Table Of ContentDieter Böhn · Aida Bosch
Hans-Dieter Haas et.al. Hrsg.
Deutsche
Unternehmen in
China
Märkte, Partner, Strategien
Dieter Btihn/Aida Bosch/Hans-Dieter Haas/
Torsten KOhlmann/Gert Schmidt (Hrsg.)
Deutsche Unternehmen in China
WI RTS CH AFTSWI SS ENS CH AFT
Dieter Bohn/Aida Bosch/Hans-Dieter Haas/
Torsten KUhlmann/Gert Schmidt (Hrsg.)
Deutsche Unternehmen
in China
Markte, Partner, Strategien
Mit einem Geleitwort von Horst Kopp
Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH
Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek
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1. Auflage Februar 2003
Aile Rechte vorbehalten
©Springer Fachmedien Wiesbaden 2003
Urspriinglich erschienen bei Deutscher Universitats-Verlag, Wiesbaden, 2003.
Lektorat: Ute Wrasmann I Anita Wilke
www.duv.de
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Umschlaggestaltung: Regine Zimmer, Dipl.-Designerin, Frankfurt/Main
Gedruckt auf saurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier
ISBN 978-3-8244-0687-6 ISBN 978-3-663-08010-7 (eBook)
DOI 10.1007/978-3-663-08010-7
Geleitwort
In den letzten drei Dekaden des vergangenen lahrhunderts erlebte die Welt eine expo
nentielle Beschleunigung des Prozesses der Globalisierung, hauptsachlich ausgelOst und
gleichzeitig ermoglicht durch technologische Innovationen (Telekommunikation, Logi
stik, Verkehrssysteme) sowie politische Umbrtiche und Neuordnungen (Fall des Eiser
nen Vorhangs, Bildung regionaler Freihandelszonen, Handelsliberalisierung). Handel,
Produktionssysteme, Finanzstrome, Tourismus und Migration orientieren sich in zuneh
mendem MaBe an globalen MaBstaben, "die Welt ist kleiner geworden". Nicht nur GroB
konzerne denken und agieren global, auch Klein- und Mittelbetriebe mtissen sich im
international en Wettbewerb neu positionieren und sehen sich einem "Globalisierungs
zwang" ausgesetzt.
Globalisierung ist jedoch nicht nur ein betriebs-und volkswirtschaftliches bzw. po
litisches Phanomen. 1m Rahmen globaler Austauschprozesse kommt es immer haufiger
zu Kontakten zwischen Menschen unterschiedlicher kultureller Herkunft, interkulturelle
Begegnungen gehoren heute flir nahezu aile Bewohner dieser Erde zurn Alltag. Und in
jeder dieser Begegnungen wird kulturelle Distanz wahrgenomrnen, treten Schwierigkei
ten im Umgang rniteinander auf, gibt es Probleme "interkultureller Kommunikation".
Auch im Geschaftsleben tauchen solche Probleme immer wieder auf: Bei den ersten
Kontakten der Partner, bei Marktanalysen, bei der Ausgestaltung von Kooperationsbe
ziehungen, im Management, bei der Personalflihrung usw. Nicht selten stellen sie sogar
den Geschaftserfolg in Frage. Trotzdem wird ihnen irn Rahmen von Unternehrnensbera
tung noch nicht genug Aufrnerksarnkeit gewidmet.
Vor diesern Hintergrund wurde 1994 der erste Bayerische Forschungsverbund ge
grUndet, der ausschlieBlich Kulturwissenschaftler zusammenflihrte mit dern Zweck, "die
Regionalforschung (Area Studies) tiber auBereuropaische Regionen irn interdisziplina
ren Verbund zu starken und die Urnsetzung der Forschungsergebnisse in Lehre und Pra
xis zu fordern" (Kurzname: FORAREA). Konkret ging es urn eine wirtschaftsnahe,
anwendungsorientierte Grundlagenforschung unter dem Leitthema "Okonornische Pro
zesse im Spannungsfeld von regionalen Kulturen und internationaler Marktdynarnik".
Nach einer ersten Orientierungsphase begann 1997 die interdisziplinare Zusamrnenar
beit auf den Feldern "Unternehmerverhalten vor dem Hintergrund sich andernder Rah
menbedingungen" und "Interkulturelle Kornmunikation und Wahrnehrnung"; beides
wurde u.a. in einem regional auf China bezogenen Projekt gebtindelt, in des sen Focus
insbesondere Klein-und Mittelbetriebe standen.
