Table Of ContentRene Liechti
Die Arthrodese des
Hüftgelenkes und ihre
Problematik
Mit einem Geleitwort von M. E. Müller und
B.G.Weber
Mit 266 Abbildungen
Springer-Verlag Berlin Heidelberg GmbH 1974
Dr. med. RENE LIECHTI, Spezialarzt für Chirurgie und Orthopädie,
Orthopädische Universitätsklinik, Inselspital, CH-300S Bern
ISBN978-3-662-06626-3 ISBN978-3-662-06625-6(eBook)
DOI 10.1007/978-3-662-06625-6
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©Springer-VerlagBerlinHeidelberg 1974
UrsprünglicherschienenbeiSpringer-VerlagBerlinHeide1bergNewYork1974.
Softcoverreprintofthehardcover1stedition 1974
Library of Congress Catalog Card Number 73-22576.
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Meinen Eltern
Geleitwort
Bis vor zehn Jahren galt die operative Hiiftversteifung bei der Behandlung
der schmerzhaften einseitig teilversteiften oder stark inkongruenten Hiifte als
Therapie der Wahl. Bei richtiger Indikation und Operationstechnik erzielte
man damit ein standfestes, schmerzfreies Hiiftgelenk, mit dem die meisten
Patienten sehr zufrieden waren.
Heute glaubt nahezu jeder Hiiftpatient und leider auch mancher orthopadi
sche Chirurg, daB Totalprothesen bedenkenlos bei noch verhaltnismaBig
jungen Patienten implantiert werden diirfen. Enttauschungen werden aber
nicht lange auf sich warten lassen, denn Patienten unter fiinfzig Jahren werden
ihre einstweilen schmerzfreien kiinstlichen Hiiftgelenke trotz allen arztlichen
Mahnungen so sehr strapazieren, daB sich schon nach wenigen Jahren manche
einzementierte Gelenkkorper lockem werden. Wohl kann eine Prothese ein
oder gar zweimal ausgewechselt werden, was aber dann?
1m Jahre 1970 wurden in einer Kollektivarbeit der neun groBten orthopadi
schen Kliniken der Schweiz die Ergebnisse der intertrochanteren Osteotomie
in bezug auf Schmerzen, Gehfahigkeit, Beweglichkeit und Arbeitsfahigkeit
kritisch analysiert. Es wurden Richtlinien fUr die Indikationsstellung, Wahl
des Verfahrens und Operationstechnik ausgearbeitet. Eine Kollektivarbeit der
Schweiz. Gesellschaft fUr Orthopadie solI demnachst die Spatergebnisse der
Totalprothese fUr das dritte bis zehnte Jahr nach dem Eingriff zusammenstellen
und nach ahnlichen Kriterien auswerten.
1m Laufe der letzten fUnfzehn Jahre hat sich die Technik der Arthrodese
grundlegend geandert. Wahrend im Jahre 1958 noch niemand geglaubt hatte,
daB eine Hiiftarthrodese ohne Gipsverband fest werden konne, wurden an
verschiedenen Kliniken schon sechs Jahre spater die meisten Hiiftarthrodesen
mit der Doppelplatte oder der Kreuzplatte versorgt und sofort funktionell
nachbehandelt. Eine reprasentative Studie einer groBeren Anzahl dieser neu
zeitlichen Arthrodesen fehlte jedoch bis heute. Daher ist es Herm Dr. LIECHTI
hoch anzurechnen, daB er sich die Zeit genommen hat, alle diesbeziiglichen
Falle der Orthopadischen Klinik St. Gallen zusammenzustellen, zu unter
suchen und auszuwerten. Herr Dr. LIECHTI ist systematisch jedem Fall nach
gegangen und hat so von den 583 Patienten nicht weniger als 525 erreicht und
nachkontrolliert. Das Ergebnis dieser umfassenden Arbeit ist erstaunlich:
Wer hiitte gedacht, daB iiber 90% der Patienten zehn bis zwolf Jahre nach der
Hiiftarthrodese nach wie vor zufrieden waren? Man ist geneigt, die Frage zu
stellen, wie viele Patienten sich nach der gleichen Zeitspanne iiber die Total
prothese, wie sie he ute implantiert wird, ebenso zufrieden auBern werden. Und
vergessen wir nicht, daB nach einer Hiiftversteifung beim Auftreten von Spat
stOrungen an der Wirbelsaule oder den Kniegelenken eine Totalprothese immer
noch eingesetzt werden kann.
