Table Of ContentEINSTELLUNG
ZUR RÖNTGENOLOGIE
EINE UNTERSUCHUNG ÜBER DIE EINFÜGUNG
DER RÖNTGENSTRAHLENANWENDUNG IN
PRAXIS, FORSCHUNG UND UNTERRICHT
VON
PROF. DR. G. HOLZKNECHT
Springer-Verlag Wien GmbH
1927
ALLE RECHTE, INSBESONDERE DAS DER ÜBERSETZUNG
INFREMDE SPRACHEN, VORBEHALTEN
© SPRINGER-VERLAG WIEN 1927
URSPÜNGLISH ERSCHIENEN BEI JULIUS SPRINGER IN VIENNA 1927
ISBN 978-3-7091-4647-7 ISBN 978-3-7091-4798-6 (eBook)
DOI 10.1007/978-3-7091-4798-6
Allen A r z ten, welche mit der Anwendung der
Rontgenstrahlen in Beriihrung kommen,
also a ll en Arzten dargeboten
Vorwort
Es wird den Leser vielleicht iiberraschen, allgemeine Gedanken
iiber die Anwendung der Rontgenstrahlen, deren er sich selbst schon viele
gemacht hat und iiber die er sich im klaren zu sein glaubt, hier in relativ
erheblicher Breite behandelt zu sehen. Es ist aber in Wirklichkeit so,
daB die vermeintliche Klarheit des einzelnen daher riihrt, daB jeder im
wesentlichen nur seine eigene Ansicht kennt und nicht die andersartigen,
zum Tell recht gegensatzlichen Ansichten anderer.
DaB hier groBe Divergenzen bestehen, ist ebenfalls von vornherein
nicht ohneweiters verstandlich. Als der Aut or vor fast 30 J ahren an der
Klinik NoTHNAGELS die ersten iiberraschenden diagnostischen und
bald auch die ersten therapeutischen Ergebnisse wahrnehmen und ihre
groBe Zukunftsbedeutung abschatzen konnte, hat er nicht daran
gezweifelt, daB die medizinische Welt sich des neuen Weges nicht nur
wissenschaftlich im groBten Umfang bemachtigen, sondern ihn in allen
Belangen der praktischen Ausiibung, der Forschung und des Unter
richtes administrativ, institutionell und organisatorisch derartig
pflegen wird, daB sein enormer N utzen bald vollstandig zur Gelt ung
gelangen kann. Und tatsachlich sah es lange so aus, als ob aile fiir die
Erreichung dieses Zieles notwendigen Wege beschritten und unzulang
liche vermieden wiirden. Auch das Tempo dieser Entwicklung erschien
keineswegs gering, wenn man bedenkt, daB personelle und institutionelle
Neuschopfungen im Rahmen eines so groBen vielverzweigten Kom
plexes, wie die Medizin, entsprechende Zeit brauchen. AnlaB dieser
Darstellung ist auch nicht die Verschiedenheit der Meinungen iiber die
Geschwindigkeit der Entwicklung, sondern die seit etwa zehn Jahren
auftauchenden kontroversen Ansichten iiber ihre Richtung, welche Be
achtung verlangen, well sie weit auseinandergehen, ja zum Tell einander
so entgegengesetzt sind, daB, wenn durchgefiihrt, eine die andere aufheben
wiirde, und, da nicht alle richtig sein konnen, die Gefahr besteht, daB
falsche durchgefiihrt und richtige verschiittet und begraben werden, um
nach Iangen verlorenen Zeiten exhumiert und zu neuem Leben erweckt
werden zu miissen. Viele, welche mit der Anwendung der Rontgenstrahlen
in enger Beziehung stehen, haben die groBen und zum Tell bedeutungsvollen
Meinungsdifferenzen seit langem bemerkt. Der Autor der vorliegenden
Darstellung hat schon vor zehn und wieder vor drei Jahren seine Stellung
nahme zu ihnen sowohl in den Hauptlinien als auch in den Einzelheiten
erwogen, aber zur offentlichen Darbietung nicht rei£ befunden. Inzwischen
VI Vorwort
hat das Chaos der Ansichten in allen, auch den wichtigen Fragen zu
genommen und in praktischer Durchfiihrung derselben hat in zahlreichen
Landern auch das entsprechende Wirrsal der Institutionen, der kleineren,
mittleren und groBen, seinen unvermeidlichen Anfang genommen.
Im Folgenden soll dem Urteil der medizinischen Welt eine mog
lichst objektive Sammlung der Ansichten iiber den Gegenstand dargeboten
werden, in welcher natiirlich auch diejenigen des Autors Platz finden
werden.
