Table Of ContentDie sprachliche Behandlung von türkischen Migranten 
 
Analysen zu Bundestagsdebatten über 
Ausländergesetz, Asyl- und Staatsbürgerschaftsrecht (1990-1994) 
 
 
 
 
 
 
D i s s e r t a t i o n 
zur Erlangung des philosophischen Doktorgrades 
der Philosophischen Fakultät 
der Georg-August-Universität zu Göttingen 
 
 
 
 
 
vorgelegt von 
 
Cuma Kazancı 
aus Çorum, Türkei 
 
 
 
Göttingen 2011
Hakkı & Nezaket 
Okan & Gülben 
için
Inhaltsverzeichnis 
 
Abkürzungsverzeichnis ............................................................................................................ 5 
Vorwort ..................................................................................................................................... 7 
1. Einleitung .............................................................................................................................. 9 
1.1 Problemstellung ............................................................................................................ 12 
1.2 Untersuchungsgegenstand und Zielsetzung ............................................................... 15 
2. Forschungsdiskussion ........................................................................................................ 21 
2.1 Diskurslinguistische Untersuchungen ........................................................................ 21 
2.2 Untersuchungen zur Sprache in der Politik .............................................................. 24 
2.2.1 Allgemeine Arbeiten zur Sprache der Politik ..................................................... 25 
2.2.2 Forschungen zu rassistischen und rechtsextremen Tendenzen in der Sprache 
und zum Bild der Ausländer in den Medien ................................................................ 27 
2.2.3 Arbeiten zum Migrationsdiskurs in der offiziellen Politik ................................ 35 
3. Der Begriff der „sprachlichen Behandlung“ ................................................................... 43 
3.1 Zur Explikation des Begriffs der „sprachlichen Behandlung“ ................................ 43 
3.2 Aspekte der sprachlichen Kommunikation in der parlamentarischen Rede ......... 46 
3.3 Persuasion und Suggestion in der sprachlichen Behandlung................................... 48 
3.3.1 Persuasion und Suggestion in der politischen Sprache allgemein .................... 48 
3.3.2 Persuasion und Suggestion in der sprachlichen Behandlung der türkischen 
Migranten ........................................................................................................................ 49 
3.4 Lexikalisch-semantische Äußerungsformen .............................................................. 51 
3.4.1 Explizitheit und Implizitheit in der sprachlichen Behandlung ......................... 52 
3.4.2 Explizitheit und Implizitheit in der sprachlichen Behandlung der türkischen 
Migranten ........................................................................................................................ 54 
3.4.3 Zur Funktion der Stereotype und Vorurteile in der sprachlichen Behandlung
 .......................................................................................................................................... 55 
3.5 Intentionale Relation und interkulturelle Kompetenz bei der sprachlichen 
Behandlung der türkischen Migranten ............................................................................ 57 
3.5.1 Intentionale Relation ............................................................................................. 57 
3.5.2 Interkulturelle Kompetenz ................................................................................... 59 
4. Korpuserstellung und Analyseverfahren .............................................................................. 63 
4.1 Zur Methodik der Textauswahl .................................................................................. 63 
4.2 Untersuchungsmethoden ............................................................................................. 64
4
5. Analyseergebnisse ...............................................................................................................7 3 
5.1 Lexik als sprachliche Konstruktion sozialer Kategorien ..........................................7 3 
5.2 Allgemeine Bezeichnungen Bevölkerung/Menschen/Bürger .....................................7 6 
5.2.1 Bevölkerung ............................................................................................................7 6 
5.2.2 Menschen und Mitmenschen .................................................................................8 2 
5.2.3 Bürger, Mitbürger, Staatsbürger ........................................................................... 96 
5.3 Ausländer als übergreifende Bezeichnung für Menschen anderer Herkunft  
und verwandte Ausdrücke ...............................................................................................1 05 
5.3.1 Der Ausdruck Ausländer in verschiedenen Attributionen .............................. 112 
5.3.2 Hyponyme I: Migrant/Einwanderer/Zuwanderer ..............................................1 25 
5.3.3 Hyponyme II: Asylbewerber/Asylant/Flüchtling und politisch Verfolgter .......1 32 
5.4 Sprachliche Behandlung per Metakommunikation in den Ausländerdebatten ...1 42 
5.5 Türken/Türkei ............................................................................................................. 155 
5.5.1 Sprachliche Behandlung im Rahmen der  
Gewalt gegen türkische Migranten .............................................................................1 57 
A) Die Morde von Mölln .......................................................................................... 158 
B) Die Morde von Solingen ......................................................................................1 74 
5.5.2 Gewalt gegen Türken im Rahmen der deutsch-türkischen Beziehungen ...... 186 
5.5.3 Sprachliche Behandlung der türkischen Migranten im Zusammenhang der 
Integrations- und Einbürgerungsproblematik .......................................................... 208 
A) Integrationsproblematik im Zusammenhang mit der Gewalt ........................ 209 
B) „Der Fall des Kölner Jungen Muzaffer Ucar, eines 13jährigen Türken“ ......2 35 
6. Resümee und Diskussion der Ergebnisse ....................................................................... 255 
6.1 Sprachliche Indikatoren für die integrative und  
nicht-integrative sprachliche Behandlung ..................................................................... 259 
6.2 Paradoxe Äußerungen auf lexikalischer und semantischer Ebene ....................... 269 
6.3 Evasive und nicht-evasive Äußerungen durch Deagentivierung ........................... 271 
6.4 Pauschalisierende Äußerungen bezüglich der Integrationsproblematik .............. 278 
6.5 Auswertung der Ergebnisse auf der pragmatischen Ebene ................................... 287 
7. Literaturverzeichnis .........................................................................................................2 93 
8. Anhang .............................................................................................................................. 303
5 
 
