Table Of ContentHANDBUCH
DER WISSENSCHAFTLICHEN
UND ANGEWANDTEN .
PHOTOGRAPHIE
HERAUSGEGEBEN VON
ALFREDHAY
BAND 11
DIE PHOTOGRAPHISCHE KAMERA
UND IHR ZUBEHÖR
WIEN
VERLAG VON JULIUS SPRINGER
1931
DIE
PHOTOGRAPHISCHE KAMERA
UND IHR ZUBEHÖR
BEARBEITET VON
KARL PRITSCHOW
MIT 437 ABBILDUNGEN
WIEN
VERLAG VON JULIUS SPRINGER
1931
ISBN 978-3-7091-3048-3 ISBN 978-3-7091-3064-3 (eBook)
DOI 10.1007/978-3-7091-3064-3
ALLE RECHTE, INSBESONDERE DAS DER ÜBERSETZUNG
IN FREMDE SPRACHEN, VORBEHALTEN
COPYRIGHT 1931 BY JULIUS SPRINGER IN VIENNA
SOFTCOVER REPRINT OF THE HARDCOVER 1S T EDITION 1931
Inhaltsverzeichnis
Seite
Die photog-raphische Kamera und ihr Zubehiir von KARL PRITSCHOW, Braun·
schweig (MIt 437 Abbildungen)
I. Einleitung ........................................................ 1
11. Die optischen Grundlagen .......................................... 5
Die Lochkamera ............................................... 5
Das optische System der photographischen Kamera ............... 8
Die Objektivverschiebung parallel zur optischen Achse ............ 19
IH. Die photographische Kamera ............................. ;......... 25
A. Plattenkameras .............................................. 25
Die einfache Platten. (Kasten.) Kamera ohne Auszug .............. 25
Platten·Handkameras mit Laufboden und Balgen ................. 26
Kamera mit Vorrichtung zum raschen bzw. selbsttätigen Aus·
wechseln der Mattscheibe gegen die Kassette ................... 68
Federnder Mattscheibenrahmen ................................. 71
Sicherungsvorrichtung beim ~urückführell des Objektivträgerschlittens
in das Gehäuse bei ausgeschobenem Laufschlitten .............. 72
Objektivträgerschlitten mit federnd angelenktem Objektivträger.
gestell ...................................................... 73
Vorrichtung zum Verhindern des Einschiebens des verstellbaren
Objektivträgers, bevor das Objektivbrett sieh genau in der Mittel-
stellung befindet ............................................ 79
Die Befestigung des Balgens am Kameragehäuse ................. 80
Die Befestigung des Balgens am Objektiv ........................ 81
Die Balgenstrecker ............................................. 82
Die Einrichtungen zum Beobachten der horizontalen Lage der
Kamera .................................................... 85
Der Laufbodenverschluß ........................................ 87
Die Tragbügel und deren Befestigung ............................ 90
Die Stativmutter .............................................. 92
B. Rollfilmkameras ............................................. 93
Geschichtliche Entwicklung der älteren Rollfilmkameramodelle ..... 93
Die Kasten-Rollfilmkamera ..................................... 97
Rollfilmkameras mit Laufboden ................................. 99
Rollfilmkamera mit Mattscheibenbeobachtung .................... 121
Rollfilmkameras, wekhe auch für Plattenaufnahmen eingerichtet
sind ....................................................... 122
Luft-Einlaß- bzw. Auslaßvorrichtungen an Rollfilmkameras ........ 127
Laufbodenstützen an Rollfilmkameras ........................... 129
Vorrichtung zum Auftragen von Notizen an photographischen
Kameras . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 131
C. Spreizenkameras ............................................. 133
Entwicklung der Spreizenkamera . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 133
D. Die Spiegelreflexkamera .................................... 147
Theorie der Spiegelreflexkamera ................................. 147
Allgemeine Konstruktionsvoraussetzungen bei einer Spiegelreflex-
kamera ..................................................... 151
VI luhal t~ verzeichlli~
Seite
Die Entwicklung der SpiegelreflexkameraK ... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 154
Die Apparate zum Photographieren freilebender Tiere. .. .......... 179