Trotz der obigen Auseinandersetzung, daB wichtige Interessen der
Medizin auf dem Spiele stehen, wird sich der Leser vielleicht des Ge
dankens nicht erwehren konnen, daB bier etwas Ungewohnliches, viel
leicht Bedenkliches vorliegt; denn er wird sich nicht erinnern konnen,
daB irgend ein Teil der Medizin zum Gegenstande einer solchen selb
standigen Darstellung seines inneren Gefiiges, seiner Beziehung zur
iibrigen Medizin und der verschiedenen Ansichten der medizinischen
Mitwelt iiber beide gemacht worden ist. Allein ein solches Novum liegt
bier nicht vor.
Wann immer die Medizin im Laufe ihrer Entwicklung neue Rich
tungen eingeschlagen hat, welche den Inhalt ihres Gebietes urn ein Be
deutendes erweitert haben, ist die Frage der Bewaltigungsmoglichkeit
des Neuen durch ihre auf der jeweiligen Entwicklungsstufe vorhandenen
personellen und institutionellen Organisationen aufgetaucht. Sie wurde
bald im Sinne einer natiirlichen Zuteilung des Neuen zu alten Gebieten,
bald der selbstandigen Pflege oder der Abtrennung des durch das.
Neue befruchteten und vergroBerten Teiles eines alten Gebietes oder
schlieBlich durch gleichzeitige Beschreitung mehrerer von diesen W egen
geordnet. In keinem dieser Falle wurde leicht und rasch Klarheit iiber
das notwendige V orgehen gewonnen, vielmehr gingen die W ogen der
Meinungsdifferenzen jedesmal hoch. Zahlreiche in unseren Bibliotheken
bewahrte Werke geben Kunde von jeder einzelnen der angedeuteten
Entwicklungsphasen der Medizin. V or mir liegt ein friihes Glied dieser
Reihe, ein Band von mehreren hundert Seiten, betitelt: Die Elemente
der nachsten Zukunft der Medizin, Berlin 1829, in welchem Damarow
(damals noch Privatdozent) hauptsachlich fiir die zusammenhangende
wissenschaftliche Bearbeitung der Psychiatrie, ihre Arbeitsmoglichkeit
und ihre offentliche Anerkennung eintritt.
Wer ihn heute durchfliegt, hat den wunderlichsten Eindruck; sei es,.
daB er die Reihe der ausfiihrlich, sorgfaltig und vollstandig zusammen
getragenen Motivierungen fiir die Bejahung der Hauptfragen, sei es, daB er
die Reihe der Argumente derer liest, welche die aufgestellten Forde
rungen unberechtigt fanden. Bei eingehender Lektiire aber erkennt man
interessanterweise, daB jede vorgebrachte Ansicht damals berechtigt
erscheinen konnte und bemerkt auch, wie haufig heute !angst als richtig
erkannten Ansichten irrige Motive unterlegt wurden, und heute als falsch
abgetanen teilweise an sich richtige Motive zugeordnet wurden, ferner,
daB Motive, welche heute groBte Bedeutung haben, nicht erwahnt wurden,.
endlich das ganzliche Fehlen, der Motive aus dem allerdings schwer
Vorwort VII
behandelbaren Bereiche des Interesses am Bestehenden mit seiner Scheu
vor Opfern, voriibergehenden Unbequemlichkeiten usw. usw. Zu diesen
historischen Wirrnissen1 in der Entwicklung der Medizin hat stets auch
der Umstand beigetragen, daB noch vor dem Auftauchen der endgiiltigen
und bleibenden Losungen der schwebenden Fragen und vielfach im Inter
esse und zum Nutzen ihrer Losung auf Grund von vorlaufigen Auf
fassungen institutionelle und personelle Experimente (Griindung von
Anstalten usw.), welche nach vollzogener Kliirung, obwohl noch neu,
sich aber doch als gegeben, ihrer Beseitigung in den Weg stellten, unter
nommen und daB solcherlei Versuche da und dort gemacht und ander
warts unterlassen wurden, so daB der dadurch entstandene ortlich wech
selnde Eindruck von Fortschritt und Riickstandigkeit geeignet war,
die Verwirrung zu erhOhen. Unprajudizierlich kann auch fiir die vor
liegende kritische Epoche der Medizin gesagt werden, daB schon Ahn
liches vorliegt, weil die verschiedenen, zum Teil gegensatzlichen Ver
suche, die die medizinische Welt heute Z"9-1" Bewaltigung der Rontgen
fragen macht, bereits die Kulturlander in mehrere Lager trennt und
weil auch die verschiedenartigen und teilweise gegensatzlichen institu
tionellen Versuche, welche sich in den gleichen Landern bereits vor
finden, nicht aile richtig sein konnen.
