Table Of ContentDie Genese
der metamorphen Gesteine
Helmut G. F. Winkler
Zweite, erweiterte Auflage
Mit 53 Abbildungen
Springer-Verlag Berlin Heidelberg GmbH 1967
Professor Dr. HELMUT G. F. WINKLER
Mineralogisch-Petrologisches Institut der Universität Göttingen
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© by Springer-Verlag Berlin Heidelberg 1967. Library of Congress Catalog Card Number 67-20590.
Ursprünglich erschienen bei Springer-Verlag Berlin Heidelberg New York 1967
ISBN 978-3-662-27542-9 ISBN 978-3-662-29029-3 (eBook)
DOI 10.1007/978-3-662-29029-3
Umschlagentwurf: A. Choudhuri
Titel-Nr. 1281
Vorwort zur zweiten Auflage
Es ist fUr einen Autor eine Freude, wenn er bereits ein Jahr nach Er
scheinen der ersten Auflage yom Verlag die Nachricht erhalt, daB eine
zweite Auflage in Kurze notwendig wird. Ich habe gerne die Gelegenheit
ergriffen, den Text der ersten Auflage vollstandig zu uberarbeiten, urn
einige Fehler zu verbessern und die neuesten Ergebnisse zu beriicksichtigen.
Zwischen dem AbschluB des Manuskriptes der ersten und der zweiten Auf
lage liegen genau zwei Jahre. In dieser kurzen Zeit haben petrographische
Gelandearbeiten und experimentelle Laborarbeiten viele neue Ergebnisse
geliefert, die im unverandert gebliebenen Rahmen dieses Buches zu beriick
sichtigen waren. Es ist hochst erfreulich festzustellen, daB jene beiden ver
schiedenartigen Arbeitsrichtungen sehr aktiv sind, sich gegenseitig anregen
und sich erganzen.
Wesentliche Anderungen und Erweiterungen sind vor allem in den
Kapiteln 4, 5, 6, 11, 12, 14, 15 und 16 vorgenommen worden; nur das
erste und das letzte Kapitel konnten fast unverandert bleiben. Einige wenige
Anderungen gegenuber der ersten deutschen Auflage sind in der sp1iter
erschienenen amerikanischen und in der franzosischen Auflage bereits ange
bracht worden, aber die hier vorliegende zweite deutsche Auflage stellt eine
Uberarbeitung des ganzen Buches dar. Das AusmaB der betrachtlichen
Erweiterung gegeniiber der ersten Auflage spiegelt sich infolge des geanderten
Druckverfahrens nicht in der Seitenzahl wider.
Mein herzlicher Dank gilt Herrn Dr. W. JOHANNES und Herrn Dr.
P. METZ fur das Lesen der Korrektur und Frau Dr. PAULA SCHNEIDERHOHN
fur die muhevolle Arbeit der Zusammenstellung des Sachverzeichnisses.
AuBerdem bin ich einigen Kollegen sehr dankbar fur Anregungen, die ich
aus Buchbesprechungen, personlichen Briefen oder Diskussionen erhalten
habe. Der Deutschen Forschungsgemeinschaft und meinen jungen Mitarbei
tern gilt wiederum mein besonderer Dank, denn ohne ihre Hilfe hatten
die meisten der erforderlichen experimentellen Arbeiten nicht durchgefUhrt
werden konnen. Dem Springer-Verlag mochte ich Dank und Anerkennung
aussprechen fur die mustergultige Zusammenarbeit und vor allem dafur,
daB er es auch diesmal ermoglicht hat, das Buch preisgunstig auf den Markt
zu bringen. Damit ist mein Wunsch erfullt worden, daB jeder Student, fur
den das Buch nutzlich ist, es sich auch kaufen kann.
Gottingen, 1. Februar 1967 HELMUT G. F. WINKLER
Vorwort zur ersten Auflage
Seit etwa 15 Jahren hat eine erstaunlime Entwiddung in der Petrologie
eingesetzt; denn von den seit jener Zeit zur Verfiigung stehenden Moglim
keiten, Reaktionen gleimzeitig unter hohen Dru~en und remt hohen Tem
peraturen zu studieren, hat die experimentelle Mineralogie und Petrologie
sofort Gebraum gemamt. Auf diesem Gebiet herrsmt eine sehr rege For
smungstatigkeit mit dem Ziel, die Entstehung der magmatismen und vor
allem der metamorphen Gesteine zu ergriinden.