Spiegelreflex-KastellkallleTas mit Ohjektivverschluß . . . . . . . . . . . . . . .. 183
Rollfilm·Spiegelreflexkatnera .................................. . 185
lVlattseheibenliehtsehutz mit Spiegel .............................. 187
E. Fix-Foeus-Kameras .......................................... 189
Klappkameras mit Vorriehtung zum selbsttätigen Vorhewegen des
OhjektivR in die Aufnahmcstellullg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 189
F. Klein hillt-Kameras ........................................... 206
Die Leiea-Karnera ............................................. 207
Die Kleinhildkameras der ER~E}L\1\N-WEgKE A. G ................ 210
Die A mourette-Einb ild-Kinofilmkamera .......................... 212
Die "Eka"-Kleinfilmkamera von U. A. KRAu~.~, 8tuttgart, u. a ..... 213
G. Heise-Kalneras ............................................... 216
H. Die Atelier-Kamera ......................................... 223
Die Kamera mit Einsäulen-Stat.iv ............................... 224
Die Atelierkamera mit Dreisiiulen-Stativ ......................... 224
Die Salonkamera mit Gahelstativ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 225
Die Künstler-Kamera mit Rahmcllstativ ......................... 226
Die Atelier-8piegelreflexkamera .................................. 227
Sonstige Atelicr-Kamera-Konstruktionen ......................... 227
BalgenkarneraR mit Laufschiellen ................................ 228
Die Objektive <les Berufsphotographen ulHl die ühlichen Platten-
formate . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 229
I. Die Panorama- und Rundbliekkameras .................... 233
Panoramaaufnahnwn mit einer gewöhnlichen Kamera .............. 233
Panoramaaufnahmen mit mehreren Ka llleI'aR . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 234
Spezialkamcras für l'mlOn1maaufnahmen ......................... 234
J. Die Stereokamera ........................................... 238
Die theoretischen Grundlagen der 8teJ'eoskopie ................... 238
Geschichte der Stereoskopie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 240
Die verschiedenen Ausführungsformen von Stereokameras . . . . . . . . .. 244
Das Kameraformat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 257
Die gewöhnliche Kamera als Stereo-Aufnahmeapparat ............. 259
Die Mittel zur Herstellung stereoskopischer ~ahaufnahmen ......... 260
Die Stereoskope oder Betrachtungsapparate . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 262
Der Stereo-Kopierrahmen ....................................... 265
Der optische Rtereo-lJmkehrapparat .............................. 266
Kopierverfahrell olme besondere Hilfsmittel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 267
Stereo-Farbenphotographie ...................................... 267
K. Kameras fül' Farhenphotographie .......................... 267
Grundlagen der Farhenphotographie ............................. 267
Das Einstellen der Kamera beim Arbeiten mit Parbrasterplatten 26\J
Die Ausfiihrungsformen der Dreifarhen-Aufnahmeapparate ......... 270
IV. Die Zuhehörteile dl'r photognphischell Kamera....................... 277
A. Die Kassetten .................................... : ........... 277
Die Blechkassetten für lIandkamNas ............................ 277
Kassetteneinlagen .............................................. 281
Vorrichtungen zur Verhütung VOll Doppelbelichtungen . . . . . . . . . . . .. 282
Anlegekassetten ................................................ 283
Die Filmpackkassette . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 284
Der" R.eieka"-Adapter mit federnder l1attscheibe ................. 285
Die Plattenpaeks .............................................. 286
Die Wechselmagazine . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 286
Wechselmagazine für Planfilm (SchnitWhn) ....................... 289
Inhaltsyerzeichnis VII
Seite
