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FORSCH U N GS BE RIC HTE
DES LANDES NORDRHEIN-WESTFALEN
Herausgegeben durch das Kultusministerium
Nr. 748
Prof. Dr. phil. not. habil. Hans-Ernst Schwiete
Dr.-Ing. Harald Knoblauch
Dr. rer. not. Günther Ziegler
Institut für Gesteinshüttenkunde der Technischen Hochschule Aachen
Die Hydratation der Verbindungen 3 CaO.Si02
ß-
und 2 CaO.Si02
Als Manuskript gedruckt
WESTDEUTSCHER VERLAG / KOLN UND OPLADEN
1959
ISBN 978-3-663-03446-9 ISBN 978-3-663-04635-6 (eBook)
DOI 10.1007/978-3-663-04635-6
G 1 i e d e run g
1 • Einleitung · · · · · · · · · · · · · · · · S. 5
2. Definition und Meßmethoden · · · · · · · · · · · · S. 6
2.1 Einteilung des Wassers in erhärteten Pasten · · · · · S. 6
2.2 Analysenverfahren zur Bestimmung des freien
Ca(OH)2 · · · · · · · · · · · · · · · · · · · S. 8
2.21 Das chemische Analysenverfahren zur Bestimmung
des freien Ca(OH)2 · · · · · · · · · · · · • S. 8
2.22 Das thermische Analysenverfahren zur Bestimmung
des freien Ca(OH)2 · · · · · · · · · · · · S. 8
3. Das System CaO - Si02 - H20 · · · · · · · · · · S. 10
3.1 Phasengleichgewichte im System CaO Si02 - H20 S. 10
4. Darstellung und Struktur der Ausgangsprodukte C3S und
ß -C2S für die Hydration · · · · · · · · · · · S. 16
4.1 Darstellung des C3S · · · · · · · · · · · · · • S. 16
4.2 Darstellung des ß -C2S · · · · · • S. 11
4.3 Die Struktur des C3S · · · · · · · · S. 17
4.4 Vergleich der Strukturen der C2S-Modifikationen S. 17
4.5 Prüfung der mineralogischen Reinheit der Substanzen S. 20
4.51 DDK-Untersuchungen · · · · · · · · S. 21
5. Die experimentelle Erfassung des Reaktionsablaufes in den
Systemen 3 CaO · Si02 - H20 und ß -2 CaO · Si02 - H20 S. 23
5.1 Die Bestimmung des der hydratisierten
Wass~rgehaltes
.
Proben · · · · · · · · · · · · · · · · · · · S. 23
5.2 Die Bestimmung des CaO-Gehaltes der hydratisierten
.
Proben · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · S. 28
5.3 Die Aufstellung der chemischen Reaktionsgleichungen s. 29
6. Die HYdratationswärme des C3S und des ß -C2S · · · · · · · S. 34
6.1 Ermittlung der Lösungswärme der einzelnen Reaktions-
partner · · · · · · · · · · · • · · · · · · · · S. 37
6.2 Vergleich der Wärme tönungen der Ca-Si-Hydrate
und des Ca(OH)2 · · · · · · · · · · · · · · · · · · · S. 40
Seite 3
7. Die Berechnung der Reaktionsgeschwindigkeitskonstanten
und der Aktivierungsenergie für die Hydratation des
. . . . . . .
C3S und des ß-C2S · · · · · · · · s. 44
7.1 Die mathematische Beschreibung der Hydratations-
reaktionen des C3S und ß-C2S · · · · · · · · s. 46
7.2 Diskussion der Geschwindigkeitsgleichungen · · · s. 51
•
. . . . . . . . . .
8. Zusammenfassung · · · · · · · s. 53
9. Literaturverzeichnis · · · · · · · · · · s. 55
Seite 4
1. Einleitung
Die Erforschung der hydraulischen Eigenschaften des Portlandzementes
hat erst in den letzten Jahrzehnten größere Bedeutung erlangt. Sie ist
überaus wichtig für die Beurteilung eines zu verwendendep Zementes,
besonders bei der Herstellung von Massebauten. Sie soll die Grundlagen
legen für eine mathematische Erfassung aller bei der Hydratation auf
tretenden Faktoren.
Erschwerend wirken dabei jedoch folgende Umstände:
1. Zement ist ein Gemisch aus mehreren Calciumsilikaten, - Aluminaten
und -Ferriten. Die Hydratation jeder dieser Verbindungen verläuft
verschieden rasch und vollständig, wobei die gegenseitige Beein
flussung eine Erfassung von Einzelfaktoren stark erschwert.
