Table Of ContentCORNELIA ESSNER
Die
»Nürnberger Gesetze«
oder
Die Verwaltung des Rassenwahns
1933-1945
FERDINAND SCHONINGH
PADERBORN • MÜNCHEN • WIEN • ZÜRICH
Als Habilitationsschrift auf Empfehlung des Fachbereichs Kommunikations- und Geschichtswissen-
schaften der Technischen Universität Berlin gedruckt mit Unterstützung der Deutschen Forschungs-
gemeinschaft
Titelbild: Nach der Pogromnacht vom 9. auf den 10. November 1938 wurden zehntausende von Ju-
den verhaftet und in Konzentrationslager verschleppt. Das Photo zeigt jüdische Männer in Baden-
Baden nach ihrer Verhaftung, eskortiert von Schutzpolizei und SS (Bundesarchiv Koblenz, Bildsign.:
183/86686/8).
Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme
Essner, Cornelia:
Die »Nürnberger Gesetze« oder Die Verwaltung des Rassenwahns 1933-1945 / Cornelia Essner.
- 1. Aufl. - Paderborn; München; Wien; Zürich: Schöningh, 2002
Zugl.: Berlin, Techn. Univ., Habil.-Schr., 2000
ISBN 3-506-72260-3
Umschlaggestaltung: INNOVA GmbH, D-33178 Borchen
Gedruckt auf umweltfreundlichem, chlorfrei gebleichtem
und alterungsbeständigem Papier® ISO 9706
© 2002 Ferdinand Schöningh, Paderborn
(Verlag Ferdinand Schöningh GmbH, Jühenplatz 1, D-33098 Paderborn)
Internet: www.schoeningh.de
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Zustimmung des Verlages nicht zulässig.
Printed in Germany. Herstellung: Ferdinand Schöningh, Paderborn
ISBN 3-506-72260-3
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[ Bayerische
Staatsbibliothek
I München
Inhalt
Vorwort 11
Einleitung 13
KAPITEL I
»DER IRRGARTEN DER RASSENLOGIK« (1871-1935) 21
A. Der völkische Antisemitismus 21
1. Der religiöse Untergrund 21
2. Das kontagionistische Theorem 32
B. Die Mischung der Paradigmen 40
1. Eugenik und »nordischer Gedanke« 40
2. Die »Judenfrage« 49
C. »Völkischer Staat« und Rassentheorien 55
1. Hitlers Rassenstandpunkt 55
2. Der zögerliche Sieg der nordischen Rassenlehre 61
KAPITEL II
ENTWÜRFE EINES RASSENRECHTS VOR DEN
»NÜRNBERGER GESETZEN« 76
A. Antisemitische Gesetzesentwürfe 76
1. Einleitung (»NS-Auskunft«) 76
2. Der Begriff des »Judenstammlings« (»Rassenscheidungsgesetz« 1932/33) . . 77
3. »Entwurf zu einem Gesetz zur Regelung der Stellung der Juden«
(6.4.1933) 82
B. Versuchte Verbindungen zwischen Antisemitismus
und Rassenhygiene 86
1. Das Tauziehen um ein Sippenamtsgesetz 86
2. Ansätze zur Strafrechtsreform 96
a) Die preußische Denkschrift 96
b) Die Sitzung der Strafrechtskommission am 5.6.1934 99
c) Der Entwurf gegen »volksschädliche Ehen* (Juli 1935) 106
Exkurs: Die Pogromstimmung im Sommer 1935 108
6 Inhaltsverzeichnis
KAPITEL III
DIE REKONSTRUKTION DES GESCHEHENS AUF UND
NACH DEM »REICHSPARTEITAG DER FREIHEIT« 1935 113
A. Löseners Erinnerungsbericht - Kritik eines Dokumentes 113
1. Einleitung 113
2. Zur politischen Biographie des Autors 117
3. Die historiographische Absicht 126
B. Das Geschehen auf dem Parteitag (9.-15.9.1935) 134
1. Die Aussagen der Quellen 134
2. Das Szenario A. Gütt versus G. Wagner 140
3. Die Schwerkraft der Gesetze 150
C. Das weitere Tauziehen um den Judenbegriff (16.9.-14.11.1935) 155
