eine falsche Warmebehandlung desselben
zuriickzufiihren sind, durch das Studium der folgenden Aus
fiihrungen beseitigt werden konnen, so dienen letztere doch dazu,
allen, die sich mit der Werkzeugherstellung befassen, die Mittel
anzugeben, mit deren Hille viele bei der Verarbeitung des Roh
stahls zu Wel'kzeugen auftretende Mangel erkannt und vermieden
werden kOnnen. Durch wenig umfangreiche und mit geringen
Hilfsmitteln auszufiihrende Versuche, sowie durch aufmerksame
Beobachtung der in den folgenden Abschnitten gegebenen Grund
satze wird auch der weniger praktisch geiibte Harter und Werk
zeugschmied, insonderheit der Werkzeugfabrikant selbst, imstande
sein, sich den geeigneten Rohstahl auszuwahlen und die Bearbeitung
desselben seinen Eigenschaften anzupassen. Er wird sich dann
selbst davon iiberzeugen, daB das Schicksal seiner Werkzeuge
durchaus nicht ganz und gar in den Handen des Stahlfabrikanten
liegt und daB nicht aHe fehlerhaften und zerbrochenen Werk
zeuge schlechtem Rohstahl zugeschrieben werden miissen. Mangel
an Werkzeugen sind haufig aHein auf die fehlerhafte Warme
behandlung zuriickzufiihren und in diesem FaIle sind ihre Ursachen
ohne Schwierigkeiten auffindbal' und geniigende Mittel zu ihrer
Beseitigung vorhanden.
Bei der Bearbeitung des englischen Werkes, das die Erfahrungen
einer vieljahrigen Praxis enthalt, war der Unterzeichnete bestrebt,
durch mehrfache Erganzungen des. englischen Textes den von dem
VI Vorwort.
Verfasser beabsichtigten Zweck vollkommener durchzufiihren.
Eine Reihe von Ergebnissen eigener Untersuchungen sowie eine
groBe Anzahl eigener Beobachtungen sind in dem Buche mit
verwerlet worden. Aber auch das einheimische Schrifttum, soweit
es fiir den Praktiker von Nutzen ist, ist bei der Bearbeitung berlick
sichtigt worden. Besonderer Wert wurde auf die bildliche Dar
steHung gelegt, indem an einer groBen Reihe von Beispielen dar
getan wurde, wie allein durch die Kenntnis der Gefiigebeschaffen
heit Schliisse auf das zur Verwendung gelangende Stahlmaterial
sowie auf die stattgefundene Warmebehandlung gezogen werden
konnen, wie denn iiberhaupt die Kenntnis des Kleingefiiges des
Stahls fiir den Stahl- und Werkzeugfabrikanten ein unentbehrliches
Hilfsmittel zur Beurleilung ihrer Arbeit geworden ist.
Um eine bessere Obersicht iiber den behandelten Stoff zu
erzielen, wurde Abschnitt V des Originals an Abschnitt I als II. Ab
schnitt angeschlossen; die Abschnitte X und XI des Originals
wurden in den SchluBabschnitt der deutschen Ausgabe verlegt.
Enthalten die beiden ersten Abschnitte hauptsachlich theoretische
Betrachtungen iiber Stahl und behandeln sie die Vorgange, die
beim Harlen desselben beobachtet werden, so befassen sich die
folgenden Abschnitte mehr mit der warmetechnischen Seite der
Werkzeugfabrikation. Unter anderem wurden die Abschnitte II
und X des Originals wesentlich erweitert, dagegen wurden Kiirzungen
insbesondere bei dem Abschnitt XI vorgenommen. Der Anhang
der englischen Ausgabe, der von Schleiffunken und der Geschichte
der Stahlhartung handelt und der ferner eine Reihe von Zahlen
tafeln enthalt, die in jedem technischen Kalender zu finden sind,
wurde forlgelassen. Anstatt des noch im Anhang besprochenen
Verfahrens~ zur Bestimmung der Haltepunkte im Eisen und Stahl
wurde das' Doppelspiegelgalvanometer nach Saladin, mit dem
sich bei sachgemaBer Handhabung vorziigliche Ergebnisse erzielen
lassen, eingehend im SchluBabschnitt der deutschen Bearbeitung
beschrieben.
Auch der Einsatzhartung, die zwar groBere Bedeutung fiir
Konstruktionsstahle als fiir Werkzeugstahle besitzt, ist im Ver
gleich zum Original ein groBerer Raum gewidmet worden. Am
SchluB des Werkes findet sich noch eine Zusammenstellung ein
schlagiger Arbeiten, deren Studium dem Praktiker empfohlen
werden kann und deren Ergebnisse in dem vorliegenden Werke
zum Teil mitverwertet wurden.
Vorwort. VII
Die Mehrzahl der in der englischen Ausgabe vorhandenen
Kleingefiigebilder ist wegen der nicht einheitlich gewahlten Ver
groJ3erung durch eigene Aufnahmen ersetzt worden. Die Anzahl
der Abbildungen wurde von 73 auf 199 erhoht.