Rollfilmkassetten 289
Kassetten für Reise- und i"tativapparate ........................ . 290
B. Die Objektive ............................................. .. 292
Die einfache Sammellinse ...................................... . 292
Das Porträtohjektiv von .J. PE'fZVAL ........................... . 293
Die achromatische Sammellin~e oder Landschaftslinse ............ . 294
Das Periskop ............................. . .................. . 294
Der Aplanat .................... , .................. , .......... . 294
Anastigmate .................................................. . 296
Dreilinsige unverkittete Objektive (Triplets) ............. ' ....... . 297
Vierlinsige unverkittete Ohjddive ............................... . 299
Der Objektivsatz ............................... , .............. . 300
Weitwinkel-Objektive .......................................... . 302
Tele-Objektive ................................................ . 304
Vorsatzlinsen ................................................. . 306
C. Die Lichtfilter .............................................. . 309
Theorie .............................•.......................... 309
Die Arten der Gelbfilter ....................................... . 309
Konstruktion und Anordnung der Uelbfilter ..................... . 311
Der Einfluß des Gelbfiltprs als Planparallelplatte ................ . 313
D. Die Einstellskala ....................... , ......... , ........ . 316
Die geradlinigen Skalen ........................................ . 316
Die peripheren ~kalen ............................. , ........... . 317
Die Skala an Ohjektiven mit ~chneckengang-(Archirnedes-)Fassung .. . 317
Beziehungen zwischen Objektentfernung. Brennweite, Öffnungsver-
hältllis und Einstellung auf Fnendlich ..... , ................. ,. 319
Die Einstellung mittels Kollimators .............. , ............. . 326
E. Die Ahbildungstiefe ........................................ . 330
Definition des Begriffs " Sehschärfe" " ................ , ........ . 330
Ableitung der Formel für die Tiefenschärfe .. , ................... . 330
Der Unendlichkeits-~ahpunkt .................................. . 334
Die Beziehung der Tiefenschärfentabelle zur Einstellskala ........ . 336
F. Die EntfernungslllPsser für photographische Zwecke .... . 337
Die Entfernungsmesser olme optisches System ................... . 337
Die Basis-Entfernungsmesser mit optischem Sy"tem .............. . 338
Entfernungsmesser mit doppelt brechendem Prisma .............. . 342
G. Die Suchereinrichtungen an photographischen Kamera" . 342
Die Visiel'vorrichtungf'n ohne Linsen (Ikonometer) ............... . 344
Aufsichtssucher ............................................... . 349
Besondere Einstell- bz·w. Suchereinrichtungen .................... . 356
Spiegelsueher mit höhell- und 8eitenrichtigem Bild ............... . 356
Der NEWTO"l-Suchel' ........................................... . 357
Die Parallaxe ................................................. . 362
H. Die Belichtullgbllle,;ser ...................................... 363
BeIiehtullgstabellell ............................................. 364
Die optisehen Beliehtullgsrnessel' ................................. 366
Die chemischen Belirhtungsmesser ............................... 371
Die optisch-chemischen Belichtungsmesser ......................... 372
Die BelichtuJlgsmes~er mit Yergleichslichtquelle ................... 373
Beliehtungsmesser in direkter Verbindung mit der Kamera ......... 373
1. Das Stativ ................................................... 374
AllgemeineBemerkungen ........................................ 374
Holzstative .................................................... 375
Heimstative ................................................... 376
Stative mit Neigungsvorrichtung ................................ 377
VIII Inhaltsverzeichnis
Seite