2. Die bei der Hydratation ablaufenden chemischen Vorgänge werden über
lagert von physikalischen Veränderungen infulge der Abscheidung von
submikroskopischen Hydratationsprodukten, die sich den herkömmli
chen Untersuchungsmethoden entziehen.
Hieraus folgt, daß einerseits besondere Anforderungen an die experi
mentellen Untersuchungsmethoden über die Hydratation gestellt sind, an
dererseits erscheint eine eingehende Untersuchung der einzelnen Teil
systeme reines Klinkermineral-Wasser sinnvoller. Die Untersuchungser
gebnisse sind dann der Ausgangspunkt für eine Erfassung des komplexen
Syst.emes Zement-Wasser.
%
Portlandzement besteht zu 75 und teilweise sogar mehr aus den Calcium
silikaten 3CaO • Si02 und ß-2CaO . Si02. Deshalb soll in der vorlie
genden Arbeit die Hydratation dieser Klinkerminerale untersucht werden.
Durch Anwendung mehrerer Meßmethoden, die sich zum Teil ergänzen und
durch Vergleich mit kritisch beleuchteten Ergebnissen anderer Autoren
wird die Zuverlässigkeit der Resultate kontrolliert. Neben der Reinheit
der untersuchten Substanzen wurde besonders auf die über längere Zeiten
hin konstanten und leicht reproduzierbaren Versuchsbedingungen geachtet.
Eine wesentliche Grundlage bildeten die im Institut für Gesteinshütten
kunde der Technischen Hochschule Aachen neuerrichteten bzw. weiter
entwickelten Apparaturen.
In der vorliegenden Arbeit sollen die allgemein üblichen Abkürzungen
in der Zementchemie verwendet werden, so daß z.B. C = CaO, S = Si02,
H = H20 bedeuten soll. Die Verbindung 3 CaO • Si02 lautet abgekürzt
Sei te 5
C3S, das gleiche gilt für ß-C2S statt ß-2CaO . Si02 und C2SH statt
2CaO • Si0 . H 0.
2 2
2. Definition und Meßmethoden
2.1 Einteilung des Wassers in erhärteten Pasten
POWERS und BROWNYARD [1J geben eine klare Einteilung der Wasserbindung
in erhärteten Zementpasten. Sie unterscheiden:
1. Konstitutionswasser; darunter zu verstehen ist Kristallwasser oder
anderweitig chemisch gebundenes Wasser, also Wasser, das als Teil
der Struktur anzusehen ist.
2a.Wasser gebunden durch Oberflächenkräfte oder adsorbiertes Wasser
und
2b.Kapillarwasser.
Diese Einteilung ist von geringer praktischer Bedeutung, da beim Trock
nen das unter 2a. und 2b. genannte Wasser gleichzeitig ausgetrieben
werden kann. Die vollständige Entfernung von 2a. und 2b. bedingt auch
einen teilweisen Verlust des unter 1. genannten Wassers, da der Disso
ziationsdruck der Hydratationsprodukte gleich oder größer ist als der
H 0-Partialdruck des adsorbierten und Kapillarwassers.
2
POWERS und BROWNYARD [1] trockneten ihre Proben über Mg(CI04)2 bei nor
maler Temperatur. Das zurückbleibende Wasser bezeichneten sie als
"nichtevaporables Wasser", während das in den gesättigten Proben noch
vorhandene restliche Wasser von ihnen "evaporables Wasser" genannt wird.
Wir wollen uns auch an diese Definition halten.
Die vollständige Trennung des Konstitutionswassers von den unter
Ziffer 2 genannten Wasserarten läßt sich für die Zementpasten nicht er
reichen. In einem Idealfall müßten sich nämlich der Dissoziationsdruck
der Verbindung und der Dampfdruck des physikalisch gebundenen Wassers
deutlich voneinander unterscheiden, und zwar müßte letzterer größer
sein. Dann könnte bei einem äußeren Dampfdruck, der zwischen den beiden
genannten Dampfdrucken eingehalten würde, das adsorbierte und Kapillar
wasser vollständig entweichen, während der Dissoziationsdruck der Hy
dratationsverbindung zu niedrig bliebe, um deren Zersetzung hervorzu
rufen. Praktisch sind beide jedoch von gleicher Größenordnung, wie an
einigen Beispielen gezeigt werden wird. Wir bewahrten eine Probe von
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reinem, feingefälltem Oa(OH)2 über 40 Std. im Trockenschrank bei 105°0,
%
nach dieser Zeit hatte das Ca(OH)2 rd. 85 seines chemisch gebundenen
Wassers verloren. POWERS und BROWNYARD [1] konnten zeigen, wie groß die
Unterschiede in der Bestimmung des sog. chemisch gebundenen Wassers bei
geringen Differenzen der Wasserdampfdrucke sind. Die Trocknung über
Mg(Cl04)2 läßt sich mit derjenigen im Trockenschrank bei 105°0 verglei
chen; der Wasserdampfdruck beträgt in beiden Fällen etwa 6 x 10-4mm Hg.