Erst vor wenigen Jahren sind die bekannten Lehrbiimer von TURNER
und VERHOOGEN (1960) und von BARTH (1962) in 2. Auflage ersmienen, aber
inzwismen liegen auf dem Gebiet der Metamorphose so viele neue experi
mentelle Arbeiten und auch petrographisme Beobachtungen vor, daB es mir
angebramt erscheint, unser jetziges Wissen iiber die Genese der metamorphen
Gesteine darzustellen. Hierbei stehen die mineralogism-memischen Aspekte
im Vordergrund, namlich die Reaktionen, durch welche die Gesteine unter
den Bedingungen innerhalb der Kruste der Erde metamorph umgebildet
worden sind und noch umgebildet werden. »The question of the general
relationship between the minerals and mineral associations, on the one hand,
and temperature and pressure, on the other, is the real core of the study of
metamorphic ro~s" (BARTH, 1962).
Nicht behandelt ist die Gefiigekunde der metamorphen Gesteine, welme
in sim ein gesmlossenes Gebiet ist. Die sehr interessanten zeitlimen Beziehun
gen zwismen Orogenese und Metamorphose konnten leider im Rahmen dieses
Bumes ebenfalls nimt dargestellt werden.
Das vorliegende Buch ist aus meinen Vorlesungen hervorgegangen; moge
es den Studenten der Petrologie, Geologie und Geomemie als Lehrbum die
nen und ihnen Anregungen fiir ihre Arbeiten geben. AuBer der in Praktika
und im Gelande zu erlangenden Vertrautheit mit dem Ersmeinungsbild der
Metamorphite sind fiir das Verstandnis des Textes keine weiteren speziellen
Voraussetzungen notig. Die fortlaufend zitierte Literatur ermoglimt leimt
ein vertieftes Studium und offnet so dem Studenten unmittelbar das Tor zur
modernen Forsmung.
Meinen Mitarbeitern, vor allem Herrn Dozent Dr. H. v. PLATEN, Herrn
Dr. E. ALTHAUS und Herrn Dr. P. METZ mochte ich fiir mannigfame Hilfe
leistungen und fiir die Durmfiihrung einer Anzahl von Experimenten herz
lich danken. Die Deutsme Forsmungsgemeinschaft hat seit vielen Jahren
durch apparative Leihgaben unsere Arbeiten sehr gefordert; ihr gebiihrt mein
v
Vorwort zur ersten Auflage
besonderer Dank. Frau Dr. PAULA SCHNEIDERHOHN, die mir die gro~e Miihe
der Zusammenstellung des Registers bereitwilligst abgenommen hat, bin ich
dankbar verpflichtet. Dem Springer-Verlag danke ich, daB er neue Wege
gegangen ist und es dadurch ermoglicht hat, den Studenten ein preisgiinstiges
Buch anzubieten.
Gottingen, 1. Februar 1965 HELMUT G. F. WINKLER
Inhaltsverzeichnis
1. Definition und Arten der Metamorphose . 1
2. Faktoren der Metamorphose . . . 7
3. Der Begriff der metamorphen Fazies 15
4. Metamorphe Mineralreaktionen carbonatischer Gesteine . 23
4.1. Niedrigtemperierte Reaktionen . . . . 23
4.2. Reaktionen bei h6heren Temperaturen . 29
4.3. Reaktionen bei noch h6heren Temperaturen 41
4.4. Diagnostische Paragenesen . . . . . 44
5. Graphische Darstellung metamorpher Mineralparagenesen 46
5.1. ACF-Diagramme . . . . . . 46
5.2. A'FK-Diagramme . . . . . 50
5.3. Wie verwendet man die ACF- und A'FK-Diagramme? 52
5.4. AFM-Diagramme . . . . . . . 55
6. Hornfelsfazies der Kontaktmetamorphose 62
6.1. Mineralparagenesen der Hornfelsfazies . 62
6.2. Einige Mineralreaktionen bei der Kontaktmetamorphose; P- und
T-Bedingungen . . . . . . . . . . . . . . . 66
6.3. Ausdehnung und fazieller Charakter der Kontaktaureolen 77
7. Regionale Thermo-Dynamometamorphosen 82
7.1. Erscheinungsweisen. . . . . . 82
7.2. Metamorphe Faziesserien. . . . . 86
7.2.1. Faziesserie vom Barrow-Typ . 86