Die grundlegenden Ergebnisse werden in diesem Buch vorgestellt. Als Sprecher des
Forschungsverbundes bin ich den Herausgebern und Autoren auBerordentlich dankbar,
dass sie hier eines der erfolgreichsten FORAREA-Projekte prasentieren. Ich sehe vor al
lem drei Ziele der Publikation: Zum einen wird deutlich, was interdisziplinare Grundla
genforschung bei konkreten Zielvorgaben zu leisten vermag, zweitens belegen die
Beitrage, dass Kulturwissenschaftler langst den ihnen immer wieder nachgesagten "EI
fenbeinturm" verlassen und sich sehr praxisorientierten Forschungsfeldern zugewandt
haben, und drittens hoffe ich, dass die am chinesischen Markt interessierten Unterneh-
VI
mer aus diesem Buch viele Anregungen flir einen erfolgreichen Markteintritt und weite
re Schritte der Kooperation mit Gewinn entnehmen.
Erfolgreiche interkulturelle Kommunikation im Geschaftsleben setzt vor allem bes
sere Kenntnis des Partners voraus, erfordert aber auch einen Prozess der Reflexion des
eigenen Handelns seitens der Akteure. Erst wenn die auf kulturellen Traditionen ge
wachsenen und das eigene Agieren meistens unbewusst steuernden Normen und Werte
offen gelegt und bewusst wahrgenommen werden, lassen sich Elemente der Uberein
stimmung mit dem Geschaftspartner finden. Eine so praktizierte "kulturelle Anpassung"
meint also nicht Anbiederung, sondern Kooperation auf der Basis gegenseitigen Fremd
und Selbstverstehens.
Folgerichtig flihrt das Buch den Leser von der Vermittlung "harter Fakten" zum chi
nesischen Markt tiber die kenntnisreiche Vorstellung moglicher Partner bis zur Aufde
ckung interkulturell bedingter Problemfelder, gibt aber schlieBlich sehr praxisnahe Lo
sungsmoglichkeiten an, die im Forschungsprozess auch empirisch tiberpriift wurden. In
sofern verbindet das Buch in glticklicher Weise die Hauptziele des Forschungs
verbundes FORAREA: modeme, interdisziplinare Grundlagenforschung, wirtschaftsna
he empirische Studien und daraus abgeleitete Empfehlungen flir die Wirtschaftspraxis.
Ich wtinsche dem Buch viel Erfolg!
Horst Kopp
Sprecher FORAREA
Inhaltsverzeichnis
Globalisierung und Kultur -Neue Herausforderungen an Unternehmen
am Beginn des 21. lahrhunderts
von ABosch, T. Reichenbach und G. Schmidt ............................................... 1
I. Marktauswahl und Markteintrittstrategien
1. Hoffnungsmarkt China: Stand und Perspektiven des Transformations
prozesses
von A. Bosch, H.Dolles, T. Reichenbach und S.Schramm ........................... 17
2. China als Absatzmarkt flir deutsche Industrieunternehmen: Eine branchen
orientierte Analyse
von H.-D. Haas und J.Rehner ...................................................................... 33
3. Wege in den chinesischen Markt: Die Wahl der geeigneten China-Strategie
von H.-D. Haas und J. Rehner ..................................................................... 58
4. Markteintritt und Spannungsfelder im interkulturellen Kontext
von A Bosch, P. Finley und T. Reichenbach .............................................. 74
II. Standortwahl und Partner in China
I. Die Volksrepublik China -ein geographischer Uberblick
von D. Bohn ................................................................................................. 95
2. Wirtschaftliche Raumstrukturen: Attraktive Standorte in China
von H.-D. Haas und J. Rehner ................................................................... 114
3. Der geeignete Kooperationspartner: Auswahlkriterien und kulturelles
bargaining (Geschaftskultur, Partnerwahl und erfolgreiche Kooperation)
von D. Bohn und T. Reichenbach ............................................................... 144
