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3)ie kämpfe T)ijon
im ^anuap J871
und die Yo^esenarmee
Nach den kriessarehiualisehen ^kten des Qeneralstabs
und anderen Quellen
bearbeitet ucn
Han fabrieiu^
5
Oberst-Lieutenant a. 5).
jYfit 4 Karten und planen und einer j^bbilduns
Bremberg J89?
Verlas der Jflittler'schen Buchhandlung Fromm)
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d
Cot- i.^oo.S'o, ^4.
J
APR2513/
Alle Kochte uns dem Oesotze vom 11. Juni 1*71
sowie das Uebersctzungsrccht sind vorbehalten.
„Die stolzen Namen der Regimenter.
..die man nicht zu loben braucht, es ge-
billigt, dieNummern21 undGl zunennen.
,,was bedeuten sie andere als eine ge-
wonnene Schlacht! Wennschon die Bur-
„gundische Hauptstadt nicht in General
..Kettlers Hand fiel, so war die Wirkung
„diesesheissenRingensdochdemResultat
„einer siegreichen Schlacht gleich."
Major 0. Wachs: „Vor der Schlacht."
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I
1*
V
Vorwort.
Eine unparteiische eingehende Geschichte über die Kämpfe
uin Dyon im Januar 1871 ist noch nicht geschriebenworden. Die
Regiments-Geschichten der an ihnen betheiligten Truppentheile
behandeln in erster Linie die eigenen Thaten und berühren die
Vorgänge bei den anderen Truppen des gemeinsamen höherenVer-
bandes, nur in so weit sie zumVerständniss des Ganzen unbedingt
unentbehrlichsind odersobaldverschiedeneTruppentheilegemeinsam
an derselben Aufgabe mitgewirkt haben. Das Verhalten der Fran-
zosen wird meist nur gestreift. Auf diese Weise müssen schiefe,
verzeichneteBilder entstehen. Ausfuhrlich ist bisher nur ein Vor-
kommni88 in der Reibe jener Kämpfe behandelt wor—den: der Ver-
lust der Fahue des II. Bataillons 61. Regiments und darüber
ist eine ganze Literatur in Büchorn, Zeitschriften und Zeitungen
von beiden betheiligtenSeiten vorhanden. Hierdurch ist aber jeoer
Vorgang von einem ganzen Sagengewande umwoben worden. Es
istwünschenswerth, ausdiesem, wieüber alle damit im Zusammen-
hange stehenden Thatsachenan derHand der vorliegenden Zeugnisse
den Kern der Wahrheit herauszuschälen.
Jedoch ist es nicht beabsichtigt worden, in der folgenden
krieg8geschichtlichen Studie eine in sich abgeschlossene, abgerundete
Darstellung der erwähnten Kämpfe um Dijon und der damit im
Zusammenhange stehenden Verhältnisse zu geben. Zu einer ab-
—
schliessenden Darstellung würde so viele grössere und kleinere
Werke, Monographien, Darstellungen der Erlebnisse von Theil-
nehme—rn u. s. w. auch auf französischer Seite veröffentlicht worden
sind als erste Vorbedingung die Erschliessung der dienstlichen
Papiere des Pariser Kriegs-Archivs erforderlich sein. Es liegt in
der Natur der Sache, dass Darstellungen von Augenzeugen, selbst,
wenn sie an hervorragender Stelle stehen, immer von einem ein-
seitigen Standpunkte ausgeheu. Dadurch sind Widersprüche und
Ungenauigkeiten in ihrenAngaben an und für sich erklärlich, ohne
dass man eine mala fides anzunehmen braucht. Andererseits ist
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es aber auch nicht zu leugnen, dass bei der Darstellung der Vor-
gänge vielfach Ehrgeiz, Eitelkeit, Parteilichkeit, personlicher Hass
und viele andere üble Eigenschaften zurGeltung kommen und dass
namentlich inFolgepolitischerParteileidenschaften nurzuhäufigdie
Thatsachen völligentstelltwerden. Auch das verzeihlicheBestreben
des Besiegten, seine Thatenwenigstens auf beschränktemGebiete in
möglichst günstigem Lichte erscheinen zulassen unddiebegangenen
Fehlerzurechtfertigen, führtzu Schönfärbereien, welchederRichtig-
keit der Darstellung Eintrag thun. Nimmt man noch hinzu die
ausserordentlich lebhafte Einbildungskraft und die heftige Leiden-
