Table Of ContentElemente der Politik
Werner Reutter
Die deutschen
Länder
Eine Einführung
Elemente der Politik
Reihe herausgegeben von
Hans-Georg Ehrhart, Institut für Friedensforschung und
Sicherheitspolitik, Universität Hamburg, Hamburg, Deutschland
Bernhard Frevel, Verwaltung NRW, Fachhochschule für
öffentliche Verwaltung NRW, Münster, Deutschland
Klaus Schubert, Institut für Politikwissenschaft, Westfälische
Wilhelms-Universität, Münster, Deutschland
Suzanne S. Schüttemeyer, Halle-Wittenberg, Martin-Luther-
Universität Halle-Wittenberg, Halle, Deutschland
Die ELEMENTE DER POLITIK sind eine politikwissenschaft-
liche Lehrbuchreihe. Ausgewiesene Experten und Expertinnen
informieren über wichtige Themen und Grundbegriffe der
Politikwissenschaft und stellen sie auf knappem Raum fundiert
und verständlich dar. Die einzelnen Titel der ELEMENTE dienen
somit Studierenden und Lehrenden der Politikwissenschaft und
benachbarter Fächer als Einführung und erste Orientierung
zum Gebrauch in Seminaren und Vorlesungen, bieten aber auch
politisch Interessierten einen soliden Überblick zum Thema.
Weitere Bände in der Reihe http://www.springer.com/series/12234
Werner Reutter
Die deutschen
Länder
Eine Einführung
Werner Reutter
Institut für Sozialwissenschaften
Humboldt-Universität zu Berlin
Berlin, Deutschland
ISSN 2627-2903 ISSN 2627-2911 (electronic)
Elemente der Politik
ISBN 978-3-658-29813-5 ISBN 978-3-658-29814-2 (eBook)
https://doi.org/10.1007/978-3-658-29814-2
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Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung: die deutschen Länder zwischen
Vielfalt und Einheit ............................ 1
1.1 Zur Einführung in das Thema ................ 1
1.2 Gang der Untersuchung und Ziele der
Darstellung ............................... 4
2 Die Länder: wie sie wurden, was sie sind .......... 9
2.1 Vorgeschichten: die Länder zwischen
Ende und Anfang .......................... 9
2.2 Ländergrenzen: Neugliederung,
Zusammenschlüsse, Beitritte und
deutsche Vereinigung ....................... 21
2.3 Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse,
Unitarismus und Unterschiede: Gesellschaft,
Wirtschaft und Kultur in den Ländern .......... 29
3 Bund und Länder: verfassungsrechtliche
Grundlagen und politikwissenschaftliche
Erklärungsansätze ............................ 37
3.1 Grundgesetz: Länder im deutschen
Bundesstaat .............................. 37
3.2 Landesverfassungen: die politischen
Ordnungen in den Ländern .................. 43
3.3 Länder und Bundesstaat in
politikwissenschaftlichen Theorien ............ 52
V
VI Inhaltsverzeichnis
4 Repräsentative und direkte Demokratie in
den Ländern: Ergänzung oder Widerspruch? ...... 59
4.1 Wahlen und Demokratie in den Ländern ........ 59
4.2 Abstimmungen: direkte Demokratie in
den Ländern .............................. 69
5 Parteien und Parteiensysteme in den Ländern ..... 77
5.1 Zur Stellung von Parteien in den Ländern ....... 77
5.2 Aufgaben von Landesparteien ................ 80
5.3 Parteiensysteme in den Ländern: Strukturen
und Entwicklung .......................... 83
6 Parlamente, Regierungen und
Verfassungsgerichte: Gewaltengliederung
in den Ländern ............................... 93
6.1 Gewaltengliederung in den Ländern ........... 93
6.2 Landesparlamente: die legislative Gewalt ....... 95
6.2.1 Aufbau und Arbeitsweise .............. 95
6.2.2 Aufgaben: „Reden und Handeln“ ....... 99
6.3 Landesregierungen und Landesverwaltungen:
die exekutive Gewalt ....................... 108
6.3.1 Aufbau und Arbeitsweise .............. 108
6.3.2 Aufgaben: Lenken und Leiten .......... 112
6.4 Landesverfassungsgerichte: die judikative
Gewalt .................................. 117
6.4.1 Aufbau und Arbeitsweise .............. 119
6.4.2 Aufgaben: Verfassung und Politik ....... 122
7 Die Länder im Bund und in Europa .............. 125
7.1 Der Bundesrat: die Länderkammer im Bund ..... 125
7.2 Horizontale und vertikale Koordination: die
Länder im Bund und in Europa ............... 135
8 Die Länder und Demokratie im deutschen
Bundesstaat .................................. 139
Kommentierte Literatur ........................... 143
Literaturverzeichnis .............................. 147
Einleitung: die deutschen 1
Länder zwischen Vielfalt
und Einheit
Zusammenfassung
Das Lehrbuch betrachtet den deutschen Bundesstaat aus
der Perspektive der Länder. Im ersten Kapitel wird in das
Thema eingeführt, und es wird der Begriff des Bundesstaates
erläutert. Außerdem wird der Aufbau des Buches vorgestellt.