Herr Dr. LIECHTI hat aber nicht nur nachkontrolliert und ausgewertet, er hat
auch die dabei angewandten Techniken exakt beschrieben, sowie verschiedene
Verfahren an spannungselastisehen Labormodellen biomechanisch gepriift
und beurteilt. Dadurch konnte er gewisse heutige Vorstellungen korrigieren.
Indikation und Gegenindikation sowie Komplikationen und ihre Behandlung
werden in seiner Arbeit eingehend diskutiert. Der Leser gewinnt daher einen
sehr guten Uberblick iiber die Hiiftgelenksarthrodese. Er erfahrt, daB die
Behandlung der Coxarthrose vielseitig und sehwierig ist und daB daher
unmoglieh mit einem einzigen Verfahren auszukommen 1st, ja daB die Hiift
chirurgen in Anbetracht der VielfaIt der Krankheitsbilder im Hiiftbereich zur
Erreichung einer einwandfreien Arthrodese verschiedene Teehniken beherr
schen miissen.
Herrn Dr. R. LIECHTI, unserem SchUler, gebiihrt unser tiefer Dank dafiir,
daB er dieses Bueh gesehrieben hat, ein Bueh, das sieh an den Hiiftehirurgen
richtet, der - von Verantwortung getragen - seinen Patienten wirklich helfen
will.
M.E.MuLLER
B.G. WEBER
Vorwort
In den letzten 10 Jahren ist die Totalprothese fUr viele - aber nicht fUr alle -
der HUfteingriff schlechthin geworden. Parallel zur zunehmenden Haufigkeit
der Totalprothese war in unserer Klinik eine Abnahme der intertrochanteren
Osteotomien und der HUftarthrodesen zu beobachten. FUr den erfahrenen
Orthopaden und Hiiftchirurgen sind Hiiftprobleme zu mannigfaltig, als daB
sie alle mit einem und demselben Eingriff zu losen waren. So scheint in letzter
Zeit die Hiiftarthrodese erneut Anerkennung zu finden. Diesem Eingriff wird
bei ausgewahlten Fallen wieder der Vorzug gegeben, vielleicht deshalb, weil
gewisse Nachteile und Komplikationen bei den kiinstlichen Hiiftgelenken zu
Bedenken AniaB geben, und der anfangliche Optimismus diesbeziiglich etwas -
wenn auch wenig - nachgelassen hat. Das Risiko einer Infektion oder einer
Lockerung der Totalprothese ist heute noch zu groB, als daB man diesen
Eingriff jiingeren Patienten (unter dem 55 -60. Lebensjahr) mit gutem Ge
wissen empfehlen kann. 1m Gegensatz zur Hiiftarthrodese sind Endergeb
nisse der Totalprothese und der intertrochanteren Osteotomie in den meisten
Fallen nicht mit Sicherheit vorauszusehen. Dem Beweglichkeitsverlust stehen
zwei wichtige Vorteile gegeniiber:
- vollstandige Schmerzfreiheit
- volle Belastungsfahigkeit der arthrodesierten Hiiftc.
Bei der Nachuntersuchung un serer Hiiftarthrodesen von 1961 bis 1971 haben
wir die Entwicklung der operativen Verfahren in un serer Klinik verfolgt. Wir
beobachteten eine Verfeinerung der lndikationsstellung (striktere Auslese der
FaIle). Adaquate und prazise Operationstechniken wurden entwickelt. Auch
haben wir uns eingehend mit der Biomechanik der Hiifte (Wirkung der Hiift
arthrodese in bezug auf Statik und Dynamik des Hiiftgelenkes und der benach
barten Gelenke) befaBt.
MiBerfolge, besonders unvollstandige oder fehlende knocherne Heilung, sind
bei genauer Beachtung der Prinzipien der stabilen Osteosynthese und dank
der Moglichkeit, fUr den Einzelfall eine bestimmte erprobte Operationsme
thode zu verwenden, eine Seltenheit geworden.
Unsere Iljahrige Erfahrung beruht auf 583 Fallen. Wir haben bewuBt die
im Jahre 1972 ausgefiihrten Hiiftarthrodesen in unsere Statistik nicht mitein
bezogen, da fUr diese Falle die Beobachtungszeit zu kurz gewesen ware, und
weil sich un sere Meinung iiber biomechanische und operationstechnische Pro
bleme nicht geandert hat.