schaftlichkeitderromanischen Rasse, so kann man es dem objektiven
Geschichtsschreiber nicht verargen, wenn er den vorliegenden fran-
zösischen und italienischen Quellen, von denen auch nicht eine
einzige einen vollkommen amtlichen Charakter trügt, mit Vorsicht
gegenübertritt und nur diejenigen Angaben als zweifellos richtig
annimmt, welche ihrer ganzen Beschaffenheit nach einerseits nicht
falsch sein können, andererseits durch vergleichende Prüfung
unter einander sowohl, als mit denjenigen des Gegtiers Uebereiu-
stimmung ergeben haben. Wenn man auch auf diesem Wege zur
Feststellung einer ganzen Reihe von Thatsachen gelangt und sich
überzeugt, dass die oft gehörte Beschuldigung, die französischen
Angaben seien absichtlich entstellt und unwahr, soweit es
ernste Schriftsteller betrifft, ungerecht ist, so bleiben doch noch
eine grosse Menge Fragen offen, welche erst aus den französischen
Archiven eine Beantwortung finden können. Da abereineEröffnung
—
derselben in absehbarer Zeit kaum zu erwarten ist jedenfalls
nicht, so lange noch Leute in der Republik in massgebenden
Stellen sich befinden, denen die Aufdeckung gewisser Vorkom—m-
nisse in der Zeit des grossen Krieges unangenehm sein könnte
so hat der Verfasser es unternommen, in möglichst unparteiischer
Weise eine Klarstellung der Ereignisse dieser überaus fesselnden
und lehrreichen Episode nach den vorliegenden Quellen, und zwar
fQr die deutsche Seite zum allergrössten Theil auf die dienstlichen
Akten des Kriegs-Archivs des Grossen Generalstabs gestützt, zu
versuchen. Er verfolgt dabei zugleich den Zweck und hegt die
Hoffnung, dass Theilnehmer an jenenKämpfen oder Solche, welche
—
imBesitz von Aufzeichnungen darüb—er sind, namentlich aus den
Kreisen unserer damaligen Gegner sich dadurch anregen lassen
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werden, zur Ausfüllung von Lücken und zur Richtigstellung von
Irrthümern beizutragen, indem sie militärischen Zeitschriften oder
dem Verfasser selbst ihre Mittheilungen zukommen lassen; der
Letztere würde Gelegenheit nehmen, sie der Oeffentlichkeit zu
übergeben.
Die Erforschung der Wahrheit ist das Hauptziel seiner Be-
strebungen. Die Tapferkeit, mit welcher vor Dyon von beiden
Seiten gekämpft wurde, ist über allen Zweifel erhaben. Es kann
daher auf die Truppentheile, weder auf die preussischen noch auf
die französischen ein Schatten fallen, wenn in der Darstellung un-
günstige Gefechtslagen, in die sie durch Irrthümer, Fehler und
andereUmstände geratheu sind, ollen eingestanden und besprochen
werden, ebensowenig auf die Führer, wenn deren irrthümliche
Auffassungen und falsche Anordnungen nicht verschleiert werden!
Denn: Irren ist menschlich. Und aus den Irrthümern und
Fehlem, die begangen werden, lernt man bekanntlich am meisten.
Dass aber die vorliegende Arbeit Anregung zur Belehrung ge-
währen möchte, liegt dem Verfasser besonders am Herzen. Nach
seiner Ansicht bietet dieser kriegsgeschichtliche Abschnitt eine
Fülle von Aufgaben für den applikatorischen Unterricht in der
Kriegsgeschichte und in der Taktik in Bezug auf gemischte De-
tachements. Um jenenAufgaben dienöthigenUnterlagen zu geben,
ist einerseits bei der Darstellung der Thatsachen vielfach auf
Einzelheiten eingegangen uud andererseits sind zahlreiche Befehle
wörtlich wiedergegeben worden, ohne an dieselben immer einen
kritischenMassstab anzulegen: ein solcher würde beiAnordnungen,
die, häufig in grosser Eile oder im Drange des Gefechts ertheilt,
in materieller oder formeller Hinsicht anfechtbar sind, leicht ver-
letzend wirken, während er für denLehrer ohnehin entbehrlich ist.