Dem Wunsche des Herrn BrcarlC'y, samtliche vom Unter
zeichneten herriihrenden Erganzungen, die dem urspriinglichen
Texte organisch angegliedert sind, im einzelnen hervorzuheben,
kOllllte nicht entsprochen werden. Der Unterzeichnete beschrankte
sich deshalb darauf, die von ihm gebrachten Abbildungen mit
einem Stern (*) zu versehen.
Herr Brearley hatte die Freundlichkeit, die Korrekturbogen
einer Durchsicht zu unterziehen. Fiir die hierbei gegebenen Rat
schIage spricht der Unterzeichnete Herrn Brearley seinen ver
bindlichsten Dank aus. Ebenso dankt er dem Direktorium der
Allgemeinen Elektrici tats-Gesellschaft, BrunnenstraBe,
Berlin, ffir die bereitwilligst erleilte Erlaubnis, einen Teil der
Ergebnisse der in ihren wissenschaftlichen Abteilungen von dem
Untel'zeichneten durchgefiihrten diesbeziiglichen Untersuchungen,
sowie die zugehorigen Abbildungen ffir die deutsche Bearbeitung
verwerlen zu diirfen.
Berlin, im September 1913.
~r,·3n9. Rudolf Schafer.
Vorwort zur zweiten Auflage.
Die vorliegende Auflage, die im Titel eine kleine Anderung
erfahren hat, ist eingehend durchgearbeitet, und es wurden ver
schiedene Verbesserungen und Erweiterungen angebracht, auch
wurde das einschHigige Schrifttum bis auf die heutige Zeit ver·
merkt. Eine Vermehrung der Abbildungen erwies sich als zweck
maBig. Den Wiinschen der Kritik, die sich nach dem Erscheinen
der ersten Auflage eingehend auBerte, konnte nur im beschrankten
MaBe entsprochen werden, da dem Unterzeichneten, der fast seit
Kriegsbeginn unter den Fahnen steht, die notige MuBe mangelte.
Die Zeit nach dem Kriege soll dazu dienen, das Werk griindlicher
und vollkommener, als es bisher geschehen konnte, auszugestalten.
Moge auch diese Auflage allen beteiligten Kreisen Nutzen
bringen.
Berlin, im November 1918.
Schafer.
Vorwort zur dritten Auflage.
Angespornt durch das Wohlwollen, das "Die Werkzeugstahle"
in allen Kreisen der Industrie gefunden haben, legte der Unter
zeichnete bei der Besorgung der vorliegenden Auflage sein Haupt
bestreben darin, iiberall zu feilen und den geauBerten Wiinschen
und Ratschlagen in weitestem MaBe entgegenzukommen. So ist
die Eigenart des Werkes unverandert geblieben. Theoretische
Darlegungen wurden mehr noch als zuvor in eine leicht verstand
liche Form gebracht und durch weitere praktische Beispiele
erhartet, so daB sich hieraus schon von selbst eine Erhohung
der Zahl der Abbildungen ergab, deren besondere Kennzeichnung
durch einen Stern (*) in dieser Auflage wegfiel.
Der Abschnitt iiber "Einsatzhartung" wurde gestrichen, weil
dieses Verfahren in das Gebiet der Konstruktionsstahle gehort
und nur aus dem Grunde in die "Werkzeugstahle" kam, weil
auch die englische Ausgabe sich eingehend hieriiber auslieB. Eine
besondere Arbeit tiber "Einsatzhartung" wird der Unterzeichnete
demnachst den Fachleuten vorlegen.
Vorwort. IX
Die bereits bei der Abfassung der ersten Auflage beabsichtigte
starkere Betonung des wichtigen Abschnittes "Legierte Werkzeug
stahle" wurde durchgefiihrt. Namentlich wurden die Darlegungen
tiber Schnelldrehstahle wesentlich erweitert. Sind diese auch
mehr theoretischer Natur, so sind sie doch auch fiir den Praktiker
von besonderem Wert, der nunmehr ein abgeschlossenes Bild
iiber den Aufbau und das Innenleben dieser wichtigen Stahl
legierungen erhalt und deren Warmebehandlung in entsprechendem
Sinne vornehmen kann. Da der Krieg eine sehr sparsame Ver
wendung der Legierungsstahle erzwang, so wurde der VerschweiBung
und Verlotung von Schnellstahl auf Kohlenstoffstahlhalter eine
ausfiihrliche Beschreibung gewidmet.
Der Abschnitt iiber "Harteanlagen" wurde besonders aus
gebaut. Die letzten Erfahrungen auf diesem Gebiete wurden
gesammelt und dem praktischen Harter vorgefiihrt, so daB er
nach Befolgung alIer gegebenen Ratschlage und Richtlinien leicht
imstande ist, seinen Betrieb neuzeitlichen Gesichtspunkten anzu
passen und hiermit seinem Unternehmen jene feste Grundlage
zu geben, ohne die eine wirtschaftliche Arbeit nicht moglich ist.
Werkzeugfabrikant und Harter haben aus dem Kriege gelernt.
Diese Tatsache muB allenthalben dazu fiihren, der Warmebehand
lung der Werkzeugstahle in immer groBerem MaBe die Bedeutung
zuzusprechen, die ihr im Gesamtplan eines technischen Betriebes
zukommt.
Berlin, im Januar 1922.
Schafer.