7.2.2. Faziesserie vom Abukuma-Typ 88
8. Faziesserie vom Barrow-Typ. . . 92
8.1. Griinschieferfazies . . . . . 92
8.2. Almandin-Amphibolitfazies des Barrow-Typs 103
9. Faziesserie vom Abukuma-Typ . . . . 114
9.1. Regionalmetamorphe Faziesserie . . 114
9.2. Mineralogische Identitat der regional en Abukuma-Faziesserie mit einer
kontaktmetamorphen Faziesserie 121
10. Intermediare Faziesserien 124
11. Granulitfazies 130
12. Eklogite . . 141
13. Anderung der Zusammensetzung von Mineralen mit steig end em Meta-
morphosegrad . . . . . . . . . . . .. ....... 147
VIII Inhaltsverzeichnis
14. Versenkungsmetamorphosen . . . . . . . . . . . . . 152
14.1. Der Schritt von der Diagenese zur Metamorphose. . . . 152
14.2. a) Zeolithische Fazies = Laumontit-Prehnit-Quarz-Fazies . 153
b) Pumpellyit-Prehnit-Quarz-Fazies . . • • . . . . 153
14.3. a) Lawsonit-Glaukophan-Fazies = Glaukophanschieferfazies 159
b) Lawsonit-Albit-Fazies • . . . . . . . . . . . 159
15. Temperaturen und Drudte bei der Thermo-Dynamometamorphose 172
15.1. Physikalische Bedingungen der Griinschieferfazies . 172
15.2. Physikalische Bedingungen der Amphibolitfazies . . . . 176
15.3. Unterschiedliche Temperatur-Tiefenverteilungen . . . . 186
16. Anatexis, Migmatitbildung und Palingenese granitischer Magmen 190
16.1. Anatexis. . • . . . . . . . . . 192
16.2. Entstehung von Migmatiten . . . . . . . . . 214
16.3. Genese granitischer Magmen durch Anatexis . . . . 218
17. Anhang: Nomenklatur der haufigen metamorphen Gesteine 224
Sachverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . 229
1. Definition uncl Arten cler Metamorphose
Wenn magmatische Gesteine, die bei relativ hohen Temperaturen zwi
schen etwa 650°C und 1200 °C gebildet worden sind, oder Sedimente, die
bei Oberflachentemperatur entstanden sind, in Bereiche der Erdkruste ge
langen, in den en andere Temperaturen und Drucke als bei der Entstehung
der magmatischen bzw. sedimentaren Gesteine herrschen, dann sind viele
Minerale jener Gesteine nicht mehr stabil; sie reagieren vielmehr zu solchen
Mineralparagenesen, die unter den neuen Bedingungen stabil sind. Die Ge
steine werden umgebildet. Man unterteilt den groBen Temperaturbereich, in
dem Gesteinsveranderungen erfolgen konnen - abgesehen von dem Ober
flachenbereich der Verwitterung -, in den sich unmittelbar an die Sedimen
tation anschlieBenden niedrigertemperierten Bereich der diagenetischen Um
bildungen (Diagenese) und den hohertemperierten Bereich der metamorphen
Umbildungen (Metamorphose).
Definition: "Metamorphose ist die mineralogische Veranderung von Ge
steinen unter Beibehaltung des festen Zustandes infolge physikalischer und
chemischer Bedingungen, die auBerhalb des BereichS der Verwitterung und
der Diagenese in der Tiefe der Erde geherrscht haben und die von den
jenigen Bedingungen verschieden sind, bei denen die Gesteine entstanden
sind." Obwohl diese Definition aIle Gesteine umfaBt, werden Salzgesteine
(Evaporite) und Kohlen hier nicht betrachtet, weil deren Metamorphose
bereits bei wesentlich niedrigeren Temperaturen und Drucken erfolgt als
die Metamorphose silikatischer und carbonatischer Gesteine. In den als meta
morph bezeichneten geologischen Gebieten findet man niemals mehr Eva
porite, und kohlige Substanz liegt als Graphit vor.
Man unterscheidet entsprechend dem geologischen Vorkommen lokal
begrenzte von regional ausgedehnten Metamorphosen.