4. Neue Partner im chinesischen Transformationsprozess: Chinesische
private Unternehmen
von H. Dalles ............................................................................................. 166
III. Management vor Ort: Organisationskultur, Personalauswahl und
Mitarbeiterfiihrung
1. Organisationskulturen in Deutschland und China: Typische Problemlagen
von A Bosch, T. Reichenbach und G. Schmidt .......................................... 179
2. Deutsche Expatriates in China: Vorbereitung und Umgang mit kulturellen
Differenzen
von H. Albrecht .......................................................................................... 206
3. Das Personalmanagement in chinesischen Staats-und Privatunternehmen
von T. Kuhlmann ........................................................................................ 221
Informationen zu den Autoren dieses Buches .................................................... 239
Globalisierung und Kultur -Neue Herausforderungen an
Unternehmen am Beginn des 21. Jahrhunderts
Aida Bosch, Thomas Reichenbach und Gert Schmidt
'Culture Matters' -Kultur ist ein okonomisch hoch brisanter 'Stoff'! Diese Einsicht hat
sich in den letzten zwei lahrzehnten vor dem Hintergrund des zunehmenden Zwanges
zu internationaler Wirtschaftsaktivitat und verscharften Wettbewerbes auf dem Welt
markt in Unternehmen und Wirtschaftsverbanden durchgesetzt 'Kultur', ehedem eher
als Rahmenbedingung fUr wirtschaftlich relevante Entscheidungen betrachtet, riickt zu
nehmend mit ins Zentrum strategischen Kalkiils von Produktionspolitik, Produktent
wicklung und Marktorientierung, Unternehmen und Unternehmensvertreter sind in
einer globalisierten Weltwirtschaft, gewissermaBen funktionsbedingt, 'Grenzganger
zwischen den Kulturen'. Ob es sich urn Prozesse der MarkterschlieBung, die Griindung
oder Ubernahme von Produktionsstatten, die Anwerbung von Arbeitskraften oder die
Beziehungen und Verhandlungen mit politischen Institutionen auf nationaler oder auch
supranationaler Ebene handelt, in jedem Faile sind die Fahigkeiten dieser Akteure, Ver
stehens- und VermittlunRsleistunRen zwischen Kulturen zu erbringen, weitaus starker
gefordert als bisher. Entsprechende Kompetenzen und Sensibilitat fUr andere Kulturen
und Verhandlungsstile werden zum wirtschaftlichen Faktor. Globalisierung intensiviert
die Kontakte und die wechselseitige Einfliisse und Abhangigkeiten zwischen Kulturen,
sie schafft zum einen transnationale Zonen wirtschaftlichen Handelns und okonomi
scher Strukturen und 'neutralisiert' kulturelle Differenzen. Zum anderen aber befOrdert
der Globalisierungsprozess, gerade durch den intensivierten Kontakt und Austausch
zwischen den Kulturen, durch das Spiegeln im jeweils Anderen, eine schiirfere Profilie
rung unterschiedlicher Kulturen. So schwierig der Kulturbegriff auch einzugrenzen und
zu definieren ist, so schillernd, dynamisch, inhaltlich und raumlich schwer 'festzuhalten'
Kulturphanomene auch sind -gerade in einer globalisierten Welt -man kommt nicht um
hin, auch und gerade in Wirtschaftsprozessen, sich mit Kulturfragen auseinander zu set
zen. Kulturelle Differenzen konnen als Hindernis im Globalisierungsprozess auftreten,
wenn das Nicht-Verstehen fUr teure Spannungen und pathologische Entwicklungen in
den Organisationen sorgt Kulturelle Differenzen konnen aber auch als Ressource im
Globalisierungsprozess begriffen werden, da sie Erstarrtes und Uberlebtes aufbrechen
und produktive Lernprozesse und Dynamiken auslOsen, die ganz neue Methoden, Sach
Ansichten und ProblemlOsungen generieren.