Metallstative für Handkameras .................................. 379
Stativkopfaufsätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 384
Stativaufsätze mit PeineinsteIlung ............................... 385
Stativaufsätze und Hilfsmittel für verschiedene Zwecke ........... 386
Stativfeststeller ................................................ 389
Stereostativköpfe .............................................. 391
V. Die photographischen Momentverschlüsse .............................. 391
A. Allgemeines .................................................. 391
Einleitung ..................................................... 391
B. Objektivverschlüsse ......................................... 396
Belichtungsverhältnisse beim Objektivverschluß ................... 396
Die Irisblende ................................................. 435
Irisblenden bei Stereo-Verschlüssen .............................. 442
Stereoverschlüsse ............................................... 444
Spezial-Stereoverschlüsse ........................................ 449
Dreiteilige Verschlüsse .......................................... 452
Ansetzbare Objektivverschlüsse .................................. 453
C. Der Schlitzverschluß vor der Platte ...................... 455
Wirkungsweise und Belichtungsverhältnisse ....................... 455
Die Entwicklungsstufen des Schlitzverschlusses . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 468
Beschreibung des Schlitzverschlusses der Firma CURT BENTZIN,
Görlitz ...................................................... 479
Der Schlitzverschluß von H. ERNEMANN A. G., Dresden ........... 482
Der Schlitzverschluß von GOLTZ & BREuTMANN, Dresden, in der
Spiegelreflexkamera "Mentor" ................................. 485
Schlitzverschluß der CONTESSA-NMTEL A.-G., Stuttgart ........... 487
Der ICA-Rekordverschluß mit vier Schlitzen ...................... 490
Der Leica-Schlitzverschluß ...................................... 492
Schlitzverschluß im Ansteckrahmen .............................. 493
Der Rouleauverschluß am Objektiv .............................. 495
D. Das Messen der Geschwindigkeit von Verschlüssen ...... 497
"Photochemische" Prüfung durch wiederholt es Belichten .......... 497
Prüfung mittels Pendels nach G. KEINATH ....................... 498
Prüfungsv erfahren unter Benutzung des freien PalIes .............. 499
Prüfungsverfahren unter Benutzung eines gleichmäßig rotierenden
Punktes ..................................................... 499
Verfahren unter Benutzung einer V\'echselstrombogenlampe
(0. NAIRZ - 1. PRECHT) ....................................... 501
Apparat von RICH. NERRLICH ................................... 501
Verfahren von E. ROBERT MAYER in Stuttgart ................... 502
Verfahren der Geschwindigkeitsmessung mittels Stimmgabel........ 502
Verfahren der photographischen Aufnahme eines gesetzmäßig be-
wegten leuchtenden Punktes .................................. 506
Die kinematographischen Verfahren von P. G. NUTTING und
H. NAUMANN ................................................ 507
Das Verfahren der kontinuierlichen Kinematographie .............. 509
Versuchsergebnisse ............................................. 511
Selbst- und Fernauslöser für Verschlüsse ......................... 513
Spannverschlüsse mit Selbstauslösern ............................ 522
Automatverschlüsse mit eingebautem Selbstauslöser ............... 525
Vor- und Nachteile des Schlitz- und Zentralverschlusses, eine
Gegenüberstellung ............................................ 527
VI. Vergrößerungsapparate .............................................. 534
Allgemeines ................................................... 534
Die geometrische Optik der Vergrößerungsapparate mit Kondensor .... 538
Inhaltsverzeichnis IX
Seite
Vorrichtungen zur Beleuchtung des Negativs in Vergrößerungs
apparaten mit künstlicher Lichtquelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 540