SchlieBlich lehrt die Geschichte auch verstehen, daB es besser ist,
soweit als moglich vorauszudenken, statt gegensatzliche Experimente
in iibergroBer Zahl auszufiihren, weil sonst allzuviele materielle und
personelle Werte vergeudet werden. Die historische Literatur enthalt
natiirlich nicht nur Darstellungen, deren Tendenz sich spater als siegreich
erwies, sondern auch solche, welchen die weitere Entwicklung nicht zu
gestimmt hat, und der Autor will mit obigem Hinweis nichts beweisen, als
daB es sich lohnt, in Zeiten machtiger Erweiterungen der Medizin sorg
faltig zu priifen, was vorliegt und was zu geschehen hat.
Die Quellen der in der vorliegenden Schrift dargebotenen Ansichten
sind nur zum Teil in der Literatur enthalten, weil der Gegenstand bisher
nur wenig der wissenschaftlichen Betrachtungsweise gewiirdigt wurde,
sie entstammen vielmehr der miindlichen Tradition, wie das bei mancher
neuen Sache der Fall ist. Ihre Urvertreter sind daher nicht liickenlos
feststellbar. Sie wurden ganzlich weggelassen, denn sie tun wenig, viel
leicht nichts zur Sache, welche ja keine personliche oder historische,
Ubrigens finden sich in anderen Wissenschaften auch heute ahnliche
1
Situationen, nicht wunderlich bei dem ungeheuren A.ufschwung der wissen
schaftlichen Behandlung aller Bereiche des Lebens liberhaupt. Ich weise nur
auf die der Medizin nahestehenden Gebiete der Biologie mit ihrem in unliber
sehbarer Menge angehauften Tatsachenmaterial hin, flir welche ahnliche
umfangliche Darstellungen die Notwendigkeit einer abstrahierenden Sonder
wissenschaft darzulegen suchen, welche sich als ,allgemeine Biologie" den
Spezialdisziplinen derselben zugleich als ihr Ergebnis und eine ihrer zu
kiinftigen Fortschrittsquellen gegenliberstellen will. Vo llends sind in der
Jurisprudenz und Technik die Erweiterungen ihres Umfanges und die Neu
ordnungen ihres Gefliges sehr haufig.
VIII Vorwort
sondern nur die griindliche, also wissenschaftliche Bereinigung der offenen
Fragen anstrebt, durch Anfiihrung von Namen mehr minder groBer
Autoritaten also nichts gewinnen, vielleicht verlieren kann. Dazu kommt,
daB die Urheber derselben fiir diese ihre oft nur beilaufigen Ansichten
keineswegs so weitgehend einzustehen bereit sind, wie fiir ihre wissen
schaftlichen Leistungen. Die weitere Diskussion des Gegenstandes wird
dadurch nicht behindert. Zustimmung, Opposition oder Modifikation kann
ohneweiters an die in der nachfolgenden Sammlung enthaltenen An
sichten ankniipfen. Diese vielleicht neue Form der Darstellung scheint
dem Aut or fiir Gegenstande von derartiger Beschaffenheit viele V orteile
und keine Nachteile zu bieten.
Manche fundamentale Fragen muBten in eingestreuten zusammen
hangenden Darstellungen behandelt werden. So das innere Gefiige der
bisherigen Medizin, in welche es eben gilt die Anwendung der Rontgen
strahlen einzufiigen, ferner die allgemeine Wirkung der sozialmedizini
schen Einrichtungen auf die Medizin, die Frage nach den Begriffen
Heilkunst und Heilwissenschaft, die Fragen iiber gelernte und unge
lernte arztliche Tatigkeit. Manche derselben scheinen vielleicht breiter
behandelt als ni:itig. Man darf aber nicht iibersehen, daB unsere aus
den Angeln kontinuierlicher Entwicklung geratene, durch Revolutions
erfolge zur Uberschatzung des Wertes des Revolutionierens verleitete
Zeit keine der alten Errungenschaften menschlicher Erkenntnis respek
tiert und diese Neigung auf die konservativen Naturen iibertragen zu
haben scheint, welche nun auch der Evolution Macht statt Argumenten
entgegensetzen.