Wurden jedoch die über Mg(Cl04)2 getrockneten Proben im Trockenschrank
%
nachgetrocknet, so verloren sie dabei nochmals 10 bis 13 ihres Wasser
gehaltes.
TAYLOR [2] vermochte für seine Calciumsilikathydrate CSH (I) und CSH (11)
an Hand von Isothermen zu zeigen, daß sich von Proben mit dem gleichen
CIS-Verhältnis über 1 Molekül H20 bei Veränderung des Wasserdampfdruckes
entfernen ließ. Der steile Abfall der Dehydratationsisotherme bei
4
10- mm Hg macht die Ergebnisse von POWERS und BROWNYARD [1] noch ver
ständlicher (s. Abb. 1).
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A b b i 1 dun g 1
Dehydratations- und Rehydratationsisotherme der Hydrate
CSH (I) und CSH (11) nach TAYLOR
I 11
• 0 Dehydr. Isotherme H2O:Si02 2,07
•
-0 Rehydr. Isotherme H2O:Si02 1 ,15
• Rehydr. Isotherme
l!J
Anf. H20:Si02-Verhältnis der Probe
Die Wasserbestimmung unserer Proben im Trockenschrank bei 105°C ergab
%.
eine mittlere Fehlergrenze von etwa 5 Neben den bereits genannten
Fehlerquellen spielt auch die teilweise Aufnahme von CO eine Rolle.
2
Sei te 7
Für die quantitative Untersuchung der Hydratation sahen wir die Wasser
werte nur als Richtwerte an.
2.2 Analysenverfahren zur Bestimmung des freien Ca(OH)2_
Unsere Untersuchungen über die Hydratationsgeschwindigkeit des C3S und
ß
-C S verlangten ein Analysenverfahren, dessen Zuverlässigkeit und
2
Genauigkeit erprobt war. Eine quantit.ative röntgenographische Bestimmung
des freien Ca(OH)2 war infolge der starken Unter3rundadsorption der Gel
phase, namentlich im Bereiche von Ö = 10 bis 40 nicht möglich.
Es wurden daher die nachfolgend beschriebenen zwei Untersuchungsmet.ho
den gewählt, die den genannten Vorausset.zungen am ehesten zu entsprechen
schienen. Die Übereinstimmung der nach beiden Verfahren erhaltenen Meß
ergebnisse war zufriedenstellend.
2.21 Das chemische Analysenverfahren zur Bestimmung des freien Ca(OH)2_
Wir wendet.en das von PRESSLER, BRUNAUER und KANTRO [3J vorgeschlagenen
Analysenverfahren an, bei dem ca. 0,5 g Substanz in einem Acetessig
ester-Isobutylalkoholgemisch im Verhält.nis 3 : 20 am Rückflußkühler ge
kocht wird. Der Rückflußkühler wird mit einem Trockenr8hr, gefüllt mit
Natronkalk und Blaugel, verschlossen, um das Eindringen von CO2 und H20
zu vermeiden. Nach ca. 2 1/2-stündiger Extraktion wird der Kolbeninhalt
rasch durch eine Glasfritte filtriert und mit ca. 20 ml Isobut.ylalko
hol nachgewaschen. Zur Titration des Ca wird das Filtrat mit Thymolblau
(Thymolsulfopht.alein) alS Indikat.or versetzt und mit einer 0,2 n Über
chlorstiure bis zum Farbumschlag t.itriert..
Eine einm31ige Extraktion von ca. 2 1/2 Std, genügte, um das freie
Ca(OH)? quantitativ zu lösen, wie die Zählrohr-Analyse des Filterrück
standes ergab. Die Interferenzen des Ca(OH)2 fehlt~n vollständig.