Wo allerdings die Beurtheilung eines Befehls für die Klarstellung
der aus demselben entsprungenen, auf den Gang der Ereignisse
einflussreichen Folgen erforderlich war, ist mit einer solchen nicht
zurückgehalten, immeraber versucht worden, sich nach Möglichkeit
in den Gedankengang des Befehlsgebers zu versetzen.
Wie schon bemerkt, liegt der Darstellung, in so weit es die
Verbältnisse auf deutscher Seite angeht, das Akten-Material des
Kriegs-Archivs des preussischenGeneralstabs zuGrunde, auch wenn
nicht besonders darauf verwiesen worden ist; dagegen hat es der
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Verfasser nicht unterlassen, sobald er anderen Quellen gefolgt ist,
sie in den Fussnoten anzugeben. Bei vollständig sich wider-
sprechendenAngaben hater es vorgezogen, beideSeiten anzuführen,
um dadurch vielleicht die Bestätigung der einen hervorzurufen, an-
statt zu versuchen, eine Mittellinie zu ziehen, weil dadurch eine
dritte Angabe geschaffen und die Zahl derUngewissheiton um eine
neue vermehrt worden wäre.
Der Verfasser hat es möglichst zu vermeiden gesucht, in
seiner Darstellung entbehrliche Fremdwörter zu verwenden.
Wenn er auch mitGeuugthuung begrüsst, dass die neueren Dienst-
vorschriften des deutschen Heeres denselben Weg waudeln, so ist
er doch der Ansicht, dass darin noch mehr geschehen könnte,
ohne der Deutlichkeit Eintrag zu thun. Er vermag z. B. nicht
einzusehen, warum die Felddienst-Ordnung noch immer an den
alten Bezeichnungen „Avantgarde" und „Arrieregarde" festhält,
anstatt „Vorhut" und „Nachhut" zu gebrauchen,Ausdrücke, welche
in abweichenderBedeutung bei ihrnichtvoikommen. Ausserdiesen
Bezeichnungen wählt der Verfasser „Streife" für „Patrouille",
„Seite" für „Flanke", „Haupttheil"—oder„Hauptmasse" für „Gros",
„Rückhalt" für „Reserve" u. a. m.
Bei dieserGelegenheit kannes der Verfasseruichtunterlassen,
allen denjenigen, welche ihm mündlich oder schriftlich mit Auf-
kläru—ngen und Mittheilungen bei seiner Arbeit förderlich gewesen
sind, vorzugsweisedem bisherigenRegimente-Kommandeur,Herrn
—
Oberst z. D. Janke für ihrEntgegenkommen und die dabei ver-
wendete Mühe seiuen wärmsten Dauk auszusprechen! In erster
Linie aber gebührt dieser der dem Verfasser zu Tbeil gewordenen
Genehmigung zur Benutzung des Kriegs-Archivs des Grossen
Generalstabes
Berlin, im November 1897.
Der Verfasser.
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IX
Quellen.
—
Adamistre, G—. Le pont de Fontenoy. Paris, 1890.
E. Dnbois. A—.1)
Ambert, göndral. Gaulois et Ge—rmains. La Loire et PEst.
Paris, 1885. Bloud et Barrai. Amb.
Baudach, Hauptmann.—Das8.PommerscheInfanterie-Regiment
No. 61 se—it seiner Entstehung bis Ende 1873. Berlin, 1878.
A. Bath. Bau. AlsKompaguiechefTheilnehmer amFeld-
zuge 1870/71 behandelt der Verfasser die Geschichte seines
Regiments in weniger ausführlicher Weise als Henniog, lüsst
aberdieVorzügepersönlicherAnschauungundursprünglicherer
Auffassung der Verhältnisse wiederholt hervortreten.
—
Beghelli, G. — La camicia rossa in Francia. Torino, 1871.
G. Civelli. Be. Als Journalist undgaribaldinischer Frei-
willigerverherrlicht er in feuilletonistischerWeise dieThaten
der Rothhemden einseitig, fast ohne Rücksicht auf die mit-
und nebenkfimpfenden französischen Truppentheile; für die
Darstellung der Gefechte lässt sich Manches bei gehöriger
Prüfung verwerthen.