AuBer den bezeichneten Grundierungen des Gesamtbildes ist die
Arbeit des Autors auf die Reihung, Erganzung und tunlichst er
schi:ipfende Darstellung der Ansichten beschrankt geblieben. Dabei hat
er sich hinsichtlich der praktischen Ausiibung iiberall auf den Stand
punkt der Harmonisierung zwischen den ethisch-arztlichen und den
Standesfragen und beziiglich des Unterrichtes und der Forschung auf
den vielfach angefochtenen, aber durchwegs siegreichen Standpunkt der
von Frankreich ausgegangenen, in Deutschland zur Entwicklung ge
brachten Universitatsidee gestellt, deren prinzipielle Vollkommenheit
Th. B i 11 roth 1 und neuerdings Jaspers 2 dargetan haben. Bei der
Darstellung der verschiedenen Ansichten hat er sich bemiiht, sich in
die Stellungnahme jeder Partei nicht nur griindlich und objektiv,
sondern auch liebevoll zu versenken, urn sich so von jeder einseitigen
Stellungnahme fernzuhalten und einen moglichst brauchbaren Boden
fiir eine restlose Klarung zu schaffen.
Fiir zahlreiche wertvolle Anregungen habe ich vielen Freunden zu
danken, am meisten den Herren Dozenten fiir medizinische Ri:intgeno
logie Dr. Fritz Pordes und Dr. Robert Lenk, den Herren Dr. Karl
B ill r o t h Th. : Uber Lehren und Lernen der medizinischen Wissen
1
schaft auf den Universitaten deutscher Nation, Gerolds Sohn, Wien 1876.
2 Jaspers K.: Die Idee der Universitat, J. Springer, Berlin 1923,
Vorwort IX
Presser und Dr. J. Borak und meinen alten Freunden, den Pro
fessoren Dr. Robert Kienbock und Dr. Eugen Weber, welche mich
bei der Sammlung der Ansichten mit beigebrachten eigenen und
fremden unterstiitzt haben. Endlich gebiihrt mein Dank fiir unermiid
liche Mitarbeit Herrn cand. med. Fr. Alt, Korrespondenz-Sekretar der
W eltvereinigung der Hochschullehrer fiir Rontgenologie.
Ein sorgfiHtiger Leser wird vielleicht an Wiederholungen AnstoB
nehmen. Es sind zum Teil nur scheinbare, deshalb notwendig gewesen,
weil die gleichen Elemente in verschiedenen Beziehungen in Betracht
kommen und in diesen verschieden wirksam werden. Manche Elemente
sind iiberdies an manchen Stellen nur angedeutet, an anderen aus
fiihrlich behandelt. Andere sind mit Riicksicht auf jene Leser wieder
holt, deren Interesse sich auf bestimmte Teile der Darstellung be
schriinkt, manchmal auch bloB der Nachdriicklichkeit halber.1
N eben dieser erst spat gefundenen Form der Darstellung hat den
Autor und wahrscheinlich ebenso viele andere von einer voreiligen offent
lichen Darlegung des Gegenstandes die Uberlegung abgehalten, daB der
vorausgehenden Durchberatung desselben seitens der maBgebenden prak
tischen, wissenschaftlichen und administrativen Faktoren, also der Unter
richtsiimter, der Fakultiiten, der wissenschaftlichen medizinischen Ge
sellschaften und der Standesorganisationen Zeit zur Uberlegung gelassen
werden sollte. Doch scheint es, daB fiir diesen Zweck eine zusammen
fassende Darstellung als V oraussetzung notwendig ist.
Der einzelne Leser wird sich zu den verschiedenen dargebotenen
Ansichten nicht immer in der gleichen Lage finden. Er wird seine eigene
vorfinden und ihr zustimmen, er wird die entgegengesetzte finden und
iiber die Argumente derselben nachdenken, under wird solche vorfinden,
welche seinem Interessenkreise vollig ferne liegen. Diesfalls moge erbedenken,
daB am Bauder Medizin jederzeit alle.Arzte mitgearbeitet haben und das war
gut und wird weiterniitzlich sein, weil nachher alleihn wohnlichfindenwollen.
DaB niemand anderer als die Arzte, daB nur sie Richter sein
konnen in dieser Sache, daB sie aber nur urteilen konnen nach umfassen
der Kenntnisnahme von dem Gegenstande, ergibt sich wohl von selbst.
Der Autor darf dieses Vorwort nicht schlie.Ben, ohne durch eine per
sonliche Bemerkung ein mogliches Mi.Bverstandnis zu beseitigen. Dasselbe
betrifft nicht den Bereich der Einfiigung der Rontgenstrahlenanwendung
in die arztliche Praxis und nicht diejenige in die Forschung, sondern nur
einen kleincn Ausschnitt des Gegenstandes, den Rontgenbetrieb an Kliniken.