Abkürzungsverzeichnis 
 
DUW  Duden Deutsches Universalwörterbuch 
ESg    Eigener Sprachgebrauch 
ExW   Explizite Wiederaufnahme 
FVG   Funktionsverbgefüge 
H     Hörer 
S      Sprecher 
SB    Sprachliche Behandlung 
Si.     Sitzung  
TB    Textbeispiel 
WP    Wahlperiode 
ZR    Zwischenruf
6
7 
 
Vorwort 
 
Die vorliegende Arbeit ist eine überarbeitete Fassung meiner Dissertation, die im Jahre 2011 
von  der  Philosophischen  Fakultät  der  Georg-August-Universität  Göttingen  angenommen 
worden ist. Parlamentarische Debatten über Ausländerangelegenheiten und deren gesetzliche 
Regelung  bilden  einen  wesentlichen  Bestandteil  des  (öffentlichen)  Diskurses  über  die 
sprachliche Behandlung von türkischen Migranten überhaupt.  Zwischen Parlamentsreden, 
Medienberichten  und  dem  Meinungsaustausch  in  der  Wählerschaft  gibt  es  eine  enge 
Wechselwirkung.  Ausgangspunkt  meiner  Arbeit  war  die  Beobachtung,  dass  durch  die 
sprachliche  Behandlung  von  Ausländern  in  diesem  Diskurs  eine  (gemeinsame)  negative 
Grundlage geschaffen wurde, auf der diskriminierende Äußerungen und Gewalttaten gegen 
Ausländer basieren konnten. 
 
Aufgrund des umfangreichen, thematisch vielfältigen Quellenmaterials erforderte die Arbeit 
viel Ausdauer und immer wieder neue Impulse. 
 