Wegen des groBen Krankengutes und zur Vereinfachung haben wir unsere
Hiiftarthrodesen in flinf verschiedene Typen eingereiht. Dabei werden auch
Hille gezeigt, die mit einer heute nur selten gebrauchten, wenn nicht sogar
verlassenen Technik behandelt worden sind. Wir haben uns bemtiht, die Syn
these un serer Erfahrung zu geben. Wir konnten durch un sere Ergebnisse und
Beobachtungen bekannte Ansichten besHitigen oder neue gewinnen. Die bei
uns verwendeten Operationstechniken haben die Probe der Zeit tiberstanden,
d.h. eine klinische Beobachtungszeit tiber 2 bis 10 Jahre.
1m allgemeinen Teil der Monographie werden nach einem kurzen geschicht
lichen Oberblick die Auswirkungen der Htiftarthrodese in bezug auf Biome
chanik des arthrodesierten und der benachbarten Gelenke, die allgemeinen
Indikationen und die Operationstechniken eingehend besprochen. 1m speziellen
Teil werden, nach Auswertung unseres Krankengutes, die Indikationen und
Moglichkeiten der Htiftarthrodese anhand von Beispielen bei Coxarthrose
und primar-chronischen Polyarthritis, bei Htiftdysplasien, bei posttraumatischen
Zustanden, bei Coxitiden, bei Femurkopfnekrosen, bei Girdlestone-Htiften
und ahnlichen Zustanden angegeben.
Bei beidseitigem Htiftleiden wird die Kombination Htiftarthrodese-Totalpro
these und die Moglichkeit, bei MiBerfolg das eine Operationsverfahren durch
das andere zu ersetzen, besprochen.
Der Vermeidung, Erkennung und Behandlung allfalliger Komplikationen nach
Htiftarthrodesen wurde besondere Beachtung geschenkt.
Absicht dieser Arbeit ist es nicht, einen vollstandigen Oberblick tiber die Htift
chirurgie zu geben, sondem durch Verwertung unseres Krankengutes und
genaue Einzelanalyse sowohl der guten wie auch der schlechten Ergebnisse,
der Htiftarthrodese den Platz, den sie immer noch verdient, wieder einzuraumen.
Dem damaligen Leiter der St. Galler Klinik, Professor Dr. M. E. MULLER,
und dem jetzigen, PD Dr. B. G. WEBER, bin ich zu besonderem Dank ver
pflichtet.
Mein Interesse flir Biomechanik und besonders flir Htiftchirurgie wurde von
meinem ehemaligen Chef, Professor MULLER, geweckt. Seine Kenntnisse auf
diesen Gebieten und seine Dynamik haben mich immer wieder beeindruckt.
Ohne die stetige Untersttitzung, Aufmunterung und Beratung meines jetzigen
Chefs, PD Dr. WEBER, ware diese Arbeit nicht zustande gekommen. Seine Er
fahrungen, Anregungen und wertvollen Hinweise waren flir mich eine groBe
Hilfe. Mein Dank gilt ebenfalls meinem Freund und Kollegen Dr. med. O.
CECH, des sen kameradschaftliche und sachkundige Ratschlage mir von groBer
Hilfe waren.
Herr Professor Dr. W. HESS, Ztirich, hat sich liebenswtirdigerweise bereit er
klart, das Manuskript durchzulesen und Korrekturen anzubringen.
Die Firma Saurer AG, Arbon, hat mir in groBztigiger Weise die Moglichkeit
gegeben, in ihrem Forschungslabor die spannungsoptischen Versuche durch
zuftihren.
Die speziellen AO-Platten flir diese Experimente wurden von Herm MATHYS,
Bettlach, angefertigt und zur Verftigung gestellt.
Mein weiterer Dank gehort all denen, die die Herausgabe dieses Buches er
moglicht haben, im besonderen Frau E. WILD, die die miihsame Sekretariats
arbeit mit Geduld bewaltigte und Fraulein V. JORG, die mit Begeisterung und
Verstandnis die Abschrift des Manuskriptes besorgte. Unseren Fotografinnen
Frau M. SCHAFFNER und Fraulein D. CLERICI verdanken wir die hervorragende
Qualitat der Kopien der Rontgenaufnahmen. Alle Zeichnungen wurden von
Fraulein K. SCHUMACHER mit kiinstlerischem Geschick ausgefiihrt; sie ver
stand es, mit Einfiihlungsgabe und Talent, meine Wiinsche zu erfiillen.
SchlieBlich mochte ich dem Springer-Verlag Heidelberg fiir die einwandfreie
Ausstattung und Drucklegung dieses Buches meinen besten Dank aussprechen.
St. Gallen R.LIECHTI