Table Of ContentORVILLE H. BULLITT
Die Suche nach Sybaris
BERICHT ÜBER EINE ARCHÄOLOGISCHE ENTDECKUNG
Mit 20 Fotos auf 16 Kunstdrucktafeln,
4 Plänen im Text und 1 Vorsatzkarte
HANS E. GÜNTHER VERLAG STUTTGART
Aus dem Amerikanischen übertragen von Waldemar Kabus
Die im Verlag J. B. Lippincott Company Philadelphia und New York
erschienene Originalausgabe führt den Titel:
»SEARCH FOR SYBARIS«
Schutzumschlag und Einband von Hans Hermann Hagedorn
unter Verwendung eines Fotos von Thomas Günther
Printed in Germany
1. Auflage / August 1971
Alle Rechte an der deutschen Ausgabe bei Hans E. Günther Verlag Stuttgart
Copyright (c) 1969 by Orville H. Bullitt
und 1971 für den eigens für die deutsche Ausgabe verfaßten Epilog
Gesamtherstellung: Graph. Betriebe J. Ebner, Ulm
Vorwort
Sybaris, Griechische Geschichte, Archäologie und das Schreiben
dieses Buches haben mir die interessantesten zehn Jahre eines
langen Lebens geschenkt. Es fiel mir nicht ein, über unsere Arbeit
zu schreiben, bis es ein Verleger vorschlug. Ich wurde dabei in
vieler Hinsicht unterstützt, obwohl der Text aus meiner eigenen
Feder stammt. Ich möchte allen jenen danken, die das Buch mit
mir überarbeiteten, und da ist an erster Stelle Barbara Rex, Autor
und Lektor. Sie ging das Manuskript Seite für Seite durch, mit
Bemerkungen wie »Sie ändern die Zeiten«, »Das ist langweilig«,
sehr oft aber »Dies ist gut«. Ich beziehe mich im Text häufig auf
Dr. Froelich G. Rainey und Elizabeth K. Ralph, und sie bedürfen
hier keiner Anerkennung. Die Arbeit an Ort und Stelle wurde
durch die Hilfe und das Wissen von Signor Enrico Mueller und
Signora Mueller gewaltig erleichtert. Ihr Geschick, die Mitarbeit
der örtlichen Grundbesitzer zu erhalten, war von unschätzbarem
Wert, und ich werde ihnen für die mir erwiesenen Freundschafts
dienste immer dankbar sein. George Stevens, mein Berater, hat
mich mit nie versagender Freundlichkeit, Geduld und mit Humor
zum Autor erzogen.
Dr. Kenneth M. Setton und Dr. Rudolf Hirsch, Director und Asso
ciate Director of the Library of the University of Pennsylvania
halfen mir häufig beim Studium der alten Autoren. Dr. Lloyd W.
Daly war sehr beschäftigt, übersetzte aber dennoch aus dem Grie
chischen für mich und half mir mit Auskünften. Er war so freund
lich, meine Angaben über die alten Griechen auf ihre Genauigkeit
hin zu prüfen. Dr. Ellen M. Kohler vermittelte das Datieren der
Scherben und sorgte für die Genauigkeit der Hinweise.
Mrs. Maurice E. Green schrieb mit der Maschine Hunderte von
Zitaten aus griechischen und lateinischen Autoren ab, und Miss
6 Vorwort
Cecelia C. Bavolek schrieb das Manuskript. Wie alle Genannten
meine Handschrift entzifferten, ist mir ein Rätsel. David J. Crow-
nover und Vittoria Vitelli in Dr. Raineys Büro waren bei vielen
Anlässen mehr als hilfreich.
Meine Frau schließlich verbesserte nicht nur mein Englisch, son
dern hörte zu, wenn ich über Sybaris redete und sprach selbst in
einem Ausmaß darüber, daß eine fünfzigjährige Ehe dadurch
eigentlich reichlich strapaziert worden wäre, was bei uns aber
nicht zutraf. Manchmal blickte sie mich an und meinte: »Ich sehe,
es kommt wieder über dich. Was ist es diesmal?«
Allen diesen liebenswürdigen Menschen spreche ich meinen tiefst
empfundenen, bescheidenen Dank aus.
Orville H. Bullitt
Inhaltsübersicht
Vorwort..................................................................................... 5
Einleitung................................................................................ 9