In dieser Hinsicht gilt mein aufrichtiger Dank zunächst meinem Erstgutachter Prof. Dieter 
Cherubim  für  seine  sachkundige  und  anregende  Beratung  und  Betreuung.  Meinem 
Zweitgutachter Prof. Albert Busch bin ich für seine konstruktive und weiterführende Kritik 
sehr verbunden. Besonders danke ich Kai Hendrik Patri für unsere intensiven Gespräche und 
seine  Anregungen  in  vielen  sprachlichen,  wie  auch  gesellschaftlich-politischen  Fragen, 
ebenso wie Christina von Behren für aufbauende Diskussionen und Korrekturlesen. Auch 
Benedicta Müller danke ich für ihre Anregungen und motivierenden Äußerungen. 
Ein  Platz  in  diesen  Danksagungen  gebührt  außerdem  dem  Direktor  des  Seminars  für 
Turkologie und Zentralasienkunde, Prof. Jens Peter Laut, sowie seinem Vorgänger Klaus 
Röhrborn, die mir während der Erstellung der Arbeit zeitlich so viele Freiräume wie möglich 
ließen. Prof. Laut hat mich überdies durch seine Nachfragen immer wieder zur weiteren 
Arbeit angespornt. 
 
Schließlich und vor allem möchte ich meiner Frau Çeşminaz für ihre unendliche Geduld und 
Unterstützung herzlich danken. 
 
Göttingen, im Dezember 2013                                Cuma Kazancı
8
9 
 
1. Einleitung 
   
„Jeder bösen Tat gehen böse Worte voraus.“ 
Dr. Burkhard Hirsch, WP 12, Si. 128 v. 10.12.1992, S. 11074 
 
Konflikte, Bewertungen und damit verbundene Emotionen spielen in der politischen Sprache 
eine sehr große Rolle. Wahlen werden durch Emotionalisierung gesellschaftlich-politischer 
Themen gewonnen, aber auch verloren. Die politischen Äußerungen über ausländerrechtliche 
Fragen  in  Deutschland  sind  immer  mit  Emotionen  sowohl  auf  Seiten  der  deutschen 
Bevölkerung als auch auf Seiten der ausländischen Bevölkerungsgruppen verbunden. 
 
Da  Menschen  aus  anderen  Ländern,  die  aus  wirtschaftlichen  Gründen  und/oder  als 
Flüchtlinge nach Deutschland gekommen sind, hier für lange Zeit oder immer bleiben und 
Teil  der  deutschen  Bevölkerung  werden,  ist  Deutschland  heute  faktisch  ein 
Einwanderungsland.  Es sollten auch dementsprechend nachhaltige politische Maßnahmen 
getroffen werden, damit diese Menschen als ein Teil der Gesellschaft akzeptiert werden. 
Seit  der  zweiten  Hälfte  des  20.  Jahrhunderts  beschränkt  sich  die  Herkunft  dieser  nach 
Deutschland eingewanderten Menschen nicht nur auf europäische Völker. Die Zuwanderung 
erstreckt sich auch auf Personen asiatischer und afrikanischer Herkunft. Die Verschiedenheit 
ergibt sich nicht nur durch die nicht-europäische Herkunft der Migranten, sondern es sind 
auch  ihre  unterschiedlichen  Religionen  und  Kulturen,  die  die  Andersartigkeit  dieser 
Menschen ausmachen. 
 
Die  Aufnahme  der  ausländischen  Gastarbeiter  und  die  Gewährung  einer  unbefristeten 
Aufenthaltsmöglichkeit erfolgen nicht nur wegen des beiderseitigen wirtschaftlichen Bedarfs, 
sondern  auch  aufgrund  demographischer  Verhältnisse  in  Deutschland,  d.  h.  durch 
kinderreiche ausländische Familien kann die demographische Zukunft Deutschlands gesichert 
werden.  Darüber hinaus bekommt Deutschland durch die Zuwanderung von Vertretern vieler 
ethnischer Bevölkerungsgruppen ein internationales Gesicht. Auch die Verarbeitung der Zeit 
des  Nationalsozialismus  wird  dadurch  leichter  und  schneller.  Es  gibt  jedoch  auf  der 
konservativen  Seite  des  politischen  Spektrums  auch  Bedenken  über  einen  deutschen 
Identitätsverlust durch die Zuwanderung vieler Ethnien nach Deutschland. Dieses Faktum 
wird bei parlamentarischen Auseinandersetzungen der im Bundestag vertretenen Parteien über 
die Regelungen der wirtschaftlichen, sozialen und politischen Situation der Ausländer sehr 
deutlich. Außerdem löst die Vielzahl der fremden Einwanderer heftige Diskussionen aus, die
10 
sich  u.  a.  in  Formulierungen  wie  „Durchrasste  Gesellschaft“  oder  „Deutschland  den 
Deutschen“ niederschlagen. 
 