1.1 Z ur Einführung in das Thema
Glaubt man Umfragen, sind die Länder und ist der Bundesstaat
in Deutschland nicht besonders beliebt. Die B ertelsmann-Stiftung
wollte 2007 von insgesamt 4015 Personen wissen, ob sie die
Länder für verzichtbar hielten, „weil sich der Bund und die
Europäische Union mit den wirklich wichtigen Fragen befassen“
würden. Jede vierte Befragte stimmte dieser Aussage „eher zu“
und hielt die Länder für „überüfl ssig“ oder für „verzichtbar“
(Bertelsmann-Stiftung 2008, S. 16). Außerdem kann sich nur eine
Minderheit der Einwohnerinnen und Einwohner Deutschlands mit
einem Land identizfi ieren. Nur rund 11 % – in anderen Umfragen
waren es 12 bzw. 13 % – gaben an, sich in „erster Linie“ dem
Land zugehörig zu fühlen, in dem der oder die Befragte zum Zeit-
punkt der Umfrage wohnte ( Bertelsmann-Stiftung 2008, S. 13;
Köcher 2012, S. 761; Petersen 2019, S. 124). Europa scheint den
Menschen sogar näher als ihr eigenes Bundesland. Denn in beiden
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Springer Nature 2020
W. Reutter, Die deutschen Länder, Elemente der Politik,
https://doi.org/10.1007/978-3-658-29814-2_1
2 1 Einleitung: die deutschen Länder …
Umfragen fühlten sich 14 bzw. 17 % als Europäer. Der Bundes-
staat scheint also wenig „Strahlkraft“ zu besitzen (Grube 2009,
S. 160; Petersen 2019).
Skepsis gegenüber den Ländern und dem Bundesstaat ist
aber nicht nur Teil der öffentlichen Meinung. Sie ist auch in
der Politikwissenschaft verbreitet. Fritz W. Scharpf, einer der
prolfiiertesten Kenner – und schärfsten Kritiker – des deutschen
Föderalismus, konstatierte 2009 ernüchtert, dass es in der Bundes-
republik Deutschland zwar Föderalismus gebe, aber keine
Föderalisten (Scharpf 2009, S. 117). Damit meinte Scharpf, dass
die Länder sogar die wenigen Zuständigkeiten, die ihnen ver-
blieben seien, kaum in Anspruch nehmen würden. Viel lieber
als Kompetenzen „autonom zu nutzen“ würden die Länder „im
Wege der Selbstkoordination nach bundeseinheitlichen Lösungen“
suchen (Scharpf 2009, S. 117). Der frühere Minister für Wissen-
schaft, Wirtschaft und Verkehr von Schleswig-Holstein Dietrich
Austermann war zehn Jahre später nicht weniger frustriert. Er
forderte sogar: „Schafft die Länder ab, denn so war der Föderalis-
mus nicht gedacht!“ Den Ländern, so Austermann, seien „faktisch
[…] fast alle Teile der materiellen Gesetzgebung entzogen“
worden, es fehle zudem eine „klare Trennung der Finanz- und
Entscheidungskompetenzen zwischen Bund und Ländern“ und
„mehr Mitbestimmung der Parlamente“ (Austermann 2019,
S. 434). Würde es das Grundgesetz in der Ewigkeitsklausel nicht
verbieten, sollten wir uns von Ländern und damit vom Bundes-
staat einfach verabschieden (Austermann 2019, S. 437).