Lokal begrenzt sind die Kontaktmetamorphose und die vollig anders
geartete Dislokationsmetamorphose.
Die Kontaktmetamorphose kommt durch Aufheizung des Nebengesteins
infolge Intrusion groBerer Magmamassen zustande. Wir konnen sie auch
als lokal begrenzte statische Thermometamorphose bezeichnen, bei der sich
eine Aureole metamorpher Gesteine entwickelte. Diese Metamorphite haben
ein dichtes, regelloses, meistens sehr feinkorniges Gefiige und werden Horn
felse genannt. In dem groBen Temperaturgefalle vom heiBesten Kontakt
bereich bis in das unveriinderte Nebengestein konnen mineralogisch Zonen
verschiedener metamorpher Umbildungen unterschieden werden.
1 Winkler, Metamorphe Gesteine, 2. Auf!.
2 Definition und Arten der Metamorphose
Die Dislokationsmetamorphose (cataclastic metamorphism) ist auf Bereiche
von Verwerfungen und Oberschiebungen beschrankt. Es erfolgt ein mechanisches
Zerbrechen und Zermahlen und dadurch eine Anderung des Gesteinsgefuges;
man nennt die so veranderten Gesteine Mylonite. Bei dieser lokal sehr be
grenzten Umbildung ohne Warmezufuhr fanden chemische Reaktionen zwi
schen den Mineralen nicht oder nur untergeordnet statt. Wir werden nicht
weiter darauf eingehen.
Andersgeartete und ebenfalls lokal eng begrenzte Gesteinsumwandlun
gen hat COOMBS (1961) mit Hydrothermal-Metamorphose bezeichnet. Hier
sind heiBe Losungen bzw. Gase durch Klufte gestromt und haben nur im
unmittelbaren Nebengestein Mineralumbildungen verursacht. Auch auf solche
Prozesse werden wir hier nicht weiter eingehen.
Regional ausgedehnt findet man metamorph umgebildete Gesteine in
Arealen von Hunderten bis Tausenden von Quadratkilometern. Man spricht
daher von regionaler Metamorphose. Zwei mineralogisch und genetisch ver
schiedene Arten regionaler Metamorphosen mussen heute unterschieden wer
den; wir wollen sie nennen:
a) regionale Thermo-Dynamometamorphose (Regionalmetamorphose
i. e. S.);
b) regionale Versenkungsmetamorphose.
Die regionale Thermo-Dynamometamorphose steht in einem geographi
schen und sicher auch ursachlichen Zusammenhang mit groBraumiger Gebirgs
bildung. Die Metamorphose erfolgt - wie bei der Kontaktmetamorphose -
durch Zufuhr thermischer Energie, wobei aber sehr ausgedehnte meta
morphe Zonen gebildet werden. Aus der Knderung der jeweiligen Mineral
bestande schlieBt man auf ein kontinuierliches Ansteigen der Temperatur
mit zunehmender urspriinglicher Tiefenlage; dabei sind Werte von etwa
700°C erreicht worden. Es ist also in einem Krustenteil der Erde thermische
Energie von unten zugefuhrt worden; d. h. zur Zeit solcher Metamorphose
und Gebirgsbildung war die Temperatur in den jeweiligen Erdtiefen hoher
als vor und nach solchem Geschehen; der geothermische Gradient, °C/km,
war groBer als zu "normalen" Zeiten. Anders aber als bei der Kontakt
metamorphose, der statischen Thermometamorphose, fand die regionale
Thermo-Dynamometamorphose unter gleichzeitiger orogener Durchbewe
gung statt. Damit solI nicht gesagt werden, daB aIle Mineralbildungen nur
wahrend der orogenen Bewegungsphasen entstanden seien. Detaillierte Un
tersuchungen haben gezeigt, daB das nicht zutrifft, sondern daB auch in der
Zeit zwischen Bewegungsphasen und auch noch postorogen Umkristallisatio
nen erfolgen. Trotzdem zeigen die so entstandenen Metamorphite sehr deut
lich den EinfluB einer Beanspruchung durch gerichteten Druck, denn eine
schieferige Textur ist urn so besser bei ihnen entwickelt, je groBer ihr Anteil
an blattchen- und stabchenformigen Mineralen ist (Chloritschiefer, Glimmer
schiefer etc.).