Was im heutigen Migrationsdiskurs freilich nicht im Vordergrund diskutiert wird, ist ein 
allgemein gültiger Aspekt des menschlichen Zusammenlebens auf globaler Ebene, nämlich 
die Normalität der Ein- und Auswanderung. Der Mensch hat grundsätzlich ein Bedürfnis, 
andere Orte der Welt zu erkunden, also zu wandern (innere Neugier)1. Der Mensch ist aber 
auch durch wirtschaftliche, politische oder soziale Umstände gezwungen, seinen bisherigen 
Lebensort zu verlassen (äußerer Zwang, Not). Im Einwanderungsland kann dies jedoch auf 
eine  negative,  ablehnende  Haltung  stoßen.  Ursachen  dieser  negativen  Einstellung  zum 
Fremden lassen sich in erster Linie am Unwillen, den eigenen Wohlstand mit anderen zu 
teilen, festmachen. 
 
Abgesehen von wirtschaftlichen Gründen, die mit dem Wohlstand zusammenhängen, können 
emotionale  Gründe  wie  befürchteter  Identitätsverlust  und  Angst  vor  Fremden  (mit  ihren 
Erscheinungsformen wie diskriminierenden Äußerungen oder sogar Gewalt gegen Fremde) 
auch anthropologisch begründet werden: anderes Aussehen, andere Sprache, andere Kultur, 
andere Religion etc., mit denen die Einheimischen konfrontiert werden. 
 
Man kann sich allerdings fragen, ob dies in der heutigen industrialisierten und zivilisierten 
Gesellschaft noch eine Rolle spielen sollte. Anfang des 21. Jahrhundets kann man nämlich 
durchaus von einer globalen Migration sprechen, die wegen der Bürgerkriege in der ganzen 
Welt zur Normalität wurde und durch die Möglichkeiten der modernen Verkehrsmittel auch 
zur Normalität werden konnte. 
Angst vor „fremden“ Einwanderern sollte trotzdem nicht zum Anlass genommen werden, 
diesen Menschen eine negative sprachliche angedeihen zu lassen.  
 
Der wirtschaftliche und meist damit zusammenhängende soziale Status des Menschen prägt 
zugleich die Bestimmung des sprachlichen Stellenwertes sowohl von sich selbst als auch von 
anderen. Die Tendenz, dass sich der Mensch als Individuum in einer Gesellschaft durch 
sprachliche  Diskriminierung  anderer  einen  besseren  sozialen  Status  verschaffen  möchte, 
überträgt sich auf soziale Gruppen innerhalb einer Gesellschaft. Dies äußert sich sowohl in 
bestimmten Altersgruppen als auch in Berufsgruppen, ferner überträgt sich dies auf ethnisch 
                                                 
1 Diese innere Neugier wird heute in Form des Tourismus befriedigt bzw. es werden im engeren Sinne 
Forschungsexplorationen oder Pilgerfahrten unternommen, bei denen auch kulturelle Kontakte entstehen.
Description:Gegenstand dieser Arbeit ist die interessenabhängige sprachliche Behandlung von Migranten  Im Zentrum der Arbeit steht die sprachliche Behandlung von Türken in parlamentarischen. Debatten. Die für  Der Begriff „Fundamentalist“ beinhaltet eine Präsupposition, durch die implizit ausgedrückt.