1 Sybaris 720-510 v. Chr..............................................................13
2 Die Entwicklung Griechenlands............................................21
3 Sybaris......................................................................................33
4 Nadi Sybaris............................................................................37
5 Frühzeit von Sybaris.................................................................44
6 Sybaris im Jahr 600 v. Chr.........................................................52
7 Die alten Berichte.......................................................................&5
8 Kolonien von Sybaris............................................................75
9 Croton.......................................................................................$4
10 Frühere Expeditionen............................................................91
11 Die Suche...............................................................................101
12 Die Instrumente.....................................................................110
15 Thurii................................................................................
14 Die Expedition.....................................................................13°
8 Inhaltsübersicht
15 Sybaris 1963..........................................................................143
16 1964 - Endlich archaische Bauten gefunden .... 153
17 1963 - »Wir haben Sybaris gefunden«.................................161
18 Antiklimax 1966.....................................................................172
19 Finale.....................................................................................283
Epilog..........................................................................................204
Anhang..........................................................................................212
Tafelübersicht und Quellenangabe S. 212 - Verzeichnis der Pläne
S. 213 - Quellenangabe der Zitate S. 214 - Stichwortverzeichnis S. 218
Einleitung
Als ich während des letzten großen Krieges und nach ihm politi
scher Unterhändler war, gab es eine Zeit, in der ich zu der Mei
nung gelangte, daß Mythe und Geschichte nicht zu unterscheiden
sind. Wenn »allseitige Übereinstimmung in der Meinung«
Geschichte schreibt, dann müssen Mythen mit Glaubwürdigkeit zu
dem gehören, was wir als historische Fakten bezeichnen. Bestimmt
besitzt die Archäologie einen besonderen Reiz deswegen, weil sie
solide Beweise dafür entdeckt und erhärtet, daß eine Episode aus
der überlieferten Geschichte Wirklichkeit gewesen ist, und zwar
deshalb, weil wir Überreste im Boden finden und mit eigenen
Händen anfassen können. Viele Male haben wir Ausgrabenden
solche Beweise erbracht - es gab wirklich ein Troja und Mykene;
der Teich von Gibeon existierte tatsächlich, und man kann ihn
heute sehen, ausgetrocknet und teilweise mit Steinen gefüllt, aber
eine solide Tatsache; Imhotep wurde sogar für die alten Ägypter
zur Legende, aber Inschriften beschreiben ihn, und seine architek
tonischen Leistungen sind jetzt so real wie das Empire State Buil
ding. Die Gegenstände sind solide Tatsachen. Aber die Bedeutung
der Dinge wird wahrscheinlich immer teilweise in Mythe einge
bettet bleiben.
Die vielen von uns, die die Suche nach Sybaris durchgeführt
haben, werden wahrscheinlich nie erklären können, warum sie so
großen Reiz ausgeübt hat. Vom professionellen Standpunkt aus
galt mein Hauptinteresse während der Suche der Entwicklung
wirksamer elektronischer Geräte für die Archäologie, aber auch
dem Versuch, nachzuweisen, daß derartige Instrumente der
archäologischen Forschung neue Wege zu weisen vermögen. Den
noch fesselte mich, wie Orville Bullitt, die Suche um ihrer selbst
willen. Es war wichtig, den wirklichen Ort, seine Form und
Die Suche nach Sybaris
IO
gegenwärtige Lage und die Überreste einer Stadt zu entdecken,
die zur Legende, zu einer moralischen Lektion, einem Symbol und
einem nützlichen Wort in unserer Sprache geworden war. Audi
setzten wir die Arbeit fort, wo andere aufgehört hatten, und es
lag eine besondere Herausforderung darin, ein Rätsel zu lösen,
das andere fast ein Jahrhundert beschäftigt hatte. Warum sollte
die berühmteste aller griechischen Kolonien in Italien unentdeckt
bleiben? War sie tatsächlich so reich und luxuriös gewesen, wie sie
antike Schriftsteller beschrieben hatten, oder hatte sich seit ihrem
Verschwinden über die Jahrhunderte hin ein Mythos um sie gebil
det?
Wir wissen heute, daß Sybaris, wie Pompeji, das Unglück hatte —
wenn die geläufige Theorie von den treibenden Kontinenten rich
tig ist — dort errichtet worden zu sein, wo die großen Platten der
dünnen Erdoberfläche kollidieren und Erdbeben und Vulkanaus
brüche verursachen. In einer derartigen Zone widerstreitender
Kräfte kann die Erdoberfläche jeden Augenblick ins Rutschen
geraten und ein Erdbeben den Untergang einer Stadt bedeuten.
Heute liegen die verkohlten Reste von Sybaris unter einer riesigen
Decke unfruchtbaren Lehms in einer fruchtbaren Ebene. Kein
Wunder, daß es ein Rätsel geblieben ist - keine aufragenden
Säulen, keine Erderhebungen, keine verstreuten Keramikstücke
auf der Erdoberfläche geben einen Hinweis. Seine Existenz und
seine Zerstörung sind erhärtete Tatsachen. Die Bedeutung der
Stadt in der antiken griechischen Welt wird wahrscheinlich immer
Mutmaßung bleiben, die auf fragmentarischen Berichten und auf
dem basiert, was wirklich unter der Last der Erde an Beweisen
hervorgeholt werden kann.
Den Höhepunkt dieser Nachforschungen bildete für mich nicht
jener Tag des Jahres 1965, als wir endlich zum erstenmal die
wirklichen Fundamente von Bauten des antiken Sybaris sahen.
Damals waren wir mit Pumpen, Generatoren, einem zusammen
brechenden Senkkasten und mit Arbeitern beschäftigt, die ihren
Hals nicht in einem tiefen Graben riskieren wollten, der jeden
Moment über ihnen einstürzen konnte. Es war vielmehr der