Table Of ContentDerUntergangvonMathemagika
Karl Kuhlemann
Der Untergang
von
Mathemagika
Ein Roman über eine Welt jenseits unserer
Vorstellung
KarlKuhlemann
Altenberge
Deutschland
ISBN978-3-662-45978-2 ISBN978-3-662-45979-9(eBook)
DOI10.1007/978-3-662-45979-9
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InLiebefürmeineFrauSusanne
Inhalt
1
DieTonnedesDiogenes ................. 1
2
DieFütterungderPinguine .............. 29
3
DerKönig ............................ 53
4
DasDenkmal .......................... 61
5
DasVolkderAusdehnungslosenI ......... 83
6
DieSchlange .......................... 105
7
DasVolkderAusdehnungslosenII......... 115
8
DieverrücktenSchwestern............... 121
9
DerKrisenstab......................... 131
10
DieFlucht ............................ 137
11
DiePrinzessin ......................... 145
VII
VIII DerUntergangvonMathemagika
12
DerAntilogos ......................... 149
13
Schluss............................... 163
Nachwort .................................. 169
Literatur ................................... 171
1
Die Tonne des Diogenes
ProfwareinMathematikstudentim16.Semester,deresof-
fenbarnichtbesonderseilighatte,mitseinemStudiumfertig
zu werden. Schon vor Jahren hätte er sich zur Hauptprü-
fung anmelden sollen, der Zulassungsantrag lag fast fertig
ausgefüllt ganz unten in einer überquellenden Ablage auf
seinemSchreibtisch. EsfehltennurnochdasThemaseiner
DiplomarbeitundseineUnterschrift.Vorschlägehatteerim
Laufe seines Hauptstudiums von seinen Professoren genug
bekommen.Aberwiekonnteersichersein,dasRichtigezu
wählen,wennesnochVorlesungengab,dieernochnichtge-
hörthatte,Seminare,dieernochnichtbesuchthatte?Man
durfteeinesolcheEntscheidungnichtüberstürzen.Stattsich
von irgendwelchen Regelstudienzeiten unter Druck setzen
zulassen,hingProflieberinKneipenherumundverwickelte
LeuteinGesprächeüberMathematik,woherseinSpitzname
Profrührte.NatürlichhatteeraucheinenrichtigenNamen,
aberdenkanntekaumjemand,underistauchnichtweiter
vonBelang.
Für einen Mathematikstudenten sah Prof ganz passabel
aus, das hatte er jedenfalls schon öfter zu hören bekom-
men, wenn bei einem lockeren Flirt die Sprache auf sein
Studienfach kam. Mochten es seine sportliche Figur oder
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K.Kuhlemann,DerUntergangvonMathemagika,
DOI10.1007/978-3-662-45979-9_1
2 DerUntergangvonMathemagika
seine markanten Gesichtszüge sein, irgendetwas schien er
an sich zu haben, das Frauen attraktiv fanden. Je nach-
dem, ob er seine Haare offen oder zu einem kurzen Zopf
gebunden trug, sich einen Drei- bis Fünftagebart stehen
ließ oder sich frisch rasierte, deckte er die Palette von ver-
wegen bis schwiegermuttertauglich einigermaßen gut ab.
Wenn sich die Gelegenheit ergab, erklärte er einer Frau
ohne Hemmungen die Riemann’sche Geometrie, indem er
ihr kleine Dreiecke auf verschiedene Stellen ihres Körpers
zeichneteunddabeisocharmantüberpositiveundnegative
Flächenkrümmungen sprach, dass der Eindruck entstand,
Riemann’sche Geometrie und Sinnlichkeit wären ein und
dasselbe. Welche Frau ist schon darauf gefasst zu erfahren,
dassdiescheinbarnüchterneTatsache,dasseinaufdieHüfte
gezeichnetesDreieckeinegrößereWinkelsummehat,alsein
aufdieTaillegezeichnetes,fürdiewundervollenRundungen
ihresKörpersverantwortlichist?
In einem Punkt entsprach Prof aber voll dem Klischee-
bild eines Mathematikers. Er machte sich nicht viel aus
modischen Klamotten. Sein Geschmack war nicht wirk-
lich schlecht, nur nicht besonders empfänglich fürTrends.
Prof konnte einfach nicht nachvollziehen, wie etwas, was
in einem Jahr total angesagt war, im nächsten Jahr absolut
unmöglich sein konnte. Er selbst bezeichnete seinen Ge-
schmackalseinenFelsinderBrandungvonVerrücktheiten
– schlicht und unverrückbar. Solange es dasWarenangebot
hergab, kaufte er daher immer Kleidung, die möglichst so
aussah wie das, was er vorher hatte. Meistens sah man ihn
inT-Shirts,unauffälligenHemdenundBluejeans,natürlich
ohnejeglichenZierratundsonstigenSchnickschnack.
1 DieTonnedesDiogenes 3
Dass Prof sich mit seinem Studium so viel Zeit ließ, be-
gründete er immer damit, dass die Welt (damit meinte er
das Berufsleben mit Geldverdienen und so weiter) „noch
nichtreif“fürihnsei.Daervonirgendetwaslebenmusste,
hieltersichmiteinerAnstellungalsstudentischeHilfskraft
anderUniunddiversenGelegenheitsjobsüberWasser.Ins-
geheim hoffte er, dass sich eines Tages eine raumzeitliche
Verwerfungvorihmauftäte,dieihmdenÜbergangineine
andere, reifere Welt ermöglichte, eine Welt der „Wahrheit
und Weisheit“. Und wo sollte ein Übergang in eine solche
Welt wohl eher zu erwarten sein, als in seiner Stammknei-
pe, der „Tonne des Diogenes“, deren Wirt immerhin ein
abgebrochenes Philosophiestudium vorweisen konnte.Tat-
sächlich hatte Prof am Ende seiner Kneipenbesuche schon
oft das seltsame Gefühl gehabt, eine raumzeitliche Verwer-
fungdirektvorsichzuhaben.LetztlichführteerdasGefühl
aber dann doch immer auf seinen Alkoholkonsum zurück,
waswohlauchdiewahrscheinlichereErklärungwar.
Prof und der Kneipenwirt, den alle nur Dio nannten,
kanntensichschonseitvielenJahrenundwarenmittlerweile
gut befreundet. Dass das nicht von Anfang an so war, lag
an Profs Marotte, andere Kneipengäste in mathematische
Disputezuverwickeln.Einigenhatteerdamitsozugesetzt,
dasssieschließlichgenervtdasLokalverließen.Daskonnte
DioaufDauernatürlichnichttolerieren.Daerandererseits
ProfnichtalsgutenStammkundenverlierenwollte,schluger
folgendenDealvor:Profmusstesichsolangezurückhalten,
bisDioihmdurcheinenverabredetenSatzzuverstehengab,
dasserzuschließenbeabsichtigte.DanndurfteProfsichdie
letzteneinoderzweiGästevornehmen.Wenneresschaffte,
die Kneipe in akzeptabler Zeit leer zu diskutieren, gab es