1. Der Kampf der Entwürfe 155
2. Der labile Kompromiß vom 14.11.1935 171
KAPITEL IV
AUSBAU UND FUNKTIONSWEISE DES SYSTEMS 174
A. Verwaltung und Sozialwelt eines »Blutschutz«-Paragraphen 174
1. Die fingierte Ehegenehmigung für »Mischlinge 1. Grades« 174
2. Die polizeiliche Überwachung der »Konkubinate« 182
B. Die Bedeutung des Religionskriteriums 186
1. Der Austrittsbeweis und die »Reichsvereinigung« 186
2. Das Konstrukt des »Geltungsjuden« und der Religionsbeweis 194
3. Zwischen »Abstammungsklage« und »Rassenschande«:
Das Schicksal der Susanna Aizen (1944 ermordet in Auschwitz) 197
C. Verfahren zur Änderung der individuellen Klassifikation 201
1. Die »Gleichstellung« über den »Gnadenweg« 201
2. Pater semper incertus: »Entjudung«/»Arisierung« durch Reichssippenamt
oder Gerichte 203
3. Zwischen »Abstammungsklage« und »Rassenschande«: Das Schicksal
von Eva und Johanna Krohn (1944 >vermißt< in Auschwitz) 215
D. Die Kontaktverbote: Von der »Rassenschande« zum »Judenbann« ... 219
1. Die Zerstörung der Intimsphäre: »Rassenschande« 219
a) Vorbemerkung 219
b) Die Ambivalenz von Ideologie und Politik 220
2. Rassen- und Geschlechtertrennung im sozialen Raum 233
a) Einleitung 233
Inhaltsverzeichnis 7
b) »Deutschblutige« Dienstmädchen und jüdischer Privathaushalt 235
c) Kur- und Badeorte 240
d) Ärztliche Behandlung und Krankenhäuser 243
E. Die Visualisierung der Ausgrenzung: »Kennzeichnung« des
Ortes oder der Person? 246
1. Die (unterbliebene) Kennzeichnung »jüdischer Gewerbebetriebe« 246
2. Die wirre Entwicklung zu den Zwangsnamen 250
3. Der Stau der Strategien 257
a) Die Sitzung vom 12.11.1938 und ihre Folgen 257
b) Die Aufhebung des Mietschutzes und die Frage der »Judenhäuser« .... 262
4. Die Gründung des Zwangsverbandes (»Reichsvereinigung der Juden
in Deutschland«) 266
5. Die definitive »Kennzeichnung« der Person durch die Einführung
des »Judensterns« 270
KAPITEL V
RASSENRECHT UND STAATSANGEHÖRIGKEIT: DER LANGE
BÜROKRATISCHE WEG IN DIE DEPORTATION 275
A. Realisierte und geplante Techniken zum Entzug der
Staatsangehörigkeit (1933-1940) 275
B. Die neue Lage durch die besetzten Gebiete: »Umvolkung«
und »Judenfrage« 280
1. Das »Protektorat Böhmen und Mähren« 280
2. Zur »Deutschen Volksliste« im besetzten Polen 282
Exkurs: »Madagaskar-Plan« und Judenstatus 289
C. Die Kette der Entwürfe zur 11. Verordnung zum Reichsbürgergesetz
(25.11.1941) 292
1. Das Projekt der »Schutzangehörigkeit« (1. Entwurf) 292
2. Die Juden als Staatenlose und die Enteignungsfrage (2. Entwurf) 296
3. Die Verbindung von Staatenlosigkeit und Vermögensverlust (3. Entwurf) . 299
4. Der reduzierte letzte Entwurf 302
D. Die 11. VOzRBüG und die Deportation 305
1. Geographie und Enteignung 305
2. Heydrichs »Feststellungs«-Kompetenz über § 8 308
3. Die Denunziation durch die Banken über § 7 313
4. Das Verschleiern der Grenze 318
5. Das Schweigen des Reichsinnenministeriums 323
8 Inhaltsverzeichnis
KAPITEL VI
VORSTOSSE ZUR VERSCHÄRFUNG DES JUDENBEGRIFFS
IM »ALTREICH« UND DEN »BESETZTEN OSTGEBIETEN«
1941/1942 327
A. Die Entwicklung im Reich zwischen Frühjahr und Herbst 1941 327