Vergrößerungsapparate liegender Bauart für künstliches Licht
ohne Kondensor (direktes zerstreutes Licht) .................. 544
Vertikalvergrößerungsgeräte mit direktem zerstreutem Licht . . . . . . .. 545
Vergrößerungsapparat in senkrechter Anordnung für indirektes
reflektiertes Licht ............................................ 547
Theorie der Vergrößerungsapparate mit automatischer Einstellung .... 548
Vergrößerungsgeräte in senkrechter Anordnung mit selbsttätiger
Scharfeinstellung ............................................. 552
Tageslichtvergrößerungsapparate ................................. 556
Die Vergrößerungsapparate für Normalkinofilm ................... 559
VII. Die Herstellung der Kamera ........................................ 562
Die ~Ietallkamera .............................................. 562
Die Verwendung von Spritzguß im Bau von Handkameras aus
~Ietall . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 565
Die Holzkamera ............................ '. . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 566
Die Herstellung des Balgens .................................... 567
Die Kontrolle der fertigen Kamera .............................. 568
Namen- und Sachverzf'ichnis ............................... 569
Die photographische Kamera und ihr Zubehör
Von
Karl Pritschow, Braunschweig
Mit 437 Abbildungen
J. Einleitung
In seiner "Geschichte der Photographie" hat J. M. EDER1 die ältere
Geschichte der photographischen Kamera so sorgfältig und erschöpfend darge
stellt, daß wir uns eigentlich mit einem Hinweis auf diese klassische Ver
öffentlichung begnügen könnten, um aber eine möglichst vollständige Darstellung
vom Werdegang der neuzeitlichen photographischen Kamera geben zu können,
ist ein Zurückgreifen auf frühere Zeitabschnitte nicht ganz zu umgehen. Es
sollen im folgenden nur einige geschichtliche Wendepunkte von entscheidender
Bedeutung kurz Erwähnung finden, damit wir mehr Raum für die Darstellung der
Entwicklung von Konstruktionen der letzten Jahrzehnte gewinnen, für welche
ein größeres Interesse vorausgesetzt werden darf.
Schon im Jahre 350 v. Ohr. soll ARlsTOTELEs2 den Strahlengang des Lichtes
durch eine kleine Öffnung beschrieben und festgestellt haben, daß bei einer
Sonnenfinsternis die Sonnenflecke unter Bäumen nicht kreisförmig bleiben, sondern
die veränderte Gestalt der verfinsterten Sonnenscheibe annehmen. 500 Jahre
später beschreibt OLAUDIUS PTOLOMAEUS die Brechung bzw. Reflexion des
Lichtes an Linsen bzw. Spiegeln und von SENECA und PLlNlUS wird erzählt, daß
ihnen diese Erscheinungen ebenfalls bekannt waren. Neben ALl ABU ALHASSAN
beschäftigte sich ROGER BAcoN mit den Gesetzen der Lichtbrechung; der letztere
soll dem Papst OLEMENS eine Sammellinse zu Versuchszwecken zur Verfügung
gestellt haben. Die bekannten Untersuchungen LEONARDO DA ViNCIs mit der
Oamera 0 bscura3 trugen wesentlich zur Entwicklung der Optik bei und im
Jahre 1553 beschrieb der berühmte Naturforscher JOHANN BAPTlsTA PORTA in
seiner "Magia naturalis" die Loch-Kamera, welche schon vorher dem Deut
schen ERASMUS RElNBOLD zur Beobachtung von Sonnenfinsternissen gedient
haben soll; in Anbetracht des Interesses, das die Lochkamera beanspruchen
darf, sei darauf näher eingegangen.
Die einfachste Möglichkeit, von Gegenständen ein Bild zu erzeugen, beruht
auf dem Satze von der geradlinigen Fortpflanzung des Lichtes. Der einfachste
Apparat ohne optisches System, der eine winkeltreue Abbildung herzustellen
gestattet, ist bekanntlich die Lochkamera; diese ist daher als die Grundform
aller photographischen Apparate zu bezeichnen. Bereits um das Jahr 1500
1 Ausf. Hdb. d. Phot., Bd. 1, Teil 1, 3. AufI., 1905.
2 VgI. E. HOPPE, Geschichte der Optik, J. J. Weber, Leipzig, 1926.
M. v. ROHR, Zur Entwicklung der dunklen Kammer (Camera obscura),
3
Centralzeitung für Optik u. M€chanik, Berlin 1925.