2.22 Das thermische Analysenverfahren zur BestimmJng des freien Ca(OH)2_
ZJr Untersuchung der hydratisierten Proben auf die Reaktionen bei höhe
ren Temperaturen stand uns das im Instit.ut. für Gest.einshüttenkunde er
st.ellte dynamische Differenzkalorimeter (DDK) zur Verfügung, wie es von
SCHWIETE und ZIEGLER [4J beschrieben worden ist. Die Aut.oren zeigten,
daß diese ~·1ethode ausschließlich auf Wärmetönungen und in geringem Maße
auf Änderungen der spezifischen Wärme anspricht. Veränderungen der
Packungsdichte und der Wärmeleitzahl sowie der Wärmeübergangsverhält.
nisse zwischen Substanz und Meßkopf, wie sie bei der sonst üblichen
Sei te 8
Anordnung der DTA eine Rolle spielen, DEEG [5], werden dagegen bei hin
reichend geringer Aufheizgeschwindigkeit nicht registriert. Dadurch ist
es möglich, die beobachteten Wärmetönungseffekte quantitativ auszuwerten.
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~f-50
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A b b i 1 dun g 2
Dynamisches Differenzkalorimeter Maßstab 1:1
Die Abbildung 2 zeigt die Versuchsanordnung, die aus einem auf einem
Specksteinsockel (4) ruhenden Nickelblock (3a) besteht, der in drei
Bohrungen mit A1203-Röhrchen isolierte Thermoelemente trägt (1) und (6).
Für die beiden äußeren herausragenden Thermoelemente werden Pt/PtRh
Thermuelemente verwendet, während das mittlere A1203-Rohr ein Ni/NiCr
Thermoelement enthält. Auf den Schweißperlen (3) der beiden äußeren
Thermoelemente sitzen zwei Pt-TieGel auf (2) und (2a); diese Anordnung
gewährleistet eine direkte und alleinige Wärme-Übertragung Probe-Thermo
element. Eine Nickelkappe (5a) wird über die Probenbecher gesetzt, wo
durch eine gleichmäßige Aufheizung durch den aufgesetzten Muffelofen
(7a) erzielt wird. Während ein Probenbecher eine inerte Substanz, MgO,
enthält, wird der andere Probenbecher mit der Versuchsprobe gefüllt.
Das mittlere Ni/NiCr-Thermoelement dient zur Temperaturregelung des
Ofens, den ein Komptronregler mit konstanter Aufheizgeschwindigkeit von
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100C pro Minute aufheizt. Die Temperatur der Versuchsprobe wird von des
sen Thermoelement abgegriffen und von einem 6-Punktschreiber, System
Honeywell-Brown, registriert.
Während des Aufheizens auftretende Reaktionsenthalpien der Versuchsprobe
verursachen zwischen den beiden entgegengesetzt geschalteten Thermo
elementen Spannungsunterschiede, die über einen lichtelektrischen Ver
stärker dem 6-Punktschreiber mitgeteilt werden, der diese Enthalpien
als Peaks aufzeichnet (Abb. 3).
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L,V
~~~b"
A T
A b b i I dun g 3
Prinzipschaltskizze der DDK-Apparatur
Zur Auswertung dieser Peaks verbindet man die Grundlinie durch eine
Gerade. Die dadurch gewonnene Fläche kann man nun ausplanimetrieren.
Durch Multiplikation dieser Fläche mit dem Eichfaktor erhält man direkt
die auf die Einwaage bezogene Reaktionsenthalpie. Die Eichung der Appa
ratur erfolgt durch Messung bekannter Umwandlungs- und Zersetzungswär
men verschiedener anorganischer Substanzen.
Ein Vergleich der erhaltenen CaO-Werte mit der DDK-Methode und nach
FRANKE ergab eine zufriedenstellende Übereinstimmung.
3. Das System GaO - Si02~2~
3.1 Phasengleichgewichte im System GaO - Si02~2Q
ß
Wenn die Calciumsilikate im Zement, G3S und -G2S, unabhängig von den
anderen Bestandteilen reagieren, so erhebt sich die Frage, welche Reak
tionsprodukte dann erwartet werden können. Sie läßt sich dadurch klären,
daß man die Reaktionen der Galciumsilikate selbst studiert oder das
System GaO - Si02 - H20 untersucht. Im letzteren Falle verwendet man
ein Ausgangsmaterial, das nur diese Oxyde entstehen läßt. Nach Einstellung
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