1. Das Frankfurter Institut zur »Erforschung der Judenfrage« 327
2. Die Entstehung der »Arbeitsgemeinschaft«. Rekonstruktion ihres
Programmes 329
3. Judenbegriff und »Kennzeichnungs«-Verordnung 335
B. Zur »Behandlung der Judenfrage« in den »besetzten Ostgebieten« ... 341
1. Einleitung 341
2. Konflikte zwischen Rosenberg und Himmler 342
3. Die Richtlinien des Reichskommissars für das »Ostland« 352
4. Die Verordnungsentwürfe zum Judenbegriff aus dem Ostministerium
(bis Dezember 1941) 357
5. Das Eingreifen des Reichssicherheitshauptamtes 368
6. Das Ausbleiben der Lösung 381
KAPITEL VII
DIE »ENDLÖSUNG DER JUDENFRAGE« UND DAS
UNGELÖSTE »MISCHLINGS«-PROBLEM (1942-1943) 384
A. Die »Schwarze Konferenz« vom 20.1.1942 und ihr Protokoll 384
1. Problemaufriß 384
2. »Maßnahmestaat« versus »Normenstaat« (Analyse des Dokumentes) .... 389
a) Heydnchs Absichten 389
b) Stuckarts Zwangssterilisations-Plan 400
B. Die zweite Besprechung zur »Endlösung der Judenfrage« am
6.3.1942 410
C. Das Tauziehen um die »Mischlingsfrage« zwischen März
und Oktober 1942 419
1. Deportation oder Sterilisation und die »Abgrenzung des
Personenkreises« 419
2. Die Stop-Legende und das andauernde Schweigen Hitlers 428
D. Die dritte Besprechung vom 27.10.1942 und das Versanden der
bürokratischen Debatte 434
E. Der >circulus diabolicus< 442
Inhaltsverzeichnis 9
Zusammenfassung 445
Abkürzungsverzeichnis 453
Quellen- und Literaturverzeichnis 457
Personenregister 474
Vorwort
Die vorliegende Untersuchung entstand 1995 bis 1999 unter der Leitung von
Prof. Dr. Reinhard Rürup am Institut für Geschichtswissenschaft der Techni-
schen Universität Berlin (TUB) als Projekt der Deutschen Forschungsgemein-
schaft, der an dieser Stelle gedankt sei. Die Arbeit wurde vom Fachbereich
Kommunikationswissenschaft der TUB im Mai 2000 als Habilitationsschrift an-
genommen. Sie wurde für die Drucklegung leicht überarbeitet, insbesondere um
die Einleitung und Zusammenfassung ergänzt. Prof. Hans Mommsen sei herz-
lich dafür gedankt, daß er das Forschungsvorhaben einst auf den Weg brachte
und durch seine kreativen Zweifel begleitete bis hin zum abschließenden Gut-
achten. Prof. Dr. Wolfgang Scheffler sei besonders gedankt für zahlreiche Hin-
weise und Gespräche. Den größten Dank schulde ich Prof. Dr. Reinhard
Rürup, der die nicht immer einfache Rolle des Habilitationsvaters inne hatte
und stets Zeit zu eingehender inhaltlicher Diskussion fand.
Ferner möchte ich danken: Prof. Dr. Hans Reif als Gutachter und Prof. Dr.
Franz Ansprenger und Dr. Hermann Simon für die Lektüre einzelner Kapitel.
Meine Schwester unterzog sich der Mühe, einige Seiten des Manuskriptes stili-
stisch durchzusehen. Den Gesprächspartnern, die als ehemalige »Mischlinge
1. Grades« ungenannt bleiben wollten, möchte ich für die Offenheit danken,
mit der sie mir Einblicke in ihre Lebensgeschichten gewährten. Namentlich darf
ich hier vor allem Frau Jenny Rosen (1919-1997) nennen, deren nüchterne Aus-
einandersetzung mit der Vergangenheit die Arbeitsweise der Autorin bestärkte.
Paris, November 2001 Cornelia Essner
Den Opfern
des Naziklassifikationswahns