Wissenschaft und öffentliche Meinung scheinen also überein-
zustimmen: Die Gliedstaaten in der Bundesrepublik Deutschland
sind bedeutungslos, weil alles im Bund oder durch die EU ent-
schieden wird (oder werden sollte). Zudem wird der Bundesstaat
als ineffektiv betrachtet, weil Entscheidungen zu lange dauern
und immer nur einen kleinen gemeinsamen Nenner hervor-
bringen. Und Bürgerinnen und Bürgern scheint es offenbar ohne-
hin gleichgültig, ob sie in einem Bundesland leben oder in einem
Einheitsstaat.
1.1 Zur Einführung in das Thema 3
Aber (und dies ist ein großes „Aber“): Die Bürgerinnen und
Bürger sind mit ihren Ländern keineswegs nur unzufrieden. So
waren in der bereits oben zitierten Umfrage des Instituts für
Demoskopie 75 % der Befragten in dem Land geboren, in dem
sie lebten. Und von den 25 %, die in ein anderes Bundesland
gezogen waren, wohnte mehr als die Hälfte schon 25 Jahre oder
länger in der neuen Heimat (Köcher 2012, S. 761). Regionale
Verbundenheit und Heimatgefühl mögen auch die Gründe dafür
sein, dass es bisher nur wenige Versuche gab, der Aufforderung
Austermanns wenigstens teilweise Folge zu leisten und Länder
zusammenzulegen. Seit Bestehen der Bundesrepublik Deutsch-
land waren nur zwei solcher Versuche zu verzeichnen. Der erste
war 1952 erfolgreich und führte zum heute noch bestehenden
Land Baden-Württemberg; der zweite scheiterte daran, dass
1996 die Mehrheit der Brandenburgerinnen und Brandenburger
mit dem hochverschuldeten Stadtstaat Berlin nicht fusionieren
wollte. Länder scheinen also über eine erstaunliche Bestands-
kraft zu verfügen und ihre Einwohnerinnen und Einwohner lange
an sich binden zu können. Hans-Georg Wehling (2006, S. 7)
weist zudem darauf hin, dass für den „Alltag der Menschen“
der Politik in den Ländern eine „zentrale Rolle“ zukomme.
Die Länder seien aufgrund ihrer „inhaltlichen Zuständig-
keiten“ (ebda.) wichtig. Schließlich ist zu erwähnen, dass im
internationalen Vergleich die Bundesrepublik Deutschland als
dezidiert föderal und dezentralisiert eingestuft wird (Lijphart
1999, S. 186–191; Krumm 2015, S. 165).
Ein Gegenstand – zwei Auffassungen. Das sind gute Voraus-
setzungen, um sich näher mit den deutschen Ländern zu
beschäftigen, zumal Bürgerinnen und Bürger – wie etwa die
Bertelsmann-Umfrage (2008) zeigt – nur teilweise die Möglich-
keiten und Grenzen von Landespolitik kennen. Mit dem Lehr-
buch soll diesem Mangel abgeholfen werden. Es soll einen
Einblick geben in und informieren über die deutschen Länder,
ihre Geschichte, ihre verfassungsrechtlichen Grundlagen, ihre
politischen Ordnungen und ihre Beziehungen zum Gesamtstaat
Bundesrepublik Deutschland. Zunächst soll aber der Aufbau des
Lehrbuches erläutert werden.