Es kursiert namlich, trotz seiner durchwegs anders zu verstehenden dies
beziiglichen Ansicht, welche er wiederholt in der Literatur2 darzulegen Ge-
1 ,Du mu.llt es dreimal sagen!" (Faust II) und ,Wiederholung ist die
beste Redefigur" (Th. B i 11 r o t h s Briefe).
2 Kongre.ll der deutschen Rontgengesellschaft, Berlin 1921. Bericht
iiber denselben: Fortschritte a. d. G. d. Ro. Sillem, Hamburg, 1921. Vor
trag: Hochschulunterricht in der Rontgenologie. Und Handbuch der Strahlen
therapie, herausgegeben von Prof. Dr. H. Meyer, Bremen. Bd. I: Histo
riscbe Einleitung, SchluBkapitel.
X Vorwort
legenheit hatte, hartniickig die Meinung, daB er fiir die ri:intgenologische
Versorgung von Universitatskliniken durch Zentralri:intgeninstitute pladiere.
,Das geht vielleicht bei Ihnen in Wien, bei uns geht das nicht", lautet
nicht selten der SchluBsatz des seinerseits geduldig angehi:irten Berichtes.
Die Quelle dieser Ansicht liegt offenbar darin, daB die Existenz eines
selbstiindigen Ri:intgeninstitutes (neben den Speziallaboratorien der Kliniken)
zu der irrtiimlichen V orstellung gefiihrt hat, daB an den i:isterreichischen
Universitaten keine klinischen Ri:intgeninstitute existieren. In Wirklichkeit
gibt es bier beides, und das erstere, welches bloB seine historische und
obsolete Bezeichnung (Zentral-Institut) noch beibehalten hat, funktioniert
nicht nur fiir die in dem groBen Krankenhause enthaltenen ri:intgenlabora
toriumslosen Krankenabteilungen des Landes und der Universitat, sondern
auch fiir die Kliniken als Hillsinstitut fiir eine groBe Reihe von Aufgaben,
unter denen die Aufrechthaltung der Kontinuitat gelernter Arzte, Techniker,
Schwestern (Ri:intgenassistentinnen) und der Forschung genannt sein mogen.1
Der Autor ist immer fiir die klinischen Hand- und Speziallaboratorien ein
getreten, in der Ri:intgenologie nicht weniger als in der Mikroskopie und
Chemie und darf fiir sich in Anspruch nehmen, zu ihrer Errichtung und
ihrem Ausbau stets initiativ und dauernd das eine beigetragen und
sich anders gerichteten Strebungen entgegengesetzt zu haben. MaBgebend
war ibm dabei allein die Kopf und Herz beherrschende Idee der er
schi:ipfendell Nutzbarmachuug der vom Anfang an erkannten in den
Ri:intgenstrahlen liegenden arztlichen Mi:iglichkeiten. Da im vorliegenden
alle Ansichten, auch die seinen, ohne Nennung der Autoren angefiihrt sein
werden, muBte der Autor bier die Zuordnung einer verbreiteten aber irrigen
Ansicht zu seiner Person ablehnen.
Endlich sei als Legitimation fiir die Beschaftigung des Autors mit
Elementen der gesamten Medizin darauf hingewiesen, daB sein Thema eben
mit ihnen allen enge Beziehungen hat uud als Erklarung fiir die Eindring
lichkeit der Eri:irterung der Umstand, daB die Ri:intgenstrahlenanwendung
im Laufe der drei J ahrzebnte ihres Bestehens schrittweise in alle Teile
der Medizin, ihrer Ausiibung, ihrer Forschung und ihres Unterrichtes ein
gedrungen ist, und so zu Studien und Uberlegungen aller Art iiber diese
selbst AnlaB gegeben hat.
Wien, im Juli 1927
Der Verfasser
1 Die Mittel zur Erreichung dieses Zweckes sind auBer der Ausstattung
fiir die diagnostische und therapeutische Krankenbesorgung Laboratorien
fiir Biologie, fiir Physik und Technik (nebst einer ri:intgentechnischen Ver
suchsanstalt), eine Schule fur allgemeine und spezielle Arzte- und eine
Schule fiir Schwestern-Ausbildung, Bibliothek, Hi:irsaal, ein noch rudimen
tares Lehrmittelmuseum usw. und ein Stab von praktisch als Dauer
assistenten zu bezeichnenden Hillskraften. In all diesen Belangen ist das
Institut von den Behi:irden bisher nach Kraften unterstiitzt worden.