Hay, Handbuch der Photographie IT
2 KARL PRITSCHOW: Die photographische Kamera
berichtet LEONARDO DA VINCI über Erkenntnisse dieser Art und JOHANN
BAPTISTA PORTA machte die Entdeckung etwa 50 Jahre später aufs neue. Etwa
um 1550 beschrieb HIERONYMUS CARDANI ein Verfahren, mit Hilfe der Camera
obscura und eines Hohlspiegels Vorgänge auf der Straße vom Zimmer aus zu
beobachten. DANIEL BARBARo benutzte wohl als erster eine Camera obscura
mit bikonvexer (Sammel-)Linse und PORTA beschrieb diese Einrichtung in sehr
verständlicher Weise. Das Verdienst, eine tragbare Camera obscura ge
schaffen zu haben, gebührt JOHANN ZAHN (1665). Dieser Apparat ZAHNS ist
gewissermaßen der erste Vorläufer unserer heutigen photographischen Apparate,
nur mit dem Unterschiede, daß es damals noch nicht möglich war, das von der
Linse entworfene Bild dauernd festzuhalten. Es konnte nicht ausbleiben, daß
im Laufe der Zeit das optische
System der Camera obscura
fortgesetzt verbessert wurde;
es seien an dieser Stelle vor
allem die Namen DOLLoND
(1758) und WOLLASTON (1812)
genannt, welch letzterer die
Vorteile des Meniskus ge
genüber der Bikonvexlinse und
o die Wichtigkeit eines be
---,lH=::::=WIf;!+Ejt::=--·_·-------~I---+----.lW stimmten Blendenortes er
kannte.Schon vorher (1727)
war es dem deutschen Arzt
und Professor der Medizin
J OHANN HEINRICH SCHULZE
gelungen nachzuweisen, daß
Abb. 1. DAGUERRE-Kamera (aus dem Jahre 1839). Das vom Silber enthaltende Nieder
Objektiv 0 in der Bildebene d entworfene Bild ist höhen schläge lichtempfindlich sind;
und seitenverkehrt; durch Anordnung des etwa unter 45°
geneigten Spiegels e wird das Mattscheibenbild in ein e r er machte den berühmten Ver
Richtung, und zwar in vertikaler oder horizontaler Richtung, such, Kreide mit einer Lösung
umgekehrt, je nachdem, ob der Spiegel gegen die Horizontale
oder gegen die Vertikale geneigt ist. c Fixierschraube, von Silber in Scheidewasser zu
t Blendenöffnung. a, b Holzkästchen begießen und dem Sonnen
lichte auszusetzen; er bewies
dann in eindeutiger Weise, daß das Licht und nicht die Wärme die Ur
sache der sichtbaren Farbenveränderung des Kreidebreis war. Nach ihm beschäftig
ten sich SCHEELE, WEDGWOOD u. a. eingehend mit der Lichtempfindlichkeit des
reinen Chlorsilbers; ihre Bemühungen gingen letzten Endes darauf aus, die in der
Camera obscura sichtbaren Bilder festzuhalten. SCHEELE hatte zwar bereits er
kannt, daß sich das im Licht geschwärzte und das unveränderte Chlorsilber gegen
Ammoniak verschieden verhalten, doch blieb diese Entdeckung leider unbe
achtet. Endlich gelang es dem Franzosen JOSEPH NICEPHORE NIEPCE, das
Lichtbild in der Camera obscura festzuhalten (1826). Sein Mitarbeiter DA
GUERRE hat dann das nach ihm benannte und weltbekannte photographische
Verfahren der "DAGUERREotypie" ausgearbeitet.l
Die Abb. 1 zeigt die Konstruktion der ersten DAGUERRE-Kamera; die
selbe bestand aus zwei übereinander verschiebbaren Holzkästchen a lmd b,
deren gegenseitige Lage von außen festgestellt werden konnte. Hinter der
Visierscheibe d befand sich ein Spiegel e, welcher das vom Objektiv
F. P. LIESEGANG, Centralzeitung für Optik u. Mechanik 1930, Heft 6 u. 7
1
sowie E. STENGER, Gesch. d. Photographie, V. D. 1., Berlin 1929.