Bordone, ge'ne'ral. — Garibaldi et l'arme'e des Vosges. Röcit
officielde lacampagne. Paris, 1871. Lacroix, Verboeckhoven
& Cpie. - Bo. Bordones sämmtliche Schriften sind in
erster Linie Streitschriften, dem Charakter des Verfassers
entsprechend; von allen Seiten aufs Heftigste angegriffen,
redet er überall pro domo. Da er es nicht unterlässt, die
zahlreichen dienstlichen Quellen, oft unter Weglassung des
Datums, so zu gruppiren, wie es seinem Vortheil am besten
entspricht, so ist bei seiner Benu—tzuog mit grösster—Vorsicht
zu verfahren trotz der offiziellen garibaldinischen Fahne.
Bordone. L' armde des Vosges et la—Commission d'euquöte.
Paris, 1875. Armand le Chevalier. Bo. CdE.
Bordone. L'arme'e des Vosges et la C—ommission dos marchis.
Paris, 1873. Armand le Chevalier. Bo. M.
J) Die amSchluss der einzelnenQuellen stehendenBuchstaben sind
die indenFassnoten des Textes gebrauchten Abkürzungen.
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X
—
Bourgogne. La pendant la guerre ete. d'apres la g—azette
officielledeCarlsruhe. Dijon 1875. Maniere-Loquio. B.
ZusammenstellungvonbadischenKriegsberichten,Briefenu.s.w.
Canonge, Fr., commandant. Histoire militaire contemporaine
1854-71. Paris, 1882. G. Charpentier.
Cavaniol, H. L'invasion de 1870—1—871 dans laHaute-Marne.
Chaumont, 1873. C. Cavauiol. Cav. Bringt über die
Vorgänge im Gebiet des Departements manche werthvolle
Einzelheiten.
—
Chuquet, Arthur—. La guerre 1870 1871. Paris, 1895.
Leon Chailley. Ch. Derjenige französische Kriegsschrift-
steller, welcher sich nach jeder Richtung hin, neben Lehaut-
court, am meisten der Unparte—ilichkeit befleissigt.
Coynart, lieutenant-colonel de .—La guerre ä Dijon 1870—
1871. Paris, 1873. J. Dumaine. C.EinewichtigeQuelle,die
sich gegen Freund und Feind bemüht, objektiv zu urtheilen,
nur nicht gegen Garibaldi, den er, gleich der Mehrzahl der
französischen Offiziere, nicht fürvoll ansieht, ebensowenig wie
die anderen Hilfs-Offiziere, Bordone, Cremer u. s. w.
Cremer, general. Ses Operations militaires en 1870—1871 par
un officier d'6—tat. (Col. Poullet, siehe diesen.) Paris, 1871.
E. Lachaud.. Cr.
Cremer et Poullet. La campague de l'Est et l'ar—mee de
Bourbaki.Paris. Librairiedescelebritescontemporaines. OP.
Dormoy, P. A. Souvenirs d'avant-garde. Vol. II—I. Le 26 No-
eerabre. Paris 1889. L. Sauvaitre. D. III. Vol. V. Le
drapeau. Paris 1888. L. Sauvaitre. ü. V. Dormoy, Professor
an der Schule Colbert, hatte als Lieutenant bei den Francs-
tireurs reunis unter Lt.-col. Loste den Feldzng mitgemacht;
ausseinenfeuilletonistischflüchtig,aberfesselndgeschriebenen,
aus derLiteratur ergänzten „Souvenirs" hat erdas hiernächst
aufgeführte Buch zusammengestellt, welches sichden Anstrich
eines Gescbichtswerks giebt, ein solches aber wegen des un-
glaublichenMangels an Unparteilichkeit undanPrüfungseiner
geschichtlichen Angaben durchaus nicht ist. Als glühender
Republikaner, Deutschenhasser, tischt er alle langst wider-
legten Schauergeschichten mit Vorliebe als wahr wieder auf.
Obgleich selbst unter Garibaldis Kommando und als sein
warmerVerehrerdieThatenderVogesen-Armeeverherrlichend,
bleibtErstererdochnichtimmervonVerdächtigungenverschont.
Mit äusserster Vorsicht und Prüfung zu benutzen
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