Mit der Globalisierung der Wirtschaft fusionieren Unternehmen, die als Reprasen
tanten und Markentrager unterschiedlicher nationaler Wirtschaftsraume wahrgenom
men wurden. Die Anzahl von Betrieben mit multikulturell zusammengesetzten
Belegschaften nimmt zu. Der Erfolg solcher Firmen ist nicht nur von okonomischen und
technisch-organisatorischen Faktoren bestimmt, sondern in hohem MaBe auch durch
Faktoren der kulturellen Begegnung. Kultur als strategisches Steuerungsinstrument oder
auch als erklarende Variable der Emergenz spezifischer Unternehmens-und Organisati
onsstrukturen, auch im nationalen Kontext, riickte damit starker ins Biickfeld sowohl der
unternehmerischen Praxis als auch der betriebs- und sozialwissenschaftlichen For-
2
schung (Eckardt/Kohler/Pries 1999). Mit ,anstoBend' flir diese Debatte war die wirt
schaftliche Uberiegenheit von in den USA tatigen japanischen Untemehmen, die
offensichtlich nicht al1ein technisch-operativ zu begrtinden war (Buhr 1998), sondem
auch im schlichten Sinne des Wortes ,irgendwie' auf Kultur verwies. Aber auch theore
tisch motivierte bzw. innerwissenschaftliche Kritik an den Pramissen der rational
choice-Modellierung in den Wirtschaftswissenschaften flihrte dazu, dass "Kultur" nicht
mehr nur als Rest-Kategorie - wie innerhalb traditioneller Erklarungsmodelle -behan
delt werden konnte (vg!. Dorrenbacher/ Riedel 1998).
Vor diesem Hintergrund findet sich zunachst eine groBe Zahl von Veroffentlichun
gen aus dem Bereich der Betriebswirtschaftslehre bzw. der business administration, in
denen Untemehmenskultur als strategisches Mittel der Untemehmensflihrung darge
stellt wird. In oft sehr praxisnahen, lehrbuchartigen "Anleitungen" wird vorgetragen,
wie durch Erzeugen und Erhalten von corporate identity bzw. corporate culture die Un
temehmenszie1e sowohl nach innen fUr die Belegschaft wie auch nach auBen fUr den
Markt besser vermittelt werden sollen (beispielhaft: Birkigt u.a. 1995; kritisch: Deutsch
mann 1993), -in der Absicht, Untemehmenserfolg zu steigem (vgl. Berger 1993; Ebers
1991; Holleis 1987). In vielen Fallen erfolgt die ,kulturelle' Wende allerdings ohne Be
zug auf sozialwissenschaftliche Grundlagen. Wahrend in der Organisationsforschung
noch zu Beginn der 80er Jahre beklagt wurde, dass die Erforschung des kulturellen
Aspektes von Organisationen vemachlassigt werde (Scott 1986, eng!. Original von
1981), kann schon wenige Jahre spater "Organisationskultur" als zentrales Feld der ak
tuellen Organisationsforschung und als verbreiteter analytischer Ansatz zur Untersu
chung von Untemehmen betrachtet werden. Das Verstandnis von Organisationen als
"Lebenswelten" (TUrk 1989) oder als "offene Kommunikationssysteme" mit je eigener
Fremd-und Selbstbeschreibung (Drepper 1992; KUsters 1998) macht deutlich, dass Un
temehmen als Sinnwelten verstanden werden konnen, dass also Untemehmen je fUr sie
spezifische Kulturen generieren und reproduzieren (Bosch 1997). Die beiden Stromun
gen, namlich Unternehmenskultur als Uberbau mit legitimatorischer und integrativer
Funktion (Heidenreich 1990; Deutschmann 1993) und Organisationen als Kulturraume
(Buhr 1998), konstituiert durch Kommunikation und Interaktion (Kieser 1999; TUrk
1989), widersprechen sich jedoch nicht zwingend. Die erste Variante, die strategische
Instrumentalisierung der Untemehmenskultur zur Schaffung von Integration, ist viel
mehr nur einer der verschiedenen Mechanismen, der zur Entstehung der "Sinnwelt Un
ternehmen" als einem intendierbaren und doch nicht kalkuliert herstellbaren
"Konstrukt" beitragt.
Die Bedeutung von Kultur in multinational agierenden Firmen wurde erstmals Ende
der 50er und Anfang der 60er Jahre in den kulturvergleichenden Untersuchungen von
Harbison/Myers (1959) und Fayerweather (1960) thematisiert. 1m Rahmen der darauf
folgenden Diskussion traten verschiedene Positionen hinsichtlich der Bedeutung von 10-
kalen Kulturkontexten fUr den Erfolg eines Untemehmens hervor. Wahrend die
,Universalisten' Variationen in Organisationsstrukturen auf das okonomische und tech
nologische Umfeld zurUckfUhren und als unabhangig von kulturellen EinflUssen wahr
nehmen, vertreten ,Kulturalisten' die Position: culture does matter. In der sogenannten
KonvergenzlDivergenz-Debatte wurde kulturellen Faktoren durchaus ein Einfluss auf